derheit hatte sie mit einer jungen Arbeiterin Freundschaft geschlossen. Die neue Arbeiterin zeichnete sich bei bescheidener Mittelgröße durch ein stattliches Aeußere und eine Tournüre aus. Merkwürdige Gerüchte waren bald über die neue Arbeiterin im Umlauf ; die übrigen Mädchen und Flauen lachten und tuschelten, bis endlich die Blondine den Befehl erhielt, sich zum Arzt führen zu lassen. Das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung war der lakonische Bescheid: „Der Mann ist sofort zu entlassen I" Damit war authentisch uachgewiesen, daß die „neue Arbeiterin" kein Anrecht daraus hatte, sich zum schönen Geschlecht zu zählen, und prompt erfolgte die Entlassung des jungen Mannes welcher zu seiner Entschuldigung anführte, daß er nach längerer Arbeitslosigkeit von dem verhältnißmäßig hohen Verdienst der weiblichen Arbeiterinnen in der Munitionsfabrik hörend, zu dem Auskunfts- Mittel gegriffen habe, es als Arbeiterin zu versuchen.
(Ein rettender Gedanke.) In einem Eisenbahnwagen erhob sich zwischen zwei alten Damen ein Streit über das Oesincn tcS Fensters. „Wenn der Schaffner das
Der Kampf um eineMiüion.
Criminalnovetle von W. Roberts.
Nachdruck verboten.
26 .
„Sehr brav von Ihnen gedacht, mein lieber Lieutenant," sagte Oberst Muray, „aber deshalb dürfen Sie in London einen schändlichen Vetter über Ihr Recht doch nicht triumphieren lassen. Ich schreibe i» Ihrer Angelegenheit noch heule Abend, wenn uns der Dienst Ruhe läßt, an weine Frau und Sie schreiben an Frau Mary Lund und an Allan BurnS und lege» der Sicherheit halber die beiden Briese dem weinigen bei. Sollten diese Bruse sich aber erfolglos erweisen, so bliebe als das einzige Mittel nur übrig, daß Sie selbst nach Loneon reisten, um sich zu rechtfertigen und Ihre Rechte geilend zu macken. Der dazu nötige Urlaub von zehn Wochen wird ja allerdings nur in sehr seltenen Fällen den Offizieren und Mannschaften der englisch-indischen Armee gewährt, aber Ausnahmen sind immer gemacht worden und ihr Fall ist eine solche Ausnahme. Es steht ja auch zu erwarten, daß, wenn der Feldzug gegen die Aufständischen beendigt ist und kein neuer Aufstand ausbricht, daß diejenigen Regimenter, welche sich vor dem Feinde ausgezeichnet haben, ihren Offizieren größeren Urlaub bewilligen dürfen und da sollen Sie der erste sein, Lieutenant Hutting, der berücksichtigt werden soll."
„Herzlichen Dank, Herr Oberst!" erwiderte Richard, „ich werde durch treueste Pflichterfüllung mich der großen Güte, die Sie mir unverdient erweisen, würdig zeigen."
"Nur nicht so bescheiden, junger Mann," scherzte der Oberst mit einem jovialen Blicke in Richards Antlitz. Sie habe» sich die Achtung der ganze» Armee durch Ihre gestrige Hcldenthat erworben und haben auf Anerkennung Anspruch. Bringe» Sie mir also morgen die beiden Briefe und vergessen Sie meine Einladung zum Mittagsmahl nicht!"
Mit ehrerbietigem Gruße und freudestrahlendem Antlitz verließ Richard Johnson,
Fenster aufmacht", behauptete die Eine, „so würde ich den Tod davon haben!" „Wenn das Fenster noch länger geschlossen bleibt," schrie die Andere, so wert? ich vom Schlag getroffen!" Der von beiden Seiten in Anspruch gciiomnieiie Schaffner wußte sich weder zu raten noch zu helfen. Da verfiel ein milfahrender Passagier auf einen rettenden Gedanken: „Machen Sie das Fenster nur auf, guter Freund," sagte er, „dann stirbt die Eine; hierauf machen Sic es wieder zu, dann stirbt die Andere, und auf diese Weise bekommen wir doch endlich Ruhe n. Frieden."
(Bor und nach der Hochzeit.) Mutter : „sage Dir, Emilie, sei liebenswürdig und freundlich mit Deinem Bräutigam; bedenke die gute Partie. Nach der Hochzeit kannst Du ihm ja zeigen, daß er sich erfrechen konnte, seine Augen zu einer Baronesse Rauchzahn zu erheben!"
.. (Schlau berechnet.) Ladeninhaber: „Diesen Kochapparat kann ich ihnen sehr empfehlen; da sparen Sie das halbe Brennmaterial." Junge Frau: „Ack dann geben Sie mir. doch gleich zwei Apparate, dann kann ich das ganze Brennmaterial sparen."
(Belohnung.) Bettler: Bitte um
genannt „Lieutenant William Hutting," das Zelt, des Obersten.
6. K a p i t e l.
Hart am Ziel.
Madame Lockwell saß im Arbeitszimmer ihres Sohnes und beobachtete Ralphs emsiges Thun scharf. Ralph saß an seinem Schreibtische und schrieb emsig, doch manchmal hörte er, wie er von einer unsichtbaren Hand gepackt, mit seiner Arbeit auf und starrte finster vor sich hin. Dieses Gebühren des Sohnes beunruhigte die Mutter und sich erhebend, erklärte sie in entschiedenem Tone:
„Du magst mir sagen, was Du willst, Ralph, Dich bedrückt etwas und Tu bist augenscheinlich Deiner Sache nicht mehr so gewiß wie früher."
„Mich bedrückt gar nichts," gab Ralph mit erheuchelter Ruhe zurück und warf die Feder auf den Tisch, denn ich kann in keiner Weise durch mein Thun in Verlegenheit kommen. Richard ist in Nordindien bei der Armee gut aufgehoben und wird dem Sol- datenlose nicht so leicht entgehen, im klebrigen ist ja auch dafür gesorgt, daß ihm die Lust zur Heimkehr nach England und zur Aussöhnung mit Alla» Burns vergeht, denn dieser hat sich in aller Form von dem sauberen Neffen Richard Johnson losgesagt. Hahaha I"
Mit höllischem Gelächter, welches indessen etwas Erzwungenes an sich hatte, endete Ralph seinen Trostzuspruch, den er sich und der Mutter nun schon zum hundertsten Male vorgcsagt hatte.
Die bekannten Tröstungen wirkten indessen bei Madame Lockwell nicht und sie ries dem Sohne unwillig zu:
„Wenn Du Deiner Sache so gewiß bist, Ralph, warum schrickst Du denn da so häufig zusammen und warum unterbrichst Du so oft die Briefe, welche Du schreiben willst ?"
„Das ist sehr einfach, Mutter. Ich bin noch nicht am Ziel, der alte Filz, genannt Onkel BurnS, an welchem ich seil langen Monaten das denkbar größte Aufgebot mei-
eene Jab«.. — Herr: Was wollen Cie? — Bettler: Jeher Se mer 10 Pfennig, dann derfen Se mer ooch mit Du anredeu.
.-. (Zarte Andeutung.) Du trägst Trauer um Deinen verstorbenen Mann? Ihr wäret doch seit fünf Jahren geschieden! Ja, aber ich muß doch irgendwie andeulei' , daß ich jetzt Witwe bin.
Eine Erbtante läßt ihren Neffen zu sich kommen und eröffnet ihm, da sie ihm alle ihre Güter vermacht, unter der einen Bedingung, daß ihr auf Lebenszeit eine kleine Pension ausgesetzt wird. „O Tante," erwidert der Gefühlvolle Neffe, „so klein, wie du willst!"
.-. (Ein bissiger König ) Aus der Heimfahrt vom Plaidter Schützenfeste hat, wie man der Rhein- und Wied-Ztg. schreibt, der „König" dem Schützenhanptmann von Nie- dermendiug ein Ohr abgebissen.
(Boshaft.) A.: „Glaubemir, lieber Freund, ich habe mich völlig getröstet. Es ist immer noch besser, geliebt zu haben und unglücklich gewesen zu sein, als niemals geliebt zu haben." B.: „Gewiß ist bas besser, für die Juweliere, die Blumenhändler und zuweilen auch für die Advokaten."
ner Liebenswürdigkeiten und meiner Gefällig- kcitsdienste verschwende, hat sein Testament noch immer nichl zu meinen Gunsten geändert. Der altersschwache Greis hat sentimentale Anwandlungen, sein Herz hängt noch an Richard, dem Lieblingsneffen, und gestern meinte der Alte gar, daß sich di: Afsairc mit Richard vielleicht gar noch im günstigsten Sinne aufklären könne. Richard solle eine Beichte oblegen, vielleicht könne man ihm helfen und verzeihen. Du wirst begreifen, Mutter, daß solche Worte des alten in Richard Johnson verliebten Narren keine angenehme Musik für meine Ohren sind, ich muß daher noch einen geeigneten Brief Richards an den Onkel fabrizieren, so einen Brief mit einer Beichte, bei welcher dem Alten die Lust zur vollständige» Verzeihung vergeht. Es ist dies aber gerade keine leichte Aufgabe, denn die Beichte Richards muß auch dem Onkel recht wahrheitsgetreu erscheinen."
„Ja, nimm Dich nur in Acht, Du schlauer Sohn, daß Du Dich nicht noch in eigener Schlinge fängst," erwiderte Madame Lockwcll mit einem Anfluge des Spottes. „Meine Warnungen hast Du alle in den Wind geschlagen, obwohl mir die Sache schon längst gefährlich erschien, und nun hast Du mich und Dich in Unruhe gebracht."
„Du warst aber doch ursprünglich mit meinem Plane ganz einverstanden, meine kluge Mutter," gab Ralph ebenfalls boshaft zurück, also kommen Deine Warnungen zu spät."
„Mit erlaubten Mitteln solltest Du des Onkels Gunst gewinnen, das war meine ursprüngliche Absicht, weil ich Dich als Erben deö großen Vermögens für ebenso berechtigt und würdig als Richard Johnson hielt. Auf die schlechten Mittel, um zu dem Ziele zu gelangen, bist Du dann aber, weil Du keine Geduld hallest, selbst gekommen und hast sie heimlich angcwendet."
„Laß diese darum nun auch meine Sorge sein, Mutter," erwiderte Ralph kaltblütig, „Gewinn wie Verlust, Nutzen wie Nachteil kommen in der Sachcallein aus mein Haupt."
Berantwortlicher Redakteur: Bernhard Hofmann.) Druck und Berlag von Bernhard Hsfmann in Wildbad.