Rundschau.
— Dem Tode entronnen. Wie nachträglich bekannt wird, beugte sich zwiscbea Plochingen und Göppingen ein mit dem Son- dcrzug nach Ravensburg zum Feuerwehrtag fahrender Passagier zum Fenster hinaus, um den unter demselben angebrachten Kranz mit Wappen zu befestigen. Während derselbe eifrig damit beschäftig war, den Kranz festzumachen, hörte ec plötzlich einen markdurch- dringendeu Schrei und Rädergerassel; erschreckt fubr derselbe ins Fenster zurück und im nächsten Moment sauste der von Ulm herkommcnde Orientexpreßzug vorbei. Der betreffende Heizer, die Gefahr ahnend, entriß durch kräftige Zurufe den Ahnungslosen dem sicheren Tode.
Kirchheim u. T., 12. Aug. In verflossener Nacht ist das zwischen Wcilhcim u. Niedlingen gelegene Anwesen des Bauern Georg Doll, während er mit seiner Gattin bei einer Hochzeit in Wcilheim mar, bis auf den Grund niedergebrannt. Eine ältere Frau war mit den Kindern zu Hause, die kaum das nacklc Leben retteten. Drei Stück Vieh sind in den Flammen umgekommcn. Der Mobiliar- und Gebäudeschaden ist beträchtlich. Wie das Feuer entstanden, darüber hat man bis zur Stunde noch keine Aufklärung.
Warth, OA. Nagold, 12. August. Hier feierte au: 10. Aug. der Schultheiß Weber sein 25jährigcS Dicnstjubiläum unter Beteiligung von Oberamtmann, Pfarrer, vielen Lehrern, den Gemeinderäten und den Einwohnern. Vom Oberamtmann erhielt der Jubilar eine silberne Medaille und von den Einwohnern eine silberne Uhr nebst Kette. Abends fand eine allgemeine Feier im Gasthof zum Hirsch unter zahlreicher Beteiligung statt.
Zimmern 0 . R-, 10. August. Vorgestern abend wurde in einer hiesigen Familie ein zweijähriges Mädchen vermißt, nachdem es kurz vorher noch gesehen worden war. Nach einigem Suchen fand man es ertrunken in einer Wassergrube, in welche zeitweilig Wasser aus dem Keller gepumpt wird. Ob fahrlässige Bedeckung der Grude vorlicgt, wird die Untersuchung ergeben.
Crailsheim, 10. Aug. Dieser Tage ereignete sich in WaidmaunSberg, Gdc. Lenkers- Hausen, ein schwerer Unglücksfall. Der schon ziemlich bejahrte ledige Bauer u. Gemeinderat Friedrich Baumann stürzte beim Kirschenbrechen so unglücklich von der Leiter, daß er das Genick brach und lot vom Platze getragen werden mußte.
Von der badischen Grenze, 12 August. Auf dem zweithöchsten Gipfel des nördlichen Schwarzwaldes, der 1002 Meter hohen „Badener Höhe", erhebt sich ein massiver Aussichtsturm, der zum Geburtstag des Groß- herzogs von Baden eingcweit werden soll. Dieser Turm, der höchste und schönste des an Aussichtürmen reichen Schwarzwaldes, scheint beim ersten Betrachten etwas seitwärts zu neigen; dies ist nur eine durch die Schlankheit des Baues hervorgebrachte optische Täuschung. Von den benachbarten Kurorten Sand, Plältig Hundscck, Herrcnwies aus, wird der stolze „Friedrichsturm" sehr häufig besucht.
Ulm, 12. August. Vorgestern vormittag entfernte sich ein 15jährigcr Schlosserlehrling, der von seinem Meister getadelt worden war, aus hiesiger Stadt. Heute vormittag
traf nun die Nachricht hier ein, daß in Nersingen, Bezirksamt Neu-Ulm, der Leichnahm eines jungen Menschen aus der Donau gezogen worden sei. Der Vater des Vermißten begab sich sofort dorthin und agnoszierte den aufgefundenen Leichnam als denjenigen seines Sohnes. Derselbe wird hierher gebracht und beerdigt werden.
Laubheim, 12. August Dieser Tage wurde hier ein frecher Diebstahl verübt. Während ein Brautpaar guter Dinge und fröhlich beim sogenannten Festwcin, umgeben von Verwandten, Freunden und Bekannten, saß, wurden aus der Wohnung des Bräutigams 400^ gestohlen. Der Thäter konnte bis jetzt nicht entdeckt werden.
— In der Gmünder Stadtpsarr- kirchc ertappte der Mesner zwei Strolche, wie sie eben dabei waren, mittelst Leimruten Geld aus dem Opferstock zu ziehen. Anstatt die Flucht zu ergreifen, packten die Einbrecher den McSner und würklen ihn derart, daß er kaum um Hilfe rufen konnte. Dem rechtzeitigen Eintreffen eines Geistlichen ist eS zu verdanken, daß weiteres Unglück abgewendet wurde. Die Thäter suchten das Weite, sind aber noch am gleichen Tage in Straßdorf dingfest gemacht worden.
Riedlingen, 6. Aug. Eine Mißgeburt eigentümlicher Art brachte ein Schwein de» Oekonomen Baier dahier zur Welt. Das Junge hat nämlich 1 Kopf, 4 Ohren, 2 Leiber und 8 Füße, worunter 2 auf dem Rücken.
Vom schwarzen Grat, 12. Aug. Heute wurde zu Gestraz eine Bauernfrau beerdigt, welche beim Kirschenpflücken abgcstürzt ist und auf der Stelle tot blieb. Ihr Tod hat auch einem Kinde da» Leben geraubt.
— (Einstellung brodloser Rekruten.) Einer längeren Wahrnehmung zufolge wird alljährlich eine Anzahl zum Militärdienst ausgehobener Rekruten kurz vor ihrer Einstellung in den Truppenteil brodlos, indem sic keine Beschäftigung mehr erhalten. Die Militärbehörde gestattet demnach auf Grund der Gesetzesvorschriften, daß derart brodlo» gewordene Rekruten vor der angeordnete Einstellungsfrist zum Militärdienst zugclassen werden. Die Ueberwcisung solcher Rekruten erfolgt mit Genehmigung der Vorgesetzten Jn- fanteriebrigade an einen Truppenteil derselben, nachdem vom Bezirksfeldwebel der polizeiliche Nachweis der Brodlsstgkeit beigebracht worden ist.
— Während wir unter naßkaltem Wetter zu leiden haben, sendet jenseits des Ozeans die liebe Sonne vom blauen Himmel sengend ihre Strahlen herab. So meldet ein Gabel- telcgramm aus New-Iork, daß daselbst die Hitze auf 97 Grad Fahrenheit (im Schatten) gestiegen sei und viele Fälle von Sonnenstich vorgckommeu wären. 97 Grad Fahrenheit sind nahezu 29 Grad Reaumur oder über 36 Grad Celsius, für eine Temperatur im Schatten allerding« sehr achtbar.
— In der Nacht zum 11. ds. wurde in Köln ein junger Mensch verhaftet, der verdächtig ist, den Raubmord auf dem Schiff im Kanal zu Hochfelden verübt zu haben. Er behauptet, ein Schneider zu sein und Johann Schneider zu heißen. Er hat auf jedem Arm gleich über der Hand einen Anker tätowiert. Er besaß 320 in Gold, zwei goldene Ringe, zwei Portemonnaies und eine silbern- Uhr.
Würzburg, 8. Aug. Das Militärbe
zirksgericht verurteilte den Unteroffizier des 2. Ulanenregiments, Krüger, wegen Mißhandlung mehrerer Untergebener zu vier Monaten Gefängnis und Degradation.
Metz, 10. Aug. Hinsichtlich des Weinstocks gewährten St. Quentin und die anderen Rebenhügel ein befriedigendes Aussehen. Trauben gibt es in Menge und die Größe der Beeren ist wie sonst anfangs August; aber freilich müßte der ewige Regen jetzt endlich aufhören.
— Bei Urgen in der Nähe von Landeck (Tirol) wurde am 10. ds. ein Handwerksbursche von seinen 3 Reisegefährten erschlagen und die Leiche in den Inn geworfen. Die Thäter wurden noch an demselben Tag in Ried von der Gendarmerie verhaftet.
— Ein furchtbares Unweiter ging vor einigen Tagen über Galgvez (Ungarn) und Umgebung nieder. Ein orkanartiger Sturm, Wolkenbruch und Hagelschlag haben große Verheerungen angerichtet und auch mehrere Menschenopfer gefordert. Ein Gebäude, wohin sich 12 Personen geflüchtet, wurde vom Sturm niedergcrissen und 3 der Geflüchteten wurden getötet, einer, ein Knabe, tödlich verwundet.
— Vor kurzem war ein fünfzehnjähriges Mädchen von St. Maurice (Wallis) in einem Bergbach ertrunken, unweit von dessen Mündung in die Rhone. Der Leichnam wurde durch den Strom fortgeschwemmt und nicht mehr gefunden. Bald klagte das Gerücht einen in St. Maurice lebenden sehr übel beleumundeten Knecht an, daS angeblich ertrunkene Mädchen mißbraucht und mit Steinen tstgeschlagen und in den Bach geschleppt zu haben. M. wurde verhaftet und konnte sich gegenüber den erhobenen Anklagen nicht rechtfertigen. Bei dem kurzen Wege vom Gerichtsgebäude ins Gefängnis wußte er die Unachtsamkeit des ihn bewachenden Landjägers wahrzunehmen, sprang auf die der Straße entlang laufende Mauer und stürzte sich in die Rohne hinunter, wo er den Tod fand.
— Aus Belgrad, wird gemeldet: Die serbische Regierung ordnete für den September eine große Probemobilisierung und Manöver mit 80 000 Mann längs der bulgarischen Grenze an. Die Anwesenheit eines russischen Großfürsten mit zehn hohen russischen Militärs wird dazu erwartet.
— Türkische Räuber entführten am 7. d. M. in der Nähe der Gegend, wo anfangs Juni der Ucberfall des Orientexpreß- zugeS erfolgte, den Franzosen Raymand, Inhaber einer Farm, und dessen Verwalter Ruffic. Letzterer wurde bald entlassen, um ein Schreiben Raymands an den französischen Botschafter in Konstantinopel zu überbringe», worin er um 115 000 Franks Lösegeld bittet, da er andernfalls erschossen würde. Der Botschafter that sofort energische Schritte bei dem Sultan und der Pforte zur Befreiung deS Gefangenen.
—(Dürre). Während cs im Westen Schottlands sonst um diese Jahreszeit fast immer regnet, herrscht dort in diesem Jabre starke dürre. Seit dem November v. Js. hat eS am Firth of Clyde sehr wenig geregnet und jetzt sind die Quellen vertrocknet. Der Wasserstand in den Flüssen ist so niedrig, wie noch nie und es will nichts wachsen. In jenem Teile Schottlands war ein niedriger Barometerstand sonst ein untrügliches Zeichen, daß Regen kymmen würde. Jetzt