preußischer Seite sind Anordnungen gegen Einschleppung der Seuche getroffen worden.
— Nach amtlicher Bekannlmachung sinket die feierliche Eröffnung des österreichischen ReichsratcS durch de» Kaiser am 12. April statt.
Cannes, 6. April. Großfürst Michael Michaelowitsch von Rußland vermählte sich mit der ältesten Tochter deS Prinzen Nikolaus von Nassau, der Gräfin Sophie von Merenberg.
— Zn der Jahrmarktmenagerie Gandolfo zu Grenoble tötete am 5. April eine Löwin die 19jährige Rosita Gandolfo, die Schwester des Besitzers, welche sich als Bändigerin produzierte. Die Krallen der Bestie zerrissen den Kehlkopf des Mädchens, das an diesem Tage znm erstenmal öffentlich ausgetreten war.
— Die Polizei in Hamburg entdeckte eine Diebesbande, welche seit 2 Jahren Ta- bak-diebstählc verübte. Dieselbe besaß einen Speicher im Freihafen, wo das Gestohlene lagerte. Es ist eine große Untersuchung eingelei. t, viele Kommis, Makler u. Schiffer wurden verhaftet.
(Aus den Geheimnissen eines Harems.)
Weiße Kaare.
Novelle von H. von Ziegler.
Nachdruck verboten.
2 .
Frau von Wehlen lebte seit dem Tode ihres Gatten mit ihren beiden Töchtern Julie und Lilli allein auf dem kleinen Gule, welches das Erbteil der beiden Mädchen bildete; sic war eine tüchtige energische Dame, die sich freilich mehr um die Wirtschaft als um das Gemütsleben ihrer Kinder bekümmerte; bei Lilli schadete das nicht viel, diese besaß ein weiche-, warmes Mädchenherz, das mit den Fröhlichen lachte und mit den Traurigen weinte und nie fertig wurde, die schöne Goltcswelt zu bewundern und alle Menschen zu lieben, die ihr begegneten. Daß freilich seit einiger Zeit ihr kleines, pochendes Herz einen gewissen Jemand begonnen hatte viel mehr zu lieben als die andren, selbst Mutter und Schwester nicht ausgenommen, das hatte Lilli nur dem lieben Gott eingestandcn, wenn sic abends im dunklen Zimmer am Fenster stand, und mit gefalteten Händen zu dem funkelnden Sternenhimmel aufblickte. Nein, sic hätte es Niemandem sagen können, vor allen Dingen sollte „er" es nicht ahnen, dessen Auge so innig aufleuchtend das ihre suchte, wenn sie zusammentrafen und dessen Stimme, sobald er mit Lilli sprach, ganz anders klang, so liebevoll und vibrirend. Lilli mußte nun auch wie er mit Vornamen hieß und heimlich, ganz heimlich flüsterte sie den lieben Sternlein droben am Himmel zu: »Leopold!"
Vor Schwester Julie besonders scheute sich Lilli, deren süßes, reizendes Gesichtchen mir den blonden Haaren und großen blauen Augen außerordentlich abstoch gegen das weniger schöne, herbe Antlitz der elfteren.
Nur zu oft mußte Lilli von Julie eine spöttische Bemerkung hören, wenn sie in echt mädchenhafter Begeisterung aufwalltc über ein Gedicht, ei» Bild, eine Blume und, wenn sie auch die Schwester herzlich liebte, so empfand sic doch eine ganz gewaltige Scheu vor derselben. —
Die psychiatrische Klinik deS Professors Mey- nert im Wiener Allgemeinen Krankenhause beherbergt seit Kurzem einen Mohamedaner, dessen Schicksal an tragi-komischcr Wirkung kaum etwas zu wünschen übrig läßt. Es ist der in Cazin in Bosnien etablierte 60jährige Kaufmann Murat Dis- tarovic, mohamcdanischer Konfession, der nach eigener Angabe in seinem Harem von seinen drei Weibern fortgesetzt — geprügelt wurde. Schließlich wurde die Geschichte dem biederen MoSlim zu bunt, er verließ bei Nacht und Nebel Cazin und reiste rach Wien, wo er am 22. März d. I. im Wiedener Krankcn- hause Aufnahme fand, um hier Heilung für die ihm daheim geschlagenen Wunden zu suchen. Aber damit nicht zufrieden, wollte sich der Türke dieser Tage zum König begeben, um an dieser Stelle seine Weiber an- zuklagen. Das Wiedener Krankenhaus sah sich nunmehr veranlaßt, die Transferierung desselben auf die vorstehend bczeichnete Klinik zu verfügen.
.-. (Eine Nürnberger Anzeige von 1640.) Jsak Makcrl, Barbier, Perückcnmacher, Geor- gus, Farrschreiber, Schulmeister, Hufschmiedt und Geburtshelfer, Rastert vor einen Krüzcr,
Julie sprang, als sie, von ihrem Ausflug heimkchrend, vor dem hübschen Wohnhaus? von Wehlenau anlangte, leicht und sicher aus dem Sattel, warf dem herbeieilcn- den Kutscher die Zügel zu und eilte auf ihr Zimmer, um sich umzuzichen; als sie eine Viertelstunde später ins Wohnzimmer trat, war ihr Gesicht wieder blaß und ruhig wie immer.
„Ich höre, daß wir cingeladen sind, Mama," sagte sie nach der ersten Begrüßung, „Herr von Nordeck begegnete mir!"
Ungeschickter Weise mußte gerade bei de» Worten Lillis Garnknäuel zur Erde fallen. Als Lilli eS aufhob, war sie feuerrot geworden und Juliens Blick haftete groß und fragend auf dem Antlitz der Schwester.
„Ja, mein Kind, und es freut mich für Lilli, die so sehr gern tanzt," antwortete Frau von Wehlen.
„Du gehst also gern nach Schloß Nordeck," wandte sich Julie jetzt mit einer wahren Forschermiene an Lilli, deren Herz unruhig zu pochen begann.
„Ach ja — ich gehe — sehr gern in Gesellschaft."
„So —! Hm, da hat Dich Herr von Nordcck sicher aus Mitleid cingeladen, obschon er sich aus so jungen, achtzehnjährigen Mädchen eigentlich nichts macht."
Lilli wußte das eigentlich besser, aber sie wollte nicht der gestrengen Schwester wi,versprechen und war froh, als diese sich wieder zur Mutter wandte.
Der große Tag des Festes auf Schloß Nordcck war da. Vor dem Wehlen'schen Hause stampften ungeduldig die Pferde, Julie und die Mutter standen in Mäntel gehüllt fertig da, aber noch immer erschien Lilli nicht. Die zitternden Hände des jungen Mädchens waren heute so ungeschickt, immer wieder strömten Thränen in die blauen Augen, Thräncn des Glückes, denn seit heute früh war ihr eine neue Welt aufgegange». Sie hatte einen Brief erhalten, den ein Packet begleitete und als sic denselben in ihrem Stübchen geöffnet, da war sic in die Knie
schncidt die Haar für zwei Krüzer u. Butter und Pomade obendrein für die jungen artigen Fräuleins, siegt die Laternen an Jahr oder Vierteljahrweise, die jungen Edelleute lernt ihre Muttersprache grahmadickolisch und ganz leicht sorgt fvr ihre Sitten und lerntS bnch- stabyre. Beschlägt die Ferste meisterhaft, magt und flickt Schuh und Stiflel, lcrnts Hoho und Flaut, läßt Aater, setzt Schröpf- köpf ganz gering, gibt zu Borchirn für ein Krüzer cs Stück, lernt in die Häuser die Kodiljons und ander« Tanz, verlauft Par- fimery aller Art, Papier, Stiffelwichs, gesalzene Häringk, Honigkung, Pürschten, Meusefallen und andere Konfekts, Herz sterkcnd Wurzel, Kartoffeln, Brahdwürst und anders Gemüs. Nil. lernt auch die Geographie und fremde Waren alle Mittwoch und Sonnabend. Jsak Makerl.
.-. (Gleiches Mißgeschick) Wittwe, welche, obwohl sie zwei Männer gehabt, immer noch heiratslustig ist. Finden sie nicht, daß es hier entsetzlich langweilig ist? Badegast (leidenschaftlicher Skatspieler). Gewiß, gnädige Frau — auch wir bemühen uns bis jetzt vergeblich, den dritten Mann anfzu- lreiben I
gesunken und hatte nur sprachlos zum Himmel emporgeblickt. WaS war cs doch für ein süßes, unbeschreiblich großes Glück, welches ihr aus den kühnen, eleganten Schriftzeilen dort entgegcnwinkte? Und aus dem Pallete schauten duftige Maiblümchen und RoscnknoSpen hervor, jetzt mitten im Janar- schnec I Nein, den Strauß wollte sic nicht mitnchmen und den Brief auch noch nicht der Mutter zeigen ! Sie verbarg ihn errötend und herzklopfend auf der Brust und begann dann die Toilette zu dem Festmahle.
„Aber Lilli," rief die Mutter ungeduldig, „wo bleibst Du nur? Wir müssen fort, es ist hohe Zeit."
Juliens Gesicht war finster und sic murmelte etwas von einem „verzogenen Kinde" vor sich hin, als endlich die Schwester, hochrot und atemlos erschien.
„Wie sitzt denn eigentlich Dein rosafarbenes Kleid, Lilli?" frug Frau von Wehlen. DaS hat man von Deiner Verspätung, nun kann ich Deine Toilette gar nicht mustern."
„Ach, das thut nichts, Mama," meinte Julie Verdrießlich, „solch junges Backfisch- chen schlüpft schon so mit durch und wird nicht groß beachtet. O, Lilli, Du bist auf inein blauseidcnes Kleid getreten, nimm Dich doch ein wenig in Acht I"
Aber der Schalk, welcher au- den Augen der Gescholtenen lachte, verschwand nicht; fröhlich hüpfte Fräulein Lilli in den Wagen und die Damen fuhren ab.
„Was hast Du nur, Kind," tadelte Frau von Wehlen Lilli, ihr jüngstes Töchterlein, „Du sitzest ja keinen Augenblick ruhig und wirst Deine Frisur gänzlich ruinieren. Nun, länger wie zwanzig Minuten fahren wir nicht."
Herr von Nordcck eilte seinen Gästen selbst entgegen und küßte allen drei Damen verbindlich die Hand. Ein Glück war eS, daß Mama und Julie vorangcqangen waren, so sahen sic nicht wie „das Kind" u. Herr von Nordeck einen innigen Blick des Einverständnisses wechselten, hörten nicht, wie zwei Namen und eine überaus herzliche Begrüß- ung auSgctauscht wurden. (Forts, folgt.)
rnharo Hofmann in Mldbad. '
Verantwortlicher Reoakteur: Bernhard Hofmann.) Druck und Verlag von B e