ausdauernde Radfahrer ist erst 22 Jahre alt.
— (Eine miangcnehme Ueberraschmig) hat den Bürgermeister von Palermo betroffen. In der Hauptstadt Siziliens befindet sich ein königlicher Palast. Verwalter desselben war der Cavaliere Vassalo, der Onkel des Bürgermeisters Professor Patcrno. Der Onkel hatte die Liebenswürdigkeit, seinem Neffen eine ganze Abteilung deS Palastes als Wohnung zu überlassen. Nun kam plötzlich, as Rom gesandt, ein Kommissar des königlichen Hanfes, um dieses Besitztum deS Königs zu iuspiziren. Da fand der Kommissar denn recht bedauerliche Zustände. Im Belte der Königin lag die Frau Bürgermeisterin, angcthan mit der Leibwäsche Ihrer Majestät. Eine sofortige Untersuchung ergab, daß das weibliche Oberhaupt Palcrmo's die königliche Wäsche als Eigentum betrachtet hatte, da fast der ganze kostbare Linnenvorrat für die Waschküche reif war. Außerdem wurden auch noch bedenkliche Unter- schleife ausgedeckt. Vassalo und drei seiner Unterbeamtcv wurden unverzüglich abgesetzt, und gegen den Bürgermeister wird ein DiS- zjplinarverfahrcn eingeleitet werden.
— Aus Lslldou: Jack der Ausschlitzcr kündigte einen neuen Mord für die nächste Zeit an. Die Aufregung im Osten Londons ist groß.
London, 3. Okt. Die der „Times" ans Sansibar übermittelten Einzelheiten über die Ermordung der Küntzel'schcn Expedition in Witu besagen, der Sultan habe alle Deutschen, welche nach Witu kamen, entwaffnen lassen. Küntzel erging sich deshalb in heftigen Schmähungen gegen den Sultan und besiegelte damit sein Schicksal. Vier seiner Genossen wurden außerhalb Witus sofort, drei »ach meilenweiter Verfolgung getötet, zuletzt Künzell Manschet entkam verwundet. Die Mörder begaben sich nach Küntzels Lager und töteten den dort znrückgelassenen Karl Horn. Die deutschen Plantagen um Witu sind gänzlich verwüstet, der deutsche Pflanzer Behnke wurde ebenfalls getötet; die Leichen sind noch nicht l eerdigt aber, verstümmelt. Alle Einwohner des Distrikts, einschließlich des Sultans, sind an der That beteiligt.
Verschiedenes.
— Ein viel umworbener Posten. Für den Büigermeisterposten in Hvhenfriedbcrg
(Schlesien) mit einem Jahreseinkommen von 750 ^ haben sich nicht weniger als 62 Bewerber gefunden, darunter l Major a. D., 1 Rittmeister a. D., 1 Amtsrichter a. D., 1 Doktor der Philosophie, 4 Gendarmen, 1 Unteroffizier, 1 Tanzlehrer u. s. w.
.-. Ein merkwürdiges, um sich der Stubenfliegen zu erledigen, gebraucht ein Landwirt aus dem Schwarzwald. Als Lockspeise legt er ihnen mit Wasser befeuchtetes Zuckermehl aus eine Bank im Zimmer. Mach kurzer Zeit habe» sich alle Fliegen zum Naschen versammelt und nun ist auch der verhängnisvolle Augenblick für dieselben gekommen. Nachdem die Mündung eines Gewehrlaufcs angelegt ist, kracht der Pulverschuß und im Fcucrtodc ist ihr Leben ausgegangen. Der Bauer hält diese Mittel für das Beste. Da kann man sehen, daß die Wäldler eben doch erfinderisch sind.
(Aus dem Standesamt.) Er (zärtlich): „Mein Lieb, warum zitterst du?" — Sie: „Warum zitterst du nicht?"
(Kathederweisheit.) Den vestalischcn Jungfrauen war das Heiraten verboten. Lhatcn sic es dennoch, dann wurden sie verhungert !
SchickscrLswege.
Novelle von Th. Hempel.
Nachdruck verboten.
14.
Gräfin Salten, Dorotheas Mutter, hörte eine Menge Versicherungen freundschaftlicher Teilnahme für die Genesung ihrer Tochter, welche bei ihrem Eintritt in die Gesellschaft zwar noch etwas angegriffen ausgesehen habe, nun aber wie eine Rose blühe. Die Gräfin wunderte sich selbst über Dorotheas verändertes Aussehen, diese unterhielt sich soeben heiter und angeregt mit einem der jungen Prinzen, und die eitle Mutter meinte bei sich: „Man bemerkt wohl, daß Dorothea in den fürstlichen Salon so recht in ihrem Elemente ist. Vielleicht ist eS zu ihrem Glück, daß die Verlobung mit Arwed nicht zu Stande kam."
Die Familie Salten schien es förmlich darauf abgesehen zu haben, ihren Kreis in steter Aufregung zu erhalten. Kaum wenige Monate nach ihrer Heimkehr ze-gten sic die Verlobung ihrer Tochter mir dem Universt- tätsprofessor Reinhard dem erstaunten Publikum an. Man hätte in der vornehmen Welt die Verlobung am liebsten nicht glauben mögen, aber strahlend vor Glück erschien daS Brautpaar in der Oeffentlichkeit, und somit war nicht mehr daran zu zweifeln. So mußte man sich schon zu Glückwünschen entschließen, welche im Tone schmerzlicher Teilnahme gegeben, von der Gräfin in derselben Weise ausgenommen wurden, während der Graf sich wett schneller mit dem Schwiegersohn auösöhnte. Von den erbitterten Kämpfen zwischen Mutier und Tochter, von der Energie, mit welcher Dorothea für ihr Lebensglück eintrat, drang nichts in das weitere Publikum. Nur die eine Thatsache war bekannt, daß Prinz Hermann selbst nach dem Palais des Grasen Salten gefahren sei, um im Namen seines Freundes die Hand der Gräfin zu erbitte». In aller Ehrerbietung mußte sich der fürstliche Gesandte fürs Erste ,ine abschlägliche Antwort gefallen lassen,
allein mit diplomatischer Gewandtheit erwähnte er das Glück, welches einer deutschen Fürstcnlochlcr an der Hand eines berühmten Gelehrten erblüht sei. Dazu kam Dorotheas entschieden ausgesprochener Wille, welchem selbst ihre Mutter nicht länger Widerstand zu leisten vermochte. Man mußte daher im gräflichen Palaste in den sauren Apfel beißen. Der Professor erschien als glücklicher Bräutigam im Palais seiner Schwiegereltern und nahm seine Braut warm an sein Herz. Die Gräfin suchte durch eine fürstliche Bussteuer, und dadurch, daß sie die künftige Wohnung ihrer Tochter mit dem größte» Luxus eingerichtet, für dessen Ansehen zu sorgen. Daß Dorothea unendlich glücklich war, dafür fand deren Mutter kein Verständnis. Einer weit späteren Zeit erst blieb es aufgehoben, daß sic den Professor mit einer ganz besonderen Betonung „meinen Schwiegersohn" nannte nachdem er eine weit über Deutschlands Grenzen hinaus in der Gc- lehrtwelt bekannte und berühmte Persönlichkeit geworden. Vor der Hand bildete der Gräfin Mutter einzigen Trost das fortgesetzt freundschaftliche Verhältnis zwischen dem Prinzenpaare und dem Professor und seine: jungen Gattin.
Länger als ein Jahr war bereits seit Rosas Flucht verstrichen und alle Bemühungen des Grafen Arwed, ihren Aufenthalt zu ergründen, scheiterten. Er mußte seine Versuche, sie wiederzustnden, aufgeben, vielleicht lagen Länder und Meere längst zwischen ihnen.
Ermüdet von allen den fehlgeschlagcnen Versuchen kehrte er nach seinem Landsitz zu- zück und lebte dort möglichst still der Verwaltung seines Eigentums und den Wissenschaften. In der Residenz war er ein seltener Gast, nur im Hause seiner Koustne Dorothea erschien er mitunter zu kurzem Besuch. Er hatte sich mit ihrem Galten schnell befreundet und fand auch bei Dorothea herzliches, verwandtschaftliches Entgegenkommen. Von ihr erfuhr er endlich auch den Grund von Rosas spurlosem Verschwinden, leider
aber nicht den mindesten Anhalt, wo sie zu finden sei.
Dorothea fühlte recht gut durch, so streng der Graf auch sein Geheimnis zu bewahren glaubte, daß Roso weit mehr für ihn sei, als seine Mündel und nahm ihm das Versprechen ab, sie ihr als eine geliebte Schwester in das Haus zu führen, wenn ihm das Glück noch einmal günstig sei, die Verlorne zu finden. Dankbaren Herzens nahm der Graf jedesmal Abschied von seinen Verwandte», welche ein jo inniges Verständnis für ihn halten. Aber die frische, fröhliche Jugend war von ihm abgcstreist, nichts vermochte ihn mehr herzlich zu erfreuen.
„Ich wollte, ich wäre recht alt u. hätte weißes Haar," pflegte er mit müdem Lächeln zu Frau Walther zu sagen, „dann hätte ich nicht mehr ein langes, einfamcs Leben vor mir. Ich bin ans dem besten Wege, ein alter verknöcherter Junggeselle zu werden, welcher dereinst nur seinen lachenden Erben noch eine Freude bereiten wird."
Mit schwerer Sorge beobachtete Frau Watther den Grafen, dessen vollständig verändertes Wesen sie sich nicht zu erklären vermochte. Sie hielt cs weder für möglich, daß die Verheiratung seiner Koufie ihn so nachhaltig erschütterte, noch schrieb sie eS dem Verschwinden Rosenö zu, wenn sie auch nicht leugnen ließ, daß er damals sehr erregt war. Sie glaubte, daß im Ausland ihm irgend etwas begegnet sein müsse, was seinen Lebensmut so gänzlich untergraben. Was dies sein konnte, blieb ihr und Allen das Geheimnis, welches sich lief in seiner Seele Verbarg.
Der Graf sagte sich endlich selbst, daß re so nicht länger fortleben könne, daß er wcuig- flens einen Versuch machen müsse sich zu zerstreuen. Er zog daher wieder hinaus l» die weite Welt. Mil Freude fühlt er, daß wenigstens das Interesse an der schönen Natur nrcht in ihm erstorben sei.
(Fortsetzung folgt.)
Bcranrrvdrfli-er Redakteur: Bernhard Hosmann.1 Druck und Berlag von Bernhard Hosmann ln Wildha».