*

»

s-

H k e s i g e s.

Wildbad, 2. August. Wir wollen nickt versäumen auf die am Kgl. Badhotel unter den Arkaden ansgehängte Karte des Nagold- u»d Enzthalcs vonRallehrcr Fein dahier aufmerksam zu macken, welche einen guten Ueberdlick aus der Vogelschau über die von Touristen meist begangenen Wege zwischen unfern zwei lieblichen Cchwcnzwaldthälern gewährt und durch die malerische Modellier­ung der Bodengestaltun'g die Lage der Ort­schaften überraschend deutlich hervortnten läßt. Eine Vervielfältigung der Karte wäre wünschenswert, da sie nicht nur ein guter Wegweiser ist, sondern auch durch ihre Aus­führung in satien Farben einen Schmuck für jedes Lokal bildet und ein wirksames Plakat für Bahnhöfe abgeben würde.

Rundschau.

Friedrichshofen, 30. Juli. S. M. der König beabsichtigt in der zwuten Hälfte des Monats August auf ca. 8lO Tage nack Be- benh. sich zu begeben u. von dort hieherzurückzu- lchren, um Anfangs oder Mitte Oktober das ganze Hoslager wieder nach Stuttgart zu verlegen. Das Befinden Sr. Majestät ist ein erfreulich gutes. Seit heute ist die neue Telephonleitung Ulm-Friedrichshafen im Betrieb. Dieselbe funclionicrt sehr gut. Die Verständigung mit Stuttgart ist gegen­über dem bisherigen Telephonverkehr ganz erheblich erleichtert, eS bedarf nur dcS ge­wöhnlichen ruhigen Konversationstones, um in Stuttgart von dem Hörer leicht verstan­den und an der Stimme erkannt zu werden.

Stuttgart, 31. Juli. Direktor v. Wredk, zweit r Vorstand der Gencraldirektion der StaatSeisenbahncn und Vorstand der Ver- waltungsabteilung dieser Generaldirekiion, wurde laut St.-A. wegen durch Krankheit herbugeführter Dienstuntüchtigkeit unter An­erkennung der von ihm geleisteten treuen und ersprießlichen Dienste in den Ruhestand versetzt.

Ludwigsburg, 31. Juli. Bki dcm hies. Ulanenregiment König Wilhelm Nr. 20 wurde heute vormittag eine Probemobilmach­ung vorgenommen. Das Regiment formierte sich 4 Eskadronen stark mit voller Feldaus­rüstung, sowie mit Munitlions-, Pack- und Lcbenmittelwagen auf d»m Arfenalplatz. Da ein Kavallerieregiment bekanntlich nur mit 4 Eskadronen in das Feld rückt, so wurde auch dieses dabei berücksichtigt und eine sEs- kadron auf die vier anderen verteilt. Hier­auf wurde zu einer Hebung auf dem großen Exerzierplatz abmarschiert.

Hcilbronn, 31. Juli. Seit 10 Tagen wird hier ein 12jährigcs Mädchen vermißt, ohne daß man seither die geringste Spur davon bekam, wohin sich das Kind gewendet hat. Heute wird in einem hiesigen Blatte nach demselben gefahndet.

Sulz ll. N., 31. Juli. Ein Nachspiel zum Gausängerfest mit weniger gutem Aus­gang hat sich der T. Ehr. zufolge zwischen einer größeren Zahl Festbesucher im Eisen­bahnwagen auf dem Heimwege zwischen hier und Oberndorf zngetragen. ES entstand nämlich eine blutige Schlägerei während der Fahrt, welche so große Dimensionen annahm, daß das Zugspersonal die Notlein ziehen mußte, damit der Wagen von den Rauf­bolden gesäubert werden konnte.

Sulzbach a. Murr, 31. Juli. Gestern mittag ist der neuernannte Ortsgeistliche,

Pfarrer Schneid, bisher in Thuningen, hier aufgezogen. Die bürgerlichen Kollegien, die hiesige» und die Lehrer des Bezirks mit ihren Schülern fanden sich auf dem Bahn­hof zur Begrüßung des neuen Seelsorgers ein. Unter dem Geläute aller Glocken wurde der G-istliche ins Pfarrhaus geleitet.

Riedlingeu, 31. Juli. Am letzten hies Jahrmarkt ereignete sich hier ein sehr be­klagenswerter Fall, welcher zeigt, w.lch üble Folgen ein falscher Verdacht nach sich ziehen kann. Ein Krämer hatte eine Frau aus Gossenzugen im Verdacht, daß sie ihm ein Stück seiner Ware entwendet habe, und ließ sie verhaften. Beim Amtsgericht stellte sich die Anschuldigung als grundlos heraus und die Frau wurde sogleich wieder ans freien Fuß gesetzt. Diese aber nahm sich die Sache so sehr zu Herzen, daß sie in die Donau sprang und nur mit Gewalt gerettet werden konnte. Aus Furcht vor ihrem Mann blieb sie bei einem Verwandten h>er über Nacht. Ihr Mann aber bekam durch Marktbesucher Kenntnis von der Sache, ordnete seine häuslichen Angelegenheiten und erhängte sich.

In der Gegend von Schwetzingen werden gegenwärtig Fcldienstübungcn der Mannheimer, Schwetziuger, Heidelberger und Bruchsaler Garnisonen vorgenommen. Am Mittwoch ereignete sich hierbei ein Unglücks­fall dadurch, daß 20 Bruchsaler Dragoner beim Ritt samt ihren Pferden in einen Gra­ben fielen und zwei von ihnen Verunglückten. Einer erlitt einen Bruch des Nasenbeins, der andere erhielt einen Lanzenstich in den Kopf.

Petersburg, 31. Juli. Nach einem neuen Erlaß dürfen die Jude» bloß noch in Städten wohnen, kein Jude in Rußland darf Land besitzen oder bewirtschaften. Selbst in de» Städten dürfe» Juden nur in 16 Gubernien wohnen, müssen also Handels­städte, wie Riga und Libau, verlassen. Viele Hundert kleinere Städte wurden den Land­distrikten zugezählt, von welchen die Juden ausgeschlossen sind. Kein Jude darf künf- :ig eine höhere^Schnle in Rußland besuchen. Die fremden Missionäre werden aus Ruß­land ansgcwü'stn, weil die Bekehrung der Juden ausschließliches Recht der orthodoxen Kirche sei.

Ein übereiltes Begräbnis. In Gan- dia bei Valencia wurde dieser Tage unter den Cholerakranken, welche in dem dortigen Krankenhause untergebracht waren, eine Frau leblos im Bette vorgefunden. Die Acrzte erklärten, daß sie der herrschenden Krankheit zum Opfer gefallen sei, und so wurve setz lügen TageS die Ueberführung des Leichnams nach dem Kirchhof anberaumt, welcher sich in beträchtlicher Entfernung von dem Lazaret befand. Auf dem Wege kam der Leichen­wagen an einem Felde vorbei, auf dem meh­rere Landleute ihre Arbeit einstclltcn, um für die Ruhe der Verstorbenen zu beten. Plötzlich sahen sie entsetzt, wie sich der Sarg­deckel bewegte und die Tote einen Arm her- ausstreckie. Das Geschrei der Leute brachte den Zug zum Halten, der Sarg ward völlig geöffnet und der vermeintliche Leichnam rich­tete sich in die Höhe. ^Die Aermstc war durch die Bewegung der Bahre aus todes- ähnlicher Starre erwacht und bat nun mit schwacher Stimme um Hilfe. In das Dorf zurückgcbracht, erholt sie sich vollends und erfreut sich heute des besten Wohlseins.

Baltimore, 29. Juli. Ein Dampfer stieß mit einem VergnügungSboo! zusammen, welches 1500 Passagiere an Bord hatte. Vier Personen wurde» gelölet, viele verletzt.

Vermischtes.

(Sechzehntansend Mark im Unter- rock.) Aus Berlin, 27. Juli, wird uns geschrieben : Im Hause ihres Schwiegersohnes, des Destillaienrs Arlt in der Gerichlstraße 8l, wohnte eine alte Frau Jachmann, die von Jedermann für höchst arm gehalten wurde und nicht genug darüber klagen konnte, wie sie sich einschränken müsse u. s. w. Sie ging fast in Lumpen gekleidet einher und wandte nicht dos Geringste an ihre Person. Kürzlich erkrankte die Frau und wurde bett­lägerig. Hierkni fiel schon auf, daß sie einen alten Unlerrock nicht vom Leibe gelassen hatte und nicht leiden wollte, daß man sie be­rühre. Als sie gestern ihr Ende nahen fühlte, wollte sie ihrer am Sterbelager weil­enden Tochter noch eine Mitteilung machen, fand aber nicht mehr die Kraft dazu und mußte sich damit begnügen, auf ihren Uttter- rock hinzuweisen. Man fand nach ihrem Tode in das Kleidungsstück cingenäht drei alte Portemonnaies, deren Inhalt sich, in Banknoten und Baargeld, auf zusammen nicht weniger als 16,000 bezifferte. Da die alte Frau iu den letzten Jahre» keine Einnahme» mehr gehabt hatte, so mußte sie dieses ihr Vermögen schon ziemlich lange so unverzinst mit sich herumg-schlcppt haben. Der Schiegersohn wird mit dem Gelbe schon besser umzugchen wissen.

* 4 -

.-. (Ein Kuß in *Ehren.) Ein Vorfall, von dem jetzt in Montreal viel gesprochen wird, beweist, daß dieses Sprichwort doch nicht überall seine Nichtigkeit hat.' Ein junger Engländer Namens Gordon, der mit der Tochter einer angesehenen hiesigen Fa­milie verlobt ist, machte kürzlich mit seiner Braut einen Spaziergang in einen städtischen Park. Die Liebenden setzten sich auf eine Bank und im Laufe des Gespräches küßten sie sich auch. Da plötzlich stellt sich ein Parkpolizist mit erhobenem Knüppel vor sie hin und trotz lebhaften Protestes verhaftet er sie wegen unordentlichen Betragens. .Sie werden in ein Verließ geworfen und erst nach einigen Stunden durch Vermittlung von Freunden befreit. Die junge Dame ist infolge der ausgestandencn Aufregung er­krankt und seitdem bettlägerig. Der Bräu­tigam erscheint vor dem Richter de Monti- gny, setzt ihm die Geschichte auseinander, aber keine Entschuldigung fruchtet etwas, denn der weise Herr Richter zu seiner einzigen Entschuldigung sei bemerkt, daß er ein hart­gesottener Junggeselle ist verurteilte Hr. Gordon zu einer Geldstrafe von 15 Doll, und die junge Danie zu einer solchen von 10 Doll. Das ist zwar unangenehm, aber immer noch nicht so schlimm als das, was in demselben scheinheiligen Amerika noch vor zweihundert Jahren möglich war. Damals wurde im Staate Massachusetts ein Schiffs- Kapitän gehängt, Weil er, von längerer Reise zurückkchrend, in der Freude des Wiedcr- s-hens seine Frau an einem Sonntage ge­küßt halte.

lJm Kriimcrladen.) Junge Haus­frau : Na, wissen Sie, mit diesen Rudeln ist es auch der reine Schwindel, die sind ja alle hohl I