Rundschau.

Friedrichshafen, 3 Okt. Seine König!. Hoheit Prinz Wilhelm > on Württemberg ist heute abend 5 Uhr 50 Min, begleitet von dem persönlicken Adjutanten Rittmeister Bieber, zum Besuche Ihrer König!. Maje­stäten hier eingetroffen und hat im König!. Schlosse Wohnung genommen.

Mit dem nämlichen Zuge ist der Reichs­kanzler, General der Infanterie von Caprivi in Begleitung des als Adjutant bei ihm kommandierten HanplmannS Ebmeycr hier angekommen und im Deutschen Hause abgestiegen, wo er Gast Seiner Majestät des Königs ist. Derselbe wird morgen von Ihren Majestäten empfangen und zur Tafel gezogen werden. Mit dem Reichskanzler ist auch der K. Preußische Gesandte Graf zu Eulenbnrg hier eingetroffen.

Wie das Holjournal meldet, wird Prinz Wilhelm von Württemberg am 9. Okt. zu mehrtägigem Besuch am Berliner Hose eintreffen und während der Dauer seines Aufenthalts im Siadtschloß in Pots­dam Wohnung nehmen.

Friedrichshasen, 4. Okt. Der Reichs­kanzler v. Caprivi wurde heute vormittag 10 Uhr in einstünliger Audienz von dem König und hierauf oon der Königin empfangen. Später besuchte der Kanzler den Minister v. Mittnacht in dessen Villa, und nach der Rückt,hr zum Hotel empfing Cap­rivi die Besuche des Prinzen Wilhelm, des Kriegsministers v. Steinheil und mehrerer Hoskavalierc. Um 2 Uhr folgte er der Ein­ladung zur Hostafel. Er reiste um 5 Uhr in Begleitung Miltnacht's ab und begiebt sich von Baden-Baden Montag früh nach Darmstadt. Der König verlieh dem Reichs­kanzler das Großkrcuz des Ordens der würt- lembcrgischen Krone und dem Adjutanten Ebmiy r das Ritterkreuz erster Klaffe des Fricdrichsordens.

Stuttgart, 4. Okt. Als Nachfolger des Herrn v. Alvenslebiu im Generalkommando des würltembergischen Armeekorps ist der Württemberg. Generallicutenani v. Wölckern, Kommandeur der 1. württembcrgischen Di­vision , vorgesehen; der württembergischen Generalmajor, Frhr. Schott v. Schottenslein, soll die 1. württembcrgilche Division erhalten, sein Nachfolger als Kommandeur der 1. württembergischen Jnsanteriebrigade wird der würltembergische Generalmajor Frhr. von Falkensteiu sein, an dessen Stelle im Kom­mando der 2. württembergischen Infanterie- Brigade der württembergifche Oberst von Dcttinger fStraßburg) tritt. Das Kommando des 8. württembergischen Infanterie-Regi­ments in Strahburg wird dem württemb. Oberst v. Greifs (Hannover) übertragen werden. Außer den Generallicutenants v. Haldenwang und v. Gleich und den General­majors v. Gleich und v. Clausen wird auch Generalmajor v. Matter in Pension gehen. Diese Herren sind sämtlich Württemberger.

M. N. N.

Münchingen, 4. Okt. Ans dem Felde wollte gestern ein Knecht von seinem leeren Wagen absteigeu und siel dabei so unglück­lich in einen Bohnenpsaht, daß kurze Zeit darauf der Tod bei ihm eintrat. Derselbe wurde in seine Heimat, nach Hemminzen, verbracht.

MöcklNÜHl, 6. Okt. Brusts Kunstmühle in Ruchse» (im badischen Kreis Mosbach) ist gänzlich abgebrannt.

Aalen, 4. Okt. Heute früh ereignete sich laut K -Z. in der Zellstofffabrik Unter- kochen folgender Unglücksfoll: Der Arbeiter Georg Stegmaier aus Zimmern, OA. Gmünd, wurde von der Transmission erfaßt und gegen die Decke geschleudert, so daß er nack 1 Stunde den erhaltenen Verletzungen erlag. Dem Unglücklichen wurden buchstäblich beide Arme vom Leibe gerissen.

Miinsingkn, 4. Okt. Als der Knecht des kiesige» PostbalterS gestern abend im Begriffe war, Stroh für seine Pferde von der Scheuer herabzuwerfen, siel eine Strvh- büschel auf eine unten stehende brennende Laterne, und das Stroh fing alsbald Feuer. Um die große Gefahr für die mit Heuvor­räten gefüllte Scheuer abzuwenden, stieg der Knecht eiligst die Leiter herunter, siel aber dabei in die Tiefe. Das Feuer konnte zwar bald gedämpft werden, aber den Knecht wird der Fall das Leben kosten, da er bei dem­selben schwere innere Verletzungen erlitt.

Friedingen , OA. Tuttlingen, 4. Okt. Von einem hiesigen Fischer wurden dieser Tage unweit der Eisenbahnlinie zwei männ­liche Leichen in der Donau gefunden. Es sollen zwei Eisenbahnarbeiter gewesen sein, Italiener oder Tycoler. Der eine L ichnam war ganz, der andere halb entkleidet, und die Kleider lagen teils am Ufer, teils in dem Schiffe des Fischers. Allem nach scheint ein Unglück vorzuliegen.

Tübingen, 3. Okt. In der heutigen Schwurgerichtsitzung wurde der ledige Wein­gartner und Taglöhner Paul Mickeler von Rottenburg wegen Raubmords zum Tode verurteilt.

Dieser Tage hat in Wolfsberg bei Eggenfclden der Bauer Tavcr Maier den Bauernsohn Waßl von Gollerbach, der im Anwesen des Maier fensterln wollte, durch einen Gewehrschuß getötet. Der Bauer hatte den Burschen für einen Einbrecher gehalten, und als dieser sich auf mehrmaligen Anruf nicht entfernte, Fener gegeben. Der Bauer, ein braver Mann, ist verhaftet.

lieber den bereits aus Karlsruhe kurz gemeldeten Fall, die wahrscheinliche Er­mordung eines 13jährigen jungen Menschen betreffend, schnibt man der Sir. P. folgen­des Nähere: Mit p.inlichem Befremden ver­nimmt die Einwohnerschaft der badischen Re­sidenz, daß eine Leiche vom 10. August bis 20. September in einem der drei Brunnen der städtischen Wasserleitungen verborgen bleiben konnte. Es handelt sich um die Leiche des 13jährigen Sohnes des bei der städtischen Wasserleitung eingestellten Heizers Müller. Da die Leiche, welche eine Schnitt­wunde am Halse trägt, nicht wohl anders als durch Eröffnung der schweren eisernen Fallthür in den Brunnen gelangt sein kann, so liegt die Annahme eines Verbrechens näher als diejenige eines Selbstmordes. Die amtliche Darstellung des Sachverhalts giebt beruhigende Versicherungen über das Nicht- vorhandensein irgend welcher Verwesnngs- stvffe im Trinkwaffcr, zumal die Oeffnungen der Saugrohrc sich 3 bis 4 Meter unter dem Wasserspiegel der Brunnen befinden. Der Brunnen wurde sofort gesperrt.

Man schreibt aus München, 3. Okt.: ES ist nicht allzulange her, daß alle Welt mit Erstaunen vernahm, die verflossene Direk­trice der Dachauer Bank, Adele Spitzeder berüchtigten Angedcnkes, habe neuerdings Geldschwindelcien verübt und fei gerichtlich

eingezogen worden. Nach kurzer Untersuch­ungshaft wurde sie indes wieder wegen Be­weismangels freigelassen. Heute melden nun die Abendblätter übereinstimmend, baß Adele Spitzed.r am vorigen Freitag mit Hinter­lassung von 8000 l-E Schulden von hier in die Schweiz durchg'-gangen ist. Die Flüchtige wurde in St- Gallen erkannt und ihr Aufenthalt hierher gemeldet. Darauf reisten zwei beschävigte Gläubiger dorthin ab und überraschten im Besitz von vollstreck­baren Urteilen die burchgegangeneDachaue­rin" in ihrer Wohnung, wo sie ihr über 3000 ^ Bargeld abnahmen und ihre Effek­ten durch die Schweizer Behörde mit Beschlag belegen ließen. Die Beschädigten wollen die Spitzeder mit Unterstützung der Staats­anwaltschaft wieder nach München bringen lassen.

Von der Dampfsiraßenbahu zermalmt. Ein entsetzliches Unglück trug sich am Sams­tag Mittag in Schönclierg bei Berlin zu. Als um diese Zeit der zwischen dem Nollen- dorfplatz und Steglitz verkehrende Dampf- wagen, von Berlin kommend, die unweit des Schwarzen Adlers" gelegene Weiche passierte, machte sich auf dem Geleise der bei der Straßenbahn beschäftigte Maschinenputzer Klapper in auffälliger Weise zu schaffen, so daß er die Aufmerksamkeit der vorübergehen­den erregte. Er faßte zwischen den Schienen derartig Posio, daß er den heranbrausenden Wagen im Rücken hatte, und winkte mit bei­den Händen erregt in die Kerne. Vergeb­lich wurde dem Mann zngerufen, er solle sofort die Schienen verlassen, da die Dampf­bahn komme; er ging ungeachtet aller Warn­ung von denselben nicht herunter und ver­änderte auch seine Stellung nicht. Da der Dampfwagcn nun eine Kurve zu passieren hatte, so konnte der Führer desselben, Ma­schinist Schulz, den Mann erst auf kurze Entfernung hin erblicken ; sofort gab er das WarnungSzeichen und Kontredampf es war zu spät, der Unglückliche wurde vo» der Maschine erfaßt und geriet unter die Wagen­räder, die ihn buchstäblich zermalmten. Als die Maschine zum Stehen gebracht war, wurde nur eine unförmliche Masse hervor- gezogen. Der Tod des Mannes muß auf der Stelle erfolgt sein. Der Verstorbene, dem das Zeugnis eines fleißigen, verläßlichen Arbeiters gegeben wird, stand in der Mitte der dreißiger Jahre und war unverheiratet. Er muß sinnlos angetrunken gewesen,? sein oder einen Selbstmord geplant haben.

AuS Bonn, 1. Okt., wird berichtet: Auf der Kirmeß im benachbarten Widdig hat sich gestern ein schweres Unglück ereignet. An einem dort errichteten Schießstande nahm ein Mädchen eine Büchse in die Hand, an­geblich um nachzusehen, ob dieselbe geladen sei. In demselben Moment ging auch der Schuß los und traf einen in der Nähe stehenden Mann so unglücklich, daß derselbe am Abend infolge der erhalten Verletzungen den Geist aufgab. Das Mädchen ist ver­haftet.

Auf dem Velociped von Petersburg nach Paris. In Paris traf am 3. d. M. der russische Artillerie-Lieutenant Marios ein, welcher den Weg von Petersburg nach Paris (3100 Kilometer) in dreißig Tagen auf dem Velociped zurückgelegt hat. In einigen Tagen begibt sich MartoS nach London und nach einer Tournä in England wieder auf dem Velociped von Ostende nach Petersburg. Der