Rundschau.
Eßlingen, 21. Aug. I» der gestrigen Gemeinderatssitzung winde beschlossen, die Angelegenheit betreffs Aushebung des Schulgeldes der K. K'cisregierung zur Entscheidung vorzulegen, nackdem sich die Stistungs- kollegien mit dieser Sache nicht einig erklärt hatten. Ferner wurde beschlossen, für jedes ei'ngelieferic Wespennest 30 --f und für ein Horuisseuuest 50 aus der Stadtkasse zu bezahlen.
— Von dem Stadlarzte Dr. Ehebald in Großbottwar wurde im Mai d. I. au einem Bürgersohne eine Operation vollzogen, die auch weitere Kreise iuteressiercn wird. Der Operierte, seiner Zeit Kutscher bei der Stuttgarter Pferdebahw, erkrankte letzten Winter an der Influenza, welche eineLungen- uud Brustfellentzündung znrückließ. Ein ganz e Vierteljahr lag er in Stuttgart krank und wurde dort als unheilbar in die Heimat entlassen. Dr. Ehebald schlug nun als letztes Mittel zu seiner Rettung einen Brust- schnitt vor, wodurch der in der Brusthöhle sich angesammelte Eiter freien Abfluß erhielt. Die Operation nahm einen glücklichen Verlauf und der junge Mann ist als gerettet anzusehen.
— In Köngen starb ein 4jähr. Knabe an Blutvergiftung. Er war beim Barfußgehen i» einen Dorn getreten. Die anfänglich nicht weiter beachtete, ganz unbedeutende Verletzung führte seinen Tod herbei.
— Bei der am Montag und Dienstag stattgefundenen Versteigerung der Waffen und Kostüme vom Ulmcr Münsterfcst wurde» insgesamt ca. 5000 erlöst. Sehr feine Kostüme, darunter von Privaten, gingen in den Besitz von Herrn Gustav Klein in Heilbronn über.
Schweidnitz, 21. August. Generalfeldmarschall Graf Moltke nimmt, einer Einladung Kaiser Wilhelms folgend, an dem Manöver bei Kiel teil.
Nürnberg, 21. August. Dr. Peters und Oskar Borchcrt sind laut M. N. N. von Wildbad hier angekommen und wurden von einer kolossalen Menschenmenge ans das stürmischste begrüßt; morgen abend ist Festessen.
— In Niederjosbach (Nassau) ist es vor einigen Tagen zwischen einem Trupp Zigeuner und dem Bürgermeister und Ortsdiener zu Thätlichkeiten gekommen. Um der Obrigkeit Hilfe und Verstärkung zu bringen, wurde Sturm geläutet, worauf sofort die Feuerwehr mit ihrer Spritze ausrückte und die braunen Gesellen aus dem Orlsberiuge vertrieb; dem kalten, kräftigen Wasserstrahl? konnte die Baude nicht standhalten.
— Von 116 Mann, die das deutsche Heer (ausschließlich der bayerischen Corps) im Monat Juni d. I. durch Tod verloren hat, endeten 26 durch Selbstmord.
— In Friedland (in Mähren) sind die Kirche und 22 Häuser abgebrannt. Verluste an Menschenleben sind glücklicherweise nicht zu verzeichnen.
— In Dortmund will sich der altkatholische Pfarrer Dr. Moog mit ci»em Fräulein Bauer aus Köln verheiraten und hängt bereits im Kasten des Standesamtes aus. Dem einen Teil der Gemeinde ist's eine Freude, dem anderen ein Aergernis.
— Ein aus Posen mehreren Blättern zugegangenes Telegramm meldet: Unweit der russischen Stadt Nischny-Nowgorod geriet
gestern der Passagierdampfer Gregor mit 102 Personen, meist Kaufleuten, in Brand und wurde total vernichtet. Die ganze Post verbrannte.
— Ein Typhon zerstörte in Wilkesbarre in Pennsylvanien gegen 100 Häuser, gegen 40 Personen sollen gelötet und 100 verletzt sein. Das Dorf Summerville ist vollständig zerstört, mehrere andere Dörfer vcs Wyoming-Thales sind beschädigt. Der Schaden wird auf mindestens eine Million Doll, geschätzt.
— (Im Sarge entbunden !) Die Magdeburger „Volksstimme" schreibt: „Wir erhalte» folgende Zuschrift: In der Braun- schweiger Straße in Sudenburg ist eine junge Frau von noch nicht 20 Jahren gestorben; man hat sie in einen Sarg gelegt und den Sarg geschlossen. Als man den Sarg heute früh öffnete, fand man, daß diese Frau in der Nacht zuvor ein Kind geboren hatte. Die Kniee der Frau waren hochgezogen; Mutter und Kifld waren tot. Die Beerdigung beider ist heute nachmittag erfolgt.
— Helgoland's erster deutscher Wehrpflichtiger. Fest in der nämlichen Stunde, in welcher sich die Einverleibung Helgolands amtlich vollzog, genas dort die Frau eines armen Schuhmachers eines Knäbleins. Damit war der erste helgoländische Rekrut dem deutschen Wehrstande gewonnen. Auf diesen Umstand wies in einem teils ernst, teils launig abgefaßten „Aufruf für den ersten deutschen Rekruten Helgolands" eine Anzahl von Berlinern hin, die als Gäste auf der Insel weilten. Zugleich zeichnete jrdcS der „Comitömitglieder" 20 Mark, und so, würdig eingeleitet, machte die Liste bei den Badegästen die Runde, welche, wie man sich denken kann, an jenem bedeutsamen Tage sich in besonderer Gebelaune befanden. Es war daher ein recht hübsches Sümmchen, welches noch vor Sonnenuntergang dem nicht wenig überraschten Elternpaarc deö „ersten deutschen Rekruten" überreicht werden konnte.
— Eine herrenlose Insel. Man hat herausgefunden, daß die nordwestlich von Schottland gelegene Insel St. Kilda niemals von irgend jemand in Besitz genommen, weder thalsächlich noch „dokumentarisch". Es ist, unbesucht von der Welt und ihren Seglern, ein kleines Königreich für sich. Die Unterthanen sind fricdsame Fischerfamilien. Nach ihren Gesetzen muß ihre Königin — Könige dulden sie nicht — abdanken, sobald sie heiratet. Wie Londoner Blätter erfahren, ist infolgedessen jetzt ?eine „Vakanz auf dem Thrönchen. Die Apanage der Königin besteht in freiem Lebensunter- unterhalt und arbeitslosem Verdienst, aus Garderobe und kleinem Taschengeldern nach der Fisckzeit.
Madrid, 20. August. Gestern kamen in den Provinzen Alicante, Bajadoz, Toledo und Valencia 81 Choleraerkrankungen und 38 Todesfälle vor.
— Ein großer Teil des nordwestlichen Frankreich ist am Montag abend von einem furchtbaren Cyklon heimgesucht worden. In der Stadt Dreux, die hauptsächlich betroffen wurde, wurden 500 Häuser schwer beschädigt, 20 vollständig zerstört, verschiedene Personen getötet und verwundet.
— (Tod durch Ratten.) In Auray im französischen Departement Morbiphan
'fand der Gemeinde-Sekretär Herr Rio unter
merkwürdigen Umständen seinen Tod. Im Besitze eines kleinen Landhauses, liebte er es, seine freien Tage daselbst ganz allein zuzubringen. Er hatte kürzlich bemerkt, daß im Hause viele Natten seien, und machte einen Teig mit Arsenik an, den er in seinem Zimmer aufstellie. Die Ratten fraßen davon und bissen dann, vor Schmerz wütend geworden, Herrn Rio im Gesicht und am Halse. Noch am nämlichen Tage erlag der Unglückliche den giftigen Wunden.
— Aus Newyork: Der Hochofen der Illinois Stahlgesellschaft in Joliet bekam, als er 40 000 Pfund geschmolzenes Metall enthielt, einen Sprung. Die Explosion war so furchtbar, daß alle Häuser der Stadt in ihren Grundfesten erschüttert wurden. 4 Arbeiter wurden in Atome zerschellt, einer wurde lebend geröstet und eine ganze Anzahl trug schwere Brandwunden davon.
— Der Amerikaner Davis Dalton durchschwamm den Kanal von Boulogne bis Fol- kcstone auf dem Rücken in 23 Stunden 28 Minuten; er trug nur eine vorübergeheüde Ohnmacht davon.
Verschiedenes.
— (Schriftgelehrte.) Unlängst traf ein Bauer den Lehrer seines OrteS auf deni Felde und fragte ihn: „Ist's noch Euer Ernst, Herr Lehrer, was Ihr gestern den Kindern gesagt habt: „So Dich Jemand schlägt auf deinen rechten Backen, dem biete den andern auch dar?" Der Lehrer erwiderte: „Gewiß! Denn so steht es im Evangelium." Da gab im der Bauer eine Ohrfeige auf die rechte Backe und eine zweite auf die linke. Er hatte nämlich schon lange einen Groll gegen den Lehrer. In diesem Augenblick ritt der Gutsbesitzer vorbei und befahl seinem Reitknecht: „Schau doch nach, Josef, was die Zwei dort miteinander haben." Als der Reitknecht heransprengte, gab aber der Schulmeister der ein starker Mann war, dem Bauern seinerseits zwei Ohrfeigen und sagte: „Es steht auch geschrieben: Mit welcherlei Maß Ihr messet, wird Euch gemessen werden. Ein vollgerüttelt und überflüssig Maß wird man in Euren Schoß geben", und mit diesen Worten gab er dem Bauern noch ein halbes Dutzend weiterer Ohrfeigen. Da kam der Reitknecht zu seinem Herrn zurück und sagte: „Es hat nichts zu bedeuten, gnädiger Herr, sie legen einander nur die heilige Schrift aus."
s. (Die findige Post.) Auf der Posthilfsstelle Jauernick bei Königszelt langte am Samstag ein Brief aus Schweidnitz mit folgender Adresse a» : „An schönes Mädchön mit weißer Schürze von polnischer Dränage- Arbeiten, was ist gewesen Sonntag in Schweidnitz.^ Nach Jauernick." Zur Freude der Empfängerin konnte der Brief richtig bestellt werden.
.'. (Gerettet.) Nun, hat sich Alfred Dir erklärt? Nein, er wollte gerade anfangen, da erinnerte er sich, daß seine Ne- tourkarte morgen nicht mehr gültig ist, und da mußte er schnell weggelaufeu damit er noch mit dem letzten Zug wegkam.
.-. (O, welche Lust, Soldat zu sein!) Unteroffizier: „Donnerwetter, Grenadier Pröppkc, wat sehen Sie denn nur immer beim Exerzieren zum Himmel hinauf? Bilden Sie sich doch ja nicht ein, dat eS da schöner is als beim Militär!"