Aus gefährlicher Bahn.

Novelle von H> v. Ziegler.

Nachdruck verboten.

18 .

Nun wohl. Sie thnn mir einen Ge­fallen, wenn Sie mich von dem Gelde be­freiten," scherzte die Gräfin,ich will eine Quittung schreiben, unter die könnten Sie dann, wenn Sie wollen Ihren Namen setzen! dann haben wir alles wie ordentliche Ge­schäftsleute geordnet."

Die arme Hannnah wußte nicht, wie ihr geschah. Unter strömenden Thränen, ganz außer sich vor Ueberraschung und Freude, küßte sie immer wieder die kleine, weiße Hand der Gräfin, denn nun waren sie wenig­stens aus der entsetzlichsten äußeren Not, und konnten den treuen Dienstboten nach Wie vor ihren Lohn zahlen. Nur eins ahnte die glückliche Bäuerin nicht: Das nämlich Margarethe noch am selben Abend die Quit­tung über das Geld in zwei Teile riß, diese in ihr Gesangbuch legte und heimlich lächelte:

Endlich einmal eine gute Gelegenheit, dieses Gelb anzuwenden! Gott segne es den armen Leuten I"

Diese ganze Geschichte hatte Hannah bald darauf ihrem Manne geschrieben und dieser empfand bei aller warmen Dankbarkeit doch wiederum einen Stachel im Herzen:Und diese edle Menschen wolltest Du verderben?"

Vor etwa vier Wochen war Graf Rudolf abermals in die Stadt gefahren, gekommen um Kornmann zu sehen, und der durch ein Trinkgeld noch besonders willfährige Gefäng­niswärter führte den Grafen ohne weiteres zu demselben und schloß auch die Thür hinter dem Besucher.

Mit einem ganz besonders warmem Hände­druck und vergnügtem Lächeln begrüßte der Graf den einstigen Spielgefährten und rief dann lachend:Kuno, ich bringe Dir eine große Freudenbotschaft, aber eigentlich mußt Du raten, was es ist."

Ich bin zu schwerfällig dazu, Herr Graf," lächelte der Gefangene und blickte er­wartungsvoll auf seinen Besuch,aber ich denke, Sie werden mich nicht allzulange in Spannung halten."

Nun denn," des Grasen Antlitz wurde sehr bewegt,ich gratuliere Dir herzlichst, Kuno, zur Geburt eines Töchterchcns zmd teile Dir mit, daß cs Hannah gut geht."

Ja, das war nun allerdings eine unbe­schreibliche Freude, welche diese Botschaft bei Kuno hervorrief; von dem Tage an zählte der Gefangene sehnsüchtig die Stunden bis zu seiner Freilassung, es dünkte ihm eine Ewigkeit, noch vier Wochen auf dieselben har­ren zn müssen.

Aber eS vergeht alles im Leben, auch die schlimmste Zeil und so brach dann endlich der Tag an, welcher Kuno in die Heimat zurückführen sollte. Beim Fortgehen hatte Graf Schwarzbach gesagt:Ich hole Dich in meinem Wagen ab, Kuno, damit Du mit Ehren in's Dorf zurückkehrest und die Scham überwinden kannst."

Würde der Graf sich dieses Wort noch erinnern? Würde er denn wirklich kommen, um den Wilddieb aus dem Gefängnis abzu­holen. Höher stieg die Sonne, cs schlug zehn, dann elf Uhr und noch ließ sich -nichts ver­nehme» ; weder der Wärter, noch Graf

Schwarzbach kamen, um Kuno aus dem Ge­fängnisse abzuholen.

So nahe wähnte er sich am Ziele und mußte noch immer warten! Wie schwer wurde es dem armen Kuno, jede Minute deuchte ihm eine Ewigkeit und noch immer kam .Nie­mand I

Endlich kam für ihn die Stunde der Be­freiung. Dröhnend schlug die Thurmuhr zwölf Mal, da kamen Schritte über den Kor­ridor und die Schlüssel des Wärters rassel­ten gleich darauf in der Thür, klirrend sprang sie auf und wahrhaftig! Graf Sch. trat in die Zelle, hinter ihm ein Diener mit einem Packet auf dem Arnie.

Es thut mir leid, Kuno, daß ich Dich so lange warten ließ," sagte der Graf nach der ersten Begrüßung herzlich,doch ein un­aufschiebbares Geschäft hielt mich ab; ich hätte Dir freilich den Wagen senden können, wollte Dich jedoch lieber selbst abholen. Lege die Sachen hin, August, und warte draußen auf mich," wandte sich dann der Graf an den Diener.

Wie im Traume wechselte der bisherige Gefangene die Kleider, wie im Traume schritt er an jder Seite des Grafen hinaus aus der engen Zelle, an dem sich vor Graf Schwarzbach verneigenden Gefängniswärter vorüber der Freiheit entgegen I

Freiheit! Kuno hätte laut aufjubeln u. auf­schluchzen mögen, als er nun neben dem Schloßherrn im bequemen Wagen saß und dahin fuhr in die sonnige Frühlingsland­schaft; Graf Schwarzbach, der behaglich zu- rückgelehnt eine Cigarre rauchte, beobachtete den jungen Bauer verstohlen und voll herz­licher Teilnahme, denn Kuno sah so blaß und ernst aus.

Deine Frau ist ganz außer sich vor Freude über Deine Rückkehr, Kuno," begann der Graf nach einer längeren Pause;Ihr werdet doch noch wohl Euer Kind bald lau­fen lassen? Meine Frau hat sich schon als Pathin gemeldet und wünscht, daß die Kleine auch Margarethe heißen möge."

O, Sie sind zu gut, Herr Graf," stöhnte der Bauer verlegen und schmerzlich, ich verdiene diese Gnade ja gar nicht, ge­wiß nicht und bei jedem guten Worte, daß ich von Ihren Lippen höre, wird mir Meine Schuld nur um so schwerer."

Laß das gut sein, Kuno," unterbrach ihn der Graf aufmunternd,Du hast schwer gesühnt und wirst wohl nicht mehr jene ge­fährliche Bahn betreten, von der Du nur von einem Wunder gerettet wurdest."

Und der Mathow?" frug jetzt plötzlich Kornmann,hat man nichts mehr von ihm gehört?"

Doch nickte Schwarzbach ernst,er ist in Hamburg ausgegriffen worden, wegen Ver­breitung ausrührerischer Schriften, gerade in dem Augenblicke, als er sich nach Australien einschiffen wollte."

Also doch," murmelte Kuno ernst,auch er wird nun wohl erkennen, daß es einen Gott und eine Gerechtigkeit auch schon auf Erden giebt."

Ich bin noch nicht am Ende, Kuno, mit meinem Bericht," fuhr der Graf fort, als man den Mathow nach heftigem Wider­stande ergriffen und dingfest gemacht hatte, mußte er ein Verhör bestehen und ward dann ins Gefängnis geführt. Am folgenden Mor­gen , als der Wärter ihm sein Frühstück

bringen wollte, fand er ihn tot am Boden und in der krampfhaft geschlossenen Hand ein ganz kleines Fläschchen mit Blausäure, welches der Schurke in seinen Kleidern ganz verborgen getragen haben muß."

Tot?" rief Kuno entsetzt, als Selbst­mörder hat Mathow geendet? Welch' eine rasche Vergeltung hat ihn ereilt!"

Ein tiefes Schweigen folgte, jeder der beiden Männer versank in ernstes Nach­denken , und erst als fnach einer längeren Fahrt der Kirchthnrm von Schwarzbach auf­rauchte, brach der Graf in die Worte aus: Willkommen daheim, Kuno, mögest Du von nun an glücklich sein, und so leben und handeln, daß Dein und Deiner Frau Glück stets wachse und blühe!"

Auf dem Kvrnmann'schen Hofe standen in Festkleidern sämtliche Leute, die Hausthür war bekränzt und gerade als der Wagen vorfuhr, traten Hannah und Gräfin Marga­rethe heraus, letztere das kleine Baby auf den Armen. Die gräfliche Herrschaft hatte gewollt, daß des Bauern Heimkehr in feinem Hause wie ein Fest begangen werde, denn, meinte Graf Rudolf,der beste Weg, Kunos Anhänglichkeit wieder zu erlangen, ist, seine Dankbarkeit wachzurufen."

Es war eine ergreifende Scene als Kuno und Hannah sich schluchzend in vie Arme sanken, und kein Auge blieb trocken; o, wie hatte Kuno diesen Moment ersehnt! Wie glückselig fühlte er sich jetzt, wenn er in Hannahs strahlende- Antlitz blickte und ihre oft wiederholten Worte vernahm:Endlich habe ich Dich wieder, mein Kuno, endlich!"

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

.-. (Unbewußte Grobheit ) Ein Pfarrer eines Dorfes feierte sein Geburtsfest und lud dazu seine Bekannten, unter ihnen den wegen seiner Virtuosität im Jägerlatein be­rüchtigten Förster ein. Als nun ein Hase aufgetragen wurde, sagte der Pfarrer welcher dachte, der Förster werde sich am besten aus'S Zerlegen von Hasen verstehen:Bitt' schön, Herr Förster, schneiden Sie auf, Sie verstehen das am besten!"

/. (Auch gut!) Eiv Bauernbursche prügelte den, vor feinen Karren gespannten Hund ganz unbarmherzig durch. Kommt der Prediger seines Torfes des Weges ge­gangen und stellt ihn -wegen seiner Roheit zur Rede. Trotzig antwortete der Bursche: Der Hund gehört mir; mit seinem Eigen­tum kann man machen, was man will!" Sich, sieh, wie klug Du bist," sagte der Pastor, ein handfester Mann, und läßt seinen Stock auf dem Rücken des Burschen tanzen,dieses spanische Rohr hier ist mein Eigentum!"

(Allmiihlig.) Doktor (im Vorübcr- gehen):Nun, Kletzenbäuerin, was macht ihr Mann?" Kletzenbäuerin:O, dank'recht schön der Nachfrag' Herr Physikus, es macht sich schon wieder." Doktor:Hat er Appe­tit?" Kletzcnbäuerin:I- nun, er kommt ihm schon allmählig wieder. A Spanferkel Hab ich ihm gestern braten, dös hat er ganz schön aufknüselt."

.-. (Druckfehlerteufel.)Gestern traf die letzte Abteilung der Ferienkolonisten wie­der hier ein. Mit freudestrahlenden Augen und gesunden frischen Wanzen kehrten sie zu ihren Eltern zurück.

Berantw örtlicher Redakteur: Bernhard Hofmann.) Druck mrd Berlag von Bernhard Hofmann in Wildhad.