Nu n d s ch a u.

Am 1. März l. I. tritt für den Verkehr der Stationen Cannstatt, Eßlingen, Heilbronn, Stuttgart, Ulm .und Witdbad mit Wien, sowie für den Verkehr der Ela­tion Stuttgart mit Linz ei» neuer Tarif in Kraft, welcher erheblich ermäßigte Personen- und Gepäcklaxen enthält. Die Taxen für Hunde in Begleitung von Reisenden erhöhen sich um ein Geringes.

Cannstatt, 14. Jan. Mit Besorgnis sieht man hier im Rückblick auf die 'Vor­gänge im Jahre 1880 und 1882 dem Eis­gang entgegen, der bei plötzlichem Tauwetter eine Hochwasserkatastrophe im Gefolge hätte. Oberhalb des Wasserhauses bei Gaisburg gegen Unterlürt'heim ist das Eis über einen Meter lief; cs haben daher die Besitzer der Kiesbrückc unterhalb des Wasserhauses diese wegen der drohende» Gefahr abbrechen lassen.

Ans dem Oberamt Gaildorf, 12. Jan. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag fand ein Holzmachcr von Rauhenbretzingen, der auf dem Heimweg vom Zahltag begriffen war, vom Einkorn herkommend, im Walde feinen Tod durch Erfrieren. Er hinterläßt eine Witwe mit drei Kindern.

Von der Haller Ebene: In Bellberg und den benachbarten Orten grassiert die Halsbräune immer noch so stark, daß die Schulen schon seit 4 Wochen geschlossen sind. In diesen Orr.n sind im ganzen schon über 50 Kinder der heimtückischen Krankheit zum Opfer gefallen; eine einzige Familie hat alle ihre Kinder 7 an der Zahl ver­loren.

Vom Schönbuch, 13. Jan. Durch die so lang anhaltende strenge Kälte und tiefen Schnee kamen der T. Ehr. zufolge in jüng­ster Zeit einige Familien Hochwild aus dem Innern des Schönbuch« auf die Felder und Baumgüter, wo sie an den Obstbäumen sicher großen Schaden «»gerichtet hätten, wenn nicht dank dem Entgegenkommen S. K. H. des Prinzen Wilhelm sofort außerordentliche Treibjagden angeordnct worden wären, wo­bei cs gelang, 4 Tiere zu erlegen und die andern in das Innere znrückzuhetzen.

Tübingen, 13. Jan. Der Komman­deur des hiesigen Bataillons, Oberstlieute­nant v. Slohrer, ein sehr beliebter Offizier, wollte sich gestern abend 11 Uhr vom Kasino in seine Wohnung in der Wilhclmsstraße zurückbegeben. Als er in der Nähe der Wirt­schaft zum HauSkarle angekommen war, fiel er, wahrscheinlich infolge eines Schlaganfalls, plötzlich um. Er wurde in ein Nachbarhaus verbracht, wo er noch schwcrkrank darnn der- liegt.

Tübingen, 14. sJan. In dem ^Befin­den des Oberstlieutenants v. Stohrer ist eine wesentliche Besserung eingetreten, so daß er noch heute in seine Wohnung wird verbracht werden können.

Ravensburg, 12. Jan. Der wegen der HandwerkSburschen-Affaire am Neujahrsfest verhaftete Privatier Ratz ist gegen ziemlich hohe Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die Angelegenheit wirb bei dem Schwurgericht zum Austrage ge­bracht werden.

Frankfurt a. M-, 12. Jan. Dr. Karl PeterS hielt heute abend einen zweistündigen Vortrag im Saalbau über die deutsche Emin-Pascha-Expedition im Jahre 1889. Der Saal war dicht besetzt. Der Vortragende schilderte in einfacher, klarer, vielfach mit

Humsc gewürzter Rede die Schwierigkeiten, welche sich dem Unternehmen durch die feind­lichen Stämme, sowie durch die Hindernisse der Natur entgegenstellten, schilderte, wie er vom feindlichen Speer getrosten, rings von Feinden umgeben, am Boden lag, führte uns zu den Gallahs, Somalis und Massais, Nomaden, die jed>n Weißen zu töte» trach­ten, und dann den gtspcnsterhaflen Charakter des Leikipia-Plate« uS und den wunderbaren Keniabcrg. Reich w Beifall lohnte am Ende den Vortrag.

Hund und Fischotter. Man schreibt uns aus Rödelh im, 14. Januar: Vor einigen Tagen schoß der Jagdaufsther Herr Weil von hier auf der Nidda unterhalb der Eisenbahi brücke ei re Fischotter. Da dieselbe sich unter das Eis flüchtete, holte er eine Axt, mit welcher er das Eis beseitigte. Groß war seine Uebcrraschung, als er die tote Fischotter in einem Neste fand, in welchem zwei junge prächtige Fischottern lagen. Den ganzen Fund nahin er mit nach Hause, wo- lelbjt er die zwei jungen Tiere bei einer säugenden Hündin bettete. Das Eine der­selben fing sofort an zu sängen, dem Andern hingegen mußte nun einen ganzen Tag lang mittels eines Schlauches Milch zuge­führt werden. Jedoch schon am zweiten Tage ahmte das gegebene Beispiel nach. Hund und Fischottern vertragen sich ausge­zeichnet, und die letzteren gedeihen vorzüglich.

Ans München, 12. Januar, wird uns geschrieben: Am Samstag morgen ver­suchte ein im Rückgebäude eines Gasthauses an der Ohlmüllcrstraße wohnhafter stellen­loser Krankenwärter ohne Bezahlung feines Mietzinses plötzlich auszuziehen. Als dies der Hauseigentümer merkte, bestand er dar­auf, daß der Mieter entweder seinen rück­ständigen ZinS zahle oder entsprechendes Mobiliar als Pfand zurücklasse. Hierüber entstand ein Streit. Plötzlich bückte sich der Krankenwärter und holte aus einer Holzküste ein Beil, mit dem er einen Hieb gegen Kopf des Hauseigentümers führte. Glücklicher­weise streifte das Beil die Thüre und traf infolge der Ablenkung den Hauseigentümer nur am linken Kiefer, diesen allerdings bis zum Knochen durchschlagend ; auch die Schul­ter wurde verletzt. Der Thäter ergriff hier­auf die Flucht und tötete sich gestern nach­mittag nach 2 Uhr im südliche» Friedhof nächst den Arkaden durch einen Revolver- schuß in die rechte Schläfe.

In Berliner ärztlichen Kreise» wird bestätigt, daß Pro st Dr. Koch jetzt die erste Zeit der wissenscha tlichen Versuche mit seinem Heilmittel für abgeschlossen hält, und daß er nunmehr in nächster Zeit, vielleicht noch in dieser Woche die Grundzüge der Her­stellung seines Heilmittels veröffentlichen wird. Alsdann würde die Lymphe, die nach wie vor von Dr. Libbertz zu beziehen sein würde, nicht mehr ausschließlich an die ärzt­lichen Leiter der Kliniken und medizinischen Anstalten, sondern überhaupt an alle Acrzte abgegeben werden.

Ein Berliner Student war dieser Tage mit feinem Bernhardinerhunde nach Schildhorn gefahren, um Schlittschuh zu laufen. Dabei geriet er i» ein Wasserloch und wäre wahrscheinlich ertrunken, wenn nicht der Hund seinen Herrn mit den Zäh­nen gefaßt hätte. Auf den Rücken des Tieres gestützt, half er sich auS dem Master empor und wurde von hinzueilenden Per­

sonen nach dem nächsten Restaurant geführt.

Billiges Fleisch für Arbeiter. An­geregt durch die Bestrebungen des Vereins zur Hebung der Kaninchenzucht habe» einige Fabrikbesitzer in der Umgebung von Berlin, wie ein dortiges Blatt mitteilt, eine eigene Zucht angelegt, aus deren Ertrag ihre Arbei­ter so billig wie nur denkbar mit Fleisch versorgt werden sollen. Ein;clnc Fabrikherrn haben sogar auf eigene Kosten solchen Ar­beitern, welchen sie das nötige Geschick für die Sache zutrauten, eine Zucht eingerichtet, damit die Leute aus derselben ihre Genossen versorgen können. Die Oberaufsicht über diese verschiedenen kleinen Zuchtanstalten be­hält sich der Fabrikbesitzer vor. Fast auf jedem Markt ersch-inen jetzt einzelne Herren, um sich bei den Praktikern Rat über die Anlage von Zuchtanstalten zu erbitten und Fachschriften zur Verteilung an ihre Leute anzukaufen.

Aus Stallupönen ^Ostpreußen) wird gemeldet: Fünf polnische Handelsleute welche Spiritus über die russische Grenze schmug­geln wollten, brachen in die Eisdecke deS Wystetter Sees ein und ert anken.

Die Zuckerfabrik Millsleben (preuß. Provinz Sachsen) mit beträchtlichem Zucker­vorrat ist laut Fr. Ztg. abgebrannt. Die Rübcnvcrarbeitung betrug pro Jahr 700,000 Zentner. Die Fabrikgebäuden blieben unver­sehrt. Der Schaden wird auf über 300,000 -/E. geschätzt. Beteiligt sind 5 Versicherungs­gesellschaften.

Zwischen Reichenbach und Franken­stein (Schlesien) blieb laut B. Tgbl. infolge des starken Schnecfalls ein Güterzug liegen. Derselbe wurde stückweise nach Reichenbach gebracht. Wenn das Geleise zur Not auch wieder frei ist, so ist doch die Beförderung sehr erschwert.

Aus RvM 13. Januar, meldet man der N. Fr. Pr. Der Berg von Taormina an der Ostküste von Sizilien (nordöstlich von Aetna) ist in Bewegung geraten. Von den Halden stürzen Gerölle und mächtige Blöcke auf die Bahnlinie, die von Messina nach Catania führt, herab; die Bahn ist auf einer längeren Strecke verschüttet. Die Bewohner der umliegenden Dörfer fliehen.

In Lodz wurde auf den Redakteur des Dzienntk Lodzkt, Rechtsanwalt Lagano- wski, in dessen Wohnung vom Direkter der Poznanskischen Fabrik, Silberberg, ein Mord­anfall verübt und der Ange'allene mit Kol­benschlägen lebensgefährlich verletzt. Als Beweggrund wird Rache wegen eines Zeit­ungsartikels angegeben.

In Pillkalltn starb nach einem viel- bewegten Leben der älteste Insasse des Krei­ses, der Hirt Anton von Waselowski, in einem Alter von 105 Jahr,». Einst ein reich begüterter polnischer Edelmann und Jnsurgentenführer hatte er, nachdem er sich durch die Flucht auS seinem Vaterlandc ge­rettet, dort ein Unterkommen gefunden und schließlich, der Armut und dem bittersten Elend preiSgegcben, in der Stellung als Hirte seinen Lebenslauf beschließen müssen.

Die Königin-Regentin von Holland beauftragte den Mimsterrat, eine Arbeiter­schutzgesetzgebung nach deutschem Muster aus- zuarbeilen.

Welch schreckliches Elend in London herrscht, beweisen neuerdings wieder drei Fälle, die anläßlich von Leichenschau-Unter­suchungen an den Tag kamen, In dem er»