West-Jndia-RegimentS anläßlich eines Wettrennens die anwesenden Polizisten a»ge- griffen, und fast tot geschlagen hätten. Es kam zu einem allgemeinen Kampfe, bei welchem die Polizei unterlag. Dieselbe zog sich auf ihre Station in HetcherSland zurück, und wurde dort von den Soldaten belagert und mit Steinen beworfen. Als die vier belagerten Polizisten Feucrlärm gaben, rückte die Polizei einer andern Station zu Hilfe, allein auch diese Polizisten wurden von den Aufrührern angegriffen, bi- ein Trupp Soldaten aus dem Lager erschien und den Feindseligkeiten ein Ende machte. 24 verwundete Polizisten mußten inS Hospital gebracht werden. Die schuldigen Soldaten werden vor's Kriegsgericht gestellt.
— Ein gräßliches Unglück ereignete sich in den Duquesnc Stahlwerken unweit Pilts- burg (Amerika). 4 Arbeiter waren mit Gießen beschäftigt, als ein großer Behälter mit geschmolzenen Metall umgestoßen wurde, infolge dessen alle 4 zu Tode verbrannten.
— Nachrichten über San Francisco zufolge fand am 12. Jan. ein Erdbeben auf Java statt. In der Stadt Joana ist das Chinescnvicrtel fast ganz zerstört und auch
der europäische Stadtteil fast unbewohnbar- gemacht. 12 Personen wurden gelötet und 17 verwundet. Der ganze westliche Teil und der mittlere Teil Javas haben ebenfalls gelitten.
Paris, 3. Febr. Der wegen der Ermordung des Gerichtsvollziehers Gvuffs zum Tode verurteilte Michael Eyraud wurde heute Früh kurz nach sieben Uhr hingerichtet. Eyraud starb gefaßt.
— Schiffsbrand. Mit der letzten Post aus China ist in Paris die Meldung ein- gctrvffen, daß der Dampfer „Shanghai" mit 400 Passagieren an Bord auf der Fahrt nach Nanking in Brand geriet. In 15 Minuten stand das ganze Schiff in Flammen. Einige Europäer, die an Bord waren, retteten sich. Fast sämtliche übrigen Passagiere, Chinesen, kamen um. Zahllose Leichen sind aufgefunden worden.
Versicherungssache.
— Die Ledcnsversichernngs- und Ersparnis-Bank in Stuttgart hatte im Jahre 1890: 5327 Anträge über ^ 31,597,400 zu erledigen. Angenommen wurden 4334 Anträge mit ^ 25,270,400 und im Laufe
des Jahre« waren 64,036 Policen über ^ 333,702,600 in Kraft.
In Abgang kamen ^ 8,176,200 und zwar infolge von Todesfällen unter den Lebensversicherten 3,940,600, durch Ablauf der Versicherungen ^ 891,200 und durch Rückkauf, Unterlassung der Prämienzahlung und Reduktion nur ^ 3,343,100 — 1°/o der im Laufe des Jahres in Kraft gewesenen Versicherungen.
Nach Abrechnung der Abgänge bleibt ein VersichcrungSbestand von 62,176 Policen mit ^ 325,526,400 und als reiner Zuwachs ergaben sich für daS Geschäftsjahr 1890
2474 Policen mit ^ 17,094,100.
Dieses günstige Ergebnis wurde mit dem geringen VerwaltungSauswand von kaum 5"/o der Einnahme erzielt.
Die eingetretene Sterblichkeit blieb trotz der Influenza, welche 107 Mitglieder mit ^ 492,000 dahinrasite, immer noch sehr- wesentlich hinter der rechnungsmäßigen Erwartungen zurück und das R>chnungSerged- nis wird daher wiederum recht günstig aus- fallen.
Der: Zigeuner.
Novelette von Carl Western.
Nachdruck verboten.
4.
Nicht weit Von der Hauptstadt lag in der Haide ein hübsches Dörfchen mit einer freundlichen Kirche und einer niedlichen Pfarrei. Vor dieser spielte Szanctti seine Geige wieder zum ersten Male. Bald war es, als sängen die Nachtigallen, bald Hörle man den Schmerz über den Tod der Mutter heraus und daß er nun gar so weit wandern müsse, bald befand er sich in weiten, düsteren Hallen nnter allerlei Wappen und suchte nach dem Ahnenschilde seines Hauses, den man ihm als Knaben geraubt. Daun brach er ab; der Zigeuner machte sich geltend, der seine Pußta liebt und sein Nachtlager unter den zitternden Blätter» und schwankenden Zweigen der Silberpappel sucht. Jetzt sang Szanetli:
„Mein Herberg' die Haide,
Die Geige mein Schatz;
Erholung die Pfeife,
Das Grab mein Ruheplatz I"
Da beugte sich ans dem weinumrankten Fenster deS Pfarrhauses ein freundliches Männcrantlitz heraus, umrahmt von silber- grauen Haaren.
„Mein Sohn," sagte der alte Herr mit mildem Tone, „tritt ein, stehe nicht draußen mit Deiner schönen Kunst I"
Szanetti trat schüchtern ein.
Der alte freundliche Herr führte ihn in ein kleine- niedliches, mit freundlichen Möbeln ausgestallctcs Zimmer, wo am Kaffee« tische im schwellenden Kanapee noch ein dunkelhaariger, hoch gewachsener, jüngerer Mann saß, dem man den Ungarn auf den ersten Blick ansah. Offenbar schien veralte freundliche Herr dem jüngeren untergeordnet zu fein, denn er nannte ihn Exc.llenz und sagte:
„DaS ist der Knabe I"
„Höre, mein Sohn," begann jener, „hast Du nicht Lust, die Musik gründlich zu studieren?^
Berantwrrtstcher Redakteur? Bern
„O, gnädiger Herr," antwortete Sza- netti, „wie gern möchte ich das, aber dcr Zigeuner ist arm und kann's nicht haben, er muß als fahrender Spielmann durch die Welt streichen!"
„Das sollst Du nicht!" erwiderte der vornehme Herr. — „Hochwürden, wollen Sie den Knaben bei sich behalten dis ich die Sache arrangiert habe?"
Der alte freundliche Geistliche Neigte zustimmend das Haupt und hieß der alten Haushälterin, dem Knaben Speise u. Trank zu reichen. Dann mußte er den Herren wieder Vorspielen, bis der Schwarzhaarige den Wagen bestellte, um davon zu fahren. Ehe dieses aber geschah, fragte er:
„Wie heißt Du und hast Du noch Angehörige ?"
„Ich heiße Szanetti, gnädiger Herr," erwiderte der Jüngling bescheiden, „und habe Niemanden mehr auf dieser Welt I"
„Gut, Du wirst von mir hören I"
Damit stieg er auf; der Kutscher in stlberbesetzter Livree trieb die Pferde an und fort war er.
Seit diesem Tage wohnte der Zigeuner- jüngling bei dem alten geistlichen Herrn, der seine große Freude an dem frischen jungen Menschen hatte und ihm erzählte, der Herr, welcher bei ihm, seinem Lehrer, zum Besuch gewesen und für ihn, Szanetti, zu sorgen versprochen, fei niemand anders als Se. Ex- cellenz, der Großgespan aus Buda-Pest, ein sehr mächtiger und vornehmer Herr; er werde gewiß seift Wort halten.
Hierauf fragte der würdige Geistliche auch, woher Szanetti die große brennende Schmarre habe. Als er die Gefchichte von Schloß Plöfi erfuhr, da machte er ein sehr ernsteS Gesicht und sagte:
„Die da drüben werden einst noch ernten, was sie gesäet; der junge Herr kannS noch weit bringen I-
Szanetti sagte nichts, aber seine Hand fuhr unwillkürlich nach der Stelle, wo sonst sein Messer steckte. Der Alte sah's und ermahnte milde:
„Die Rache ist mein, ich will vergelten,
hardHos» an ft.)" Druck und Verlag von B r
spricht der HerrDa neigte der Zigeuner- beschämt den Kopf. —
Acht Tage darauf kam ein dicker Brief aus Wien an, worin verschiedene Banknoten für Szanetti lagen ; auch ward er darin auf- gcfordert, sogleich nach der Kaiserstadt ab- zurcisen, um in die Hochschule für Musik einzutreten.
Am andern Tage nahm der Jüngling wohlgekleidet von dem alten Pfarrer Björna rührenden Abschied, um einer neuen Zukunft entgcgenzugehen.
III.
Der Kunst die Hand für alle Zeit, Zum heil'gen Dienste stets bereit, Doch für das heilige Gelände,
Fürs Vaterland, all beide Händel
Es war ein sonderlicher Tag für die Herren Professoren an der Musikschule zu Wien, als ihnen Szanctti, der Zigenner, im großen Saale der Anstalt vorgeführt ward, um seine eigenartige Kunst zu zeigen. Wer ihn so in der modernen Kleidnng gesehen hätte, den Zigeunerjüngling, würde ihn kaum wieder erkannt haben, so schmuck sah er aus. Dabei bewegte er sich mit eincr solchen Sicherheit und Ruhe, als wenn er lebenslang in diesen Kleidern gesteckt hätte. Auf ein Zeichen des Direktors nahm dann Szanetti seine alte Geige an die Backe und begann eine, feiner Phantasten, wie wir sic schon kennen. Aus dem armseligen Kirchhofe des ferne» Städtchens im Ungarlande lag sein armes Mütterchen begraben, und die Geige klang wie Grabgesang. Sein Mütterchen? — Wer wußte es? Hatte die alte Frau nicht gesagt, daß sie ihn hasse? Sprach so eine Mutter? Und wieder und immer wieder mußte er an das schöne Schloß mit dem wunderbaren Garten denken, an die schönen Statuen, die Grotte und die Fontaine darin, wobei die G-ige in vollstem Presto jubilierte: ein greller Ton, der Bube schlug ihn mit der Reitpeitsche durch das Gesicht.
(Fvrtsetzung folgt.) rnharb Hsfmann in Wildbad,