Rundschau.

Stuttgart, 17. Nov. Außer dem Medi­zinalrat Dr. Hermann v. Burckhardt, dem Vorstand der chirurgischen Abteilung des Ludwigs- und des Kotharinenhospnals, haben sich dem S. M. zufolge ai>ch die Medizina!- räte Dr. Burkart und R> mbold im Auftrag deS Ministeriums des Innern nach Berlin begeben, um das Dr. Kochfcbe Heilverfahren zu studieren und Bericht darüber zu erstatte».

Cannstatt, 17. Novbr. Gestern nacht wurde nach kurzem Wortstreit der Fischer Karl Brähle von hier von dem Korbmacher Schöllhorn unweit der Stadl derart in das Gesicht gestochen, daß daö rechte Auge blei­benden Schaden haben wird.

Hcnmaden, 15. Nov. Gestern abend gegen 7 Uhr brannten die Scheuer u. Stall­ung des Bauern und Krämers Käser gänz­lich ab. Die Entstehungsursache des Feuers ist noch unbekannt.

Plochingen, 17. Novbr. Letzte Nacht wurde der 58jährige Hilfswärter Ehr. Andr. Fritz bei Ausübung seiner Berufspflicht auf der Strecke ReutlingenPlochingen von dem um nachts 11 Uhr 55 Minuten hier ein- tresfenden Schnellzuge überfahren und eine Strecke weit mitgeschlcppt, so daß er gräßlich verstümmelt tot aufgefunden wurde.

In der Nähe von Kirchheimbolan­den sind mächtige und ausgedehnte Queck­silber- und Kupfcrlager aufgedcckt und durch die Herren Sander von Sprendlingen und Eichin von Eisenberg gemutet worden. Die Reichhaltigkeit der Kupfererze soll denen der Molachitgrubc Wisokaja Gora im Ural nicht nachstehen.

Unterthalheim, OA. Nagold, 16. Nov. Das 3jährige Söhnlein des Feuerwehrkom­mandanten Zug hier trank vorgestern au« einem nicht gehörig verwahrten Fläschchen, daS Karbolsäure enthielt- DaS Kind ist heute an den Folgen des Trunkes gestorben.

Ellwangen, 13. Nov. Die Wahl eines ritterschaftlichen Abgeordneten für denJagst- kreis an Stelle des verstorbenen Freiherrn Wilhelm v. Stetten findet am 4. Dezember hier statt.

Ehingen, 17. Nov. Ein hiesiger Metz- gerSsohn hat gestern obend seinen 22jähr. Bruder in der Wohnstube erstock-n.

Das bedauernswerte Schicksal eines in die BezirkSirrenzclle in Tnltlingcn ein- gelicfcrteu verheirateten Schullehrers aus einem Orte dc§ Bezirks ruft allgemeine Teil­nahme hervor. Ders-lbe wurde plötzlich gei­steskrank und holt sich, bei der jetzigen rauhen und nasse» Witt-rung nur mit einem Hemde bekleidet, mehrere Tage im Walde ans. Nach­dem er in der gleichen Kleidung während des Gottesdienstes i» der Klosterkirche zu Beuron erschien, wurde er ergriffen und mußte ge­bunden nach Tuttlingen eingelicfert werden.

Waldsee, 14. Nov. Ein Bauer hiesiger Gegend mißhandelte seinen an Martini neu eingestellten Knecht derart mit der Pslug- schaufel, daß derselbe in Lebensgefahr schwebt. Der Landpostbotc A. von hier wurde ge­stern abend auf der Heimfahrt im Haister- kirchcr Walde von einer verkleideten Manns­person, welche dem Pferd in die Zügel fiel, angegriffen und nur dadurch vor einer Be­randung bewahrt, daß er einen Revolver- schuß abfeuerte, worauf der Räuber sich in den Wald flüchtete.

Kißlegg, 14. Nov. Am Mittwoch abend brach laut O. A. in dem zu Wiggenreute

gehörigen sogenannten Goßnerschen Hof in der Parzelle Brenners Feuer aus, welches das ganze Gebäude in Asche legte, ehe die Femrwehr auf dem Platze erschien. Außer dem Vieh konnte nichts gerettet werden. Ur­sache unbekannt.

Bei der Z ntralstation der elektrischen Beleuchtung in Frankfurt a. M. geriet der Hauptriemen in unregelmäßige Schwingungen. B>im Reparaturversuch griff der Mechaniker anstait an den Kautschukgriff in die Bürste; der volle Strom von 20,000 Volt ging dinch seinen Körper und tötete den Beamten auf der Stelle. Die Leiche konnte nur mit großer Mühe von der Maschine entfeint werden.

In Mannheim ereigneten sich wie­der zwei schwere UnglückSfälle. Ein Dienst­mädchen wollte unter Zuhilfenahme von sPe- troleum Feuer anzünden, wurde aber, da die Flammen seine Kleider ergriffen, derart ver­brannt, daß an seinem Aufkommen gezwei- felt wird. -- Ein Schneidergeselle, der von neuem Wein bezecht war, hatte in einer Wirtschaft, in deren oberes Stockwerk er sich in der Trunkenheit begab, das Unglück, die Treppe herabzustürzen und das Genick zu brechen. Nach kurzer Zeit war er eine Leiche.

München, 15. Nov. Demnächst begin­nen im Krankenhause und im klinischen In­stitut Heilversuche mit Koch'» Heilmittel.

Berlin, 16. Nov. Gutem Vernehmen nach wurde dem Minister Dr. Lucius von Ballhausen die erbetene Entlassung unter Verleihung nner hohen OrdensauSzcichnung gewährt. Bis zum Eintritt seines Nach­folgers, als welcher der Regierungs-Präsident von Heyden in Frankfurt a. d. O. designiert ist, führt der Unterstaatssekretär Dr. von Marcard die Ministerialgeschäfte.

Berlin, 15. Nov. Der Reichstag soll dem Vernehmen nach dem Dr. Koch eine Dotation von einer Million bewilligen. Die Zusammensetzung des neuen Heilmittels wird dann wahrscheinlich bekannt gegeben werden.

Von Prof. Dr. Kochs Entdeckung wird ein weitgehender Einfluß auf die Le­bensversicherung und die Militäraushebung erwartet. Versuche von Dr. Levy und Dr. Krause ergeben als zweckmäßig für Anfang eine Dosierung von 0,005 Gramm bei kleinen, sehr schwächlichen tuberkulösen Kindern und von 0,01 Gramm bei erwachsenen Lungen­kranken, was bis zur Höchstmenge von 1 Gramm gesteigert wird. Da das Heilmit­tel über den Bereich des Blutstroms nicht hinansgelangt, so wirkt die Massierung auf die eitrigen Herde, welche sonst gefährlich wäre, ausgezeichnet, indem sie die abgekapsel­ten Herde in die Blutbahn hineinbringt. Hektisches Fieber und Nachtschweiß? sind seil Einführung der Kochschen Methode ver­schwunden; nur wo bereits große Hohlräume durch eitrigen Zerfall deS Lungengcwebesent­standen sind, wrsagt die Methode einstweilen noch.

Liegnitz, 14. Nov. Die Wittwe des Brauereibesttzers Timmler Hierselbst ver­schluckte bei einem Hustenanfall ihr Gebiß und starb in Folge dessen dieser Tage.

Erfurt, 14. Nov. Mehrere Landwehr­männer sind hier kürzlich wegen groben In­subordination festgenommen worden. Einer derselben hatte sich mit brennender Cigarre in Reih und Glied gestellt, ein anderer statt deS Passes sozialdemokratische Schriften vor­gewiesen.

Ein grauenhafter Mord ist im Ell-

guthcr Walde bei Ohlau (Schlesien) verübt worden. Man fand dort die Ehefrau des Gastwirts Kiesewetter aus Trattaschine, ein blühendes junges Weib, durch zahlreiche Messerstiche ermordet auf. Die That ist an­scheinend an einem andern Orte verübt und die Leiche in den Wald geschleppt worden. Der Ehemann der Ermordeten, der mit ihr keine glückliche Ehe geführt hat, ist als ver­dächtig verhaftet worden-

In Picton (Neu-Scholtland) ist das Gefängnis nebst 20 anstoßenden Geschäfts­häusern durch eine Feuersbrnnst zerstört worden. DaS Feuer wurde durch einen Sträfling angezündet, der selbst den Tod in den Flammen gesunden. Derselbe war ein norwegischer Matrost, welcher ins Gefäng­nis gekommen war, weil er einem Genossen einen Messerstich versetzt hatte. Vor Ge­richt erklärte er, seine That sei gerechtfertigt gewesen, da er an Bord seines Schiffes die größten Mißhandlungen habe aushallen müssen. Im Gefängnis zündete er seine Zelle an. Die Flammen verbreiteten sich schnell über die ganze Anstalt. Der Schaden wird auf 200,000 ^ geschätzt.

Aus Brixen, 13. Nov., wird berich­tet : Heute früh wurde auf dem Wege, der von der Stadt zum Bahnhofe führt, ein Baner mit zerschmettertem Kopfe und meh­reren Stichwunden tot aufgefunden. Aus der Tasche war das Geld geraubt, von der Kette die Uhr herabgerissen. Der Bauer ist an­scheinend aus dem Pnsterthal und stand in der Mitte der Vierziger. Derselbe dürfte den gestrigen Jahrmarkt besucht und eine größere Summe Geldes bei sich gehabt ha­ben. Die Thäter sind bisher unbekannt.

Dem Vernehmen nach wird die Köni­gin Emma der Niederlande am nächsten Donnerstag in feierlicher Versammlung der Generalstaaten den Eid als Regentin leisten.

Falls CriSpi bei den Neuwahlen eine große Mehrheit erlangt, wird die Erneuer­ung des Dreibundes schon im Dezember er­folgen.

In der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien wurde auf Antrag Billroth unter jubelndem Applaus beschlossen, an Professor Koch ein Glückwunschtelegramm mit dem Aus­druck der Bewunderung und Verehrung der Wiener ärztlichen Schule abzusenden und Koch zum Ehrenmitglied der Gesellschaft der Aerzte zu ernennen.

Wien, 17. Nov. Ein Segelschiff, wel­ches Tagelöhner aus Linj und Jmoski zur Olivencrnte nach Brozza führte, ging in Folge eines Windstoßes unter. Es ertranken 37 Personen und 100 Tiere; 13 Personen und 34 Tiere wurden gerettet.

Nach in Wien eingegangen Nach­richten aus Salonichi ist Freitag nacht ein Spezial-Militärzug auf der Fahrt von UeS- küb nach Salonichi bei Topfin infolge von Ueberschwemmnng entgleist. 8 Waggons wurden zertrümmert, 40 Personen getötet und ebensoviele verwundet. Der Verkehr ist gänzlich unterbrochen.

Ein 8jähriger Knabe in Großsanden bei Westerhede hat die vierjährige Tochter des Landwirts Heeren ins Wasser geworfen. Die Wicderauftauchende hat der junge Ver­brecher durch Schläge auf den Kopf getöt-t.

Der Eiffelturm in Paris hat dieses Jahr vom 1. Mai bis 31. Okt. 696 354 Fr. eingetragen.