den Stufen dt- Altar«. In der Hand hielt er nrch kiampfhaft das Pistol, dessen furcht­bare Ladung gleich einer Mine gewirkt. Ter Selbstmörder hatte sich in finanziellen Schwie­rigkeiten befunden und so die verzweifelte That begangen.

Paris, 17. Nov. In Montauban wurde gestern eine junge Frau von 22 Jahren, die in Folge ihrer Entbindung ohnmächiig ge­worden war und 2 Tage leichenstarr dage­legen hatte, als tot beerdigt. Während der Bestattung teilte die Leichenfrau den Ange­hörigen mit, daß sie an der Stelle des Bettes, wo der Körper geruht hatte, etwas Wärme bemerkt habe. Man öffnete schleunigst das bereits zugeschütlete Grab, sprengte de» Sarg­deckel auf uud ein herbcigeholtcr Arzt stellte fest, daß die Unglückliche lebend begraben worden war. Sie war im Sarge erwacht und hatte ihren Leichenschlcier abgerissen, sich die Hände an den Brettern deS Sarges wund gestoßen und die Nägel blutig gerissen; dann war sie erstickt. Alle Bemühungen, sie wie­der ins Leben zu rufen, waren vergebens. Der Gatte war wie wahnsinnig vor Schmerz und in der ganzen Stadt herrscht große Auf­regung über das tragische Ereignis.

Madrid, 23. Nov. Dem Vernehmen nach ist das neue Kabinett folgendermaßen zusammengesetzt: Eanovas Präsident, El- duayen Inneres, Herzog von Tetnan Krieg, Berangcr Marine, LinareS Rivas Unterricht, Cosgago» Finanzen, Römers Nobledo Kolo­nien, Villaverde Justiz.

- (Aufgehobene Räuberbande ) Aus Bukarest schreibt man unter dem 15. Nov.: In Galata, einer Vorstadt Jassy's, wurde gestern ein Pope ermordet vorgefunden. Die schwer verwundete Gattin des Ermordeten ist wieder zu sich gekommen und konnte An­haltspunkte geben, die das Ergreifen einer förmlich organisierlen Räuberbande ermög­lichten. Gestern wurden bereits acht Misse- thäter, unter denen sich ein Mönch und zwei Soldaten befinden, in das Jassyer Ge­fängnis transportiert. Die Bevölkerung der Stadt ist äußerst erbittert, da die Räuber­bande in einem Zeiträume von einer Woche nicht weniger als fünf Morde ausgeführt hat.

Bukarest, 22. Nov. Die Offerte auf 100,000 Repetiergewehre nach dem System Mannlicher wurde angenommen.

In Bremen bewilligte die Bürger­schaft 400 000 für ein großes Museum

für Natur-, Völker- und HandelSkunde, da« 800 000-/A. kosten und die großartige vor­jährige Handelsausstellung und Emi» Paschas afrikanische Vogelsammlung enthalten wirb.

Odessa, 23. Nov. Herzog Albrecht von Württemberg ist von Livadia hier eiiigetrosien und heimwärts abgereist.

(Die schwarze Zunge.) Aus Frank­lin im nordamerikanischen Staate Jndiania kommt die Kunde von dem Auftreten einer Epidemie, deren Erscheinen die Aerzte in Verlegenheit und die Einwohner in Schrecken versetz!. Die Symptome sind zuerst hohk- Fieber, wenige Stunden darauf beginnt die Zunge sich zu entzünden und anzuschwellen, sic wird schnell schwarz; es tritt Schwäche ein und bald auch der Tod. Die Aerzte erklären, daß die einzige ähnliche ihnen be­kannte Krankheitserscheinung die asiatische schwarze Zunge" ist, gegen welche ein Heil­mittel bi- jetzt unbekannt ist.

Merk 's.

Wer vom Gipfel seines Glücks herunter­stürzt, kann seines alten Glanze« nie Ver­gessen. Wer aus dem Staube emporstngt, vergißt häufig, waS er war. Jenen quält Erinnerung, diesem wäre sie nützlich.

Dcrs KcrlreLujcc.

Erzählung von Carl Cassau.

Nachdruck verboten.

3. ,

Ein Engel mi! langen Flügeln und im weißen Kleide führte mich an der Hand durch den Aelher, an Tausenden von ungeahnten grünenden Welten vorüber zum Sitze deS höchsten Lichte». Da sah ich eine strahlende Wolke gleich der Sonne, wenn sic aufgchen und durch die Wolken brechen will. Dann kam ich mit meinem Führer in den ersten Himmel. Dort saßen Greise und Männer im Kreise und zwischen ihnen Engel mit Harfen und alle sangen andächtig ihr Halle­luja. Wir stiegen höher hinauf. Da em­pfingen uns die Jünglinge mit dem schallen­denGelobt sei der Herr!"

Ist eS hier?" fragte ich. Aber mein Führer deutete nur schweigend nach oben.

Wir stiegen unsichtbare Stufen höher und höher hinauf, uud hier tönte uns der Chor der Frauen entgegen:Halleluja, lobt den Herrn, denn er regieret mi! Gerechtigkeit I"

Aber wir hatten das strahlende Licht noch nicht erreicht und fanden dort den Chor der Jungfrauen und Kinder, die ebenfalls lieb­lich ihr Halleluja anstimmten.

Und nun knieten wir vor einem goldenen Throne, aber der, welcher darauf saß, war verhülli in einer Wolke; wir sahen »nr seinen Fußschemel, die Erve, und den Saum des Mantels, d-r blau wie der Himmel schim­merte, mit Tausenden von Slecnen besetztI"

Aber, Sir, das ist ja die leibhaftige Auterstehung!" fiel hier der Kopist ein.

Ja, das ist sie I Al« ich zu dem in der Wolke, deß' Namen unaussprechlicb ist, reden wollte, da ertönte der vierfache Chor und höher und höher schwoll der Ton! S-Hen Sie, das habe ich hier in der Partitur nach geahmt von Ton zu Ton steigend und sich steigernd! Und wie'S in den Wolken hallte, s» habe ich's geschrieben!"

Und rebele der aus den Wolken nicht mit Ihnen, Sir?"

Doch! Eine milde Stimme aus der

Wolke sagte:Hephatha, sei sehend!" Und obwohl ich vorher zu sehen vermeinte, so lhaten sich jetzt erst meine Augen recht auf und ich sah noch Tausende von Engeln mehr mit Harfen Cymbeln, die stimmten alle mit in das Halleluja ein, mit dessen Echlnßton ich erwachte! Hier ist die Arbeit zum Einträgen iu die Haupt-Partitur, Nobsits I"

Händel stand auf und ging bewegt hin­aus. Der Kopist sah ihm kopfschüttelnd nach * *

Der Messias war vollendet. Er wurde unter dem Beifallgejauchze beS Volkes das erste Mal seiner Bestimmung gemäß zum Besten der Gefangenen und dann noch einige zwanzigmal aufgeführt, so daß eine Vorführung die andere drängte. Die Königin hörte von diesem sensationellen Er­folge und ließ Händel durch Lord Pcmbroke um eine Aufführung in London bitten. Nicht« lag im Wege und so hörte denn Osborn- Hall bald das jauchzende Halleluja. ES mußte auf bcsonderm Wunsch Sr. Majestät, König Georgs, dreimal wiederholt werden.! Und das Oratorium machte seinen Sieges- gang um die Erde und erlebte in England allein binnen wenigen Jahren einige Hundert Aufführungen. Händel komponierte noch acht­zehn andere Oratorien, aber keins übertraf an tieferen Gehalt den Messias, das Licb- lingswerk AebionS.

Merkwürdigerweise erfüllte sich an Händel sein Traum; er erblindete acht Jahre vor seinem Tode und diktierte von nun an seine Werke seinem Kopisten in die Feder.

»

Der große Meister lag auf dem Toden- bette und die Noblesse Londons harrte im Vorzimmer der Nachrichten über sein Be­finde».

Als sied der alte Diener David über ihn beugte und fragte:Wie gcht'S, Sir?" ant­worte:? Händel:

Ich habe geschlafen, David, und im Traum das Halleluja aus dem Messias ge­hört I Heute ruft mich der Herr heim I Komme, mein Messias, komme bald I"

Am Abende dieses Tsges verkündeten

Traucrglocken den Tod de« großen Mannes, den England zu den stolzesten Repräsentan­ten seine« Ruhmes zählt.

E« war am 14. Achril 1759.

Händel« irdische Ueberrestc fanden in der Westminster-Abtei, wo die Celebritäten Eng­lands ruhen, einen Ehrenplatz.

Ende.

Verschiedenes.

Eine eigenartige Ueberraschnng hat der Kaiser kürzlich in der Kaserne des Leib- Garde-Husaren-RegimcntS in Potsdam dem wachhabenden Offizier bereitet. Der oberste Kriegsherr erschien deS morgens geqen 6'/, Uhr zu Pferde vor der genannten Kaserne, mit der Absicht, das Regiment zu alarmie­ren. Nachdem er vor der Kaserne aus dem Sattel gestiegen war, ließ er im Stillen die Wachmannschaft aus der Wachstube heraus- rufcn und schickte dieselben nach dem nahe­gelegenen Offizierkasino. Nur den Trompeter hatte der Kaiser zurückvehalten, und dieser mußte nun Alarm blasen. Eiligst stürmte der wachhabende Lieutenant hinaus und wurde nicht wenig erschreckt, als der Monarch ihn fragte: Wo ist die Wache? nnd er nach der­selben vergeblich Umschau hielt. Der Kaiser, der in hohem Grade belustigt war über diese Situation, nahm später auf dem Kasernen- hose eine Besichtigung deS Regiments vor.

.-. (Der Auserwählte.)Wie kannst Du Dich mit dem Ersten Besten verloben?" DaS thue ich nicht. Er ist weder der Erste, noch der Beste!"

Ein kleiner Knabe war zu einem sehr geizigen Onkel zu Besuch geschickt worden und hatte schon einige Wochen bei ihm zu- gebracbt, als er bei einem Spaziergänge mit dem Onkel einen Freund desselben traf, der einen Windhund mit sich fühlte. Der Kleine, der solch dünnen Hund noch nie gesehen hotte, streichelte dem Tiere liebkosend den Kopf und flüsterte ihm dann teilnahmsvoll zu:O Hüudchen, Hündchen I Bfft du auch bei deinem Onkel zu Besuch, daß du so mager bist?"

Druck und Verlag von Bernhard Hojmann in Wildbrd. (Berantwortlicher Redakteur Bernh. H «f m » nn.)