Rundschau.
Eßlingen, 9. April. Gestern abend 7'/- Uhr HU sich rin junger, etwa 17 Jahre alter Mann auf Obereßlinger Markung unter die Eiscnbahnräder gelegt und üler- fahren lasse». Der Kopf wurde vollständig vom Rumpfe getrennt. Die P-rsönlichkeit konnte noch nicht festgestcllt werden.
Möckmiihl, 8. April. Letzten Donnerstag sollte ein Dienslknecht von Reichertshausen, der mit seiner Herrschaft in Streit geraten war, durch die Ortspolizei nach Sig- lingcn transportiert und dort in den OrtS- arrest verbracht werden. Beim Passieren der Jagstbrücke, in unmittelbarer Nähe von Siglingen, sprang derselbe über dieBrücken- brüstung in die sehr tief gelegen«- Jagst. Jegliche ihm angebolene Rettungsmittel verschmähend, ertrank er vor den Augen seiner Begleitung.
Nagold, 8. April. Ein halbverrückter Mensch lagerte sich dem D. V. zufolge am Ostersonntag an einer Vizinalstraße, hielt ei» offenes Messer in der Hand und erklärte einem vorübergehenden Geistlichen: „Heute muß noch einer hin sein; Sie aber, weil Sie ein Geistlicher sind, will ich deS Weges passiere» lassen." Besagtes Individuum wurde verhaftet und vorläufig in Nr. Sicher unlergebracht.
Stockheim, 6 April. Vor einigen Tagen wurde, wie der Z-B. berichtet, eine Frau von einem Manne, ohne Zweifel in einem Anfall von Geistesstörung, eine ca. 18 Treppen hohe steinerne Treppe hinabgeworfen. Die Frau erlitt hiedurch 2 Rippenbrüchc und schwere innere Verletzungen, so daß sie hoffnungslos darniederliegt.
Göppingen, 9. April. Scho» mehrere Tage hielten sich zwei Soldaten vom 6. Ulmer Regiment mit wildem Urlaub hier auf. Wegen Zechprellerei wurde der eine derselben gestern abend in Uhingen verhaftet, während gleichzeitig die ganze Uniform des anderen mit herausgerissenem Namen im Oberholz sich vorfand.
Vom Schurwald, 5. April. Der älteste Mann des Oberamls Göppingen lebt in Rechberghausen, nämlich der 99jährige I. Unterlöhncr, Lumpensammler daselbst. Er ist immer noch gesund und rüstig, raucht regelmäßig sein Pfeifchen und geht täglich in den Nachbargemeinden seinem Berufe nach.
Urach, 5. April. Ein Akt der gemeinsten und niederträchtigsten Roheit hält, wie der E -B. berichtet, alle Gemüter in Aufregung. Als nämlich am letzten Donnerstag mittag 2 Mitglieder deS Mililärvereins das den Winter über bedeckte Kaiser Wilhelm- und Kaiser Friedrich-Denkmal enthüllten, wurde die Entdeckung gemacht, daß die eiserne Gedenktafel schwer und gewalt- samcnveise beschädigt war. Wie cö scheint, wollten jene Subjekte die ganze Tafel entfernen und zerstören, doch gelang ihnen dies zum Glücke nicht.
Blanbeuren, 7. April. Letzten Samstag hatte ein Knecht einen Brautwagcn von Beini>d uach Sonderbuch zu führen. Auf der etwas abschüssigen Straße vor Gerhausen beabsichtigte der Rosselenker, die Sperrkette loszumachen, um stramm und flott durch das Dorf fahren zu können; er übergab deshalb das Leitseil einer vorn auf dem Wagen sitzenden Näherin. Da scheuten die Pferde und rannten im Galopp die Straße hinunter in das Haus des Bäckers
und Wirts Allgäuer. Ein Pferd kam dabei mit der Deichsel in die Wirtsstube, da§ andere stand aittgebänmt am HauS. Durch die Gewalt deö Anpralls wurde die Näherin vom Wagen hcrunlergeworfen und fiel zwischen die beiden Pferde; zum Glücke erlitt sie keinen erheblichen Schaden; auch der Knecht kam mit dem Schrecken davon.
Ulm, 8. April. Dem Ulmer Tagblait geht von München aus die Mitteilung zu, der Prinzregent Luitpold von Bayern werde, die Teilnahme S. M des Kaisers am Ulmer Münsterfest vorausgesetzt, am Vorabend des Hauptsestlages in Begleitung des Prinzen Leopold als Armeekommandanten und des Prinzen Arnulf, Brigadekommandcurs urd Chefs des 12. Jnfantcrie-RegimentS, in Neu-Ulm eintreffen. Wie verlautet, würden sich auch die königlichen Prinzen Ludwig, Ruprecht, Alfons und Ludwig Ferdinand mit Prinzessin Elvira der Reise nach Ulm anschließen. — Die Arbeiter zur Festspielhalle sind ausgeschrieben. Sie soll 11 bis 1200 Personen fassen. DerZuschaner- ranm wird Tageslicht haben, die Bühne elektrisch beleuchtet sein.
Ulm, 9. April. Heute feierte laut U. T. Deka» Bauer in Lauphcim das 60jährige geistliche Amtsjnbiläum, im hohen Alter noch frisch und munter an Körper und Geist.
Biberach, 4. April. Wegen des am Donnerstag hier begangenen Diebstahls ist dem A. v. O. zufolge ein Verwandler der Bestohlenen, bei welchem Brechwerkzenge gefunden worden sind, vom Stationskommandanten verhaftet worden.
Biberach , 9. April. Zwei Wilddiebe haben über die Osterfeiertage einen stattlichen Rchbock und eine Rehkitze erlegt, wurden aber entdeckt und verhaftet. — In Höfen, 1 Stunde von hier, haben zwei Stromer die Opferstöcke einer Waldkapelle erbrochen. Auch diese wurden rechtzeitig entdeckt und in Haft genommen.
— In Wiesbaden ist der Diener des MajorS a. D. v. Frankenberg-Proschitz, Namens Georg Diefenbach, verhaftet worden, weil er seinem Dienstherr» aus dem Schreibtisch 500 ^ in Banknoten gestohlen hatte. Um die Spur des Diebstahls zu verdecken, legte er in der Wohnung Feuer, das jedoch bald gelöscht wurde. Diefenbach war früher Bursche eines höheren Offiziers in Koblenz, welchem eben in jener Zeit Geld und Schmucksachen entwendet worden sein sollen ohne daß cS gelungen wäre, den Dieb ausfindig zu machen.
Büdesheim bei Bingen, 7. April. Ein blutiges Drama hat sich hier gestern Vormittag abgespielt. Als die Bewohner aus der Kirche kamen, ward ihnen die Schr«-ckenS- knnde, daß die Fra» deS in Bingenbrück stationierten, hier wohnhaften Weichenstellers Graste ans Sarmsheim ihre beiden Kinder von 2ttr Jahren und 7 Monaten in einem Senkloch des Kellers ertränkt und sich darauf selbst an der Zimmerthür erhängt hat. Zwei Kinder ans der ersten Ehe des Mannes waren zur Zeit der Thal vom Hause abwesend; der Mann befand sich im Dienst. Die Lcntc lebten in geordneten Verhältnissen, die Frau, welche mit ihrem Manne noch den FrühgolteSdienst besucht hatte, vollführte ihre Schreckenslhaten ofienbar in einem Anfall von geistiger Störung.
— Aus Mainz, 9. April, wird gemeldet: Vergangene Nacht um 12 Uhr brach
in der Möbelfabrik von Ranch, Besitzer Albert Ranch in Köln, ein Brand aus. Zwei vierstöckige Hinter'-auten, enthaltend fünf Schreine!Werkstätten, der Maiäinenraum, der Schneideraum und das Holzlager sind vollständig ausgebrannt, ansehnliche Werte halbferliger Möbel wurden dadurch vernichtet. Das benachbarte Pricsterseminar wurde vom Feuer leicht erfaßt, blieb jedoch gerettet; auch das Kapuzinerkloster war gefährdet.
— Letzten SamStag abends brach in Schöncrillg, Bezirk Linz, ein Brand aus, welcher in kurzer Zeit von 37 Gebäuden 26 bis auf die Mauern einäscherte. Auch das Pfarrhaus, die Kirche und die Schule waren arg bedroht. Pferde, Rinder, Schweine und Feltervieh gingen massenhaft zu Grunde. Dreizehn Personen befanden sich in Lebensgefahr, vier haben schwere, ein großer Teil der Ortsbewohner leichte Brandwunden erlitten. Viele retteten nichts als bas nackte Leben. Die Not ist groß; der Schaden beträgt beiläufig 270,000 fl., wovon nur ca. 90,000 fl. versichert sind. Mai, vermutet, daß der Brand gelegt sei.
München, 8. April. Der Reichskanzler genehmigte die Einfuhr lebender Schweine aus Oesterreich-Ungarn nach den Zentrat- viehhöfen von München und Nüi nberg unter strengster tierärztlicher Kontrolle.
— Die verstorbene Kaiserin Augnsta hat der Altersvcrsorgungsanstalt der Berliner jüdischen Gemeinde ein Legat von 5000 Mark vermacht.
Berlin, 8. April. Der Reichsanzeiger veröffentlicht eine kaiserliche Kabinettsordre, die den Reichstag auf den 6. Mai cinbe- ruft.
— Kaiser Wilhelm beabsichtigt, der Kaiserin von Oesterreich in Wiesbaden einen Besuch abzustatten.
Berlin, 12. April. Der Kaiser reist heute abend nach Wiesbaden zum Besuch der Kaiserin von Oesterreich ab.
— Zu einem Uhrmacher in Lübeck kam ein fein gekleideter Herr, der sich für den Courier eines russischen Grafen ausgab, mit dem Begehr nach einer goldenen Uhr. Nach langer vergeblicher Auswahl bestellte der Fremde den Uhrmacher in eines der ersten Hotels (Düffke), damit der Graf selbst wähle. Mit einem 6 goldene Uhren im Werte von ca. 1500 -/A enthaltenden Karton im Hotel angelangt, ward der Uhrmacher von dem Fremden in ein Zimmer genötigt. Nach nochmaliger Besichtigung der Uhren begab sich darauf der Fremde mit dem Karton in das nebenan liegende Zimmer des „Gräfin". Nach langem vergeblichem Warten mußte der biedere Uhrmacher leider erkennen, daß er geprellt und der Vogel ausgcflogen sei. — Die Persöhnlichkeit des Gauners ist bereits als der wegen gleichen Schwindels schon be- . strafte Kellner Louis Schmidt festgestellt. Er nannte sich im Hotel Dr. Mende ans Düsseldorf, ist auch wiederholt unter fremden Namen ausgetreten.
— In sonst gut unterrichteten Kreisen zirkuliert die Meldung. König Leopold von Belgien werde demnächst den deutschen Kaiserin Berlin einen Besuch obstatten. Als Zeitpunkt für denselben wird das Ende dieses Monats angegeben.
Kairo, 8. April. Stanley ist uach Europa abgereist.
— Einem kolossale» Schmuggel mit deutschen Handschuhen sind die Zollbehörden