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Rundschau.

Nürtingen, 13. Juni. Schweres Un­glück hat eine Familie in Neuffen betroffen. Nachdem vor kurzer Zeit daS hoffnungsvolle 5jährige Söhucken derselben durch die Hals­bräune weggerafft wurde, kam gestern das 2jährige Töchierchen unter den Wagen eines Hülbcner Holzsuhrmanns. Die Näder ver­letzten das Kind derart, daß es nach einer Stunde starb. Ob den Fuh>ma»n eine Schuld trifft, wird die Untersuchung fest- stelleu.

Ehningen, OA. Böblingen, 14. Juni. Heute mittag gegen halb 1 Uhr ertönte das Feuersignal; es brannte bei Zimmermann Keller und Sleinhauer Rcichard hinter dem Rathaus. Beide Hausbesitzer waren nicht anwesend: Keller besuchte in Ulm eine kranke Schwester, Neichard arbeitete auswärts. DaS Feuer entstand in dem Holzschuppen; Scheuer sowie Wohngebäude sind abgebrannt, das Bieh konnte gerettet werden. Die Eigen­tümer sind versichert. Auswärtige Hilfe wurde gerufen; Böblingen wurde jedoch unterwegs abbestellt. Entstehungsursache un­bekannt.

Untertürkheim, 18. Juni. Heute nach­mittag wurde hier ein junger Kaufmann, der wegen Unteischlaguug von Stuttgart aus Verfolgt war, verhaftet. Als er sich auf vem Rathaus im Verhör befand, schoß er sich mit einem Revolver eine Kugel in den Mund- Ein zweiter Schuß ging dem Amtsdiener, der ihm die Waffe entreißen wollte, durch die Hand. Der Kaufmann wurde sofort ins Bezirkskrankenhaus verbracht. (Nach anderweitigem Bericht ist die Verletzung deS Kaufmanns keine lebensgefährliche. Dem Vernehmen nach ist zur Entfernung der K., die, wie es scheint, in der Racheuhöhle stecken blieb, der Luströhrenschnitt erforderlich.)

Waiblingen, 14. Juni. Gestern abend um halb 8 Uhr kam aus fast heiterem Him­mel ein Blitzstrahl und gleich darauf folgte ein heftiger Donnerschlag. Der Blitz hatte in das Kamin des Weingärtncrs Bischof Un­geschlagen, doch konnte das entstandene Feuer glücklicherweise bald gelöscht werden.

Vaihingen a. E-, 13. Juni. Gestern nachmittag nach 3 Uhr wurden auf dem Felde bei Oberiexingen, diesseitigen Obcr- amts, zwei Frauen vom Blitze getroffen, infolgedessen eine derselben sofort tot auf dem Platze blieb, während die andere schwer krank darniedcrliegt.

Gerabronn, 14. Juni. Der schon über 14 Tagen vermißte Wagner K. von hier hatte sich auf dem Strohboden in einer hie­sigen Scheuer erhängt und ist heute daselbst gefunden worden.

Calw, 13. Juni. Gestern nachmittag schoß in Würzbach der 12jährige Sohn des Bauern Keppler während der Abwesenheit seines Vaters mit dem Gewehr desselben Und traf hiebei laut S. B- seinen neben ihm stehenden 8jährigen Bruder so unglück­lich in den Unterleib, daß der Knabe drei Stunden später eine Leiche war.

Reutlingen, 14. Juni. Gestern abend um halb 6 Uhr sollten im Bruderhaus hier schwere Eisenplatteu am Krahnen gewogen werden. Die Platten standen aufrecht und waren durch Klötze von einander getrennt. Ein solcher Klotz wurde entfernt, wodurch die Platten ins Rutschen kamen, so daß an einem Arbeiter, der dazwischen stand, der Kopf förmlich zerdrückt wurde. Der Tod

trat augenblicklich ein. Der Unglückliche war verheiratet und Vater von zwei Kindern.

Schnra, OA. Tuttlingen, 11. Juni. Polizeiviener Gala von hier führte heute mit seiner Frau Klee heim; als sie zu Hause angelangt waren, stieß die eine der Kühe, welche den Wagen gezogen hatten, dem H.ub. B. zufolge plötzlich mit den Hörner» auf die Frau los, und zwar mit solcher Wucht, daß ihr der Bauch aufge.schlitzt war und Netzhaut und Gedärme bloßgelegt wurden. Sofort wurde der Arzt von Trossingen ge­rufen, der die Wunde für eine in hohem Grade lebensgefährliche erklärte. Daß die bejammernswerte Frau, die über einen nicht zu löschenden Durst klagt, fürchterliche Schmerzen leidet, läßt sich denken.

Von der bayerischen Grenze, 14. Juni. Heute wollte sich in Nördlingcn, wo eben Messe staltfindet, ein 18jährigcr Akrobat auf mehreren aufeinanderstehcnden Stühlen pro­duzieren, als einer der letzteren umsiel; er selbst stürzte auf die Erde und brach das Genick, so daß er sofort tot war.

Der Postassistcnt Andersch, welchem die Verwaltung de- Postamtes in Storkau bei Fürstenwalde (Regierungsbezirk Frank­furt a. O.) übertragen war, hat dort die Summe von 9000 ^ (nach anderen Nach­richten noch einen weit höheren Betrag) un­terschlagen und sich flüchtig gemacht. Der­selbe wurde in Dresden verhaftet.

In Amberg wurde der 23 Jahre alte, ledige Bauernsohn Georg Kohl von DorfgäulaS, welcher am 28. Januar l. I. seiner Geliebten, der 20jährigen Dicnstmagd Margaretha Rieglee, mit eineiy Messer den Hals abgeschnittc» hatte, um chen church die »Folgen seines Umgangs mit dem Mädchen entstehenden Verpflichtungen zu entgehen und ein mit einer reichen Bauerstochter bereits angeknüpftcs Liebesverhältnis ungestört fort­setzen zu können, wegen Morde- zum Tode verurteilt.

Berlin, 14. Juni. Der Schluß des Reichstages wird auf den 23. Juni ange­nommen.

(Entscheidung des Reichsgerichts.) Ein Dienstherr oder Arbeitgeber, welcher es unterläßt, die besonders von seinen jugend­lichen Arbeitern ohne Grund beliebte Auf­stellung an der gefährlichen Seite der funk­tionierenden Arbeitsmaschine ausdrücklich und bestimmt zu verbieten, macht sich nach einem Urteil des Reichsgerichts, VI. Zivilsenats, vom 17, März 1890, dadurch eines groben Versehens schuldig; ist einem jugendlichen Arbeiter infolge seiner von der gefährlichen Seite aus geschehenen Hantierung an der Maschine ein U.ifall zugestoßen, so macht jenes Versehen den Dienstherrn schadenser­satzpflichtig.

Es steht nunmehr fest, daß Reichs­kanzler General von Caprivi den Kaiser auf der Reise nach Rußland begleiten wird.

(Sturz vom Kirchthurm.j Am 9. ds., Morgens, ereignete sich in St. Gallen ein schreckliches Unglück. Fritz Bächtler, Meßner in der St. Mangen-Kirche, ein junger, allgemein beliebter Mann, der im Begriffe stand, sich zu verehelichen, wollte den unmittelbar unter dem Zifferblatt der Thurmuhr befindlichen Laden öffnen, damit der Uhrmacher beim Uhraufziehen besser sehe. Bei dieser Arbeit muß er entweder ausge­glitten sein oder daS Gleichgewicht verloren haben; er stürzte kopfüber etwa 30 Meter

hoch auf bas Straßenpflaster und erlag bald darauf den erhaltenen Verletzungen.

In Spandau fand Freitag nachmit­tag 12',t Uhr im Trvckeugebäude der neuen Pulverfabrik, wo sich 26 Fässer Pulver be­fanden, eine Explosion statt. Das Trocken­gebäude wurde vollständig verwüstet, eine größere Anzahl anderer Gebäude stark be­schädigt, in vielen Häusern die Fenster zer­trümmert. Von den Arbeitern erhielten meh­rere durch hcrumfliegende Trümmer und Splitter leichte Verletzungen. ah einer weiteren Meldung hat diee Explosion, die durch Schießbaumwolle, welche' zum Trock­nen oufgehängt war, herbeigeführt wurde, außer dem Trockengebäude noch ein zweites Gebäude fortgerissen. Der Betrieb der Fa­brik ist teilweise eingestellt. Zehn Perso­nen wurden leicht verletzt.

Königsberg i. P., 11. Juni. Ein trau­riges Bild zeigte sich Dienstag Abend wieder einmal so schreibt dieKöuigb. Hart. Ztg." auf dem Ostbahnhofe, woselbst mit dem Zuge 9 Uhr 36 Min. zwölf aus Rußland ausgewiescne Deutsche eintrafen, um demnächst nach ihrer Heimat bei Pasc- walk in Pommern weiter zu reisen. Die Leute hatten durchweg 45 Jahre in Ruß­land in der Umgegend von Riga gewohnt und dort ihr Gewerbe betrieben. In den ersten beiden Jahren hatten sie sich nicht nur kümmerlich ernähren, sondern auch bei dort wohnenden Schulden machen müssen. In den beiden letzten Jahren ging es ihnen gut, und als sie ihren Verpflichtungen nach-, gekommcn waren und sparen wollten, ereilte sie die Ausweisungsordre. Sie mußten in allergrößter Eile, wie auf der Flucht, das russische Reick verlasse», verloren bei dem Verkauf ihrer Habseligkeiten wttt über die Hälfte des rcllee n Werts derselben, so daß sie ärmer nach ihrer Heimat zurückkehren, als sie sie verließen.

Aus Madrid wird gemeldet: In der Provinz Valencia ist die Cholera ausgcbro- ^ chm; in einem Dorfe in der Provinz sollen 14 Einwohner der Cholera bereits erlegen sein. Man glaubt, daß kürzlich aus Ma­rokko zvrückgekehrte Soldaten die Cholera einschlepptcn.

Ein guter Wurf ist fünfzehn Kegelbrü­dern in Guben gelungen, indem die von ihnen in der Schloßfreiheit-Lotterie gespielte Nummerjmit einem Hauptgewinn von 200000

herausgekommen ist.

Dresden, 13. Juni. Der Mädchen­mörder Stückig aus Pausa wurde heute hier enthauptet.

Dresden, 12. Juni. In Luuzenau starb dieser Tage eine arme Dulderin, die 78 Jahre alte Christiane Rost, gegen deren Leidenszeit selbst die des biblischen Kranken am Teiche Belhcdda nichts war. Die arme Frau konnte seit ihrem 16. Lebens­jahre, also volle 62 Jahre lang, weder gehen, noch stehen, noch liegen. In einem eigens dazu hergestclltcn Lattenstuhl, in halb sitzender Stellung, hat sie ihre ganze lange 62jährigc LeidcnSzeit vollbracht auf die Güie und Pflege ihrer Mitmenschen angewiesen.

Dahlen, 13. Juni. Am 8. ds. Mts. wurde ein Soldat in Collm verhaftet, welcher sich in den Dörfern jedesmal zum Gemeinde- Vorstand begab und demselben erklärte, daß das Wurzener Jäger-Bataillon in den nächsten Tagen einen Marsch ausführen und in dem betr. Orte das Früftück entnehmen wüt'de^