bis jetzt 17 134 ^ eingegangen, davon von Krupp in Essen 10 000 ^

Jüchen, 9. Sept. Ein gemeiner Streich wurde einem hiesigen Wirte gegenüber ver­übt. Derselbe war mit seiner Pfeife zum Garten gegangen und hatte dieselbe, da er sich dort beschäftigte, bei Seite gestellt. Ein ruchloser Bursche glaubte nun wahrscheinlich sich mit dem Wirte einen Scherz erlauben zu dürfen, nahm die Pfeife, füllte dieselbe teilweise mit Pulver und legte dann oben drauf etwas Tabak. Kaum hatte der ahn­ungslose Wirt nach vollendeter Arbeit sich die Pfeife angezündet, als der Kopf Zer­sprang und dem Aermsteu die ganze Ladung ins Gesicht flog. Leider hat derselbe schwere Verletzungen davongetragen, so daß er noch heute das Bett hüten muß und an seinem Auskommen stark gezwcifelt wird.

AuS Wien, 9. September, meldet man der Fr. Ztg.: Auf der Strecke der österreichisch-ungarischen SlaatSbahn in Pardubitz streifte der Wien-Prager Schnell­zug an der Kreuzang einen Lastzug der Nord- westbohn. Infolge dcö Anpralls wurden sämtliche Fenster des Schnellzugs zertrüm­mert und die Passagiere von den Sitzen ge­

schleudert. Unter den Reisenden, etwa 200 an der Zahl, entstand eine große Panik, doch kam keine ernstere Verletzung vor.

Bei Zuaim ist die Grundbcsitzers- gattin Albrcchl nebst drei Kindern, die auf einem Leiterwagen zum Kirchtag fahren wollten, im Thayaflusse ertrunken.

Bei Poughkeepsie wurde am 8. ds. e-n Versuch gemacht, den Expreßzug New- Jork-Chicago zum Entgleisen zu bringen. Ans einen Bediensteten, welcher herbkeilte, um die aufgelegten Hindernisse zu beseitigen wurde aus dem Gebüsch geschossen. Derselbe lief darauf zur Signalstelle, um zu signalisieren, wodurch Unglück verhindert wurde.

Eine am Sonntag vorzeitig erfolgte Sprengung an der Northern Pacific-Bahn- stalion Spokane Falls warf eine große Fels­masse auf 60 Arbeiter. Die Hälfte entkam, 15 wurden gelötet, die übrigen verwundet.

Verschiedenes.

(Beim Arzt.)Doktor, ich leide schrecklich."Ach, ich glaube nun ein­mal an Ihre Schmerzen nicht."Wis­sen Sie, Doktor, Sie verdienten, daß ich Ihnen vor der Nase sterbe."

(Die Polar-Nacht.)So eine Po- lar-Nacht von 141 Tagen ist keine Kleinig­keit ich möchl'sie nicht noch einmal durch­machen I"Aber Mensch, ich denk' mir das famos seinen Gläubigern da zu sagen: Bitte, mein Ver.hrlcster, kommen Sie morgen früh!"

(Vergebliche Besänftigung.) Dame (als ein wütender Stier angestürzt kämm): Himmel! Hat denn keiner von den Herren ein Stückchen Zucker da?"

(Bestrafte Penommage.) Medizinal­rat:Wie gehl's, lieber Kollega?"

Doktor:Ach Gott, heute Nacht bin ich wieder fünfmal geweckt worden."

Medizinalrat:Ja, warum kaufen Sie sich nicht Insektenpulver?"

Lob der Frauen.

Es spielen die Mädchen fein

Mit Puppen nur, wenn sie klein:

Die Knaben schlimmeres Loos!

Mit Puppen, ach, wenn sie groß!

Auf eine alte Kokette.

Daß lang ihr Lenz gegangen,

Sieht deutlich jedermann :

Der Schnee aus ihren Wangen,

Er zeigt den Winter an.

Schickscrl'swege.

Novelle von Th. Hempel.

Nachdruck verbaten.

5.

Doch genug der Grillen! Noch bin ich frei und Herr meines Schicksals.

Gotlvertrauen und sester Mut," das ist der Wahlspruch, welcher seit Jahrhunder­ten das Wappen unserer Familie ziert, er sei auch der meine! Festen Schrilles soll er mich hindurchführen durch das bunte, wech­selnde Leben."

Während der junge Schloßherr seinen Träumereien nachhing, bemühte sich Frau Walther vergebens, ihren Pflegling zu be­einflussen. Die einzige Ge>ühlsäußerung Rofens war Jammer über des Vaters Tod und ungestümes Verlangen, aus dem Be­reiche des Schlosses hinwegzuflüchtenf, dessen Bewohner sie in unbändigen, kindischen Zorn anklagte.

Durch die hohen Säle und Zimmer hin­durch aber huschten leise und ungesehen die Geister des Hauses und spannen die Schick- salSfäden, zarte und seine Fäden des Glückes für Auserlesene, aber auch rauhe und harte Fäden, welche tief einschneiden gleich Ketten, die keiner abznschütteln vermag. Man muß sie tragen in Geduld mit Gottes Hilfe.

Ein Reihe von Jahren war seit jenem Zeitpunkt verstrichen. In der Residenz, in dem Palais dcö Grafen Salten, Arwedö Oheim, war eine glänzende Gesellschaft ver­sammelt, vornehme Herren der höchsten Stände und Miluairs und ihre Damen in den glänzendsten Toiletten. Die Anwesenheit mehrerer Prinzen verliehen den Festen des Grafen einen besonderen Nimbus, und außer dem hohen Abel fand man auch Künstler und Gelehrte, deren Namen von Bedeutung waren, unter den Gästen. Mit liebenswür­diger Freundlichkeit bewegte sich der Haus­herr unter den Geladenen, Niemand über­sehend, und einem Jeden die ihm angemes­sene Aufmerksamkeit erweisend. Die Gräfin

teilte die Vorliebe ihres Gatten für Künst­ler und Gelehrte nicht, sie mußte dieselben eben dulden und würde sich jedenfalls ener­gischer gegen das Einladen Bürgerlicher ge­wehrt haben, wenn man nicht am Hofe selbst die Vertreter der Wissenschaft und Kunst zugezogen hätte. Dies gab natürlich den Maßstab ab für den hohen Adel.

Es dürfte nicht leicht sein, von der Toch­ter dieses Elternpaares, Dorothea von Salten, ein treues Bild abzugcben. Wenn sie klas­siert in einem Sessel lehnte, ihr Augen gleich­gültig, wie ermüdet, die Umstehenden über­blickte, ohne das geringste Leben in ihrem Gesicht, vermochte man ihr kaum Sympathie cntgegenzubringen. Wer die Verhältnisse kannte und wußte, wie das junge Mädchen, seit es erwachsen, mit den Genüssen des Reichtums übersättigt worden, fühlte vielleicht Mitleideu für sie, daß sic, kaum neunzehn­jährig, nicht mehr fähig war, sich von Her­zen zu freuen und zu begeistern. Dorotheas Eltern hatten der Tochter ihre Wünsche mit­geteilt in Betreff ihrer Vermählung mit ihrem Vetter. Sie nahm auch dies gleich­gültig hin, denn keiner der zahlreichen Be­werber um ihre Hand hatte bis jetzt ver­mocht, ihr Herz zu rühren. So war sie auf den Gedanken gekommen, daß die Liebe nur eine Gewohnheit der bürgerlichen Stände war. In ihren Kreisen verheirateten sich meist die Leute, weil die Verhältnisse paß­ten. Warum sollte es bei ihr anders sein? Damit schloßen sich ihre Gedanken über die­sen Gegenstand ab, und Niemand wußte, ob sie sich überhaupt noch der Bestimmungen lür ihre künftige Verheiratung erinnerte. Die junge Gräfin war kaum hübsch zu nen­nen, aber in seltenen Augenblicken der Er­regung, wenn ihre blassen Wangen sich er­röteten, ihr müdes Auge sich belebte, wenn ihre schlanke Gestalt sich höher aufrichlete und sie energisch den Kopf mit dem gold­blonden Haar zurückwarf, dann war ,sie schön.

Liebes Kind, Herr Professor Reinhardt bittet mich, Dir ihn vorzustellen," mit diesen Worten unterbrach ihr Vater die eifrigen

Bemühungen einiger Herren, der Gräfin ein Lächeln abzugewinnen. Mit einem leich­ten Neigen des Hauptes erwiderte sie des Gelehrten tiefe Verbeugung.

Im Palais Sr. königl. Hoheit des dcS Prinzen Hermann hatte ich die Ehre, Ihnen schon zu begegnen, gnädiges Fräu­lein," sagte der Gelehrte,ich durfte mich aber noch nicht rühmen, Ihnen vorgestellt worden zu sein."

Ach ja, ich hörte, daß der Prinz mit Ihnen verkehrte, er sieht über Standcsurteile hinweg," entgegnete Dorothea in gleichgültig­stem Tone.

Und eben darin sind unsere Ansichten völlig entgegengesetzt, mir erschwerte an­fangs die Verschiedenheit des Standes in ein freundschaftliches Verhältnis zu dem Prinzen zu treten, wie cs mir in der edel­sten Weise geboten ward. Aber seit ich seine vorzüglichen Eigenschaften, seine gediegene Bildung genau kenne, schätze ich die Ehre sehr hoch, mich seinen Freund nennen zu dürfen."

Erstaunt hob die Gräfin jetzt das Haupt und würdigte zum ersten Male den bürger­lichen Manu eines Blickes, welcher in solcher Weise Izu sprechen wagte. Sic sah eine vollendet vornehme Erscheinung vor sich.

Neben dieser hohen Gestalt des Profes­sors Reinhard, diesem Gesicht mit den geistig belebten Zügen mußte der Prinz unbedeu­tend erscheinen. Sie fühlte etwas wie Ver­legenheit, als die dunklen Augen des Ge­lehrten sich ernst auf sic richteten.

Bewog sie die Anwesenheit des Prin­zen, Ihren Aufenthalt hier in dieser Stadt zu nehmen?" fuhr sie fort.

Nein, der ehrenvolle Ruf der Wissen­schaft führte mich hierher, ich begleite eine Professur an der hiesigen Universität."

Auch bietet Ihnen die Stadt gewiß viele Freuden und Genüsse."

Nur sehr wenige. Meine Zeit gehört zumeist meiner Wissenschaft, diese gewährt mir den höchsten Genuß."

(Fortsetzung folgt.)

Berantwortlieher Redakteur: Bernhard Hofmann.) Druck und Verlag von Bernhard Hofmann in Wildbad.