Rundschau.
Ludwlgsburg, 17. Mai. Vor kurzem wurden dem Bauern Eberhard in Aldingen von dem Bauern Aug. Krauler, der betrunken war, mit einem Pfriemen 2 Stiche in das Schulterblatt versetzt, infolgedessen der Verletzte in der Nacht vom letzten Donnerstag im Spital starb. Als der StationS- kommandant Euler den Thäter fcstnehmen wollte, hatte sich derselbe schon selbst dem Gerichte gestellt, wurde aber der dringenden Feldgeschäfte wegen vorläufig wieder auf freien Fuß gesetzt.
Heilbronn, 14. Mai. Heute nachmittag halb 4 Uhr brach in der Fraukschcn Brauerei Feuer aus. In der Malzdarre war das Malz in Brand geraten. Dem raschen Eingreifen der Feuerwehr gelang es jedoch, des Elementes bald Meister zu werden, so daß ein größerer Schaden nicht entstand.
Heilbronn, 15. Mai. Heute nachmittag ereignete sich auf dem hiesigen Bahnhof ein schweres Unglück. Beim Rangieren kam der Ankuppler Rufi aus Neckargartach so unglücklich unter die Räder, daß ihm beide Beine abgefahren wurdet,. Der Verletzte wurde in das Krankenhaus übergcführt. Ob das Leben desselben gerettet werden kann, bleibt in Frage gestellt.
Mergentheim, 13. Mai. Der an Epilepsie leidende ledige Wagner Scherer von Neubronn wollte gestern im Walde Holunder schneiden. Da er nachts nicht zurückkchrte, so wurde heute nach ihm gesucht, wobei er als Leiche in einem Wassergraben aufgesun- den wurde.
Ulm, 16. Mai. Gestern nachmittag entdeckten einige Kinder im Walde bei Bern- siadt, hiesigen Oberamts, den ganz in Verwesung übergegaugenen Leichnam eines Dragoners, der an einem Baume hing. Zweifellos ist der Aufgefi'iidcnc der seit 8. Okt. v. I. vermißte Sergeant Schlumberger vom hiesigen Dragoncrregiment Nr. 26, der damals wenige Tage vor seiner Hochzeit sich entfernt har.
Weingarten, 15. Mai. Soeben halb 12 Uhr, ist Weihbischof v. Reiser, von Kloster Reute herkommend, unter feierlichem Glockengeläute und Böllersalven hier eingezogen. An der im äußeren Kaserncnhofe angebrachten Festtridüne wurde er von der zahlreich versammelten hochwürdigen Geistlichkeit im Ornat empfangen und inr Zuge zur Kirche geleitet, wo eine nach vielen Tausenden zahlende Menge des bischöflichen Segens harrte. Das Wetter ist schön, der prachtvollste Frühlingssonuenschcin beleuchtet die hohe Feier und erhöht die Festesstimmung.
— Ein Maikäfer ist dieser Tage »ach der „Nm. Ztg." zur mittelbaren Todesursache geworden. Das dreijährige Töchtcrchen eines Bürgers in Landsberg a. W. spielte auf der Straße. Dabei setzte ihm ein Spiel- gcnossc einen Maikäfer ins Genick, ohne daß das Mädchen etwas davon bemerkt hatte. Das plötzliche Gekitzel und das Auffliegen des Käsers hatten für das Kind einen jähen Schreck und einen heftigen Krämpfeanfall zur Folge. Das Kind wurde nach Hause gcbrachi und erlag in der folgenden Nacht einem zweiten Krämpfeanfall.
Oberhausen, 13. Mai. Gestern Abend gegen 8 Uhr, also noch bei Hellem Tage, versuchten drei Strolche in der Nähe der Köln-Mindener Eisenbahn auf dem Wege nach der Walz hin einen Raubansall an
dem Postwagen, welcher zwischen den hiesigen Postämtern 4, II und Frintrop fährt und sich auf dem Rückwege befand, zu begehen, indem einer derselben plötzlich dem Pferde in die Zügel zu fallen versuchte. Der Postillon schlug indeß auf das Pferd los, sodaß dasselbe im Gallopp vorwärts eilte. Hierbei liefen die Strolche mit und versuchte einer derselben, welcher ein offenes Messer in der Hand trug, mit diesem das Pferd in die i Beine zu stechen, uni dasselbe so zum Stürzen zu bringen. Inzwischen war die Post bis zur katholischen Kirche gelangt. Ein mit auf dem Bock des Postwagens befindlicher Postbote holte dort rasch einen in der Nähe weilenden Gendarmen herbei, welchem cs nun mit Hülfe mehrerer inzwischen herbeigeeilter Zivilisten gelang, die Räuber dingfest zu machen.
— Die Stadtkirche in Uffenheim (M.-Franken) nebst Turm ist am 13. ds. bis auf die Umfassungsmauern abgebrannt. Das Feuer entstand gelegentlich der Verwendung eines LötofenS bei der Reparatur des Kirchendachs. Flaschner Curlin, der die Reparatur vorzunehmcn halte, ist verschwunden, und man glaubt, daß er in den Flammen umgekommev sei.
— In Sachsen sollen Hinrichtungen n-uerer Verordnung zufolge nur mehr in Dresden vollzogen werden, damit die Guillotine mit dem Gerüste nicht mehr wie bisher im Lande umhergesandt werde. Infolge dieser Anordnung wurde der Raubmörder Schncebergcr aus Böhmen, welcher in Chemnitz einen böhmischen Maurerlehring auf offener Straße ermordet und beraubt hatte, am Samstag nach Dresden gebracht und letzten Dienstag früh dort enthauptet.'
— Aus Breslau, 14. ds., wird gemeldet: Zirkusdircklor Renz ist gestorben.
— Am Dienstag schlug bei einer „Ha- gelfcier" in Mahlerten bei HildeSheim der Blitz in eine stark gefüllte Kirche ein, wobei 2 Kinder und 2 Erwachsene getötet, 4 Personen gelähmt, 10 geblendet wurden.
— Ein schrecklicher Unfall hat am Samstag mehreren Arbeitern das Leben gekostet, welche beim Baue eines FortS zu Emines, eine Meile Von Namur, beschäftigt waren. Vor kurzem hatte man dort eine bedeckte Cisternc angelegt. Ueber deren Wölbung hinweg, welche mit einer dicken Schicht Zement bedeckt war, führten Schienen, auf denen Erdmassen in kleinen Wagen fortgeschafft wurden. Samstag nachmittags brach, als ein Zug über die Cisterne hinwegfuhr, die Wölbung zusammen. Fünfzehn Arbeiter stürzten in die Tiefe und wurden von den Trümmern bedeckt. Fünf der verunglückten wurden auf der Stelle getötet. Einer kam mit dem Schrecken davon, neun andere sind schwer verwundet.
— Ermäßigung der Kohlenpreise. Wie aus Dortmund gemeldet wird, hat eine daselbst abgehaltene Versammlung von Vertretern der Kohlenzechen beschlossen, den Preis für Fördcrkohlen, der bekanntlich vor Kurzem von 135 auf 120 herabgesetzt worden ist, abermals um 10. auf 110 zu ermäßigen.
— Weiblicher Steuermann Ein Frl. Elisa Pool anS Chelsea in Massachusetts, welche eben ihr 28. Lebensjahr vollendet, hat von der Prüfungskommission in New- Aork ihr Diplom als Steuermann erhalten, welches Amt sie auf dem Dampfer Isis auS
füllt. Wohlmeinende Zeitungsorgone New- Dorks machen darauf aufmerksam, daß auf dem genannten Schiffe das traditionelle Verbot, mit dem Steuermann Unterhaltungen anzukiiüpfen, künftig mehr als je beobachtet werden müsse.
— (Kriegerleichen.) Bei der Ausgrabung von Kriegerlelchen in der Umgebung des Schlachtfeldes bei Spichern sind sehr inttressante Funde zn Tage gefördert worden. So fand man u. a. zwei noch halbgefüllte SchnabSflaschen (das aus Neugier gekostete Getränk hatte noch einen angenehmen Geschmack); einen doppelten Friedrichsdor mit der Jahreszahl 1781, welcher nach Beseitigung des ihn umgebenden Grundes wie neu erscheint, einen Thaler aus dem Jahre 1832 und einen bayerischen Kreuzer von 1832, dann Messer und Löffel mit Rost überzogen. Die Uniformen der einzelnen Leichen ließen die Nummern der Achselklappen deutlich erkennen, so die Nummern 12, 74, 40 und des Leibregiments Nr. 8. Die Uniformen sind meist wenig der Verwesung anheimgefallen, das Leder der Stiefel hat wenig gelitten, Strümpfe, die in den Stiefel steckten, zerrissen nicht, als dieselben mit den Knochenresten aus den Stiefeln hcrausgezogen wurde» ; die Knöpfe sind teilweise verrostet. Ferner fand sich ein gerollter Mantel, eine Taschenuhr, deren Deckel etwas angerostct, deren Werk jedoch vollständig gut erhalten ist, dieselbe hatte ihren Lauf um 5'/4 Uhr beendet, sowie Zündholzbüchschen und Bleistifte. Bei einer Leiche war deutlich die Schußwunde in dem bloßliegenden Schädel zu erkennen. In einem Grabe, welches als das eines Kriegers bezeichnet war, fand man 13 Leichen, in einem anderen, welches ebenfalls als die Ruhestätte eines Kriegers bezeichnet war, 12 Leichen. In einem Grabe, dessen Kreuz die Inschrift trug: „Hier ruht ein tapferer Krieger, er starb den Heldentod", fand man statt des toten Helden — die Ueberreste eines PserdeS.
— (Die Leber — und das Schnüren.) Professor Virchow i» Berlin machte vor wenigen Tagen gelegentlich einer Vorlesung über die Krankheiten der Leber neuerdings auf die schädlichen Folgen des Schnürens aufmerksam. Da der äußere Druck sich leicht und sicher nach innen fortsetzte und auspräge, so könne man schon aus der Form einer erhaltenen Leber auf die Zeit der Mode schließen, der die Trägerin angehört habe. So ist es möglich, die Leber aus der Zeit des Ancien-Regime, der Orleans, Napoleus rc. zu unterscheiden. Durch das starke Schnüren verschwinden ganze Leberteile, an- oere wachsen in abnormer Weise, Veränderungen, welche bei der hervorragenden Bedeutung jenes Organs die schwerwiegendsten Zufälle herbeisühren müssen.
— Der Ofen — und das Haus. Man schreibt aus Dessau: Beim Verkauf eines Hauses in Jeßnitz kam der merkwürdige Fall vor, daß ein Ofen mehr kostete als das ganze Haus. Das Haus wurde nämlich von dem Käufer auf Abbruch für 500 ^ erstanden, während er für den mitgekauften Ofen 600 ^ erhielt. Der Ofen stammt aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts und enthält Kacheln mit eingebrannten Bildern vom alten Dessauer, der Anna- Liese rc. rc. Er wurde im Aufträge des des Herzogs angekauft und wird in Dessau an geeigneter Stelle ausgestellt werden,