Wer einmal wandernd

Wer einmal wandernd in die Ferne zog,

Und hat deS HauseS frommen Herd verlassen,

Das Gluck zu suchen, das von dannen flog,

Der fühlt sich einsam bald auf öden Straßen.

Der Zaubcrduft der Heimat zieht ihm nach

Auf Schritt und Tritt, nach Osten und nach Westen,

Und wie behaglich auch das fremde Dach,

Ach, immer lebt sich doch daheim am besten!

in die Ferne zog.

Der Stunde, die im fernen Land verklingt,

Ist selten nur ein reiner Frieden eigen;

Und nur des TagS verworrncs Treiben bringt Manchmal das sehnsuchtsvolle Herz zum Schweigen.

Ällmälig aber grüßet still von Fern Das Glück, das unvergessen uns geblieben,

Und drüber steht, ein nie verglühnder Stern.

Das Andenken derer, die uns lieben.

SchicksceLswege.

Novelle von Th. Hempel.

Nachdruck verboten.

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Und ist es nicht ermüdend, stets zu arbeiten?"

Ermüdend? Tiefer und tiefer cinzn- dringen, wo wir schon fürchteten, am Ende unseres Wissens zu stehen, immer wieder köstliche Schätze zu finden, reicher als Gold und Edelstein und nur mit Mühe zu ha­ben. Ermüdend? Wenn auch an uns der der Ruf ergeht:Forsche und suche nur weiter, vieles noch wird Deinen Blick ent­schleiern, und dann unsere Schüler, welche nach Wissen dürsten, auch für das Höchste begeistern, sie zur Teilnahme heranzuziehen an dem Reichthum, nein, das erfrischt und belebt, cs ist das Einzige, welches über die Kleinlichkeiten und Wirren des Erdcnlebens erhebt, was dem Dasein den höchsten Wert verleiht."

Er hielt inne und fuhr nach einer Pause fort:Verzeihen Sie, Gräfin, ich vergaß, von dem Gegenstand begeistert, aufzuhören."

Aber Dorothea meinte nicht, daß er der Vergebung bedürfe, er hatte sie intressirt. Ihr Auge glänzte, als sie ihm antwortete: ES ist beneidenswert, wem das Leben so Herrliches bietet, wie gern möchte ich mehr davon wissen."

Ich stehe zu ihren Diensten, gnädiges Fräulein, für das, was sie des Erklärens wert erachten."

Dorotheas Mutter, welche mit Ungeduld die lange Unterredung ihrer Tochter mit dem Gelehrten beobachtete, schickte ihre Ge­sellschaftsdame, um die Unterredung unter einem Vorwände zu beenden, und der Pro­fessor empfahl sich der jungen Dame.

Die anwesenden jungen Herren beobach­teten mit Neid den Vorzug, welchen der Gelehrte genoß. Keiner von ihnen konnte sich rühmen, mit derartiger Aufmerksamkeit von d-r Gräfin unterhalten worden zu sein. Der Gegenstand aller dieser Beobachtungen selbst der Professor Reinhard schien keine Ahnung davon zu haben ; ohne den geringsten Versuch, sich der Tochter des Hauses an diesem Abend noch einmal zu näher», nahm er seinen Platz in einem Kreise von Herren ein.

Große Verwunderung erregte es, als kurz nach jenem Abend sich das Gerücht verbreitete, daß Gräfin Dorothee von Salten Unterricht beim Professor Reinhard nehme. Es entsprach dies allerdings nicht vollständig der Wahrheit. Dorothee hatte ihren Eltern erklärt, daß ihr Leben ihr Langweilig sei und hatte den Wunsch ausgesprochen, zu ihrer Anregung Unterricht in römischer nnd griechischer Geschichte zu nehmen. Ihr Vater ersuchte den Professor Reinhard, die Stunde» zu übernehmen, bekam aber eine, in der

Verantwortlicher Redakteur: Bern

feinsten, höflichsten Form gehaltene Ablehn­ung. Er sei bei der Beschaffenheit seines Berufes nicht in der Lage, Privatunterricht zu erteilen, wäre aber mit Vergnügen be­reit, die junge Gräfin bei ihren Studie» zu beraten, und ihr Anleitung zu richtigem Ver­ständnis zu erteilen, soweit seine Zeit es ihm erlaubte. Der Graf, empört über den Hochmut des Gelehrten, welchen er zu ehren gemeint, wollte allen Verkehr mit ihm so­fort abgebrochen wissen, aber wieder fitzte Gräfin Dorothea ihren Willen durch. Ganz entgegengesetzt ihrer sonstigen Gleichgültigkeit studierte sie mit Ernst und Eifer. Je nach­dem seine Zeit ihm erlaubte, erschien der Professor im Palais des Grafen, brachte neue Lektüre, Auszüge aus gelehrten Büchern, welche er selbst in eine für die junge Dame leicht zu fassende Form gebracht nnd bewies dadurch eigentlich, daß er doch über manche Freistunde zu verfügen habe und eben nur abgeneigt gewesen sei, Privatstnnden zu er­teilen. Die Gesellschaftsdame der Gräfin wohnte diesen Besuchen pflichtschuldigst bei, mit einer Stickerei beschäftigt, saß sie am Fenster. Ihre Aufgabe war leicht. Per­sönliche Interessen wurden zwischen Lehrer und Schüler!» beinahe nie berührt. Nach dem Verlaufe einiger Zeit sendete der Graf dem Professor ein fürstliches Honorar, wel- es der Professor umgehend mit dem höflichen Bemerken zurückschickte, daß er Privaninter- richt nicht erteile und für seine Ratschläge, welche er der jungen Gräfin sür ihre Studin gebe, entschieden nichts annehmen könne.

Wieder erzürnte sich der Graf auf das heftigste über den Hochmut des bürgerlichen Mannes, und wieder nahm der wissenschaft­liche Verkehr seinen ungestörten Fortgang. Dorothee fühlte sich angeregt nnb erfrischt, sie hatte das Gefühl, als wehe ein neuer LebenSodem in die verflachende Aenßerlichkeit ihres Daseins.

Und der Professor? Ihm war mitunter zu Mute, als flüstere eine warnende Stimme ihm leise ins Ohr:Bedenke, was zu Deinem Frieden dient, gehe nicht mehr über die Schwelle dieses Palastes. Leichten Herzens trittst Du jetzt diesen Weg an, Du meinst nichts vermöge Deinen stolzen Lebensmut zu erschüttern, wer weiß, ob Du es nicht der­einst mit dem Glücke Deines ganzen Lebens bezahlen mußt."

Er aber wies das ahnende Gefühl weit von sich, der Wisfinstrieb der junge» Dame intressiert ihn, sonst nichts.

Einerder regelmäßigenGescllschaftsabende im Palais des Grafen von Salten fand statt. Man halte mehrere hervorragende Künstler nnd Künstlerinnen gewonnen, um durch Musik die Versammlung zu unterhal­ten. In einer Pause näherte sich der Pro­fessor Dorothea.

(Fortsetzung folgt.)

Yard Hofma»n.) Druck und Verlag von Be

Verschiedenes.

Aus Minden, 10. Septbr., meldet man dem B. Tgbl. : Heute abend fand eine entsetzliche Benzinexploston im Schlbredeschcn Drogueugeschäft statt; das ganze Haus ist zusammengestürzt und steht in Flammen. Zwei Lehrlinge werden vermißt. HerrSehl- brede wurde durch Pioniere, welche sich eifrig an den Rettungsarbeitcr beteiligen, aus den Trümmern herausgcholt und hat nur leichte Verletzungen davongetragen. Glücklicherweise waren sein Bruder und dessen Frau, die ebenfalls in dem nun eingestürzten Hause wohnten, zur Zeit der Katastrophe verreist, und es hatte sich auch kein Käufer im Laden befunden, obwohl das Unglück gerade in der Zeit stattfand, zu welcher sonst das Geschäft am lebhaftesten geht. Die Pioniere und die Löschmannschaft sind zurzeit mit den Auf- räumungsarbeiten beschäftigt, um womöglich die beiden Lehrlinge noch zu retten.

In Bütow bei Stolp (Pommern) sind am 11. dS. M 29. Gebäude niederge­brannt.

In der Ausstellung in Prag stürz­ten drei Bogen der Maschinenhalle infolge des Regens ein. Der Schaden beträgt 30,000 Gulden.

Danzig, 11. Sept. Auf dem Schieß­platz bei Gruppe platzte eine Granate. Ein Artillerist wurde getötet, zwei lebensgefähr­lich verletzt.

Die deutsche Negierung bestellte in Fortsetzung des vorjährigen Auftrages bei der österreichischen Waffenfabrik in Steyr 75 000 Repctiergewehre.

In Hamburg herrscht große Besorg­nis über das Ausbleiben des seit drei Wo­chen in Valparaiso fälligen Hamburger Post- dampfersVirgilia" der Pacific-Linie. Die chilenische Regierung sandte einen Kriegs­dampfer ans, um Nachforschungen über den Verbleib derVirgilia" anzustellen. Uebcr das Resultat derselben ist aber noch nichts bekannt.

Spremberg, 10. Sept. Gestern hielt sich der neunjährige Schulknabe Roosch aus Lieskau bei seiner Großmutter in Horlotza auf, fand ein Gewehr an der Wand hängen, ging damit in das neuerbante Wohnhaus, wo eine Magd mit Buttern beschäftigt war, und handierte so unglücklich mit dem geladenen Gewehr, daß der Schuß der Magd durch den Hals ging und sie sofort verstarb.

Baron Königswarter in Wien spen­dete 10 000 Gulden für die Ueberschwemmten.

Die italienische Regierung macht in Bosnien große Pferdcankäufe.

Hamburg, 11. Sept. Der Kaiser ließ sür den Wißmann-Dampfer auf dem Vik- toria-Nyanza-See 3000 ^ zeichnen.

Kiel, 11. Sept. Prinz Heinrich wurde -zum Kommandanten der I.Matrosendiviston ernannt.

r nhard H« fmann m Wildbad.