Rundschau.

Stuttgart, 22. Juli. S. M. dkl König hat laut St-A. durch Allerhöchste Ordre vom 13. Juli d. I. in Bestätigung des Spruchs eines Ehrengerichts den charakteri­sierten Hanptmann z, D. Miller in Ried- liugen, zuletzt Premierlieutenam im Grena- dierregiment König Karl Nr. 123, wegen Verletzung der Slandesehre unter erschwer­enden Umständen des OsfiziertitelS nnd des Rechts zum Tragen der Militärnniform ver­lustig erklärt.

Lndwigsbnrg, 23. Juli. In heutiger gemeinschaftlicher Sitzung der bürgerlichen Kollegien machte der Vorsitzcnde^die freudige Mitteilung, daß Kommerzienrat Hermann Franck, welcher gestern den altbekannten Gast­hof zum Bären für die Summe von 80,000

(ohne Inventar) käuflich erworben, das ganze an der vorderen Schloßstraße gelegene Anwesen unter höchst günstigen Bedingungen der hiesigen Stadt zu Schulzwecken angebo- ten hat. Dieses hochherzige Anerbieten hat im Schoße der bürgerlichen Kollegien um so mehr Freude und Dank wachgerufen, da die Errichtung eines weiteren Schulhauses für unsere Stadt als unabweisbares Bedürfnis von Tag zu Tag sich geltend macht.

Heilbronn, 24. Juli. Heute morgen um 3 Uhr brach in dem Magazin und der Kaffecbrennerei des Kaufmanns Bechtle, Wilhelmsstraße 5, Feuer aus. In kurzer Zeit stand das Gebäude in Hellen Flammen. Der Feuerwehr gelang eS jedoch, das Ele­ment auf seine» Herd zu beschränken.

Neuenbürg, 22. Juli. Der Gemeinde­rat und frühere Stadtpfleger Bauer stand gestern mit einigen Nachbarn vor seinem Hanse, als ein mit Rekruten besetzter Wagen rasch vorbeifnhr, bei einer Wendung ein Rad verlor und infolgedessen umwarf. Die­ser Anblick muß B. so erregt haben, daher plötzlich zwischen seinen Freunden niederst-l und in einigen Augenblicken eine Leiche mar. Ein Schlagflnß hatte seinem Leben ein so schnelles Ende bereitet.

Balingen, 21. Juli. In Dürrwangen, hiesigen Bezirks, brannte vergangene Nacht die Bierbrauerei zum Rößle vollständig nie­der. Das Feuer hatte mit rasender Schnellig­keit um sich gegriffen und im Nu auch das Nachbarhaus des Kaufmanns Lang erfaßt, trotzdem die Feuerwehren von Dürrwangen nnd Stockenhausen ihre ganze Kraft einge­setzt haben, das Element auf seine» Herd zu beschränken. Die Bewohner der Braue­rei mußten teils im bloßen Hemd bekleidet die Flucht ergreifen. Das Vieh und Ge­flügel konnten nicht gerettet werden; eine noch angckettcte halbvcrkohlte Kuh wurde später aus dem Schutte gezogen. Die Ent- stehungsnrsache des Feuers ist noch unbe­kannt.

Fürnsal, OA. Sulz, 22. Juli. Ein bedauerlicher Unglücks- und Todesfall ereig­nete sich laut Sch. B. gestern im hiesigen Orte. An dem schweren eisernen Kirchhof- thor sollte eine kleine Reparatur ßvorgcuom» men werden, zu welchem Zweck dasselbe aus seinen Angeln gehoben und nur leicht ange- lchnt wurde. Das 4jährigc Mädchen des Holzhändlers Matth. Reich scheint an dem­selben emporgesticgen zu sein, wobei das Thor das Uebergewicht.bekam, umstürzte und das Kind unter sich begrub. Der hiesige Lehrer, welcher etwas später die Unglücks- ftälte passierte, konnte leider »nr noch die

Leiche des zarten Kindes unter der schwere» Last hervorziehen.

Notlweil, 22. Juli. Ein Kranker Na­mens S. Kohlmann ans Haigerloch, der vor wenigen Tage» ins hiesige Irrenhaus ver­bracht wurde, wollte H ute Dienstag nachmit­tag seinem Lebe» zuerst durch Erhängen ein Ende machen, und als dies nicht gelang, tauchte er seinen Kopf so lange unter das Wasser, bis er erstickt war.

Ehingen, 22. Juli. Aus Anlaß seiner V-rmählnngSfeier hat Fürst Albert von Thnrn und Taxis an die Armen seiner Besitzungen 100,000 ^ bewilligt; hiervon treffen auf den R'NtamtSkammeralbezirk Obermarchthal 1090 Den Hinterbliebenen seiner Be­amte» ließ er 20,000 ^ znkommcn, so daß die Gesamtsumme der geschenkten Gaben 120,000 beträgt.

Riedlingen, 22. Juli. Bei dem Kirchen­bau in LangenenSlingen brach gestern das hohe Gerüst zusammen. Zwei junge Ar­beiter aus Andelfingen sielen dabei in die Tiefe; der eine war gleich tot, der andere schwer verletzt.

Von der hoheuzollernschen Grenze, 22 Juli. In Bad Jmnau wurde gestern eine Kaltwasserheilanstalt nach der Methode deS Pfarrers Sebastian Kneipp eröffnet. Die Leitung der neuen Heilanstalt hat SanitätS- rat Dr. Wern übernommen, der in Wöris- hofcn bei Pf. Kneippund dessen rechte Hand, Direktor Frey das neue Heilverfahren an der Quelle studierte. Die bis jetzt in dem Kurort eingctroffencn Patienten äußern sich befriedigt über die neuen Einrichtungen der Kaltwasseranstalt.

Karlsruhe, 22. Juli. Ein gräßliches Unglück ereignete sich gestern früh am Neu­bau der Kadettenanstalt. Dortselbst brach ein Gerüst, wodurch zahlreiche Arbeiter her- abgestürzt und teilweise schwer verletzt wur­den. Ca. 20 Mann wurden alsbald mit­telst Droschken nach dem städtischen Kranken­hause überführt, einige sind bereits gestor­ben. Der Transport machte großes Auf­sehen in der Stadt, Militär wurde requiriert zur Aufrcchtcrhallnng der Ordnung auf dem Unglücksplatze. Die Verunglückten sind zum Teil Familienväter. Einer der Toten ist ein Italiener Namens Ant. Branessa. Von den teils schwer, teils leicht Verwundeten sind 8 Italiener.

Nach dem soeben veröffentlichten zehn­ten Verzeichnis sind für das in der Reichs- Hauptstadt zu errichtende National-Bismarck- Denkmal bis jetzt im Ganzen 549 828 ./A eingckommen.

Am SamStag nachts gegen 11 Uhr hörten Passanten im Tiergarten zu Berlin einen Schuß fallen und gleich «darauf einen stärkeren und einengleichteren Aufschrei. Eine Sekunde später siel »och ein Schuß. Meh­rere Herren suchten nun die nächste Umgeb­ung ab, und endlich fanden sie an der Bel­levue-Allee eine gutzekleidcte Dame, welche in einer großen Blutlache auf dem Gesichte lag. Die Herren sahen, daß die Dame be­reits tot war, und zogen es vor, ehe man den Körper ausrichtcte, den Vorfall dem näch­sten Polizeirevier zu melden. Ein Wacht­meister, mehrere Schutzleute und ein Nacht­wächter kamen bald darauf herbei und rich­tete die Tote in die Höhe. Es wurde an der rechten Seite des Kehlkopfes eine circa 4 Eentimctcr breite Schnittwunde vorgefun­den, die als Todesursache anzusehen war.

Außerdem konstatierte man zwei Schußwun­den in der Brust. Die E>mordete war hübsch, etwa 22 Jahre alt und hieß, wie die Inschrift im Trauring ergab, Wende. Sic ist die Frau eines Postbeamten. Der Gatte ist zurzeit verreist. Er befindet sich in dienstlichen Angelegenheiten in Dresden, hat aber nach der Katastrophe telegraphisch seine Rückkunft angezcigt. Seine Ermordete Gattin hatte sich nach der am Abend erfolg­ten Abreise ihres Mannes in Begleitung eines Mädchens entfernt. Sie ist dann nicht mehr znrückgekchrt. Bei der Visitation der Leiche wurde festgcstellt, daß die Wertsachen -nicht fehlten. Von dem Thäter fehlt bis jetzt noch jede Spur. Ein Raubmord liegt nicht vor, und man vermutet, daß es sich um einen Racheakt handelt. Eifersucht und verschmähte Liebe dürften das Motiv gewe­sen sein.

Die Tochter des Bürgermeisters zu Hemsbach, welche von einer Tanzmusik nach Hause ging, wurde am Sonntag nacht von einem Steinhaucrgesellen durch einen Stich ins Herz ermordet. Der Mörder hatte vor­her sein- frühere Geliebte ebenfalls auf dem Tanzboden gestochen und sich entfernt, und erscheint es nicht ausgeschlossen, daß der Un­hold sein Opfer verwechselt hat, welchem Um­stand die bildhübsche Tochter des Bürger­meisters zum Opfer gefallen ist.

In Spreitchen bei Waldbrcitbach (Koblenz) wurde nachts ein Raubmord ver­übt. Der Ermordete wurde im Bette lieg­end mit einer Axt ermordet. Die im selben Zimmer schlafende Frau wurde ebenfalls verwundet. Die Räuber plünderten einen Schrank, worin das G-ld verwahrt wurde, aus.

(Ein neues Musikinstrument.) Der Hvlzhändler und Gasthofbesitzer Franz Fan- nenbock in Sarningstein hat sich dieser Tage vor dem Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich-Este auf Schloß Rohregg mit einem neuen Musikinstrument,Triphonium" prodnzierr. Das Musikinstrument ruft den Eindruck hervor, als ob man Zither, Flöte und Harmonium hören würde. Der Erz­herzog war so wohlwollend, dem Musiker zwei Stunden lang zuzuhören. Das In­strument hat ein Mechaniker der Geologi­schen Reichsanstalt erfunden.

(Eine Räubergeschichte vom Huns­rück.) Eine italienische Räuberbande halte sich in letzter Woche im Köllcrthaler Walde, einem verrufenen Stück des HnnSrückens, im Kreise Saarbrücken gelegen, niedergelassen. Die Räuber waren, so erzählt dieMagv. Z.", mit Dolchen, Revolvern und andern Mordwaffe» ausgerüstet und stammten wirk­lich aus dem Lande Rinaldo Rinaldini's: es waren echte, unverfälschte Italiener. Sie hatten gehofft, in einer Glas- oder Eisen­hütte Beschäftigung zu finden, und als ihnen dies mißlang, schlugen sie sich seitwärts in den Köllerthaler Wald und verlegten sich auf den Straßenraub, auf Einbruchdiebstähle und dergleichen in das Banditenfach ein­schlagende Arbeiten mehr. Im Allgemeinen bewahrten sie dabei die sprichwörtliche Höf­lichkeit der italienischen Räuber. Sie nahmen den Leuten einfach ihr Geld und ihre Wert­sachen ab, und ließen sie dann unbehelligt ziehen. Nur einem einzigen Manne ist es schlimmer ergangen. Dieser war den Wün­schen der Herren Räuber in keiner Weise entgcgengekommcn, weshalb sie ihn neben