Rundschau.
Holzmaden, OA. Kirchhnm u. L., 5. Juli. Seit einigen Tugen ist ein Schieferlager auf hiesiger und Weilheimer Markung in Brand geraten und bereuet dem Besitzer viele Sorgen. Obwohl letzterer zur Bewältigung deS Brandes einen Graben gezogen, glimmt das Feuer unterirdisch immer noch fort und ist durch stark ausströmenden Rauchqualm deutlich zu erkennen. Dir Schaden ist für den Eigentümer kein geringer.
Backnang, 6. Juli, Gestern machten sich mehrere Knaben an der Mauer eines Hofraums zu schaffen, wodurch sich ein Stein loslöste, der das 5jährige Söhnchen des Bäckermeisters K. so unglücklich traf, daß dasselbe sofort tot auf dem Platze blieb.
Winnenden, 7. Juli. Gestern nachmittag hat sich in Schwaikheim eine 26jährige Bauerntochter mit Karbolsäure vergiftet. Der zu Hilfe gerufene Arzt konnte nur den bereits eingetretenen Tod konstatieren. Ein wiedergelöstcs Verlöbnis soll die Unglückselige zu dem verzweifelten Schritte getrieben haben.
Tübingen, 5. Juli. Gestern nachmittag begab sich ein 35 Jahre alter, arbeitsscheuer, dem Trünke ergebener lediger Mann in du: Schloßyof und feuerte in sclstmör- dcrischer Weise einen Schuß auf sich ab. Er lebt zwar noch im Spital, an seinem Aufkommen wird gezweifelt.
Urach, 2. Juli. Gestern abend traf der ncuernonute Dekan Lang, bisheriger Stadt- pfarrcr in Ludwigsburg, hierein. Mehrere Mitglieder des Kirchengemeinderats waren ihm zu seiner Begrüßung bis Metzingen ent- gegengefahren- Am hiesigen Bohnhof wurde er von den bürgerlichen Collegien empfangen und bis in den Schloßhof geleitet, wo die gesamte Schuljugend mit ihren Lehrern versammelt war und bei seincm Eintritt unter Beglciinng der hiesigen Stadtkapelle einen Choral anstimmle- Helfer Färber begrüßte sodann den neuen Amtsbruder und wünschte ihm eine gesegnete Wirksamkeit. Nachdem auch Stadlschultheiß Seubert den neuen Dekan begrüßt, dankte dieser für den schönen Empfang. Der Gesangverein und der Schülerchor brachten dann noch einige Gesänge zum Vortrag.
Kütizelsan, 6. Juli. Bei der am heutigen Sonntag in Nicdernhall abgehaltenen Fahnenweihe des Kriegervereins wurde die Festfreude durch ein schreckliches Unglück getrübt. Ein junger Mann, Vater von fünf Kindern, b>sorgie das übliche Schießen; der Böller zersprang, und der Schütze wurde tot von der Stelle getragen.
Ebingen, 5 Juli. Gestern abend nach 9 Uhr entlud sich über die hiesige Stadt ein furchtbares Gewitter, verbunden mit wolken- bruchartigen Regengüssen und Hagel. Diesen Vormittag bedeckten an vielen Orten Massen von Hagelkörnern die Erde. Der in Gärten und auf Krautländern angcrich- tete Schaden ist besonders beträchtlich. Auch das Winterfeld auf Meßstettener und Un- terdigisheimer Markung wurde stark verhagelt. — Aus Balingen wird unter dem 6. Juli geschrieben: Das Gewitter vom letzten Freitag hat im oberen Bezirk großen Schaden angcrichtet, so namentlich in Meß- stettcn, Hossingen und Unterdigisheim. In Engstlatt schlug der Blitz abends um 9 Uhr in das Haus des Zimmermanns Koch ein und zündete; das entstandene Feuer konnte alöbald gelöscht werden.
Ulm, 6. Juli. Der wegen ungünstiger Witterung bisher im Rest gebliebene Teil des Ulmer Münsterfcstes, nämlich der Umzug der Fischer, das Fischerstechen und das Volksfest in der Fricdrichsau, ist heute ausgeführt worden. Heute vormittag nach Beendigung deS Gottesdienstes fand der Umzug der Fischer durch die Stadt statt. Trotz der kühlen Witterung wurde beschlossen, auch das Fischerstechen abzuhalten. Inzwischen hatte sich der Himmel anfgeheitert, und um 2 Uhr, bei Beginn des Fischcrstechcns, strahlte die Sonne wieder. Das Fischerstechen hatte auch diesmal wieder eine große Anziehungskraft ausgeübt, und wenn nicht alle Plätze auf deu zahlreichen und großen Tribünen besetzt waren, so war dies dem Umstande zuzuschreiben, daß viele Festbesucher, auf den Eintritt besserer Witterung nicht mchr rechnend, in den letzten Tagen die Stadt verlassen hatten.
Biberach, 6. Juli. Unter Böllerschüsse» und Glockengeläutc verließ gestern nachmittag Weihbischof Dr. v. Reiser unsere Stadt, nachdem derselbe in drei letzten Tagen seines hohen Amtes gewaltet und über 2000 Firmlingen das heilige Sakrament gespendet hatte.
— Allgemeines Stadtgespräch bildet laut den M. N. N- in Wiesbaden das Verschwinden des Inhabers des Lotterie- und Bankgeschäfts Fischer und Co., Krüger, der hier den Hauplvcrtrieb der Schloßfreiheits- Lotterielose hatte. Krieger hat die Gelder für die verkauften Lose eingenommen, aber nur JnterimSscheine nicht Originallosc verabfolgt. Unter den benachteiligten Schlvß- freiheitslottcriespielcrn herrscht große Aufregung. Bei der Polizei laufen massenhaft Anzeigen ein. Krüger war früher Kellner. Seine Wirtin verliert 2500 welche sie ihm als Einlage ins Geschäft vorgeschossen, außerdem reklamiert sie einen Anteil an einem angeblichen Lottcriegewinn Krügers von 75,000 c/ki
— Der „Rcichsanzciger" in Berlin veröffentlicht die Genehmigung des Reichskanzlers, welche die Einfuhr von Schweinen und Schwein,fleisch einschließlich Speckseiten und Würsten aller Art aus Dänemark bis auf weiteres gestattet Lebende Tiere können indes nur unter der Bedingung eines Gesundheilsattestes seitens eines dänischen Tierarztes und nach nochmaliger Untersuchung an der Grenze durch einen deutschen Tierarzt eingesührt werden.
Berlin, 6. Juli. Das 10. deutsche Bundcsschießen wurde heute mittag mit einem großartigen Festzuge eröffnet, der sich vom Brandenburger Thor aus durch die festlich geschmückten Straße» nach dem Rathaus? und von dort zum Festplatze bewegte. An der Spitze deS Zuges ritt ein Herold mit dem Reichsbanner; dann folgten die auswärtigen Schützen nach Nationalitäten geordnet, voran die Amerikaner. Zwischen den einzelnen Schützengruppen schritten Scheibcnträger, Musikbanden und die Fahnenträger. An die Schützenvercine schloß sich ein prachtvoller Costümzug, der die Entwickelung des Schützenwesens seit dem dreizehnten Jahrhundert veranschaulichte, wobei jeder Zeitabschnitt durch charakteristische Figuren und Gruppen hervortrat. Inmitten des ZugeS wurden die hervorragendsten Ehrenpreise getragen. Den Schluß bildeten die Festwagcn der Städte, in denen bisher die deutschen Bundesschießen abgehalten wur
den. Die letzten Wagen waren diejenigen mit der Germania und der Berolina. Vereine mit Fahnen und Musik bildeten Spalier. DieStraßen, Tribünen, Fenster und Balkone waren mit Menschenmassen angefüllt, die dem Zuge, dessen Vorbeidestlieren mehr als eine Stunde währte, unausgesetzt zujubelten. Vor dem Raihause, wo ein Trompetercorps jede einzelne Gruppe des Zuges mit Fanfaren begrüßte, hielt Oberbürgermeister v. Forckendeck eine kurze Bewillkommungsrede. Das Wetter war zwar trübe, jedoch regen- frei.
— Raubmord in München. Am Samstag nachmittag in der vierten Stunde wurde in einem Münchener Durchhause, Hofstett Nr. 8, im 3. Stockwerke ein schändlicher Raubmord an einer betagten, wehrlosen Frau verübt. In dem erwähnten Hause wohnt die Familie Singer, bestehend aus Mann, Frau und einer etwa 18jährigen Tochter. Der Mann ist Kommissionär, die Frau betrieb das Geschäft einer Versetzen» und war unter dem Namen „Versetzen» Kathi" weit und breit bekannt. Frau „Kathi" genoß den Ruf, ihr Geschäft solid und pünktlich zu betreiben. Die Töchter half im Geschäft der Mutter mit. Frau „Kathi" war eiue sehr korpulente und schwerwiegende Person. In Folge eines Fußleidens konnte sie nur wenig ihre vier Wände verlassen. Etwa um halb 4 Uhr nachmittags kam der Kommissionär Singer, der Gatte der Ermordeten, nach Hause und begab sich nach kurzer Begrüßung seiner Frau in das Hintere der drei ineinandergchenden Zimmer, während Frau Singer in dem ersten, ihrem Geschäftslokale, verblieb. Kurz darauf, eine Viertelstunde später, hörte Herr Singer einen dumpfen Fall. Er eilte in das Vorderzimmer, wo sich ihm ein entsetzlicher Anblick bot. Frau Singer lag bewegungslos am Boden und im Zimmer war ein junger, schmächtiger Kerl in gewaltthätiger Eile damit beschäftigt, Pult und Kästen aufzubrechen und nach Beute zu suchen. Kaum sah sich der Raubmörder von dem Eintritt des Gatten überrascht, als er auch auf diesen losstürzte und, einen schweren eisernen Hammer schwingend, den Versuch machte, Herrn Singer niederzuschlagen. Dieser rang verzweifelt mit seincm Angreifer und eS gelang ihm, sich desselben zu erwehren, bis auf sein Rufen: „Hilfe, Mörder I" Hilfe herbeikam. Diese leistete zunächst der Hausbesitzer Reithmann, der herbeieilte und dem Mörder in den Arm fiel. Der Mörder wurde unter weiterer Mithülfe eines in dem Hause sein Geschäft treibenden Kaufmannes überwältigt und Gendarmerie hcrbeigerufen, die den Unmenschen fesselte und dingfest machte. Frau Singer lag regungslos mitten in der Stube. Aus zwei schweren Schlagwunden am Kopfe rieselte das Blut hernieder auf die Dielen. Das Gehirn trat aus einer der Wunden, was den sofortigen Tod der Ueberfallenen zur Folge gehabt hatte. Noch angesichts seines Opfers gestand der Mörder, der sich Karl Neitz nennt und Schlossergeselle ist, seine That, sowie auch, daß er dieselbe mit Vorbedacht verübt hatte in der Absicht, die Ermordete, in deren Besitz er Wertsachen, Geld und Juwelen vermutete, zu berauben. Bei dem Transport des Mörders ins Gefängnis gelang es der Polizei nur mit Mühe, den Verhafteten vor der Lynchjustiz zu schützen. — Das deutsche tAbict in Ostasrika