burger Bankier MaaS erklärte gestern Abend auf dem Polizeipräsidium- 400 000 De­pots unterschlagen zu haben. Maas giebl an, 300 000 nicht ihm gehöriger ita­lienischer Rente bei Mendelssohn Veipfändet zu haben. Nach den Abendblättern sollen clwa 150 Kunden, darunter hundert kleine Leute geschädigt, eiwa 100 000 Waisen­gelder, sowie 20 000 Kirchengelder unter­schlagen sein. Die Passiven solle» gegen 600 000 ^ betragen. Die Katastrophe wird dem verschwenderischen Leben der Maas zugcschrieden.

Berlin, 14 Nvv. Ei» entsetzliches Eisen­bahnunglück ist gestern Morgen um 7 Uhr 40 Minuten aus der Strecke Charlotlcnburg- Nuhleben säst unmittelbar an der Kreuzung der früheren Hamburger Bahn mit der Chaussee Pichclsbergc und Tcusclssee vorgckommcn. Es wurden sie Arbeiter Cholschewski, Wott- kowiak, Wallendowski, von denen der crstere in Moabit wobnl, in Foikc de- ungewöhn­lich starken Nebels durch den Zug 1571 übersah,en worden und auf der Stelle ge­lodet. Die Genannten waren dabei beschäf­tigt, an den Schienen sogenannte Unterstopf- ungsarbeitcn vorzunehmen, als plötzlich ein Zug heranbrauste und die Arbeiter veran- laßtc, nach rückwärts, über das zweite G - leise zu springen. In diesem Augenblicke näherte sich auch auf diesem Geleise ein Zug, die Leute hatten keine Zeit mehr auSzuweichen, wurden erfaßt und Völlig zermalmt.

Durch reichsgerichtliche Entscheidung ist fkstgcstellt, daß Gasthausbesitzer u. Schank­wirte jedem ordentlichen Gast eine genügende Erfrischung verabznreichcn und ihm solange Aufenthalt im Gastlokal zu gestatten haben, als zum Genuß des Bestellten »ölig ist. Wen» aber der Gast, nachdem der Zweck des Besuchs erreicht ist, oder während der Ver­zehrung des Bestellten sich ungebührlich be­nimmt, so ist der Wirt berechtigt, denselben zum Verlassen des Lokals aufzufordern und der Gast macht sich eines Hausfriedensbruchs schuldig, wenn er der Aufforderung de« Wirts nicht sofort nachkommi.

(Fürst Bismarck in Berlin.) Am 14. Nov. Nachmittags Uhr traf der frühere Reichskanzler auf der Reise von Var« zin nach Friedrichruh auf dem Stettiner Bahn­hofe in Berlin ein; der Fürst ist hiebei Gegenstand von Kundgebungen gewesen, wie sie lebhafter, bezeichnender kaum gedacht wer­den konnten. Trotz des schlechten Wetters hatten sich Hunderte auf dem Bahnhöfe ein- gefundcn, darunter eine große Anzahl Damen, zum Teil mit prachtvollen Blumensträußen. AlS der Zug cintraf und der Fürst in dem letzten Wagen, seinem Salonwagen, sichtbar wurde, gab es für die Hunderte keinen Halt mehr. Alles durchbrach die Schutzmann- schaftskctte, stürmte auf den Fürsten zu und streckte ihm die Hände entgegen. Fortgesetzt wurden ihm Blumen gereicht, so daß der Fürst abwehrend sagte:Wo soll ich mit den vielen Blumen hin?" Jetzt stimmte die vielhundcrlköpfigc MengeDeutschland, Deutschland über Alles" an. Begeistert ^ wurde das Lied gesungen; da lehnte sich Fürst Bismarck weil aus dem Fenster und, nachdtm Ruhe geboten war, sagte er unge­fähr :Ich danke Ihnen für den herzlichen Empfang; es beglückt mich, so viele Freunde noch in Berlin zu wissen." Vor Rührung konnte »er Fürst kaum noch weiter, wieder wurde gesungen, die Hüte stogen in die Höhe,

von allen Seiten eilte daS Publikum hinzu und schüttelte dem Fürsten die Hand. Der Fürst im langem schwarzbraunen Uebcrziehir, weißer Halsbinde und grauer Reiscmütze sah ganz ausgezeichnet ans, dagegen die Fürstin rechk leidend. Der Salonwagen wurde vom Zug abgekoppelt und über die Nordbahn nach dem Lehrter Bahnhöfe geleitet, wo unter stürmischen Hochrufe» die Weiterreise fortge­setzt wurde. Die Vorgänge bei Bismarcks Abreise vom L-Hrter Bahnhof spotten jeglicher Beschreibung. Der Ansturm des Publikums, das sich ans den besten Gesellschaftskreisen zusammensttzte, übertraf um ein vielfaches die HuldigungSszcnen bei früheren Anwesen­heiten des Fürste». Aus den ununterbrochen donnernden Hoch- u»d Hnrrahrufen löste sich eine ganze Reihe begeisterter kurzer An­sprachen, größtenteils von alten Herren mit bewegter und tlnäneneistickwr Stimme ge­sprochen. Der Fürst war gleichfalls, so vortrefflich er anssah, tieferschüttert. Einen derartigen Begeisterungsausbruch hatte er offenbar nicht erwartet. UnanfhaUsam flutet- der Strom der Menge am Wagen vorüber, jeder überglücklich, einen Händedruck des großen Mannes zu erholten.Gott erhalte uns unfern BiSmarck noch lange, langeJahre," das war der hundert- und aberhundertmal wiederkehrende innige Wunsch. Auch der Fürstin wurden warme Begrüßungen zu Teil. lieber einen bcklagenSwerlen Miß­stand, der sich bei der Durchfahrt de« Fürste» gezeigt hat, schreibt man aus Berlin:Die hiesige Polizei hat wieder ei» seltsames Ver­halten an den Tag gelegt. Bekanntlich ist seit dem 1. Oktober hier eine Sperre der Bahnsteige eingcsühr«, deren Betreten nur gegen Lösung einer Karte gestattet ist. Man hätte meinen sollen, daß die Beschränkung des Verkaufs der Bahnsteigkarten auf eine bestimmte Zahl hätte anSreichen müssen, um Störunge» des Verkehrs auf den Bahnsteigen zu verhindern. Die Polizei, die zahlreich auf dem Lehrter Bahnhof erschienen war, hielt sich indessen für berechtigt, auch die mit Bahnsteigkarten Versehenen von dem Be­treten des Bahnsteig« zurückznhalten, ver­schon von 6 Uhr an für das Publikum ge­sperrt wurde. ES ist selbstverständlich, daß diese Maßnahmen zu lebhaften Auftritten zwischen Publikum und Polizei geführt haben, die auch zu einigen Verhaftungen Veran­lassung gaben, da die Leute sich nicht zurück­halten ließen. Man sollte meinen, bei einem guten Willen hätten sich leicht Anordnungen vermeiden lassen, die, weil sie den Schein persönlicher Animosität gegen sich haben, über­all gemißbivigl werden."

Essen, 13. Nvv. Gestern verunglückten von der Zeche König Ludwig 13 Bergleute infolge schlagender Wetter; 11 blieben tot, 2 verletzt.

In den Bahnwerkstätten zu Zarskoe- Selv hat ein großer Brand gewütet; eine bedeutende Anzahl von Waggons wurde ein- geäscherl; der Schaden ist erheblich.

Aus Wien wird vom 12. d. M. be­richtet: Einer althergebrachten Sitte gemäß wurden auch gestern, am Martinitage, die von der israelitischen KultuSgemeinde in Prcßburg für den Hof bestimmten Marlini- gänse in der Hofburg abgeliefert. Um '/-I2 Uhr vormittags fuhren zwei Vorstandsmit­glieder der Gemeinde beim Rcichölrakte der Hofburg mit den in feines, weißes Linnen Perpakten Gänsen vor, wahren Prachtexemp­

laren, deren jede das respekjabc Gewicht von mehr als 8 kA wog, und trugen dieselben in die kaiserliche Kammer. Ein Leibkammer- dicncr übernahm hier die Gänse und legte sie auf eine große Silberlasse. Die Gänse waren mit Bändern in den ungarischen Farben reich geschmückt.

Nach einer Meldung aus Wien ver­unglückte der Graf Ballhyany jr. in Pol- gardi im Sluhlweißenburger Komilat, indem er auf freiem Felde über eine Erdscholle stvlperte, wobei sein Revolver sich entlud und die Kugel ihn so unglücklich traf, daß er auf der Stelle tot blieb.

Der interparlamentarischen Friedens­konferenz in Rom ist am Mittwoch der eigent­liche Friedenskongreß nachgcfolgt. Herr Bonghi, der bekannte Franzose,,sr> und, prä­sidiert dem Kongresse, dies beweist schon ge­nügend, waS man von den zu Rom ver­sammeltenFriedenöf-.eunden" zu erwarten hat, ganz abgesehen von der phrascnreichen Eröffnungsrede Bonghi's.

Nach einer Nieldung der Franks. Zig. aus Dortmund wurde in Unna der Banqnier Herbrecht wegen Wcchselsälschunz verhaftet; der beteiligte Buchhalter Hertrich erschoß sich.

Die norwegische Bark Neustadl, mit Holz beladen, ist nach einer Meldung a»S Bordeaux bei Pointe de la Coubre gescheitert. Die Mannschaft, ausgenommen de» Schiffs­jungen, wurde gerettet.

Prag, 16 Nov. Graf Richard Clam- Martinitz, Mitglied dcS Herrenhauses, ist gestern auf Schloß Smccnv gestorben.

In Saragossa wurde am 5. Nov. von 10 maskierten Männern am Hellen Tage ein im belebtesten Stadteile gelegenes Haus überfalle» und vollständig ausgeplün­dert. Die Tochter des Besitzers wurde von den Räubern fortgeschlepp!; diese verlangen für die Auslieferung des Mädchens ein Löse- geld von 50 000 DuroS.

Am 12. ds. morgens um 3 Uhr früh fanden in Nevcsinje und Trbinjk (Her­zegowina) deftige Erdbeben mit unterirdischem Gelöse statt. Die Bewegung erfolgte stoß­artig in der Richtung von Oste» nach We­sten und dauerte 2 bis 4 Sekunden.

Bei Aegion an der Küste von Achaja haben sich vulkanische Erscheinungen bemerk­bar gemacht. Eine Oeffnung hat sich in der Erde gebildet, woraus Dämpfe von 80 Grad Hitze aufsteigen. Manche glauben, daß eS sich nur um einen unterirdischen Kohlen- brand handle, doch scheint dazu der scharje Pechgeruch nicht recht zu stimmen.

London, 14. Nov. DaS SchiffGylfe", mit Holz beladen, scheiterte bei Kinsale Head (Irland) und ist total wrack; sieben Mann ertranken.

(Räuberhauptmann AthanaS.) Man meldet auS Konstantinopet: Räuberhaupi- mann AthanaS hat an den Gouverneur von Adrianopel ein Schreiben gerichtet, in dem er ein- für allemal eine Abfertigung von 60,000 türkischen Livres (1,250;000 Franks) fordert, sonst werde er bald wieder ein schönes Stückchen" ausführen.

Der von Chicago am 11. Nov. um Mitternacht abgegangcne Zug wurde »in 1 Uhr morgens, 23 Meilen von Milwaukee von Rändern geplündert. Die Beute dürfte 100,000 Dollars und mehr betragen, da dieser Zug gewöhnlich Geld der Banken in Milwaukee führt,