Rundschau.
Nagold, 30. Aug. Zu Ehren d S nach Klein-Popo n> Westasrika abgehcnden „Reichc- schulmeisters" Karl Köbele versammelten sich gestern abend im Hirschsaale die hiesigen Lehrer nebst sonstigen Freunden des Schützenden. Rektor Dr. Brügcl brachte die Glvck- und Segenswünsche der Versammlung zum Ausdruck und betonte, daß es gewiß kein schlechtes Zeugnis für die württembergische Scminarbildung sei, wenn jetzt der vierte Schwabe nach Afrika gehe. Der Onkel des Scheidenden, Seminaroberlehrec Köbele feierte in einem herzlichen Gedichte seinen Neffen, der seither (weil 2 Jahre Hauslehrer zu Puebla i» Mexiko) ein „Karolus Mexikanns" gewesen sei, nunmehr aber ein „Karolus AfrikanuS" werden wolle; möge er ein „Ka- roius GermanikuS" bleiben und wieder gesund zurückkounncu ! Unter ernsten u. heiteren Gesängen und sonstigen Musikvorträgen verflossen die Abschiedsstunden nur zu rasch. Heule morgen ist Köbele über Stuttgart in seine Heimat Balingen abgercist, um von dort sich beim Auswärtigen Amt in Berlin zu stellen und dann über Hamburg an feinen Bestimmungsort abzngehen. Glück zu! dem mutigen, talentvollen Pionier deutschen Wesens und deutscher Bildung!
Remseck, 28. Aug. In der Nacht von Dienstag aus Mittwoch branute eine Feime, Herrn Gutspächter Hönes gehörend, welche etwa 10,000 Frnchtgarben u. mehrere Hundert Zentner Futter enthielt, vollständig nieder. Brandstiftung wird vermutet.
Von der Eyach, 28. August. Gestern schnitt sich ein 13jährigcr Knabe in Jmnau, OA. Haigerloch, der sich mit einer Futter- schncidmaschine zu schaffe» machte, den Mittelfinger der linken Hand vor dem Mittel- gelinke ab. Kaum acht Tage vorher begegnete einsam gleichalterigen Knaben derselbe Unglückssall, indem ihm die Futlerschncid- maschinc die Spitze und den Nagel des kleinen Fingers unmittelbar hinter dem Nagel ab- schnitl. So oft auch dergleichen Unglücksfälle Vorkommen und als Warnung zur Veröffentlichung gelangen, so selten scheinen sie Beobachtung zu ffinden. — An Stelle der am 4. Oktober 1889 abgebrannten Baumwollspinnerei Karlsthal bei Haigerloch ist eine neue größere erbaut, mit den erprobtesten neueren Maschinen ansgestattet und vor kurzer Zeit in vollen Betrieb gesetzt worden. Feuersgefahr sollte diesem Neubau kaum Zerstörung bringen können, da bei demselben Eisen an Stelle des Balkenwerks getreten ist und sämtliche Böden des dreistöckigen Ge- bäudcs betoniert sind. Für die naheliegende Umgebung kommt die Wiedereröffnung der seit zwei Jahren versiegten Verdienstquelle sehr erwünscht.
Schietingeil, 29. Aug. Dank dem energischen Auftreten unseres wackeren Oetsvor- steherS sind die Mörder des bei der Hochdorfer Ziegclhütte erschlagen aufgefundcnen ledigen Philipp Gnlekunst von hier bereits entdeckt und ans K. Amtsgericht Horb eingeliefert. Die Thäter sind der ledige Schuster I. Frick und K. Vogt, Schmied, beide von Hochdorf. Der letztere hat ein Geständnis abgelegt. Die Gemeinde Schülingen hat einen neuen Friedhof angelegt, und cs ist tragisch, daß der cr- schtagene PH. G. der erste ist, der hier seine letzte Ruhestätte erhalten hat.
Aus dem Oberamt Hall, 30. August. Ein Knecht des Gutsbesitzers Gehring in
Haßfelden büßte gestern abend beim Futter-1 schneiden seine linke Hand vollständig ein;! die Messer der Maschine schnitten sie ihm oberhalb der Handwurzel quer herüber gänzlich durch- Der Verunglückte wurde in das Diakonissenhaus nach Hall verbracht.
Frickingen, OA. Ncresheim. 29. August. Gestern nachmittag verunglückte das einzige Kind des sehr »ermöglichen Bauern Klemens Hohn dadurch, daß beim Getrcide-Einführen der 6jährige Knabe zwischen zwei ancinander- gehängtcn Garbenwagen lief, an einer Erdscholle stolperte und zu Boden fiel und die Räder des schwcrbeladenen Erntewagens über die Brust des armen Jungen gingen, wodurch in einer Vierlstundc der Tod des unglücklichen Kindes erfolgte.
— Eine grauenhafte Thal vollbrachte die Ehefrau des Schneidermeisters K. in Nordhansen. Dieselbe versuchte, sich und ihre drei Kinder (im Alter von 11, 9 und 3 Jahren) in der Helme zu ertränken. Ein Opfer des Wassers wurde nur das drei Jahre alte Mädchen; der neunjährige Knabe kroch selbst wieder aus dem Flusse und das älteste Kind, sowie die Mutter wurden von einem zufällig hinzukommenden Manne noch lebend herauSgezogen.
— Der Fr. Ztg. wird aus Wien gemeldet : Das Badener Amtsblatt konstatiert offiziell, daß die heurige Weinernte v»n Gumpoldskirchen und Guntramsdorf durch Hagel und Reblaus vollständig vernichtet sei. Der Schaden stellt sich auf 850,000 Gnlden.
— Bemerkenswert erscheint die aus Spandau mitgeteilte Thatsache, daß der nunmehr ermordete Kaufmann Hirschfeld, als sich vor etwa Jahresfrist in Spandau unter den Geschäftsleuten eine Bewegung dahin geltend machte, die Läden an Sonntagen von 2 Uhr nachmittags ab zu schließen, der einzige war, welcher sich dagegen aussprach und die Erklärung abgab, er werde sein Geschäft auch Sonntags bis spät abends zugänglich halten. Und gerade ein Sonntag war eS, an welchem er durch Mörderhand fiel.
— Seit dem Jahre 1882 ist in Kreuznach der Tüncher Obcrdörster unter Hinterlassung von Frau und Kindern verschwunden. Jetzt hat man ihn in Hamm in Westfalen entdeckt und zwar als verheiratet und Vater von drei weiteren Kindern. Derselbe wurde festgenommen und befindet sich auf dem Wege nach Kreuznach. Seine zweite Frau hatte keine Ahnung, daß derselbe bereits verheiratet sei.
— Au« Warschau berichtet man galizi- schcn Blättern über eine massenhafte Auswanderung aus Mittelrußland. Die zunehmende Notlage und die Furcht vor Hungersnot und Epidemien habe eine bedenkliche Bewegung hervorgerufen, welche die Regierung nicht einzudämmcn vermöge. Aus dem Bezirke Lomza seien in der letzten Woche 500 Männer unter Zurücklassung ihrer Frauen und Kinder ausgewandert.
— Die russische Regierung hat nun auch die Ausfuhr der bisher zollfreien kleineren Mchlmengen verboten.
— Wie aus Bordeaux gemeldet wird, hat eine Feuersbrnnst in der dortigen Gegend 200 Hektar Waldfläche zerstört. 10 Personen haben dabei da« Leben verloren und ein aus Holzgebäudcn bestehendes Dorf wurde vernichtet.
— In Hamburg eingegangcnen Nachrichten zufolge erstand Baron Hirsch neuer-
I dingS 5000 Acres Land zwischen Woodbjne sund Mount Ptcasens-Newjersey, zwecks Kolonisierung durch russische Ausgewiesene. Die sehr fruchtbare Strecke liegt an zwei Eisenbahnen.
— Liebe und Subordination. Vor einigen Tagen hat vor dem Kriegsgerichte deS zweiten Armeekorps in Bukarest eine eigentümliche „Militärnovelle" ihren Abschluß gefunden, welche jedoch nicht in dar für diese Gattung beliebte humoristische Genre schlägt. Der Soldat Korakaschu lebte mit einem feschen Weibchen zusammen, das er, wie dies bei der rumänischen Landbevölkerung üblich ist, als seine rechtmäßige Gattin betrachtete, obgleich der Segen des Popen den Bund nicht geweiht hatte. Der Lieutenant des Soldaten teilte dessen guten Geschmack und eines schönen Tages überraschte Korakaschu seinen Vorgesetzten bei seiner Geliebten, welche die Gesetze der Subordination, wie es scheint, auch für sich als maßgebend erachtete. Der Betrogene faßte diesen Besuch des Lieutenants als einen Eingriff in seine Privalrechle ans und prügelte ihn weidlich durch. Herr Za- dik, dies der Name des Offiziers, erstattete jedoch die Anzeige und das Kriegsgericht des zweiten Korps verurteilte den Rächer seiner Ehre zu sechs Jahren Zwangsarbeit. Das Urteil wurde jedoch in Folge einer Apella- tion aufgehoben und die ganze Angelegenheit dem Bukarcster Kriegsgericht überwiesen. Allgemein glaubt ma», daß dieses die strenge Strafe mildern werde, doch im Gegenteil verurteilte diese Instanz den unglücklichen Soldaten wegen Subordinationsverlctzung zu lebenslänglicher Zwangsarbeit. Dieses harte Urteil hat in der oppositionellen Presse eine» Sturm der Entrüstung hervorgerufen und man fordert, daß Vergehen von Militärper- soncn, welche nicht im Dienst begangen wurden, den Zivilgerichten zur Rechtsprechung überwiesen werden. Gegenwärtig kursiert im Lande eine Petition an den König um Begnadigung des Soldaten Korakaschu. Die Depn- tiertenkammcr wird sich bei ihrem Zusammentritte auch mit dieser Angelegenheit befassen.
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.'. (Pariert. Mutter (von vier Töchtern, wovon die eine kürzlich heiratete, leise zu einem neben ihr sitzenden, jungen, reichen Herrn, der ihren Töchtern den Hof zu machen scheint): Welche von meinen Töchtern gefällt Ihnen eigentlich am besten ?"— Herr: „Die verheiratete I"
.'. (Die gescheidten Kinder.) Vater (bei dem Abendessen): „Ihr seid schon rechte Naschmäuler! Jetzt ist den Rangen nicht einmal der Kalbsbraten mehr gut genug. Wißt Ihr, was ich bei meinen Eltern als Nachtessen bekam? Eine Suppe und ein aufgewärmtes Gemüse von Mittags, manchmal auch nur einen halben Schoppen Bjer und ein Stück schwarzes Brot." — Kinder : „Gelt, Papa, da gehl's Dir bei uns schon besser!"
— Eine Wiener Zeitschrift. Die „Wiener Mode", welche ihren beispiellosen Erfolg bekanntlich dem eigenen Chic der Wiener Toilcltekunst und dem Umstande verdankt, daß sie ihren Abonnentinnen gratis Schnitte nach Maß liefert, kündigt das demnächstige Erscheinen der Nummer an, mit welchem das Blatt am 1. Oktober seinen fünften Jahrgang eröffnen wird.