Der Gcmcindevorstand möge dafür zu sorgen, daß in dem OrtSgasthofc entsprechende Eß- waren an diesem Tage vorhanden seien. Zum Schluß hat er stets noch 2 Marschkompetenzen von den betreffenden Gemeindevorständen verlangt. Mehrere Gastwirte sollen sich daraufhin auch bedeutende Wurstvorräte, Bier u. dergl. angeschafft haben, aber leider, ohne diese Eßwaren absetzen zu können, denn die Wuczencr Jäger kamen selbstverständlich nicht.
Kottbvs, 13. Juni. Gestern Abend um 6^4 Uhr wurde im südöstlichen Stadtteil plötzlich eine starke Detonation vernommen. In der Gießerei eines dort gelegenen «industriellen Etablissements war der Schmelzofen, der mit flüssigem Eisen gefüllt war, explodiert. Der Schornstein des Güßerei- gebäudes stürzte ein und schlug im Niederfallen das Dach des Gebäudes durch. An dem Gebäude selbst wurden durch den Luftdruck fast alle Fensterscheiben zertrümmert, ebenso wurden an einer anderen nahegelegenen Tuchfabrik eine größere Anzahl Glasscheiben eingedrückt. Abschon im Augenblick der Explosion sich eine Anzahl Arbeiter im Gießhause befand, wurde doch keiner von den
selben durch die umhcrgeschleuderten Metallmassen verletzt.
— Wie nem „Daily Ehr." telegraphiert wird, ist in Genua ein Engländer Namens Henry Layds von einer Schildwache erschossen worden. Der Engländer war bei einem Spaziergang auf verbotene Wege geraten, hatte das dreimalige Anrufen der Wache nicht gehört oder nicht verstanden, worauf die Wache schoß und nur zu gut traf.
— fEin neuer Monte-Carlo-Skandal.) Italienischen Zeitungen wird über eine S kan- dalgcschichte berichtet, die sich in Monte Carlo abgespielt hat und ungeheures Aufsehen erregt. Eine Deutsche Dame von großer Schönheit, eine Elsässerin, war in voriger Woche in Monte Carlo eingetroffen u. hatte in der dortigen Spielhölle im Spiel, das sie mit Leidenschaft betrieb, ihr gesamtes Vermögen von 70,000 Francs in kurzer Zeit verloren. Als die geplünderte Dame in ihrer Verzweiflung von den Bankhaltern die Mittel zur Heimreise erbat, sei sie von meh- rercn Angestellten der Spielbank überfallen und in nicht wiederzugebender Weise behandelt worden. Die Unglückliche ist verschwunden und man glaubt, daß sic einen Selbst
mord begangen habe oder durch ein Verbrechen ums Leben gekommen sei.
— Eine wahre Rabenmutter hatte sich dieser Tage vor dem Schwurgerichte in Insterburg wegen Kindesmordes zu verantworten. Das neunzehnjährige Dienstmädchen Marie Schillingat hat ihr vier Wochen altes Kind am 11. August v. I. lebendig begraben. Ohne irgend ein Zeichen der Reue gestand die Angeklagte ihre grausame That in vollem Umfange zu. Die Geschworenen bejahten nur die Schuldfrage des Totschlags, hielten jedoch die Ueberlegung bei der That (also einen Mord) nicht für erwiesen. Hierauf wurde die Angeklagte zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt.
— Lemberger Polenblättcr melden von Excessen gegen die Juden in dem zumeist von Juden bewohnten lithauischen Städtchen Lohojsk. Betrunkene Bauern plünderten u. zerstörten Kaufläden, Wirtschaften u. Häuser der Juden und vernichteten alles. Binnen zwei Stunden war der Ort fast ganz verheert. Die Polizei war nicht im stände, dem Plündern und Demolieren Einhalt zu thun. Sie wurde verhöhnt und mit Steinen beworfen.
Aus Ruhmeshöhen.
Novelle von F. Stöckert.
Nachdruck verboten.
27.
„Ich habe mich der Kunst vermählt, und ihr will ich treu bleiben, sie beansprucht mein ganzes Sein. — Und auch Du bist eine Jüngerin der Kunst, bleiben wir ihr beide treu, und suchen das Höchste zu erreichen I" Er reichte ihr die Hand, und Hannah legte ihre zitternde Rechte hinein.
„Ich bin nur ein schwaches Weib, ich —- o Gottl"
Ein Thränenstrom brach aus ihren Augen. Sie wandte sich weg von ihm, und winkte mit den Händen, daß er sie verlassen möchte.
Und er ging l Festen Schritts wie ein Sieger verließ er die Stätte, wo noch einmal in holder Frauengestalt des Lebens Wonnen ihm gelächelt. Nicht einen Moment wurde er schwankend in seinem Entschluß, und nicht ein einziges Mal wendete er den Blick nach Hannah zurück.
In der grauen Beleuchtung stand sie wie ein Bild der Einsamkeit an dem verödeten Strand. Der Regen fiel auf ihre glänzenden jLocken, durchnäßt ihre Kleider, sie achtete es nicht, sie wußte wohl kaum, wo sic stand, sie hatte nur ein dumpfes Empfinden, daß diese Landschaft mit den blassen Farbentönen so düster und melancholisch wunderbar mit ihrem Innern harmonierte.
So war denn der Traum der Liebe aus, vorbei für immer; das harte Wort gesprochen, was sie auf ewig von ihm trennte. War es das rechte gewesen? Wer mochte das Entscheiden I — Und war der Weg, auf den er sie hingewiesen, der rechte? Vielleicht, er führt ja hinauf zu jenen Höhen, wo er stand, wo die Herzenswünsche verstummen.
Aus der Tiefe des Meeres da klang eS herauf wie schmeichelnde süße Melodien, und da» Rauschen der Wellen gestaltete sich zu ,inem volltönenden Orchester. AuS den
grauen Schatten ves Abends aber tauchten bunte bestrickende Bilder vor ihren Blicken auf; ideale Menschengestalten, die da mit wunderbaren Stimmen von allem Gluck und Wehe des Erdenlebens, von Liebe, Haß, Zorn und Verzweiflung sangen. — Wohl ist es nur ein Scheinleben, was sich da abspielt auf den Brettern, die die Welt bedeuten, aber es ist die Welt, in welcher ich fortan leben werde, dachte Hannah, in deren Herzen, au» Schmerz und Verzweiflung langsam ein fester Entschluß reifte: Sie wollte den Aufforderungen, sich der Bühne zu widmen, die schon öfters an sie ergangen waren, nachgcben, und dort daS Höchste in der Kunst zu erstreben suchen. Das war der Weg, auf welchen er sie hingcwiesen, dessen Endziel ihrem verstörten Sinn vorschwebte, wie etwas, das sie erreichen mußte um jeden Preis.
> Sie hat dieses Ziel erreicht. Schon nach Jahresfrist glänzt ihr Name unter denen, der ersten Größen der Bühuenwelt. Sie wird gefeiert wie selten eine Sängerin, die glänzendsten Huldigungen werde» ihr gebracht, aber all diese Huldigungen wiegen ein paar schlichte ihr gewidmete Verse nicht auf, die sie einst in einer der bedeu- tensten Zeitungen der Residenz gefunden, von einem der ersten Schriftsteller der Jetztzeit Hans Hoff.
Längst hat sie erkannt, daß er Recht, gehabt, als jer damals am MeereSstrande, ihren Schmerz und ihre Verzweiflung nicht achtend, von ihr gegangen. — Er hätte diese Größe wohl nie erreicht, wäre er in dieser unvergeßlichen Stunde schwankend geworden in seinem Entschluß, seinem hohen Streben; hätte leine Mission auf Erden, die ihm der große Weltenordner vorgeschriebe», nicht voll und ganz erfüllt.
Und Hannah? War eS schließlich auch ihre einzige Mission auf Erden gewesen, allein der Kunst zu leben, in ihr allein das Glück zu finden? Wohl ist sie ihr zur Trösterin geworden die heilige Kunst, und sic ist stolz und glücklich, Hohes darin er
reicht zu haben; aber ganz vergessen kann sic den Liebestraum nicht, der einst durch ihre Seele gezogen — Sie hat einsame Stunden, wo sie sich in sich selbst zurück zieht, sich in selige Erinnerungen versenkt.
In süßer Vergessenheit der Gegenwart gleiten dann wohl ihre schlanken Finger über die Tasten de» Flügels, und durch das stille Zimmer klingt wie ein Gruß aus ferner Zeit das Lied:
Und hast Du einmal nur erfahren,
DeS Lebens ganze Seligkeit,
Laß ruhig nun darüber rauschen,
Die Wogen einer trüben Zeit.
— Ende. —
Verschiedenes.
(Vorgebaut.) „Johann, was soll das heißen? Fast jeden Abend kommen Sie betrunken nach Häusel" — Ich will mich nur über den Verlust meiner Kathi trösten!"
— „Und wie lange soll das dauern?" — „Ach, ich fürchte, ich bin untröstlich I"
i- *
(Gute Umschreibung.) Mutter „Aber Bela, wie schaut denn Deine Hose aus! Bist Du vielleicht in'S GraS gefallen?"
— Knabe: „Ja, aber wie'S schon die Kuh gefressen gehabt hat."
(Kindermund.) Mutter: „Aber, Kätchen, wie läufst Du denn? Schickt sich das für ein Mädchen? Hast Du mich je so laufen sehen?" — Kind: „Ich Hab' Dich auch noch nicht gekannt, als Du ein Mädchen warst."
(Die Hauptsache.) Ella: „Wie hat Ihnen im Theater der „Sohn der Wildnis" gefallen?" — Jenny: „Sehr gut; schade, daß der Darsteller schon verheiratet ist." —Ella: „Nun vielleicht hat die Wildnis noch mehr Söhne."
(SteigernngSgrade.) Lehrer: Wie viel Stcigerungsgradc gibt es?" — Schüler (Sohn eines Hausbesitzers): „Vier! Neujahr, Ostern, Johannis, Michaelis. Papa steigert aber nur zu Johanni ».Michaelis."
tvrrantwsrtlicher Redakteur: Bernhard H o s« a n n.) Druck und Verlag von B«r nhard H » sman « in Wilbbatz.