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Rundschau.

Seine Majestät der König hat Ver-. möge höchster Entschließung vom 11. Aug. die ncuerrichtete Hauptlehrerstclle an Klasse III der Realanstalt in Ludwigsburg dem Reallchrcr F e i n in W i l d b a dstn Gnaden übertragen.

Friedrichshofen, 15. August. Ihre Majestäten der König und die Königin sind durch das am 14. d. M. zu Karlsruhe in Schlesien erfolgte Ableben Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Herzogin Mathilde, Witwe des Herzogs Engen Erdmann von Württem- berg, in schmerzliche Trauer versetzt worden. Die Verehrung für den Herzog Eugen Erd­mann und die Verbindung Ihrer Kaiser­lichen Hoheit der Frau Herzogin Werra v. Württemberg mit dem Sohne, der im Jahre 1877 verstorbenen Herzog Eugen, bildeten so viele Bande gegenseiiiger herzlicher An­hänglichkeit, durch welche die Verewigte dem Königspaare besonders nahe stand. Ihre Majestäten haben sich deshalb bewogen gesehen, den von der hohen Frau noch zu Lebzeiten ausgesprochenen Wunsch, in aller Stille u. ohne Gegenwari irgend welcher Repräsen­tanten beigcsetzt zu werden, durchaus zu ehren und von der Abordnung v. Vertretern zu der in Karlsruhe in Schlesien stattfind- den Beisetzung Umgang zu nehmen.

Stuttgart, 14. Aug. Professor Jäger, der bekannte Wollprsphet, dessen Ruhm in­dessen in letzter Zeit durch die Kneippsche Lcinenkleidung zu schwinden beginnt, hat eine Tochter, welche kürzlich in den Stand der Ehe rrat. Dem Prinzip dcS Vaters getreu, erschien die Braut bei der Trauung voll­ständig in Wolle gekleidet, sogar mit einem wollenen Brautschleiers

In Giengen a. Br. wurde am 14. August Orgelbauer P. Link, 70 Jahre alt, zu Grabe getragen. Er hat mit seinem Bru­der die dortige Orgelfabrik gegründet und dieselbe in den letzten Jahren mit seinem und seines Bruders Sohn zu großem Renomee gebracht. Die gelieferten Werke fanden über­all große Anerkennung und die Fabrik im­mer viele Aufträge, selbst in außereuropäi­sche Staaten, wie »ach Indien, Bursilienrc. Link stand in Giengen in großem Ansehen und war seines edlen Charakters wegen all­gemein beliebt, wie das zahlreiche Leichenge­folge bewies.

Eßlingen, 14. Aug. Am letzten Diens­tag nachmittag verunglückte in einer hiesigen Werkzeugfabrik ein Lehrling, indem derselbe beim Einhängen des Riemens auf einer Scheibe der Transmission an den Kleidern erfaßt und mchreremal um die Scheibe ge­schleudert wurde, so daß ihm hiebei der linke Arm zweimal und der rechte Arm einmal abgcdrückt wurde. Trotz der schweren Ver­letzungen hofften die Acrzte, beide Arme ret­ten zu können, und richteten dieselben ein; die Umstände des Verunglückten verschlim­merten sich jedoch derart, daß cs geboten er­schien, demselben gestern den linken Arm ab- zunchmcn.

Bietigheim, 14. August. Rößleswirt Keller von hier, ein auch in weiteren Krei­sen bekannter Mann, ging heute mittag aufs Feld, um nach dem Erntegeschäst zu sehen, als er plötzlich vom Schlage gerührt neben dem rollen Erntewagen leblos niedersank. Er wurde ssofort auf einem herbeigeholten Wagen in seine Wohnung verbracht, doch konnte der hcrbeigerufenc Arzt nur den be­

reits eingetretenen Tod konstatieren. Ob­gleich der Verstorbene schon längere Zeit kränkelte, so war sein jähes Ende doch für jedermann , namentlich aber für die Seinigen, sehr überraschend und erschütternd. Er er­reichte ein Alter von nur 55 Jahren und hinterläßt eine zahlreiche Familie.

Göppingen, 16. August. Heute früh wurde die Stadt in schreckliche Aufregung versetzt, als sich die Nachricht verbreitete, daß morgens um 2 Uhr am Fischbergle sich aus geringfügigem Anlässe eine entsetzliche Ran- ferei entwickelte. Hiebei wurde der 19jährige Zuschneider Schäfer von hier durch einen Messerstich ins Herz sofot getötet, Buchdrucker Schmidt, verheiratet, erhielt einen Stich un­ter dem Herzen, eine sehr schwere Wunde, Bäcker Schmidt, der im Verein mit Schmidt abwehrcn wollte, erhielt mehrere Stich- und Schnittwunden. Verhaftet sind 2 Schneider und 3 Schreiner. Der traurige Messerheld ist der taubstumme Schreiner Ehr. Weis­haupt von Tischardt, OA. Nürtingen. Sch. befindet sich den traurigen Umständen ent­sprechend heule abend wieder besser u. kann vielleicht gerettet werden. Heute vormit­tag sperrte eine resolute Lehrersmagd zwei Diebe einfach ins Wohnzimmer und holte die Polizei zur sofortigen Verhaftung. Heute nachmittag meldet ein Schuhmacher von Wä­schenbeuren, daß ihm zwei Strolche im Ober­holz mit vorgehaltencm .Revolver Uhr und Geld abgenommen haben; nach solchen wird gefahndet. Heute nachmittag kommt die Schreckenskunde, daß Schullehrer Reichert von Heilungen, jedenfalls von den beiden gleichen Strolchen, zwischenhicr und Heiningen im Walde überfallen worden ist, zwei Re- volverschüssc in den Kopf erhalten hat und seiner Uhr und Habschaft beraubt wurde. Göppingen hat wohl noch nie an einem Tage solch schreckliche Kunde erlebt.

Möckmühl, 16. August. Vergangene Nacht schlug während eines schweren Gewit­ter« der Blitz in das Hinterhaus einer Bäckerei. Trotz angestrengtester Arbeit der hiesigen Feuerwehr brannte auch das Wohn­haus nieder. 4 Schweine gingen in den Flammen zu Grunde. Das Mobiliar konnte größtenteils gerettet werden. Zu gleicher Zeit, nachts gegen 10 Uhr, schlug der Blitz in ein Wohngebäude in Roighcim, ohne je­doch zu zünden.

Balingen, 16. Aug. Heute früh von 4 Uhr ab zogen mehrere Gewitter über un­sere Stadt. Kurz darauf wurde die Feuer­wehr alarmiert. Der Blitz hatte den Giebel der Scheuer des Bierbrauers Lang getroffen, war an der Schmalseite, den Drähten der Begipsung folgend, heruntcrgefahren n. hatte sich, scheint es, dann geteilt. Ein Strahl fuhr durch das Heu hindurch und gelangte ans der Langscitc wieder ins Freie. Dort schlug er in eine vor der Scheuer stehende Schafherde von über 400 Köpfen, von der 180 Stück ausgcschikden werden sollten, um eine Sommerweide zu beziehen. 17 der Schafe waren tot, viele andere erholten sich langsam wiHer. 3 Minuten vor dem Blitz­schlag standen Bierbrauer Lang und 4 seiner Schäfer noch bei den Schafen; eS war ihr Glück, daß sic sich inzwischen zum Mor­genkaffee begeben hatten. Die Feuerwehr konnte wieder nach Hause, ohne in Tätig­keit getreten zu sein. Um 9 Uhr wurde wieder alarmiert; mau roch aus dem Heu einen starken Brandgeruch. Beim Einschla­

gen einer Riegelwand schlug auch momentan Feuer und Rauch heraus; cs ist aber nach einstündiger Arbeit nicht gelungen, den eigent­lichen Feuerherd zu entdecken, obgleich der Brandgeruch sich immer wieder bemerkbar machte. Es ist nun eine Beobachtungswachc auf dem Platz. ES wird sich zeigen, wann und wo bei der großen Masse des in der Scheuer befindlichen Heus die Flammen sich wieder zeigen.

Biberach, 15. August. Im Gutenzell, hiesigen Oberamts und Sitz de« Gräflich v. Törringschen Rentamts, geschah gestern ein schweres Unglück. Der dortige Kirchtum wird frisch heruntergeputzt. Plötzlich brach das Gerüst, der auf demselben gerade ar­beitende Wcißputzer Hederich von Aepfingen stürzte au« bedeutender Höhe herab und blieb tot auf dem Platze. Der Verunglückte zählt 45 Jahre, befand sich in ärmlichen Verhält­nissen und hinterläßt eine Witwe mit 6 Kin­dern.

Schneidemühl, 22. Juli. Ein köstliches Gescbichtchen ist am vergangenen Sonnabend dem Lehrling eines Bäckermeister- passiert, der von seinem Herrn beauftragt war, eine» Kastenwagen mit Brot nach Motylewo zu führen. Als der junge Mann unterwegs war, fing eS an zu regnen, in folge dessen er sich in den Kasten des Wagens hinein- setzle. Mit einem Male gibt es einen Ruck, der Junge zieht mechanisch die vorgestreckten Beine nach oben und gleichzeitig schlägt die Thür des Wagens, die nur von außen zu zu öffnen ist, zu, und unser Held war im wahrsten Sinne des Wortes im eigenen Wagen ein Gefangener. Da half kein Schreien und Pochen, öde und leer war die Straße, kein Mensch kam, der den Acrmsten aus seiner dunkeln unangenehmen Lage befreien konnte. Erst iu Metylcwo, wohin da« treue und unbekümmert um seinen Lenker ruhig seinen Weg fortsetzende Pferd schließlich kam und bei dem Gasthause, wie sonst, anhielt, hörte man den furchtbaren Lärm des Jungen. Natürlich wurde sofort mit Leichtigkeit von außen der Wagen ge­öffnet und der vor Angst und Schrecken halb ohnmächtige Lehrling hcrauSgehoit.

Aus Karlsbad wird gemeldet: Baron Hirsch gab seinem Vertreter Dr. Löwenthal und drei Bürgen der argentinischen Republik Vollmacht bis zum Betrage von 10 Mill. Pesos, um für seine Rechnung in Argentinien Ländereien für jüdische Ansiedlungen zu er­werben. ,

In der Untersuchungssache gegen daS verbrecherische Ehepaar Schneider in Wien glaubt die Polizei, daß die Zahl der von den beiden vollbrachten Raubmorde mit den beiden bis jetzt nachgewiesenen Fällen Marie Hottwagner und Friederike Zoufar abgeschlos­sen sei. Bei beiden Fällen ist die Rosalic Schneider mitbeteiligt. Zwei andere Mäd­chen, Johanna Stoiber und Anna Djuris, hat Schneider an sich gelockt und ihnen Ge­walt angethan, doch entkamen sic ihm wieder; wahrscheinlich hatte eres auch hierauf Raub­mord abgesehen.

Am Samstag nachmittag 3 Uhr ent­gleiste auf der Haltestelle Wendisch-Drehra ein Personenzug von Berlin nach Dresden. Der Zug war durch falsche Weichenstcllung auf ein totes Geleise geraten und fuhr den Prellbock um. Die Maschine stürzte um, der folgende Eilgut-, Gepäck- und ein Per­sonenwagen sind beschädigt. Einem Kinde