„Arme- Kind," sagte Tante Margarethe teilnehmend, „sie ist überanstrengt von der schweren Zeit, die hinter ihr liegt; ruhe Dich au», mein Liebling, damit der WeihnachtS- baum Dtr zu vollem, wahren Glücke leuchten kann!"
Der große Ahnensaal de» Rhaden'schen Schlosse« strahlte am Abend in feenhaftem Glanze. Kronleuchter und Wandlampen wetteiferten mit den Lichtern des riesigen Tannenbaumes dort in der Nische, und doch gelang eS ihnen allen nicht jene zwei ernsten schönen Augen an glückseligem Leuchten zu übertreffen, die zwischen den Zweigen des Christdaumcs hervorsahen. Gras Rhaden schaute heute auch ganz anders aus, nicht mehr so finster als in letzter Zeit, und als er nun, nachdem die reiche'Beschwerung vollständig ausgebaut, nochmals musternd an den Tischen vorüberschritt, trat er auch zu dem verborgen hinter dem Tannenbaume stehenden stattlichen Manne, dem jene Augen gehörten, schüttelte im bewegt die Rechte und sagte:
'S ist ein wunderbar schönes Fest, das alte liebe Weihnachten, Herr Professor! Wenigstens ich sühle mich so glücklich wie noch nie zuvor I"
Edith, welche von der Anwesenheit des geliebten Mannes keine Ahnung hatte, mußte alle Selbstbeherrschung und Kindesliebe zusammen nehmen, um am Weihnachtsabende heiter zu erscheinen, wenn auch die Thräncn wieder und wieder Hervorbrechen wollten und die alte heitere Frische Ediths nicht so recht stand hielt, aber es gelang ihr so ziemlich, und als die Eitern sie an den reichbesetzten Tisch voll herrlicher Gaben führten, dankte sie ihnen herzlich mit Hand und Mund.
„Nun, Herzenskind," scherzte die Gräfin, „haben wir auch alle Wünsche erfüllt oder ist noch tief in Deinem Herzen einer übrig, der sich nicht unter dem Christbaum vorwagt?"
Graf Rhaden lächelte eigentümlich und Ediths Lippen zuckten wehmütig. Da schlug wie au« weiter, weiter Ferne und doch auch wieder so nahe eine wohlbekannte Stimme an Ediths Ohr: „Comlcß Edith!"
Volkmar war eS, er und kein anderer, der da vor ihr stand und ihr beide Hände entgegcnstrecktc, während au« den ernsten Augen reinstes Glück strahlte.
„Herr Doktor!" stammelte sic stockend, denn sein Vorname Arno, den sie oft vor sich hin gestüstert, wollte jetzt nicht über ihre Lippen.
„Nicht doch, Edith," korrigierte der Vater lächelnd, „Du sichst hier Herrn Profes
sor, Dr. Volkmar vor Dir, der an der Universität in der Residenz eine ehrenvolle Anstellung erhalten hat und —"
„Und gekommen ist, sich eine kleine, geliebte Frau mitzunehmcn in sein neue« Heim. Edith wollen Sic mich glücklich machen, wollen Sie wirklich mein Weib werden?" rief der Professor Volkmar leidenschaftlich.
Wortlos, aber mit einem seligen Lächeln sank Edith in Volkmar'S Arme, und unter dem strahlenden Christbaum feierten zwei edle Menschen ihre Verlobung. Volkmar steckte seiner Braut als erstes Geschenk eine kostbare Broche mit dem silbernen Johanniter- krenze an die Brust, und sie dankte ihm voll schüchterner Zärtlichkeit.
Im leisen LiebeSgeplander saß dann das Brautpaar unter dem Weihnachtöbanme.
„Sonderbare Schicksale giebt es doch im Menschenleben," meinte drüben am andren Ende des Saales Tante Margarethe, „Edith's schwerste Zeit hat ihr das höchste Lebensglück gebracht und ich muß gestehen, sie hat eine vortreffliche Wahl getroffen."
„Gewiß, liebe Schwester," nickte Graf Rhaden feierlich; „ich leugne ja nicht, daß mein aristokratisches Gefühl zuerst tief verwundet wurde bei dem Gedanken, meine einzige Tochter einem bürgerlichen Arzte zum Weibe zu geben, doch Volkmar ist ein prächtiger Mensch, den der Adel des Geistes und des Herzens ziert und eine glänzende Zukunft vor sich hat. Er gefällt mir bereits ganz außerordentlich, ganz abgesehen davon, daß sein Vermögen das meiner Edith noch übersteigt."
„Und nun wollen wir anstoßen auf das Wohl unsres Brautpaares," rief dann bei Tische die heitere Tante, ihr GlaS erhebend.
Edith sagte dann scherzend: „Tantchen, wir müssen auch das Johanniterkreuz leben lassen, das unS zusammenführte."
„Oder all die Kranken, die uns stet» wieder zusammenbrachten," meinte der stattliche Professor lächelnd, „was meinst D», Edith?"
„Ja, die ganze schwere Zeit ist Euch zum Segen geworden, Glück auf, meine teuren Kinder," sprach Graf Rhaden feierlich und sein Auge schimmerte feucht.
„Nun fehlt nur noch das Johanniterhäubchen," flüsterte Volkmar seiner Braut zu, „in dem ich Dich so gerne sah."
„Ich werde eS nochmal aufsetzen," erwiderte sie leise mit lieblichem Lächeln, „um Dir zu gefallen. Ja, wer hätte gedacht, daß ich dies Häubchen so bald schon mit einem andren vertauschen würde,"
„Mein geliebtes Bräntchen," sagte Volk
mar innig und schloß Edith« Hand fest in die seine, „welch' ein glückselige« Leben liegt vor un«, und dazu hat allein Deine Mädchenkaprice verhelfen, einen Johanniterkursus durchzumachen!"
Die Lichter am Christbaum schienen noch einmal so hell über dem schönen, glücklichen Paare aufzuflammen und verkündeten auf'« Neue die Macht der hehren, reinen Liebe.
— Ende. —
Weihimchtsloligejrmg.
Ei» zauberisches Tönen Weht übers öde Feld,
Das wie ein stilles Sehnen Die Menschenherzen schwellt; Daheim ist nicht hinieden So wundersamer Klang:
Es kündet Heil und Frieden Der Engel Lobgesaug I
Und wie's aus heil'ger Ferne Zur Erde niederbricht,
Da glüht'S gleich einem Sterne, Die Nacht wird lauter Licht,
Der Strahlen mildes Scheinen Erfüllt, das dunkle Thal,
Und alle, die da weinen, Vergessen ihre Qual.
Und die sich betend »eigen, Empfangen schönen Lohn:
Heute will ein Herrscher steigen, Herab von seinem Thron,
Er, den mit Donnerschalle Der Chor der Welten preist, Der seinem Pfad im Alle Dem Sonnenstäubchen weist.
Doch nicht in seiner Größe Naht sich der hehre Gast —; In Schwachheit und in Blöße Sucht er auf Erden Rast;
Und für des GastcS Grüße Ist keine Thür zu klein:
Wer ließe dieses süße,
Dies liebe Kind nicht ein?
Ein Kind ist heut' geboren,
Dem sich die Welt verjüngt,
Und was wir längst verloren, Uns lächelnd wiederbringt.
Der Seele wohl, die nimmer Den Eingang ihm verwehrt,
Da goldner KindheitSschimmer Uns ewig neu erklärt!
Hans Herrig.
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Des Lahrer Hinkenden Boten neuer historischer Kalender . . 30 Z
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