Die Schwaben in Posen.

Unser deutscher Votksstamm ist wie kein anderer über die ganze Welt vcrt reitet. In den entlegensten Landein Irifft der einsame Wanderer deutsche Landsleute, die sich fern von der alt n Heimat ang st-delt haben. Dieser Tried in die Ferne ist mm. nament­lich den Schwaben eigen und so sind denn die Württemberger nicht nur als kühne Pio­niere deutscher Kultur in die üb>rsici>chen Länder eing-drnngen, sondern sie haben na­mentlich auch in Deutschlands östliche Grenz­gebiete deutsche Gesittung getragen und das slavische Elemet zurückgedrängt. Und zu dieser Ausgabe haben gerade die Württem- bcrger sich besonders gewachsen gezeigt, seit­dem sie unter Friedrich dem Großen ihren Einzug in das Poscnsche hielten. Während sich die Ansiedler aus anderen deutschen Stämmen aber zerstreuten, hielten die Schwa­ben zusammen und bewahrten so nicht nur manche Eigentümlichkeiten ihrer ursprüng­lichen Heimat, sondern brachten es auch mit seltenen Ausnahmen zu sichtlichem Wohl­stände. Und zu diesen alten schwäbischen Ansiedlern sind sitzt neue Landsleute hinzu- gikommen, jetzt, wo es die preußische Re­gierung für notwendig erachtet, durch weitere Verschiebung des deutschen Elementes in die östlichen Provinzen zwischen die Polen einen neuen Keil zu treiben. Wer diese fleißigen und arbeitsamen Leutchen einmal besuchen will, wenigstens im Geiste, nach ihrem Be­finden s-hcn, ihre Einrichtungen und ihre Hoffnungen für die Zukunft kennen lernen will, der möge den interessanten ArtikelBei den .Schwaben' in der Provinz Posen", Skizze von N. Grotrian, Rektor in Gnescn, im N'uesten, im 9. Hefte derJllustrirten Welt" (herausgegeben von Professor Josef Kürschner, redigirt von Wilhelm Wetter, Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt) lesen- An der Hand eines land- und lcutekundigen Führers wandert der Leser von Niederlassung zu Niederlassung, in der Landsleute wirt. schäften, und wird sein Vergnügen an dem dort herrschenden munteren Leben und Treibe» haben. Die einzelnen Niederlassungen werden ihm in naturgetreuen, an Ort und Stelle aufgenommencn Bildern vorgesührt; gar mancher wird daher zu seiner großen Freude den Ort zu sehen bekomme» , an dem ein lieber Anverwandter weilt. Es sollte deshalb auch kein Württemberger unterlassen, den Aufsatz zu lesen und so den fernen Lands­leuten ein gewiß genuß- und lehrreichen Be­such abzustalten.

Rnn d sch a n.

Möhringen a- F., 13. Nov. Gestern abend 9 Uhr brannte die große, mit Fut­tervorräten reichgcfüllte Scheuer des Bauern Johannes Streik sen. hier bis auf den Grund nieder. Das anstoßende Wohnhaus, sowie das d.s Nachbars konnten gerettet wer­den , ebenso das in den Ställen unterge- brachle Vieh. Der Abgebrannte ist versichert. Die Entstehungsursache ist »och unbekannt.

Sontheim, OA. Heilbro»», 11. Nov. Auf recht bedauernswerte Weise ist der N.- Ztg. zufolge gestern vormittag der Maurer- Bauer dahier verunglückt. Erstieg a» einer Leiter empor und erfaßte, oben angelangt, die Dachlatte. Diese brach und infolgedessen stürzte Bauer herunter, wobei er aus eine Staffel zu fallen kam. Die Verletzungen waren derart, daß er einige Stunden darauf

ohne zum Bewußtsein zu kommen, den Geist ausgab.

Heilbronn, 12. Nov. In der nächsten Sitzung der bürgerlichen Kollegien soll laut N.-Zlg. auch die städtische Badanstaltsfrage zur endgültigen Beschlußfassung gelangen. 'Nach der nunmehr gefertigten genauen Auf­stellung dürften stich die Gesamlkosten auf ca. 200,000 belaufen, wenn aus den vorhandenen Plänen daL jeweils Zweck­mäßigste zur Ausführung gelangt.

Calw, 11. Nov. Eine de» ärmeren Ständen angchörige hiesige Frau erhielt laut Sch. B. lor einiger Zeit ein altes Kleid­ungsstück. Zn Hause fand sie nun i» dem­selben im Futter eingenäht zwei Staatsobli­gationen von je 1000 Die ehrliche

Frau brachte ihren reichen Fund dem Sladt- schultheiß zur Ermittlung des Eigentümers. Letzterer wurde denn auch gefunden und der Betrag wird den Erben der früheren Be­sitzerin des Kleidungsstückes ausgefolgt wer­den.

Nagold. Die Zöglinge des Seminars und der Präparanden-Anstalt sind wegen Ausbruchs einer Influenza-Epidemie bis zum 22. d. M. in die Heimat entlassen worden.

Ein Schuhmachers Hilfe wurde, als er aus einer Wirischafl in Wangen i. A. heraustrat und nach Hause wollte, von einem draußen auf einen andern lauernden Eisen- bahnarbeitcr niedergestochen. Der Misse- lhäter heißt I. G. Braun und ist aus Wei- denstctten bei Ulm gebürtig. Der Gestochene ist unter gräßlichen Schmerzen an seinen Verletzungen gestorben.

Ulm, 11. Nov. Vorige Woche siel ein hiesiger Schuhmacher abends beim Besuche eines Kunden auf dem nicht genügend be­leuchteten Hausgang über einen Besenstiel. Der Schuster hatte ein Schustermesser in seiner Brusttasche, das infolge des Falles in seine Brust drang und ihn so bedeutend ver­letzte, daß er in Todesgefahr schwebte. Der Schuster verlangt nun von dem Hauseigen­tümer Entschädigung, und da letzterer diese zu leisten verweigert, wird cS zu einem Zi­vilprozeß kommen.

(Eine gepfändete Jagd.) Aus der Pfalz, 11. November, wird geschrieben: Daß das Jagdc'gcbnis einer Treibjagd vom Gerichtsvollzieher gepfändet wird, dürfte trotz Ben Akiba noch nicht dagcwesen sein. Auf der Jagd der Gemeinde K- fand dieser Tage großes Treibjagen statt; eben war das erste Treibjagcn zu Ende und 71 Hasen zur Strecke gebracht, worüber unter den Jagd­genoffen große Freude herrschte, als der Ge­richtsvollzieher erschien und auf die Beute seine Siegel legte. ES geschah dies in Auf­trag eines boshaften Gläubigers des Jagd- pächlers.

Die Influenza tritt in Frankfurt hin und wieder bei solchen Personen auf, die im vorigen Jahr davon befallen waren.

In der Cigarrenfabrik von Max Hugogin Friesenheim bei Lahr ist in der Nacht von Montag auf Dienstag Feuer ans- gebrochcn. Sämtliche Fahrnisse und Waren­vorräte sind verbrannt. Der Schaden be­trägt 300,000 Die Bewohner konnten mit Mühe das nackte Leben retten.

Die drei bayerischen Königsschlösser waren den M. N. N. zufolge Heuer während der vier Jahre ihrer öfsnllichen Besichtig­ung am stärksten besucht. Linderhvf zählte 36,611, Herrenchiemsee 31,03g und Neu-

Schwanstein 21,352, zusammen 89,062 zahlende Besucher. Gegen den vorjährigen Besuch sind cs Heuer mehr gegen 45,000 Besucher.

Berlin, 12. Nov. Die Eröffnung des Landtags erfolgte unter zahlreicher Teilnahme von Abgeordneten all>r Parteien in Erwart- Inng einer vielfach angckündigten Programm- redc des Kaisers und Königs. Die Thron­rede brachte jedoch nur eine einfache Auf­zählung der schon früher angekündigten be- kanutcn Gesetzentwürfe. Morgen wird Finanzminister Dr. Miguel im Abgeordneten­haus in einer ausführlichen Rede die Steuer­reform begründen. -

Berlin, 12. Nov. Die Thronrede wurde bei ihrer Verlesung durch den Kaiser wieder­holt, besonders bei dem Passes über die Erhaltung des Friedens, mit lebhaftestem Bei­fall ausgenommen. Der Kaiser wurde beim Betreten und Verlassen des Weißen Saales mit dreifachen begeisterten Hochs begrüßt.

Berlin, 12. Nov. Von den Abgeord­neten 3 l 7 Mitglieder anwesend. Das Haus ist beschlußfähig. Der Präsident berief pro­visorische Schriftführer und veranlaßte die Verlosung der Mitglieder in die einzelnen Abteilungen. Morgen, II Uhr, findet die Präsidentenwahl statt.

Dem BundeSrate ging ein Gesetz­entwurf zu, betreffend die Unterstützung der Familien der zur Friedensübung Unberufenen Mannschaften. Danach können Familien, wenn sie bedürftig sind, auS öffentlichen Mit­teln unterstützt werden. Die Unterstüzung soll mindestens betragen: Für Ehefrau in den Monaten Mai bis Oktober täglich 20, in den anderen Monaten 30 Pfennig, für sonst unterstützungsberechtigte Personen 10 Pfennig, wöchentlich voraus zahlbar. Zur Hälfte werden die Unterstützungen aus ReichS- mittcln erstattet, die andere Hälfte durch die Kommunen entsprechend dem Gesetze vom 18. Februar 1888. Der Gesetzentwurf entspricht einem Anträge des Reichstages aus der Session 1886. Nach den angestellten Erhebungen werden jährlich 320 000 bis 450 000 Mark erforderlich sein.

Das Berliner Tageblatt will wissen, daß der Reichskanzler v. Eaprivi Crispi den Plan eines kommerziellen Zusammenschlusses von Deutschland, Oesterreich, Italien und gewissen kleinen Staaten gegenüber der be­denklichen Schutzpolitik Frankreich nach Ab­lauf der Handelsverträge im Jahre 1892 vorgclegt habe.

In der Expedition der Druckerei des VülksblattcS in Berlin sind 33 000 Exem­plare des sozialdemokratischen Organisations­entwurfs n. Parteiprogramms beschlagnahmt worden, weil auf denselben die Angabe des Verlegers fehlt.

Zur Vorgeschichte von Stöckers Rück­tritt verlautet nach den N. N. authentisch: Auf Beschwerde des Großherzogs von Ba­den, die unter Vorlage einer Rede StöckcrS erfolgte, verfügte das kaiserliche Zivilkabiuct eine Untersuchung durch den Oberkirchenrat. Stöcker wurde vernommen und re'chte seine Entlassung ein, als der Oberkirchenrat sich gegen ihn aussprach, worauf die Entlassung erfolgte.

Aus Grabow wird die Ermordung eines Erbpächters mit Frau und vierjähriger Tochter gemeldet. Das Verbreche» ist in der Nacht vom Freitag auf Samstag ver­übt worden.