Die Aüttenkönigin.

Roman aus der Gegenwart v. W. Hogarth.

Nachdruck verboten-

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Sprachlos vor Staunen stand Elisabeth da, als der alte Herr seine Erzählung be­endet.

Was raten Eie mir, in der Angelegen­heit zu thun, lieber Riese?" fragte sie dann-

Nun, was den Obersteiger Leonhard anbetrifft, so denke ich, den lassen wir in seiner Stellung, so lange sie ihm gefällt, und so lange er seine Pflicht und Schuldig­keit lhut. Daß er nebenbei auch Baron Rotheck ist, da« geht uns eigentlich nichts an, und wir haben wohl auch keine Ursache, sein Geheimnis zu lüften."

In diesem Punkte haben Sie sehr recht, lieber Direktor, aber wer löst mir das Rätsel? Wie kommt Baron Rotheck, ein vornehmer und reicher Cavalier dazu, als ganz gewöhn­licher Bergmann in der Johanna-Grube zu arbeiten und sich in der immerhin für seine Verhältnisse recht mühsamen Stellung eines Obersteigers, die er nun erlangt hat, wohl zu fühlen. Wer löst mir das Rätsel?"

Ich wage es nicht zu lösen, gnädiges Fräulein," erwiderte leise und mit auffälliger Betonung der alte Direktor,aber vielleicht finden Sie des Rätsels Lösung selbst I"

Elisabeth errötete leicht bei dieser zarten Anspielung des treuen alte» Dieners und entließ ihn daun freundlich mit der Mahn­ung, daß dos Geheimnis des Baron- Rothcck zu wahren sei.

Die Eröffnungen des Direktors Niese hatten auf Elisabeth einen sehr tiefe» Ein­druck gemacht. Die schwärmerische Neigung, welche sie seit jener mutigen That für den ritterlichen Baron von Töppen empfand und welche nahe daran war, sich in wahre Liebe zu dem Baron umzuwandeln, falls er das entscheidende Wort rechtzeitig gesprochen hätte, begann bei Elisabeth zu erkalten. Sie war zu wenig ein sentimentales Mädchen u. hatte zu viel von der kühl abwägenden Klugheit ihres Vater« geerbt, um taub gegen die Warn­ungen deS alten treuen Niese zu sein, der sicher nur das Wohl seiner Herrin im Auge hatte. Nein, ein leichtlebiger Cavalier, ein zwar liebenswürdiger, aber dem verschwen­derischen, arbeitslosen Leben zugeneigter Edel­mann, mochte er auch sonst in dem Rufe eine« GenrlemannS stehen, paßte nicht als Gatte für sie, das sah Elisabeth ein. Das war ja auch der Grund gewesen, weshalb sie seit Jahren die Werbungen so vieler Cava­liere kühl abgcwiesen hatte, und nun sollte sie doch, weil Baron Töppen einen roman­tischen Reiz auf sic ausübte, dem guten alten Vorsatze untreu werden und einem Cavalier, der offenbar noch leichtlebiger war, als die meisten anderen, ihre Hand reichen? Nein, Vor diesem Gedanken schreckte sie jetzt zurück.

Aber so ganz ließ sich Elisabeths Neig­ung zu dem ritterlichen und liebenswürdigen Töppen doch nicht gleich aus ihrem Herzen reißen. Und wie würde cs mit dieser Neig­ung werden, wenn Töppen wieder mit dem Zauber seines ganzen Wesens vor ihr er­schien und durch den Glanz seiner äußeren, bestechenden Erscheinung das graue Bild, welches Riese von seinem Leben mit düsteren Farben gemalt hatte, verdeckte?!

Töppen war wohl auch sonst ein guter Mensch und nur ein Kind seines Standes und seiner Erziehung, nicht besser und nicht schlechter als die meisten seiner Standesge- nosscn. Konnte er nicht seine Übeln Ange­wohnheiten ablegen, dem Sport einschränkeu, die Spieltische meiden und ein fleißiger Ar­beiter werden. O, Elisabeth hätte so gern dem Baron alle seine Untugend abgewöhnt. Mit diesen Erwägungen die Sachlage prüfend, beschloß Elisabeth, jedenfalls nicht schroff ab­lehnend und hart gegen Töppen zu sein und die kommenden Dinge sich ruhig entwickeln zu lassen.

Ein Paar große, blaue, flammende Au­gen, die nicht dem Baron Töppen angehör- ten, standen jetzt aber auch nicht selten vor Elisabeths Seele. E- waren die Augen des Obersteigers Leonhard, den sie am anderen Tage nach Rieses Enthüllungen ganz unver­kennbar als Baron Rocheck erkannt hatte, als sie der Johanna-Grube einen Besuch ab­stattete. Ja, nun wußte Elisabeth ganz ge­nau, wo sie diese großen, blauen Augen, die ihr schon bei der ersten Vorstellung Leon­hards so bekannt vorgekommcn, bereits ge­sehen hatte. Es war im vorigen Jahre bei dem Bergfeste gewesen, wo ihr der junge da­mals von Reisen aus Italien zurückkehrende Baron Rotheck vorgestellt worden war und wo sie, schöne Neiseerinnerungen an Venedig, Rom und Neapel, wo sie einst mit ihrem Vater gewesen war, mit dem jungen Baron ausgetauscht hatte. Während de« darauffol­genden Winters hatte Elisabeth den Schloß- Herrn von Rocheck dann noch öfters in der Gesellschaft, in Conzerten und auf Bällen gesehen und sic glaubte sich auch zu erinvern, daß er in vornehmer, zarter, zurückhaltender Weise ein wenig um sie gefreit hatte, aber damals wie der ganze Schwarm der vorneh­men, vorzugsweise auf die Baumgarten'- schen Millionen spekulierenden Freier nicht sehr von ihr beachtet und jedenfalls von den übrigen Freiern nicht unterschieden wordcn war.

Dann war Baron Rotheck aus Elisabeth« Gesichtskreis verschwunden und sie hatte ihn als Baron fast ein ganzes Jahr nicht ge­sehen. War nun diese heimliche Neigung zur BergwerkSindustrie eine seltsame, rätsel­hafte Schrulle de« Barons oder wollte er einer TageS durch die Mühen und Opfer seines jetzigen Berufe- beweisen, daß er an­ders sei und anders denke und urteile a'S Elisabeths sämtliche übrigen Freier? Wollte er bei seiner neuen Werbung gleich auch den Beweis Vorbringen, daß er nicht nur um Geld und Gut freie, sondern vorwiegend um Elisabeths Person, mit der er allen Ernstes als Gatte auch die Sorgen und Mühender Leitung des großen Bergwerks- und Hütten- beiriebes der Baumgartcn'schen Besitzung zu teilen entschlossen sei, wenn sie dicSmal seiner Werbung Gehör schenke.

Solche und ähnliche Gedanken legte sich Elisabeths immer und immer wieder vor, sie fand aber nicht die richtige Antwort auf die­selben, denn Baron Rothek blieb unter dem Namen Leonhard ruhig in seiner Stellung als Obersteiger ans der Johanna-Grube, und der Direktor Riese wie auch Elisabeth konn­ten im Geheimen nicht genug die Arbeitslust und den Pflichteifer des Obersteigers Leon­hard bewundern.

(Fortsetzung folgt.)

Vermischtes.

.'. Der alte Schullehrer T. in M. läßt sich nicht verblüffen, auch vor dem Herrn Schulinspektor kommt er nie aus der Fass­ung. Eines Tages tritt der Gestrenge m das Klassenzimmer deS alten T. und sieht mit Einsetzen, wie letzterer dabei ist, einem seiner Schüler die Weisheit des Lebens in einer so nachdrücklichen Weise beizubringen, wie dies nach den Verfügungen der Schul­behörde einfach nicht erlaubt ist. Zum größ­ten Befremden und Acrgcr seines Vorgesetz­ten prügelt T. ruhig weiter, als ob der Herr Schulinspektor gar nicht da wäre. Zum Schluß beauftragt er den heulenden Jungen noch, er möge es ja seiner Mutter erzählen ! Natürlich nimmt darauf der Herr Schulin­spektor Veranlassung, mit gehobener Stimme demHerrn Kollegen" klar zu machen, daß er kein Recht habe, eine solche Exekution an einem Schüler vorzunehmen u. s. w. Die ganze Strafpredigt scheint aber auf unser» T. sehr wenig Eindruck zu machen, und auf die ärgerliche Frage, waö dann geschehen solle, wenn die Mutter sich bei ihm, dem Schulinspektor, beschwere, antwortete T. la­konisch :RauSschmeißen Herr Schulinsp-k- tor !"Nun, und wenn daun der Vater kommt und sich über Sie beschwert?" Ach, der kommt nicht, Herr Schulinspektor

der Vater bin ich!"

.'. (Schreckliches Gericht.) Ein kurzsich­tiger Herr, dem das Gericht, welches ihm zu essen vorgesetzt ist, unbekannt und ver­dächtig ist, fragt einen hinter ihm Stehenden, den er für den Kellner hält:WaS ist das?" dieser jedoch, ein Mitglied einer gerade konzertierenden Musikkapelle, denkt, der Herr frage ihn nach der gespielten Mustkpiece u. antwortet: DsS ist Fledermaus, worauf natürlich der Herr schaudernd das Esten stehen läßt.

Eine Schwiegermutter, etwas leidend, hat den Arzt kommen lassen. Nachdem er ihr den Puls gefühlt, sagte er:Oeffncn Sic den Mund I O, jdie böse Zunge!" Der Schwiegersohn leise zum Arzt:Das beweist nicht im Mindesten, daß sie krank ist."

(Entschuldigt.) Herr:Schämen Sic sich nicht, so früh am Morgen schon be­trunken zu sein!" Bettler:Erlauben Sie Herr, das ist noch von gestern."

Kurze Kritik.

Schauspieler:Nun Freund, wie gefiel ich Dir alsJulius Cäsar" gestern; welchen Eindruck hat die ErmordungSscenc auf Dich gemacht?"

Freund:Den, daß Du den Tod ver­dient hättest!"

Die goldene Freiheit.

ZuchthauSdireklor:Schon wieder da, Kellner; Sir haben ja nicht lang'die goldene Freiheit genossen I"

Sträfling:Nee, Herr Direktor, mit zwei Uhren da hatten sie mich schon wieder I"

(Bissig.) Herr Wirt, ist Ihr Hund bissig ?

Nein. Thut mir sehr leid, sonst könnte er sich mal mit meiner Frau messen.

Merk 's.

Stets Maß zu halten ist beim Wein

Notwendig mir erschienen,

Wer über sich ihn Herr läßt sein,

Dem kann er ja nicht dienen.

Druck und Verlag von Bernhard Hssmann in Wildhad. (Verantwortlicher Redakteur Btrnh. Hofmann.)