W e k e H r t.
Novelle von F. Stöckert.
Nachdruck verboten.
22 .
„Ja, das ist eine heikle Sache," erwiderte Salden. „Die junge Wittwe, Du weißt doch, es ist dieselbe deren Kind ich damals aus dem Wasser gezogen, war ja sehr stürmisch in ihren DankeSbezeugungen und warf sich beinahe in meine Arme, aber das Weid war dabei berechnend, kokett! Grade in dieser unbeholfenen Schüchternheit muß das arme Kind reizend gewesen s w ' daß sie Dich trotz alledem doch gcueb:, -st mir wahrscheinlicher als das Gegenteil, Lnni das ist doch eine bekannte Thotsache, daß man in der höchsten Erregung grade csi das, Ungeschickteste sagt und Ihut, und nun vollends Liebende! Wäre sie ruhig und gefaßt gewesen, so hätte sie jedenfalls in wohlgesetz- ter Rede Dir ihren Dank ausgesprochen!"
Born blickte sinnend vor sich hin und sagte nachdenklich:
„Bon diesem Gesichtspunkt habe ich die Angelegenheit kaum jemals angesehen " —
„Natürlich, Du haltest Dich gänzlich in den Gedanken verrant, furchtbar klug und dabei auch großmütig und edel zu handeln, wenn Du gingst, ihr für immer Deinen Anblick entzogst. In einer Art hat ja auch diese Handlung vollständig Berecktigung. Wenn taö junge Mädchen Dich aber dennoch geliebt, dann war Deine Handlung fast grausam, jedenfalls sehr rücksichtslos! Hättest Du nicht im ersten Antriebe einer heftigen Erregung gehandelt und hättest Dir Zeit genommen zu überlegen, dann wäre sie jedenfalls unterbiebcn."
„Ich glaube kaum," erwiderte Born, „denn als ich sie nach einigen Monaten in Berlin wicdersah, war meine Stimmung noch nicht so weil besänftigt, daß ich mich hätte entschließen könne», sie zu begrüßen."
Erregt sprang Dora auf bei tiefem Geständnis Borns. Er hatte sie also gesehen, war ihr nahe gewesen und hatte sich nicht zu erkenne» gegeben. O, das war mehr als grausam! Dunkle Schamröte stieg in ihr Antlitz bei der Erinnerung, wie sie auf offener Straße hinter ihm hergelaufen war. Unter diesen Umständen konnte sie es jetzt ja nur als ein Glück preisen, däß sie Bor» damals nicht erreicht halte.
Unwillkürlich hatte sich Dora erhoben und war in ihrer Erregung einige Schritte vorgklreten.
D>e beiden Herren hatten das leise Geräusch Vernommen »nd wandten sich nach ihr um. Mit entsetzten Blicken starrte Born sie an. Dora aber wandte sich zunächst an Salden, und reichte dems lben, der ziemlich Verblüfft drnn schaute, ihre kleine Hand,
„Sie verstehen sica aus Fram-nherze», mein Herr, auch aus dasjenige einer -»beholfenen Kleinstädterin. Sie Haber, die Sache eines ihnen unbekannten Mädckens gm geführt, ich danke Ihnen recht herzlich dafür."
Salden war aufgesprungen und entgeg- nete mit einer Verbeugung: „Ich habe die Ehre, Fräulein Dora Schmidt?" —
„Ja, die bin ich, die kleine Dora, die Ihr großmütiger Freund mit größter Lebensgefahr ans den Flammer gerettet hat, um sic nachher recht elend und unglücklich werden zu lass m"
" Verantwortlicher Redakteur: Bern
Mit lieblichem Erröten blickte sie dabei auf Born, in dessen erstarrten Züge allmählich wieder Leben kam. „Ob ich nun das rechte Wort finden werde für Ihre große stolze Seele Herr Assessor?" sagte Dora leise, fragend. —
Salden hatte sich, ehe es gesprochen wurde, discreter Weise entfernt. Mehrere Sekunden standen sich Dora und Born Auge in Auge schweigend einander gegenüber. Wie ein längst ersehntes einziges, herrliches Glück zog das Bewußtsein harmonischer gegenseitiger Liebe in diesen wenigen Sekunden in >brer Herz,», und Dorn rief dann srmde- irm „Tora, Du i..- t m i rlic >
- Im nächster. Augen,--ick schon hrclt Born ^ sie z-,,-rli. 'e Gestalt Dora'? in seinen Armen , und sie flüstere? -eise: „Ja: bin Dein für immer und ewig, Du lieber hochherziger Mann!"
Ais Salden dann später wieder nach der Nasenbank seine Schritte lenkte, fand er dort ein glückliches Brautpaar.
Endlich hatten sich die beiden Herzen ganz gefuncen und erkannt, und Born und Dora blickten jeßt lächelnd zurück auf die mancherlei Mißverständnisse und Irrungen, die sie sich selbst bereitet. Eins aber Verschwieg Dora dem Geliebten doch, nämlich ihre unbesonnene Verfolgung in Berlin, woran sie, seit sie erlauscht, daß er sie damals gesehen und sich nicht zu erkennen gegeben hatte, nur mit tiefer Beschämung dachte.
Frau Schmidt war natürlich über die plötzliche Verlobung ihrer mißgelaunten Nichte auf's höchste überrascht, aber sehr entzückt von dem Vorschlag Born'S, daß man sich gemeinsam noch einige Wochen in dem Badeorte, in welchem er sein Lebensglück gefunden, aufhalten wolle.
Mit innigem Behagen ergriff die alte Dame am nächsten Nachmittag ihren Strickstrumpf, nm in der Laube ihren Kaffeeschwestern Dvras wunderbare Liebesgeschichte zu erzählen. —
Darauf ging das Brautpaar mit der Tante auf die Anhöhe, wo sie ein so seliges Wicderfinden gefeiert. Salden, welcher sich der kleine» Gesellschaft angeschlosscn halte, suhlte sich bald in dieser Glückswonne vereinsamt und trennte sich von Born und den Damen. Er schlug einen einsamen Waldweg ein, ziemlich ernsten Gedanken uach- hängend.
Vor einigen Jahren hatte auch einmal ein bezauberndes Mädchenbild sich i» Sal- dcn's Herz eingcschlichen und sein Denken und Träumen beherrscht, da sie aber ohne Vermögen war, hatte er diese Thor heit, wie er damals eine Hurat ohne Geld nannte, energisch bekämpft. Bei dem LiebeSglück des Freundes jedoch war die Erinnerung daran wilder in ihm emporgestiegen und 'di s t Wcu ! - (-> '.rik 'ck' ,.e ib.,1 mäh g ? ii all de n st ße-, Zar - -er, i en '> i?>> - >>>-!' ^.a,, --l» fü?
-: Mens nh -?z.'u behal - „I g'au e , dci, cs war damals i .ne ordentlich., ernstlicke Li be," gestand sich Salden, „und da meine VermögenSumstände jetzt besser wie damals sind, sehe ich nicht ein, warum ich dem blauäugigen blonden Kinde entsagen sollte."
Born, dem er ani Abend fast schüchtern diesen vergangenen Licbestraum beichtete, bestärkte ihn natürlich sehr in seinem'
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Vorsatz, das verlassene blonde Kind in nach, ster Zeit aufzusuchen; und nach einigen Tagen trat Salden, ganz erfüllt von diesem schönen Vorhaben, seine Rückreise an.
Born und Dora genossen noch einige Wochen seligen Glücks in den schönen Schwarzwaidbergen, dann begleitete Born die beiden Dame» heim. Voll Stolz und Genngthu- ung zeigte sich Dora mit dem Geliebten in den Straßen der kleinen Heimaistadt und nahm huldvoll, die wohl nicht immer ganz aufrichtigen Glückwünsche ihrer Bekannten entgegen. —
Die Haide glühte wieder puipnrro«, als ^or> Uli, < oru >-. einem Lpaisomi-ikrabcno auf dem grauen Stamm unter der Haideöhre saß. Kleine blaue Schmetterlinge flatterten wieder in den letzten Strahlen der Abendsonne und durch die duftige weiche Luft zitterten die fernen Klänge der Abend- glocken.
„Wie oft habe ich hier allein gesessen und an Dich gedacht," sagte Dora, „ach und wie viele bittere Thronen habe ich Dir uach- geweint, als Du gegangen, nachdem Du mich erst Dich hattest erkennen lassen in Deiner edlen Ritterlichkeit. Ach Kurt, das ist etwas, wovor j'dcS Weib sich beugen muß, Stolz und Ucbermut verwandeln sich davor in sanfte Demut, und glücklich die Frau, die solch einen Mann gefunden I"
Zärtlch schlang sie die Arme um den Geliebten. — „O Kurt ich bin unsäglich glücklich," flüsterte sie.
„Meine holde liebliche Haideblume, ich bin auch glücklich in Deinem Besitz," sagte Born voll tiefer Bewegung und küßte Dora herzlich.
Die Sonne war uutcrgegangen, und der Mond stieg langsam herauf, es war als lächele der alte Freund aller Liebenden still in sich hinein, als sei» bleiches Licht die beiden einsamen Gestalten umwob. Eben solche glückliche Menschenkinder hatte er schon vor Jahrhunderten geschont. — Das Hohelied der Liebe war noch nicht verklungen auf der Erde, auch Dora, das kecke, übermütige Kind seiner Zeit, hat seinen Klang vernommen, und sich belehren lassen, daß Zeit und Menschen nicht flach, wie sie einst voll Uebermul behauptet, — sie hat erkannt, daß nur in ihren Augen sich einst Alles klein und flach gespiegelt, weil ihr das Höchst- Glück des Weibes, wahres tiefes Lieben, noch nicht aufgegangen war.
— Ende. —
Verschiedenes.
— Ländlich sittlich. Fremder tritt in ein ländliches Gasthaus, in dem die Familie gerade beim Mittag sitzt: „Kann ich ein Mittagessen haben?" — Wirt: „Gewiß ?,.'-if>n' zu-' — Fremder: —„Das paß, mir aber nicht, nul der ganzen Gesellschaft da aus einem Raps zu essen!" — Wirt ssr-ui-duch): „Na, da warten'ö halt a bisserl, mer werd'n Ihnen was drin lassen!"
— Verhältnismäßig. „Habe gehört, wollen heiraten, Kamerad, wohl brillante Schönheit?" — »Hm, passabel, so viel als ma» eben bei 100,000 Milgift verlangen kann I"
rnhard Hofmann in Wldbad.