Mörder ist bis nach Halbe, seiner Vaterstadt, verfolgt worden und hier ist cs auch gelungen, ihn zu verhaften. Wahrscheinlich war ein Raubmord geplant.
— Durch den Tod des Abgeordneten von Wcdell-Malchow ist das Mandat für den Reichstags-Wahlkreis Prenzlau-Anger- münde erloschen. Seitens der Konservativen soll Landrat v. Winterfcld kandidiere»; wie man in parlamentarischen Kreisen wissen will, wäre Fürst Bismarck geneigt, ein Mandat anzunehmen.
Stettin, 18. Juni. Bei der Schießübung der Landwehr-Artillerie in Swine- münde ist eine Granate beim Einsetzen in das Geschützrohr geplatzt. Sechs Lantwchr- leute wurden schwer verwundet, einer davon verstarb bald.
— I» Bockendorf (Mecklenburg-Schwerin) ist ein Geholt niedergebrannt, wobei der Sohn des Erbpächters Groth umkam und alles Vieh und Inventar verbrannte. Das Feuer war von einem 16jährigen Dienstmädchen aus Rache angelegt worden.
— Eine geradezu blödsinnige Welle hat in der Nähe von Nordhausen den Tod eines Menschen verursacht. Der dort an der Bahn
strecke mit Kicsaufladen beschäftigte Familienvater Linke aus Bielen versuchte in Folge einer mit Kameraden abgeschlossenen Wette, auf den von Heringen heranbrauscndcn Zug zu springen. Das Experiment mißlang, und die Räder zermalmten die Beine des waghalsigen Arbeiters derart, daß im Krankenhause zu Nordhausen die Amputation derselben erfolgen mußte. Dur Verletzte starb bald nachher.
— Ein gräßlicher Raubmord wurde j,» Wirtshause des galizischen Dorfes Kohu- lanka im Slucker Kreise von einer Bande wohlhabender Bauern der Gemeinde Zav- strovicze verübt, welche gegen Mitternacht in daS genannte Wirtshaus cindrangen und, mit Aexte» bewaffnet, den 70jährigen Pächter desselben, Aron Weinstein, samt dessen beiden Kindern in grausamer Weise löteten. Die Mörder hieben mit ihren Aexten den unglücklichen Greis und dessen Sohn förmlich in Stücke und als sich die kleine Tochter Weinsteins weigerte, ihnen den Ort an- zngebcn, wo das Vermögen des Vaters versteckt sei, schniuen sic ihr beide Hände ab; als sie das Geld gefunden hatten, ermordeten sie daun auch das Mädchen. In der
Umgegend herrscht ungeheure Panik ob dieser Blutthat, doch gelang eS glücklicherweise der Polizei, der ganzen Mördcrbande auf auf die Spur zu kommen.
— Vor zwei Wochen wurde in der Umgegend von Termini (Sizilien) der Mailänder Banquier Filippo Arrizo von Banditen gefangen genommen, dic-für seine Freilassung ein Lösegeld von 400,000 Lire verlangten. Die Familie des Banquicrs hat den Briganten bereits die Summe von '/< Mill. Lire ausbezahlen lassen, trotzdem ist bisher von demselben keine Spur vorhanden. Die Polizei hat mehrere Arretierungen vorgenommen, ist aber der eigentlichen Missethäter noch nicht lebhaft geworden. Das energische Einschreiten der Polizei hat die Briganten erzürnt, dieselben nehmen eine drohende Haltung an und man befürchtet, daß sie den Banquier aus Rache ermordet haben. Die Verwandten des unglücklichen Mannes sind verzweifelt. Die Polizei setzt die Nachforschungen fort.
— 16 Städte und Dörfer in den Provinzen Valencia und Alicante sind von der Cholera ergriffen. Am 17. d. M. starben 49 von 82 Erkrankten.
Der Kampf um eine Million.
Criminalnvvelle von W. Roberts.
Nachdruck verboten.
1. Kapitel.
Die Erben des Millionärs.
Auf einer Bank, welche an einer einsamen Stelle deS Hydc-Park in der Riesenstadt London stand, saßen an einem sonnigen Sommcrnachmiltage eine ältere Dame und ein junger Mann im eifrigen Gespräche. Aus dem Flüstertöne, in welchen sich die beiden unterhielten und aus dem einsamen Orte, an dem sie sich befanden, war wohl zu schließen, daß der Gegenstand ihres Gespräches sehr geheim gehalten werde» sollte. Ja, mit triftigsten Gründen hatten die beiden Personen diesen stillen Ort gewählt, um hier Pläne zu schmieden, wie der ihnen verwandte hochbctagle Millionär Allan Burns dazu zu bewegen sei, sein Testament zu ihren Gunsten zu machen.
Die ältere Dame und der junge Herr, deren höchstes Dichten und Trachten auf dieser Welt dahin ging, das kolossale Vermögen des Vetters Bruns an sich zu bringen, waren Mutter und Sohn, die verwittwctc Madame Lockw-U und Ralph-Locknnll. In Len scharf geschnittenen Geslchtszngru beider und noch mehr in ihre» listigen grauen Augen spiegelte sich während ihrer ränkevollen Unterhaltung die ganze Schlauheit und Verschlagenheit wieder, die ihr sämtliches Thun Und Treiben keniizeichnele.
„Es muß vor allen Dingen scstgestcllt werden, ob Letter Burns nicht bereits ein Testament gemacht hat, und wenn dies der Fall ist, müssen wir den Inhalt des Testaments erfahren, bevor wir irgend einen vernünftigen Schritt in der Sache thun können ," sagte jetzt erregt Ralph Lockwcll. „Beste Mutter, es sind neun Erben, welche auf den Tod des guten Vetters lauern, da heißt es, sich bei Zeiten vorsehen, wenn man die Million Pfund Sterling allein bekommen will. Ich bitte Dich daher, noch heute dem Vetter BurnS einen Besuch zu machen und mit Hilfe eigener List zu versuchen, die
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Wahrheit über das Testament zu erfahren."
„Ich werde Dir ja Alles zu Gefallen thun, mein lieber Sohn," erwiderte Madame Lockwell zärtlich, „und will noch heute zum Vetter Burns gehen."
„O, Du beste aller Mütter," rief Ralph jetzt fast überlaut. „Du willst noch heute an das große Werk gehen, dessen Ausführung mich Tag und Nacht quält. Wie werde ch cs Dir danken, wenn ich erst am Ziele bin l Nicht auf gemeines Thun strebt mein Sinn mit dem Millionenschatzc, ich habe Ehrgeiz, ich will damit ein großer, berühmter Mann in England werden, ja in der ganzen Welt soll man dereinst von — Lord Lockwell, denn ich zweifle nicht mit Hülfe der Million Pfund Sterling und meiner Talente ein Lord zu werden, erzählen."
„O, wie diese schöne, große Hoffnung mich stolz macht, mein Sohn," erwiderte Madame Lockwell und ihre Augen glänzten in seltsamem Feuer.
„Aber Mäßigung und kalte Ueberlegung vor der Erreichung unseres Zieles, meinte Ralph, „die Freude vorher taugt eigentlich zu gar nichts. Verlieren wir keine Zeit, Vetter Burns ist alt und sein vorzeitiger Tod könnte uns einen großen Strich durch unsere Rechnung machen. Der reiche Vetter darf nickt eher sterben, als bis er mich zu seinem Universalerben eingesetzt hat."
„Du hast Recht, mein kluger Sohn, Du bist für Deine sechSundzwanzig Lebensjahre wirklich außerordentlich verständig und kühl berechnend. Schreiten wir an das Werk I Ich begebe mich jetzt nach Westend zu Vetter Burns und bringe Dir hoffentlich noch heute Abend gute Nachrichten zurück."
Freundlich bot Ralph Lockwell seiner Mutter den Arni und geleitete sie »ach einer jener Stellen am Eingänge des Hyde-Park, wo Mietkutschcn hielten. Dort stieg Madame Lockwell in eine derselben und fuhr nach Westcnd, dem vornehmsten Stadtteile Londons, während ihr Sohn in einem anderen Wagen sich in das Innere der Stadt zu einigen seiner Freunde begab.
Es mochte nachmittags gegen fünf Uhr
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sein, als Madame Lockwell's Wagen vordem prächtigen Hause Allan Burn'S in Westcnd hielt. Die Dame wurde von einem Diener des Millionärs schon vor dem Hause empfangen nnd hurtig eilte sie die Mar- morstufeu hinauf, um sich nach den Gemächern des reichen Vetters zu begeben.
Allan Burns, ein würdiger Greis in schneeweißem Haar und mit bereits vor Altersschwäche zitternden Händen, denn er hatte bereits das achtzigste Lebensjahr überschritten, empfing Madame Lockwell freundlich und begrüßte sie als Verwandte, die gewiß gekommen sei, um sich nach dem Befinden des Vetters zu erkundigen.
„Deswegen bin ich allerdings gekommen nnd freue mich, Sic so wohl zu sehen, Herr- Vetter," erkärte Madame Lockwcll mit der Gewandtheit einer Weltdaine. „Aber daß ich es nur gleich sage, lieber Vetter, ich bin auch noch aus einem andern Grunde gekommen und zwar deshalb, daß Sie mir eine große Sorge vom Herzen nehmen sollen."
„Wenn es in meiner Macht steht, so soll es schon geschehen," meinte Herr Burns freundlich. „Was bedrückt Ihr Herz, liebe Nichte."
„Ach, mein Junge, der gute Ralph, leidet seit einiger Zeit an eins tzlicheu Wahnvorstellungen. Er ist sehr ehrgeizig, er hat ja auch bereits sein zweites Examen gemacht und will sich als Advokat in der Hauptstadt nicderlassen, aber diese Laufbahn genügt seinem Ehrgeize nicht, er will höher hinaus, er will ein großer Staatsmann werden. Da schwärmt er mir nun oft Tagelang von den schönsten Plänen, aber dann wird er, wie gestern, auch plötzlich todtraurig, ißt nicht, und trinkt nicht, schließt sich tagelang in sein Zimmer ein, sodaß ich die größte Sorge um ihn habe. Frage ich dann nach seinem Leid so erklärt er mir, seine schönen Pläne könnten sich nicht erfüllen, da er bei unseren beschränkten Verhältnissen genötigt sein werde, um seinen Lebensunterhalt und nicht um die Ehre zu arbeiten.
(Fortsetzung folgt.)
rnhard Hosmann in Wildbad.