Rundschau.

Hellbraun, 4. April. Gestern vormit­tag vor 7 Uhr hat sich hier Unteroffizier Lutz von der 1. Comp, erschossen. Seine Motive sind unbekannt.

Vom Schwarzwald, 5. April. In der verflossenen Nacht wurde in dem Bahn- und Postgevä ude zu AlpirSbach eingebrochen und eine bedeutende Summe Geldes, man spricht von 1000 aus demselben entwendet.

Gerabronn, 5. April. Der 34 Jahre alte Bauer Friedrich Grün dahier führte vor wenig.Tagcn ein sungewöhntts, störrjges Rind, das sich seinem Führer mit aller Gewalt entreißen wollte, von der Tränke zum Stalle. Unmittelbar vor der Stallthüre kam der Mann zu Falle und schlug das Knie an einem hervorstehcnden spitzen Steine auf. Die Haut am Knie sprang dem Manne querünr auf und löste sich gleichzeitig der Länge nach fast bis zum Vordcrfuß: der Knochen war völlig bloßgeiegt. Gestern ist der bedauernswerte, brave Mann an Blut­vergiftung und Starrkrampf gestorben.

Aalen, 4. April. Heute früh sprang beim Rangieren ein Anknppler von einem noch im Gang befindlichen Wagen und ge­riet unter denselben, so daß ihm beide Beine abgefahren wurden.

Aalen, 6. April. Soeben durcheilt die Kunde von einem entsetzlichen Unglück unsere Stadt. Mehrere Knaben, die auf einem Weiher bei Hohenroden, Gemeinde Essingen, in einem Nachen fuhren, verunglückten. 2 derselben wurden gerettet, die andern cS heißt deren sechs ertranken.

Hohenstadt, OA. Aalen, 4. April. Heute mittag zwischen 12 und 1 Uhr sind in dem gräflich Adelmannschen Walddistrikt Schieße- gart 8 Morgen Fuchtenkultur niedergebrannt, während der Forstschutzbcamte bei einem Holz­verkauf abwesend war. Nur dem energischen Eingreifen des Gutsaufsehers Englcr mit Guts- und Waldarbeitern ist es zu verdanken, daß der Brandschaden nicht noch weit größe­ren Umfang annahm. Ein I4jährigcr Junge der seinem Vater das Essen in den Wald trug, hat mit Zündhölzchen gespielt und auf diese Weise das Gras zwischen den Fichten­stangen in Brand gesteckt.

Ulm, 4. April. Gestern mittag erschoß sich auf der WilhelmSburg der Sergant R. der 5. Comp, des Grenadierregiments.

Munderkingen, 4. April. Gestern hat Neuhauswirt R- hier seinem Leben durch Erhängen ein jähes Ende bereitet. Seit dem vor kurzem erfolgte» Tode seiner Gattin war R. von tiefer Schwermut befallen und bat die That zweifelsohne in geistesgestörtem Zustande begangen.

Ravensburg, 4. April. Der 27jährige Ankuppler Auffinger von AßmannSharct wurde heute von der hiesigen Strafkammer wegen des bekannten Diebstahls eines Post- beutelS in Friedrichshofen zu 2 Jahren 1 Monat 15 Tagen Gefängnis, sowie zu drei­jährigen Ehrverlust, seine Frau wegen Hehle­rei zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt.

O Holl, 2. April. Der hiesige Fisch- zuchtvercin hat durch die Vermittlung der K. Zentralstelle 10,000 Stück Aalbrut, von Hüningen im Elsaß kommend, erhalten und dieselbe heute an geeigneten Plätze» in den Kocher eingesetzt.

Karlsruhe, 4. April. Wie von unter­richteter Seite mitgeteilt wurde, wird Kaiser Wilhelm Ende dieses Monats hier erwartet;

am 26. April soll auf dem Forchheimer F-lde eine Kaiscrparade stattfinden. Die Studentenschaft des Polytechnikums beab­sichtigt aus diesem Anlaß einen Fackelzug.

lieber den Eisenbahn-Unfall, der sich am 30. März auf der Station Wössingen der Strecke KarlsruheBreiten ereignete, schreibt ein Mitreisender des entgleisten ZugeS, wie die Bad. Landesztg. mitteilt: .... Die ganze Sache ging so rasch vor sich, daß man gar nicht wußte, was los sei. Gerade vor Wössingen bekam unser Wagen einen kleinen Stoß und ich glaubte, es werde gebremst; gleich darauf erfolgte ein fürchterlicher Krach, die Wand des Wagens fiel in Stücken zerdrückt auf uns ein Schrei, wie ich ihn noch nie gehört, entfuhr den zum Tode geängstigten Reisenden. Zu­gleich mit dem Brechen der Wand strömte der Dampf der Maschine, die quer über die Schiene» gestürzt war, in den Wagen, so daß man völlig cingehüllt wurde und nicht wußte, wohin man sollte . . . Eine Frau, die neben mir saß und sich in Todesangst an mich klammerte, mußte ich mit aller Kraft abschütteln; mit dem Arm schlug ich die Scheibe durch und mit größter Anstrengung, die einem nur die Todesangst verleihen kann, brachte ich endlich die Thüre auf u. stürzte durch den Dampf an die Böschung, an der ich auf Händen und Füßen hiuaufklettcrte. Erst oben in freier Luft kovnte ich das Unglück übersehen. Außer Beulen, zerrissenen und beschmutzen Kleidern hat sonst»Von den Insassen niemand Schaden gelitten.

(Neuer Helm.) Von Seiner Maje­stät dem deutschen Kaiser und König ist eine neue Helmprobc sanktioniert worden. Die­selbe unterscheidet sich von der letzten Probe durch die wieder cingeführtc Schiene und Vorderschirme, durch festere Rosetten an den Seiten an Stelle der seitherigen mit Hacken versehene und durch andere Schuppenkettcn. Dieselben bestehen in einem bequem zu ver­längerndem Riemen mit zwei Messingschienen. Der neue Helm erscheint recht praktisch und macht einen entschieden besseren Eindruck wie die seitherige Probe. Die Einführung der Helme wird wenig Kosten machen.

Prinz Heinrich taufte in Gegenwart des Kaisers den auf der kaiserlichen Werft in Kiel glücklich vom Stapel gelaufenen KreuzerFalke". Dem Taufakte wohnte Gras Moltke an der Seite der Prinzessin Heinrich bei.

Der größte Tabakskenner in Berlin ist der Kaufmann L. Alle hiesigen großen Firmen bedienen sich seiner als Sachverstän­digen auf den Auktionen in Amsterdam. Herr L- kennt sämtliche Tabaksplandagen aus eigener Anschauung. Ein Blick genügt ihm, um zu wissen, woher der Tabak stammt. Er arbeitet einige Monate im Jahre, die übrige Zeit ist er auf Reisen. Sein Ein­kommen schätzt man auf 150 000 ^

Friedrichsrnh, 3. April. Bis gestern abend sind für den Fürsten Bismarck rund 15 000 briefliche und telegraphische Glück­wünsche eingegangen, die höchste bisher er­reichte Zahl. Die Depeschenübermittelung dauert noch immer fort.

Aus Saarnnion, 3. April, berichte! man der Metzer ,Zei:ung : Dieser Tage wurde einer Witwe von hier eine große Uebcrrasch- ung zu teil. Ihr schon längst tot geglaubter Sohn ist auf einmal wieder bei ihr aufge­taucht. Der Sohn, welcher den Krieg von

1870 bei dem französischen Infanterieregi­ment Nr. 56 mitgemacht hat, wurde bei dem Gefecht von Orleans als verschollen erklärt, und es ist auch bereits vor langer Zeit an seine Eltern seitens des französischen Mini­steriums ein Totenschein gelangt, worin er­klärt wurde, daß ihr Sohn während der Schlacht gefallen sei. Dem war jedoch nicht so. Der junge Soldat hatte der Trubel des Kampfes in jener Schlacht benutzt, um zu desertieren, was ihm auch mit Leichtigkeit ge­lang. Er ist nachher nach Amerika geflüch­tet, wo er sich bis aus heutigen Tag aufge­halten hat, ohne ein Lebenszeichen von sich zu geben.

In der Nacht vom Freitag auf Sams­tag brach in eimm Hause der Windmühlen­straße in Rostock während eines Hochzeils­festes Feuer aus. Ein Kind fand in den Flammen den Tod, eine Frau und ein Knabe sind verletzt, fünf andere Personen, welche durch Glu: und Rauch schon die Besinnung verloren hatten, wurden durch den Mut der Polizei und der Feuerwehr gerettet.

Die Bundesversammlung in Bern hat Herrn Köchlin die Konzession für eine Bahn von Lauterbrunncn nach dem Gipfel der Jungfrau erteilt, unter der Bedingung des vorherigen Nachweises, daß mit dem Bau und dem Betrieb der Bahn keine außerge­wöhnlichen Gefahren verbunden sein werden.

Zu Genf drangen Diebe in einem Momente, da der Ladendiener vorübergehend hinausgegangen war, in einen Goldschmied- ladcn und entwendeten aus dem Schaufenster ein Ausstellungsgestcll mit Juwelen im Werte von 80,000 Francs. Man hat von den Verbrechern keine Spur.

In Stockholm sind bei einer Feucrs- brunst, die am Donnerstag früh in der Sund- byberger Hutfabrik auSgebrochen war, sechs Arbeiter verbrannt, vier wurden durch Brand­wunden schwer verletzt.

Sofia, 3. April. Ein Reskript des Für­sten Ferdinand erklärt, das Bedauern und die Entrüstung der bulgarischen Nation über die Ermordung eines der besten Menschen, sowie die allscilige Freude, über die Erret- ung Stambulow's vor gleichem Schicksal bekundet, daß die Feinde Bulgarien'« ver­geblich versuchen dürften, das Land durch Aufstände zu vernichten, auch wenn die Mör­der unentdeckt blieben. Das unschuldig ver­gossene Blut Beltschew's werde de» Patriotis­mus festigen, an dem die schlechten Absichten der Feinde zerschellen müßten. Der Fürst beglückwünschte auf's Wärmste Stambulow, seinen ersten Ratgeber und ausgezeichneten Mitarbeiter an der Unabhängigkeit tl. Frei­heit Bulgariens, zu dessen Errettung, und hofft, die» Energie der Regierung werde die letzten Reste der feindlichen Elemente im Lande vernichten.

Sofia, 4. April. Vor einigen Tagen erhielten sowohl Fürst Ferdinand als seine Mutter, die Prinzessin Clementine, und der Minister des Auswärtigen Grekow Briese, in welchen sie mit dem Tode bedroht wurden. Diese Briefe trugen den Poststempel Sofia. In den an den Fürsten und seine Mutter gerichteten Drohbriefen werden dieselben auf­gefordert, wenn ihnen ihr Leben lieb sei, noch im Monat April das Land zu räumen, weil die Nationalpartei beschlossen habe, mit den Schwaben (Oesterreichern), die nur in das Land gekommen seien, um dasselbe ins Unglück zu stürzen, kurzen Prozeß zu machen,