einen Hühnerkorb auf, drückte denselben ein und tötete drei Stück Hühner. Endlich gelang eS den vereinten Anstrengungen mehrerer Beamten, den Bären wieder in seinen Käfig zu drängen, worauf er verlade» und auf der Dresdener Bahn weiter befördert wurde.
— Aus Lübeck, 8. Mai, wird gemeldet: Nahe bei Eutin wurde ein Frauenzimmer auf der Straße ermordet. Gerichtspersonen begaben sich zur Untersuchung dorthin. — Nach einer weiteren Nachricht würde wahrscheinlich ein Lustmord vvrliegen. Die Ermordete, deren Leiche auf freiem Felke gefunden wurde, ist die Tochter eines O-kono- micrats.
Belgrad, 9. Mai. Ein Artikel des offiziösen Oßjek greift Oesterreich-Ungarn heftig an und sagt, Oesterreich-Ungarn solle sich stets vor Augen halten und nie vergessen, wen es im Osten zum Nachbar habe.
— In Liverpool hat die Frau eines Zollbeamten, Namens Charles Arthur Eharl- to», ihren drei Kindern im Alter von 9 Monaten, 2 und 4 Jahren mit einem Rasiermesser den Hals abgeschnitten und dann versucht selbst ihrem Leben auf gleiche Weise
Aus Ruhmeshöhen.
Novelle von F. Stöckert.
Nachdruck verboten.
14.
Hannah begann jetzt, nachdem sie einige einleitende Accorde angeschlagen hatte, mit leiser, bewegter Stimme das Lied zu singen. Sie bemerkte nicht, daß während sie sang, Hoff in das Zimmer trat, auf dem weichen Teppich verhallten seine Schritte lautlos. Er warf sich auf einen Sessel und legte die Hand vor die Augen. Wieder mußte er nun das Lied einer geliebten Frauenstimme hören, nur daß diese Stimme um vieles edler und inniger klang als jene von damals.
Als Hannah geendet hatte, erhob sich Hoff und trat an den Flügel heran.
„Ich wußte nicht, daß sie auch singen, Fräulein Hannah," sagte er bew.gt. „Warum muß ich das heute erst erfahren? Und wie kommen Sie zu diesem Lied, meinem Lied!
„Ihr Lied? Sind Sie der Komponist?" fragte Hannah, ziemlich verwirrt zu ihm aufschauend.
„Nur der Dichter," erwiderte Hoff.
Ein Ausdruck von Enttäuschung flog über das Gesicht des jungen Mädchens. Wenn er dieses Lied gedichtet, dann lag schon eine gewiß tiefe und leidenschaftliche Neigung längst hinter ihm.. Was fiel da überhaupt dem stolzen, egoistischen Manne ein, sich ihr zu nähern? Was wollte er von ihr?
O Gott cs war vielleicht nur eine Unterhaltung, ein leichtfertiges Spiel, was er mit ihr trieb. Noch war er ja auch Elviras Verlobter!
Wie böse Geister schwirrten solche Gedanken durch Hannahs Hirn. Sie war ja nur die Gouvernante im Hause seiner reichen Braut, eine besoldete Person, der ein wenig die Chur zu machen, man sich kein Gewissen zu machen brauchte. Heiße Schamröte stieg in Hannahs Gesicht, als ihr all das Bedenkliche und Gefährliche, welches in einem
" Verantwortlicher Redakteur -Bern
ein Ende zu machen. Die Frau litt an hypochondrischen Wahnvorstellungen, und man hält die That zweifellos für die einer völlig Unzurechnungsfähigen.
— Bei einem am Donnerstag nachmittag über Paris ziehenden Gewitter wurde der Eiffellhurm nicht weniger als 6 Mal vonl Blitz getroffen, einmal fast gleichzeitig von drei Seiten. Der letzte, schwerste Slblag ließ den ungeheuren Eisenbau noch längere Zeit vibrieren.
— Ueber einen Mord im Gerichtssaale berichtet man aus Paris: Colonna, der Fiedensrichler von Poccia (Corsica), hatte sich trotz seiner 68 Jahre mit einem ganz jungen Mädchen verlobt, das Verlöbnis jedoch auf Zureden der Verwandten aufgehoben. Ats die Mutter des Mädchens den Absagebrief erhielt, ergrimmte sie derart, daß sie in den Gerichtssaal stürzte und inmitten der Verhandlung drei Schüsse gegen Colonna abfeuerte, welcher sterbend zusammenbrach.
— Das Armen- und Irrenhaus bei Norwich, Newyork, ist durch eine Feuers- vrunst zerstört worden. 13 Personen, darunter 11 Idioten, sind verbrannt.
— Aus Montreal: Eine furchtbare
Verhältnis mit Hoff füp sie vorhanden war) zum vollen Bewußtsein kam.
„Das Gedicht ist von Ihnen?" stammelte sie jetzt endlich.
„Ja, und ich habe den heißen Wunsch, die flehende Bitte, singen Sie es noch einmal, Fräulein Hannah!" erwiderte Hoff. „Ich habe es seit langen Jahre» nicht gehört, es ist zu einem Markstein in meinem Leben geworden. Als ich es zum letzten Mal gehört, da war es der Schlußaccord eines Lebensabschnitts."
Hannahs Blick streifte wie in zitternder Frage, das schöne erregte Gesicht des jungen Rechtsanwalts neben sich. Sollte dieses Antlitz wirtlich lügen oder trügen, sie betrügen ?
»Ich erzähle Ihnen das Alles einmal später, was es mit dem Liede für eine Bewandtnis hat," fuhr Hoff fort, „aber jetzt, bitte, singen sie es noch einmal!"
Er rückte das Notenblatt zurecht, und legte Hannahs weiße schlanken Finger sanft auf die Tasten. Hannah zuckle zusammen bei dieser Berührung, und setzte dann mit etwas vibrierender Stimme ein.
Hoff blieb neben ihr stehen die Hand auf die Stuhllehne gelegt, die brennenden Blicke auf ihr Profil gerichtet. Als sie geendet, beugte er sich herab und küßte ihre weiße Stirn. „Ich danke Ihnen," murmelte er.
„Aber Hans, das ist das Spiel doch etwas zu weit getrieben," ertönte plötzlich eine schrille Stimme, und wie die Nemsis selber stand Elvira vor den Beiden.
„Ich denke, Du bist oben in Deinem Zimmer Hannah," wandte sie sich zunächst an diese, cs ist vier Uhr, Nanny u. Lilly sind schon längst mit ihren Büchern hinaufgegangen."
„Es wird soeben erst vier Uhr schlagen," erwiderte Hannah ruhig, packte die Note» zusammen, und verließ dann den Salon."
Hoff, der mit finster zusammengezogeiien Brauen vor Elvira stand, glaubte nicht an- ders, als daß diese ihm nun die ersehnte
hardHofmann.) Druck und Verlag von B e
Brandstiftungsmanie hat sich mehrere entsprungener Geisteskranker bemächtigt, die in ganzen Umgegend Häuser, Scheunen, Diemen und Viehställe anzündeu. Es herrscht große Panik.
— (Hohes ärztliches Honorar.) Ein Honorar von 11,000 Rubeln (35,000 ^E) hat der Odessaer Zeitung zufolge der Moskauer Professor Sklifassowskij für eine dieser Tage an dem Odessaer Millionär Rally an der Hüfte vorgenommene Operation erhalten.
(Voraussicht ) „Sie sind Zimmcr- mann, nicht wahr?" — „Ja wohl" — „Sic haben in der Nähe des Platzes, wo die Schlägerei vorsiel, gearbeitet 2" — „Ja wohl." — „Wie weit standen Sie von de» beiden sich Schlagenden entfernt?"—Sechsunddreißig und einen halben Fuß rheinisch."
— „Wie können Sie das so genau aus- sageu?" — „Weil ich mir's gemessen Hab';
— ich dacht' gleich, so »' Einer vom Gericht künnl' mich d'rum frag'n."
(Ein guter Verkäufer.) Herr zum Hausierer: „Packen Sie sich, sonst pfeife ich meinen Hunden." — Hausierer: „Kann ich Ihnen vielleicht mit einer guten Pfeife dienen?"
Freiheit zurückgeben und ihn von der Verlobung entbinden würde.
„Du willst mir doch wohl nur sagen, daß wir nun geschiedene Leute sind!" sagte er deshalb kühl zu Elvira.
„Nein das will ich nicht. Wenn Du Deiner künftigen Schwiegcrmama auch mal einen Kuß gegeben, das nehme ich Dir nicht weiter übel. Sie ist eben eine etwas kokette Dame, diese Hannah, Papa wird sie gehörig bewachen müssen, wenn sie seine Frau geworden ist. Aber sieh mich doch nicht so furchtbar verdutzt an, HanS! Hannah wird Deine Schwiegermutter, da kannst Du Gift darauf nehmen, sie ist klug genug gewesen, die reiche Partie, die sie und ihre verarmten Angehörigen versorgt, nicht von der Hand zu weisen."
„Das Märchen binde einem Andern auf, ich glaube es Dir nicht," entgegnrte Hoff fast trotzig.
„Daun laß cs bleiben, Du ungläubiger Thomas. Soll ich Dir aber vielleicht Beweise liefern?"
„Nein, das ist unnötig. Ich möchte Dir vor Allem jetzt nur sagen, daß —"
„Daß Du Hannah liebst, und mich der koketten Dame wegen aufgiebst," siel Elvira spöttisch lächelnd ein. „Aber gedulde Dich nur noch ein paar Tage, lieber Hans, die Vcrlobungsanzeigcn für Papa und Hannah sind noch nicht fertig. Oder frage Hannah selbst, jetzt ist sic freilich beschäftigt, aber die Gelegenheit wird sich ja finden, so gut wie sie sich heute gefunden hat." ^
„Gewiß sie wird sich finden, und wenn sie sich nicht findet, und Du sie vielleicht vereiteln solltest, dann werde ich mich brieflich mit Hannah verständigen."
„Thue das!" sagte Elvira.
„Und so hätten wir beide uns ja nichts weiter mehr zu sagen!" entgegnetc Hoff.
Er wollte gehen, aber Elvira warf sich stürmisch an seine Brust.
„O lieber Hans, ich gebe Dich nicht frei, ich kann Dich nicht freigeben, ich würde ohne Dich sterben!" rief sic wie verzweifelt.
(Fortsetzung folgt.)
rnhard Hofmann in Wildbad.