— Der Steinhauer Sold in Albersweiler (bei Landau) hat am Montag habend den Schreiner Abrah. Drumm im gleichen Orte vor seiner Wohnung durch einen Messerstich aus Rache ermordet, weil er sich von Drumm übcrvorteilt glaubte. Als der kranke Bater des Mörder- von der schrecklichen That seines Sohnes erfuhr, traf ihn ein Herzschlag; auch er war alsbald eine Leiche.
— Aus dem Elsaß-lothringschen Städtchen Vic a. d. Seille (nahe bei Metz) wird eine schauerliche Blutthat berichtet. Vor etwa 14 Tagen verschwand plötzlich die Ehefrau des WcinhändlerS Lebon, eine im 35. Lebensjahr stehende Frau. Obwohl der Mann Lebon die eifrigsten Recherchen anftcllte, bezeichnte man ihn bald als den Mörder, da die Eheleute uneinig lebten; doch fehlte jede Spur von der verschwundenen Frau. Die Gendarmerie war eifrig auf der Suche und endlich entdeckte der Gendarm Mennerich in einem von Lebon an seinen Schwager in Marsal gesandten Faß mit Alkohol den Leichnam. Als sich die Gendarmerie darauf in die Wohnung begeben wollte, um L. zu verhaften, hörte sie zwei,'Schüsse, und bei ihrem Eintritt fand sie L. in seinem Blute schwim-
l mend. Der Gattenmörder hatte durch Selbstmord geendet.
— Der Pfarrer von AScq bei Lille wurde, wie der Köln. Ztg. auS Paris gemeldet wird, in der Nacht vom 10. bis 11. Nov. ermordet, seine Magd tödlich verwundet. Ein Raub war Anlaß des Verbrechens.
— An der Gerichtstelle zu Baetenstein erschien dieser Tage ein älterer Herr aus der Pr. Eylauer Gegend, um sein Testament zu machen. Nachdem dasselbe durch die Deputation zu Protokoll genommen, dem Testator vorgeleseu und von diesem unterschrieben war, verstarb derselbe plötzlich im Gcrichtzimmer infolge eines Herzschlags.
— Am Dienstag brach in einer Tabakfabrik in Madrid eine große Feuersbrunst aus, die den größten Teil ber Fabrik eingeäschert hat. An 6000 Personen sind dadurch arbeitslos geworden. Die Königin besuchte nachmittags die Brandstätte und versprach den arbeitslosen Frauen Hilfe. Die Menschenmenge begrüßte die Königin enthusiastisch. Die Wiederaufnahme der Arbeit in der Tabakfabrik soll möglichst bald erfolgen.
— „Jack, der Ausschlitzer" soll verhaftet
sein. Von der Türmer „Gazette piamontese" wird wenigstens die Meldung gebracht, daß „Jack der Aufschlitzer" in Parma, und zwar in der Person eines englischen Arztes vermittelt und auf Requisition der englischen Behörden verhaftet worden sei. Die Nachricht klingt wenig glaubwürdig.
— Wie wir schon berichtet, sind iu Paris am Samstag früh zwei Reisende cingciroffen, die nach dem Muster des Schneiders Zeitung ihre Fahrt in einer Kiste zurückgclegt haben. Die Passagiere kamen angeblich direkt aus Barcelona Es waren der 25jährige Neger Errös, ein Koch, und die 21jährige Näherin Flora Anglora, Liebesleut, die, wie sie behaupten, in Paris Beschäftigung und Vereinigung suchten. Das Verhör hat jedoch ergeben, daß ein' gewisser Dupuy mit den beiden eine Spekulation ü la Barnum in Scene gesetzt hat und daß sie bi-Orleans im Coups und von da erst in der Kiste gefahren sind. Sie wurden unter der Anschuldigung der Vagabundage und Gaunerei ins Gefängnis gesperrt.
Paris, 8. Nov. In militärischen Kreisen soll man sich wieder einmal mit dem Gedanken tragen, die Trommel abzuschaffen.
Aus gefährlicher Kahn.
Novelle von H. v. Ziegler.
Nachdruck verbaten.
11.
„Nun leb' wohl, Rudolf," rief die junge Frau heiter, „ich will hier den Weg hinab ins Schloß gehen, aber bleibe nicht zu lange auf der Jagd und sei vorsichtig, daß Dir nichts zustößt."
„Daß ich nur ja in kein Mauseloch falle, kleine Frau, nicht wahr?" scherzte der Graf, nickte seiner Gemahlin zärtlich zu und warf ihr eine Kußhand nach.
„Auf Wiedersehen, mein Lieb!" rief er noch.
„Lebe wohl, Teuerster I" klang eS zurück.
Dann verschwand Gras Schwarzach, und die Gräfin begann elastischen Schrittes bergab zu gehen.
Da stieß sie plötzlich einen leichten Schrei aus, denn vor ihr erhob sich ein bleicher Mann, das Haar wirr umS Antlitz hängend, die Hände ihr wie beschwörend entgegen- strcckend.
Jetzt erkannte sie ihn und sagte lächelnd, wenn auch noch etwas ängstlich: „Ach, Sic sind der Bauer Kuno Kornmann? Wie kommen Sie hierher?"
„Fürchten Sie sich nicht, Frau Gräfin, ich bin sehr, sehr unglücklich und —"
„Unglücklich?" srng die Dame mitleidig, „das thut mir leid. Kann ich Ihnen vielleicht helfen?"
„Stoßen Sie mich dahinunter, Frau Gräfin," murmelte er auf den Abgrund deutend, dann ist mir am besten geholfen."
„Kuno," beruhigte ihn die Gräfin freundlich, „sprecht nicht so gottlos I Was ist geschehen?"
„Was würde es Sie kümmern, Gräfin, wenn Sie eS wüßten," rief er bitter, „Sie sind eine vornehme Dame und ich — ein gemeiner Bauer. Und die Vornehmen verachten uns Niedere, als seien wir erbärmliches Gewürm —"
„Wer sagt Ihnen das?" entgegnetc die Gräfin sanft, „es ist dies ein trauriger Jrr-
" Arrsnlwrrtlicher Redakteur: Bern
tum, denn wir sind alle Christen und sollen unsren nächsten lieben. ES kann sich wohl ein Vornehmer in seinem Stolze vergessen, aber so denken nicht Alle."
„O, aber ich hasse all die Herren und die Vornehmen", schrie Kuno, die Fäuste ballend, „und wenn einmal der große Kampf losgeht zwischen dem Volk und seinen Bedrückern, da schreite ich in erster Linie und ruhe nicht bis sie alle, alle am Boden liegen."
„Kuno Kornmann, so sprecht Ihr?" frug die Gräfin traurig. „Wißt Ihr denn nicht, daß Euch mein Gatte, Graf Rudolf, lieb hat fast wie seinen eigenen Bruder? Und Ihr haßt ihn auch?"
„Jv," nickte der Bauer finster, „Graf Rudolf Schwarzach hasse ich mehr als alle andren."
„Und weshalb? Was hat er Euch ge- than?" frug die Dame kopfschüttelnd, „seht mich an, Kuno, und nun beantwortet mir die Frage."
„Er hat einen Engel zum Weibe genommen, einen Engel, vor dem ich niederfallen und ihn anbeteu möchte," murmelte Korn- maun leidenschaftlich und kniete vor Margarethen nieder, sein Antlitz in den Falten ihres Kleides verbergend, „wären nicht Vornehme und Niedere in der Welt, stünde dieser Engel nicht so hoch über mir — ich wäre vielleicht ein besserer Mensch geworden."
Die Gräfin bebte zusammen, ihr liebliches Antlitz erblich und sie blickte verstohlen nach Hülfe umher, doch eS blieb alles still. Allein in dieser Bergcinsamseit mit einem verzweifelten, leidenschaftlichen Manne war eine entsetzliche Lage und nur energische Kaltblütigkeit konnte sie retten.
„Kuno," begann sic abermals, „Ihr habt ein braves, gutes Weib, das Euch liebt."
«Ich liebe nur eine," murmelte er atemlos, „und wenn einstmals der große Kampf beginnt, dann, Gräfin Margarethe, streite ich — für Sie; Ihr allein sollt sicher sein vov den Reichen — wißt ihr denn nicht —daß ich Euch liebe?"
Ihr Herzschlag stockte fast vor Angst, har» Hvjmann.) Druck und Verlag von B e
sein Auge brannte in wildem Feuer und er breitete beide Arme aus, um sic an sich zu ziehen.
Doch voll edler Hoheit trat sie zurück und sagte ruhig: „Kuno, beleidigt mich nicht, ich bin die Gemahlin Graf Schwarzbachs — und ich liebe meinen Mann über alles in der Welt. Sein Tod würde mich namenlos elend machen und die Hand seines Mörder» stieße ich voll Abscheu zurück, auch wenn es mir zum Verderben gereichte."
Er sprang empor wie von einer Natter gebissen, sein Auge funkelte und heftig stieß er hervor:
„Nehmen Sie in Acht, Gräfin! Sie dürften eines Tages bereuen, mich von sich gestoßen zu haben."
„Kuno, ich liebe meinen Gemahl, und wenn Sic der Graf und er der Bauer wäre, so früge ich nichts nach Reichtum und Namen, sondern teilte mit ihm das einfachste Leben. Der Licbe kann man keine Gesetze vorschreibcn, ich folgte dem Zuge meines Herzens, als ich meinen Gemahl heiratete. Aber Sie thun mir in ihrem Unglück leid, Kuno, wollen Sie mit meiner Freundschaft vorlieb nehmen ? Hier meine Hand, und nun sagen Sie mir, was Sie vorhin jo unglücklich gemacht hat!"
Es war ein eigentümliches Bild. Die schöne, junge Frau in moderner Promenadetoilette hatte ihre Hand in die rauhe, gebräunte des Bauern gelegt, dessen Antlitz zuckle und bebte. Kuno's Hut lag am Boden, sein Haar hing wirr um seine Schläfen, aber der furchtbare Sturm der Leidenschaft war in seinem Herzen gebrochen. Gräfin Margarethe atmete leise auf, ein dankbarer Blick flog zum Himmel, als sie bemerkte, daß der Rasende sich zu beruhigen begann, dann wandte sie sich zu Kuno, und bald hatte er ihr alles erzählt, was ihn drückte. Leise und frenndlich tröstete sie ihn und versprach schon morgen auf den Hof zu kommen, um zu hören, ob Mathow zurück- gekehrt sei oder ob daö Geld sich gefunden habe.
(Fortsetzung folgt.)
rnhard H» smann in Wldbad. '