Rundschau.

Der auf Befehl d>s Königs an das Ncsidenzschloß in Stuttgart cmgebaute Win­tergarten geht rasch seiner Vollendung ent­gegen. Der stattliche Ban mit anstoßenden Wandelgängen wird nach dem Entwürfe des Hofbaudirekwrs o. Egle ausgesührt.

Nach neuester Nachricht kommt die Indianer-Truppe Bnffalo-Bill am 14. Okt. »ach Cannstatt, wird sich auf dem Wasen lagern und auf dem Exerzierplätze einen 170 m langen und 140 m breiten Zirkus errichten. Die Truppe bleibt über den ganzen Winter dort.

Das Mineralwasser ans dem bekannten Schwarzwaldbad Teinach wurde in zwei Ausstellungen in Paris hintereinander prä­miert. Die Teinacher Hirschquelle erhielt nämlich bei der kürzlich in Paris stattge- fnndeneu Ausstellung von Wei» und Nahr­ungsmittel die einzige goldene Medaille und bei der späteren Ausstellung für Zunft und Industrie ein Ehrendiplom. Es sind dies erfreuliche Beweise, welche Wertschätzung dem Teinacher Wasser in den weitesten Krei­sen entgkgengebracht wird.

Nagold, 20. Scpibr. Der Bau der Bahnstrecke NagoldAltensteig ist in ein neues Stadium getreten. Im Auftrag der K. Generaldirektion waren vorgestern die Herren Oberbanrat Bracher und Finanzrat Maser hier angckommen, um in Gemein­schaft mit dem K. Oberamt und dem Vor­stand des hiesigen BauamlS, Abteilungs­ingenieur Kübler, die Einwendungen gegen den Plan der Erbauung der Bahnstrecke zu beseitigen. Es handelt sich dabei besonders um die Anlage der Verbindung des Nagol- der Bahnhofs mit der Poststraße Nagold- Altensteig und um die teilweise Verlegung der Poststraße NagoldJselshausenHai- tcrbach. Die Bahn wird, bis sie beim Spital" die Straße erreicht, in einem gro­ßen Bogen im Süden der Stadt durch einen Teil der schönsten hiesigen Gärten u. Felder geführt. Die Zwangsenteignung der hiezu erforderlichen Grundstücke kann nach diesen Verhandlungen jetzt beginnen.

Mergentheim, 20. Seplbr. Oberlehrer Mühlbayer, der schon im Jahr 1879 das SOjährigesDienstjubiläum beging, feierte heute mit seiner Gattin das 50jährige Ehejubiläum. Der noch sehr rüstige Jubelbräutigam steht im 81., die Jubelbraut im 76. Lebensjahre. Die vereinigten Gesangvereine erfreuten ihn gestern abend durch ein Ständchen. Reiche Geschenke wurden dem Jupclpaare zu teil.

Kirchhcim u. T., 21 . Sept. In der mechanischen Buntweberei von Schüle dahier steht der Weber David Falkeustein seit dem Jahre 1837, also 53 Jahre lang, ununter­brochen in Arbeit.

Tübingen, 22. Sept. Metzger Wkidle in Tübingen ist als Kandidat der Volks­partei für die Landtagsabgeordnetenwahl im Bezirk Tübingen ausgestellt worden.

Reutlingen, 20. Sept. Die Leiche des am 11. d. M. hier verstorbenen, in der ganzen Bürgerschaft höchst angesehenen vor­maligen Kaufmanns Fritz Bantlin, Mitglied des Fcuerbestattungsvereius zu Stuttgart, wurde lctzwilliger Verfügung gemäß am 15. d. M. im Krematorium zu Zürich durch Feuer bestattet.

Reutlingen, 20. Sept. In Bempflingen hat sich laut T Ehr. ein Zwischenfall er­eignet, der den Verlust eines Menschenlebens

zur Folge hatte. Mehrere Dragoner zech­ten daselbst in einer Wirtschaft im ersten Stockwerk des Hauses und wurden so laut, daß ein vorübergehender Offizier eine Pa. trouille von der Infanterie veranlaßt?, sich dahin zu begeben, um Ruhe zu gebieten. Einer der skaudalierendcn Dragoner, ein dem Kaufmannsstand augehöriger, schon im jvor- gerücktercu Alter stehender Reservist, geriet mit dem Patrouillenführer deshalb in Streit und warf ihn die sehr steile Treppe hinun­ter, wobei derselbe so schwere Verletzungen am Kopfe erlitt, daß er nun nach Verfluß von 3 Tagen gestorben ist. Der Thäter wurde verhaftet.

Göppingen, 19 Sept. Gestern nacht wurde in der Hauptstraße bei Goldarbeiter Maiers Witwe ein frecher Einbruch verübt und aus dem Schaufenster daselbst goldene Uhren und Kelten im Werte von ca. 4000 gestohlen. Die Einbrecher hoben den Rollladen von außen in die Höhe, schnitten ein Eckstück des Schaufensters heraus und leerten die Schauständer. Dabei nahmen sie nur die wertvollsten Gegenstände mit sich.

Kißlegg, 18. Sept. lieber das schon gemeldete schreckliche Ende des Pfarrers Dr. Bischofberger wird dem St-Anz. ferner be­richtet: Vom Besuche zweier kranken Kollegen und Studiengenossen im Oberamt Saulgau zurückkehrend, fiel er auf noch nicht aufge­klärte Weise unmittelbar nach Abfahrt des die Station Steinenbach um 8 Uhr 12 Min. abends verlassenden Zuges zwischen zwei Wagen des Zuges hinunter, wobei er sich noch anzuklammern suchte. Trotz des so­fortigen Anhalteus des Zuges wurde er von den Rädern erfaßt und zermalmt- In ihm verliert die Pfarrgemeinde Kißlegg einen trenbesorgten Seelsorger und unermüdliche» Freund der Armen und Notleidenden. Er erreichte ein Alter von nahezu 70 Jahren bei seltener körperlicher Rüstigkeit und hatte sein hiesiges Amt schon seit 24 Jahren inne. Wegen seines reichen theologischen undphilo- logischen Wissens war er weitbekannt. In den 50er Jahren war er in dem früheren Lichtensteinschen Institut auf Schloß Neut- rauchburg als Lehrer thätig und vorher als Hofmeister des jetzigen Fürsten von Wolf- egg eingestellt, als welcher er größere Reisen unternahm. Seine Schüler, seine Pfarran- gehörigen und viele Freunde und Bekannte trauern über sein jähes Hinschciden.

Ehingen. 2l. Sept. Der 9 Jahre alte Sohn des Oekonomen Braig im nahen Berg brachte während der Mosterei seine» Arm in die Obstmühle, wobei er so schwer ver­letzt wurde, daß er wenige Stunden darauf verschied.

Saulgan, 20. Sept. Heute früh 1 Uhr brach in einer Scheuer der Zuckerfabrik Altehausen Feuer aus, durch welches dieselbe nebst ihrem Inhalt (circa 30,000 Garben) bis ans die massiven Umfassungsmauern voll­ständig cingeäschert wurde. Da seit einigen Tagen niemand in der Scheuer beschäftigt war, wird Brandstiftung vermutet.

Geislingen, Z 9. Sept. Der Stiftungs- rat mit Bürgerausschuß haben beschlossen, die hiesige Stadtkirche heizbar zu machen. Für dieselbe sind 5 Ocfeir nötig, welche in Wasseralfingen bestellt werden sollten. Sämtliche Arbeiten und Bauten zu der hie­sigen Gasanstalt sind setzt beendigt und fer- tiggestellt. Gestern und heute wurden probe­weise die Straßenlaternen angezündet, und

am 20. d. M. wird die Gasbeleuchtung dem allgemeinen Betrieb übergeben.

Friedrichshofen, 22. Septbr. Gestern nacht um 9 Uhr brach bei einem heftigen Föhnsturme i» Nüthi im Rheir.thal (Kan­ton Appenzell) ein großer Brand aus. 40 wurden cingeäschert.

Ein entsetzlicher Mo>d ist in Hllgcn verübt worden, der allseitig große Erregung hervorruft. Zu einem 13jährigen Knaben trat in der Rmubergstraße ein anständig ge­kleideter Mann, der den Eindruck eines Reisenden machte, und fragte derselbe den Knaben, ob dieser für ihn nicht ein Paket tragen wolle. Der Knabe, dessen Eltern arm, war gern bereit und wandene mit dem Herrn los. Von diesem Augenblicke an blieb der Knabe verschwunden. Nun wurde er als gräßlich verstümmelte Leiche am Sta- p.lllake bei Delstern aufgefunden. Es liegt ein Lustmord vor. Den wahrscheinlichen Thäter, eben jenen Reisenden, zu fassen, dürste nicht schwer werden, da die Person genau beschrieben ist.

Um fremde Körper aus den Augen zu entfernen, empfiehlt ein holländischer Augenarzt, reines Olivenöl hineinzuträufeln. Staub, Asche, Kalk, Splitter rc. werden dadurch rasch entfernt. Das Mittel ist ganz schmerzlos und unfehlbar. ^

- - (Ein Irrsinniger am Kourierzug.) Ein aufregender Vorfall ereignete sich am 18. September Abends auf dem von Wien nach Brünn abgchenden Kourierzuge der Staatsbahn. Auf der Strecke zwischen Wien und Stadlau bemerkte ein Bahnbediensteter einen Mann auf dem Trittbrett eines Wag­gons, der sich krampfhaft an eine Eisenstange. am Waggon anklammcrte. Nasch gab der Bahnwächtcr dem Maschinenführcr ein ent­sprechendes Signal, worauf der Zug zum Stehen gebracht wurde. Aber nun entstand ein förmlicher Kampf zwischen dem tollkühnen Passagier, welcher während der Fahrt sich auf den Waggon geschwungen hatte, und einige» Bahnbcdienstelen.Er Müsse," rief der Fremde, noch Nachts mit diesem Zuge nach Bukarest zum Kaiser fahren, um für die Ueberschwemmten in Prag einen Betrag von 400,000 fl. zu erbitten." Nun war cs sofort klar, daß man es mit einem Irr­sinnigen zu thnn hatte. Mil Gewalt mußte der Bedauernswerte von dem Waggon, an welchem er sich festklammerte, entfernt und in das Jnspektionszimmer in Stadlau ge­bracht werden, von wo er in die Landes­irrenanstalt nach Wien transportiert wurde. Der Unglückliche ist der 60jährige Ingenieur Niemetz aus Wien.

Verbrannte Kinder. Eine grauen­haft Katastrophe wird aus der Stadt Louri» tes im französischen Nord-Departement ge­meldet. Im dortigen Stadttheater brach ge­stern Vormittag während einer Kindervor­stellung Feuer aus, das im Zuschauerranmc so rasch um sich griff, daß die Zuschauer, zumeist Kinder in Begleitung von Erwach­senen, von einer Panik ergriffen, sich nicht zu retten vermochten. Acht Kinder fielen den Flammen zum Opfer und siebenund­zwanzig Kinder erl'tten schw°re Brandwun­den. lieber die Art, wie das Feuer ent­standen, sind noch keine näheren Meldungen cingetrosien.

Eine Tagödie aus dem Leben, wie sie ergreifender von der kühnsten Phantasie nicht erfunden werden könnte, spielte sich iy