verursachten AuStretenS des Flusses iui Dorf Kollmann bei Klausen sind 14 Häuser zerstört. 36 Menschenleben, und vielleicht noch mehr sind dabei umgekommen.
— Die „Neue Freie Presse" in Wien meldet die Entführung des Bahnmeisters Lvllini, eines italienischen Unterthanen, durch Räuber, 115 Kilometer von Salonichi, auf einer Drafine. Ein Arbeiter wurde ermordet anfgefunden.
— Ein Mord bei Herzogenburg. Als sei eine wahre Mordepidcmic ausgebrocken, so mehren sich, wie das Neue Wiener Tgb. schreibt, in den letzten Tagen die Berichte über blutige Verbrechen in unserem sonst so gemütlichen Oesterreich. Am Mittwoch ermordete in der Nähe von Herzogenburg, auf dem Wege von St. Pölten, ein beschäftigungsloser Schlossergehilfe, NamenS Joseph Lang aus Müglitz, die 42jährige, von ihrem Manne getrennt lebende Frau Dcimel, geb. Meixner. Es handelt sich hier um einen Lustmord. Der Mörder stellte sich ein paar Stunden nachher selbst der Behörde, und er
klärte dabei, wenn er nicht gleich in Sicherheit gebracht werde, so könne er nichts dafür, wenn heute noch ein Paar Morde geschehen — er habe gerade heute vor einem Jahre zwischen Raab und Kamorn einen Herrn u. eine Frau umgcbracht, und seit er Menschen- blut gerochen, könne er das Morden nicht lassen. Auch gestand er, am 28. Aug. v. I. in der Nähe von Straß zwei Brände, und zwar einen an einem Keller und einen bei einem Bürtclhaufen gelegt zu haben. — Das Opfer des Unmenschen fand man in dem Mühlbach zwischen Ober- und Unter- Radlbcrg tot vor.
— „Wiener Mode." Heft 22,15 Aug.: Umhang aus Spitzenstoff (coloriert). Hochzeitskleid für junge Mädchen (coloriert). Seidentoilette, Promenadejacke. Spitzenkletd mit Miedertaillc. Schlafrock. 2 Besuchs- Toiletten. 2 Promenade-Toiletten. Batistkleid. Wollkleid. Toilette aus Voile. Prinzeßkleid. Toilette mit Micder-Ueberkleid. Englisches Kleid. Spitzenmantclet. Kinder
kleider, Hüte, Schürzen u. s. w. — Billarddecke. Gehäckelte Borde. Holzschemel mit Malerei. Wandtasche mit Stickerei und andere Handarbeiten. —Rcnse Francis: Wiener Modebcricht. C. de Clairville: Pariser- Brief. Jula Froelich: Drei Stunden später zu HauS. Sigmund Schlesinger: Die Ablösung, Genrebild aus Alt-Wien in 1 Aufzug. Fr. X. Seidl: Abend. Ottilie Bibus: Wenn auch . . I A. Vogel vom Spielberg: Auf Umwegen. Die Aussteuer-Versicherung. Rätsel. Küche. Korrespondenz.
Zufrieden.
Immer folgt auf Sonnenschein Stets auch wieder Regen.
Ich sitz' „wohl" bei gutem Wein, Hört'S nicht auf — meint' wegen.
Blickt dann neuer Sonnenschein Auf die Welt hernieder. —
Trink' ich wiedrum auch Wein Stärkend meine Glieder.
D. H. L.
A cr s m i n.
Erzählung aus der Zeit der großen französischen Revolution von C. Warnemann.
Nachdruck verboten.
10 .
„Ich mache Sie so reich, daß Sie in der Fremde ohne Sorgen leben können, wenn Sie Jasmin zur Flucht verhelfen! Fliehen Sie doch mit uns!" erwiderte Blanche darauf.
Der Kerkermeister zog mit einer tiefen Verbeugung die kokardengeschmückte Jakobinermütze zum zweiten Male.
„Madame, mein Respekt wächst! Geben
Sie mir — Sicherheit und ich-lasse
Herrn Jasmin entwischen!"
Gräfin Blanche reichte ihm sogleich wie neulich Jeannette eine Anweisung auf ihren Banquier, der ein Ehrenmann war, und schmunzelnd steckte der Kerkermeister das Schriftstück ein und flüsterte der Gräfin zu :
„Er ist frei, machen Sic, daß er mit ihnen fortkommt!"
Gerade lief Blanche zurück, um Jasmin das große Glück zu verkündigen, als sie auf eine Dame stieß, die bei ihrem Anblick laut aufschrie:
„Frau Gräfin, Frau Gräfin!"
Blanche stammelte dagegen:
„Sie, Lätita Ni^ise? Wie kommen Sie an diesen Ort?"
Jene schlug den Blick zu Boden und flüsterte:
„Ach, gnädigste Gräfin, bei Ihrer Flucht erwischte man mich und hielt mich für Sie; ich ließ die Häscher in diesem Glauben und noch heute hält man mich für die Gräfin de Poutange!"
Da erhob Blanche die Blicke zum Himmel und rief:
„O, mein Gott, so ist die Treue in Frankreich doch noch nicht ausgcstorben? —Mein Frankreich, noch bist Du nicht ganz verloren I"
Dann wandte sie sich Lätitia Nitzaise, ihrer treuen Gesellschaftsdame zu, u. sagte:
„Aber Lätitia, man wird — Sie töten I"
„Ich weiß es und bin darauf längst gefaßt^
„Und Sie glauben, ich nehme dieses Opfer an?" frug die Gräfin.
„Ich habe Niemanden zu verlassen I"
„Ich auch nicht — I"
Aber die Gräfin stockte und ward blutrot, denn sie gedachte Jasmin und ihres Ret- tungSwcrkes.
Dieser stand indessen glückstrahlend in seiner Ecke. Begeistert schrieb er in seine Brieftafel:
„Ich wollte, alles wär' vernichtet Was einst mutwillig ich gedichtet,
Von lust'ger Zeit und gold'ncm Wein; Ach Gott, wie fühl' ich mich so keinI
Seit ich, Geliebte, Dich besungen,
Zu heil'ger Lieb' mich durchgerungen.
Da fühl' ich groß mich, gut und rein, Da Haffe ich den eitlen Schein!
Der Freiheit soll die Leier tönen,
Soll Frankreich mit sich selbst versöhnen I
Gebt mir den Tod, ich fürcht' ihn nicht: Bald — trifft Euch selber das Gericht I"
Die Gräfin hatte Lätitia weiter nichts erwidern können, denn in diesem Augenblicke ertönte eine schrille Glocke. Die Gefangenen standen totenstill in Gruppen beisamen und flüsterten:
„Die Totenglocke! Wen trifft heute daS Loos?
Der Blick der Gräfin aber erstarrte, als habe sie das Haupt der Medusa angeschaut, denn neben JaSmin tauchte plötzlich Couthon und Fouquicr Tinville auf, und teuflisch lächelnd verlas der letztere etwa dreißig Namen, darunter zuletzt die Namen „Jasmin Lächelte" und „Gräfin Blanche de Poutange."
Sogleich legte ein Scherge die Hand auf Jasmins Schulter, der kühn das Haupt emporhob.
Eine Blutwelle legte sich vor die Augen der Gräfin und entschlossen einen Schritt vortretend rief sie beim Aufrufe ihres NamenS:
„Hier bin ich!"
Da aber meldete sich Lätitia Nitzaise und sagte vordrängend:
„Nein, ich bin die Gräfin I"
Hierzu lächelte Fouquier Tinville höhnisch und eisig fragte er:
„Welches ist aber nun die Rechte?"
»Ich, ich!" erklang es vom Munde beider Frauen.
Beide Frauen wetteiferten mit einander in Großmut, aber Couthon entschied:
„Wozu der Streit? Samson, thun sie beide ab I"
Da stand Jasmin mit drohend erhobener Hand wie einer der alten Propheten vor den beiden Schlächtern Frankreichs u. ehern klang seine Stimme, als er sagte:
„Diese beiden Frauen beschämen Euch, Bürger, die Ihr gleich Tigern nach Blut lecht! Aber Geduld, auch Eure Stunde schlägt; sie ist nicht allzufern!"
Er konnte nichts mehr sagen, denn das Raffeln des RichtkarrenS erstickte seine Stimme. Die Opfer bestiegen das Gefährt und durch schreiende, schimpfende Pöbelhaufen bewegten sich die Karren langsam dem Groveplatze zu.
Blanche hielt JaSmin umschlungen.
„So vereinigt und der Tod, da uns das Leben zusammen versagt war I" meinte sie leise.
Er aber entgegnctc:
„Du bist eine Heldin, Blanche; Frankreich wird Dich einst verehren ! Und in einer andern Welt bei dem gnädigen Gott, der uns hier zu seiner Ehre und zur Rettung Frankreichs sterben läßt, werden wir glücklicher sein I
Lätitia Niyaise bediente ihre Herrin bei der Toilette zum letzten schweren Gang wie einst in glücklicheren Tagen. JaSmin ^sah die Geliebte morden und stöhnte schwer auf. Krampfhaft weinend beugte er sich über die Leiche der Gräfin, küßte deren blutenden Kopf und sprang dann eine Stufe höher hinauf, wo eine Sekunde später auch sein Haupt fiel. Sämtliche Opfer der großen Revolution starben auch heute mit Fassung. Sie wurden aber bald gerächt, denn am 10. Thermidor schon endeten von Henkershand Robes- pierre, Couthon, Louis Just, Fouquier Tinville und andere SchreckenSmänner der Revolution an derselben Stelle, die Jasmins und BlanchenS Blnt getrunken.
— Ende. —
rnhard Hofmann in Wildbad.
Verantwortlicher Red.-ckteur: Bernhard Hofmann.) Druck und Verlag von B e