Rundschau.

Stuttgart, 24. Ja». Kommerzienrat G. Kuhn i» Berg, der Mitbesitzer der weit über die Grenzen unseres Landes hinaus be­kannten Maschiinn- und Kesstlfbabrik, Effcn- und Gelbgießerei, ist heute vormittag 11 Uhr gestorben, nachdun er in der vergang­enen Nacht von einem Schlagansall betrof­fen worden.

Stuttgart, 24. Jan. (Bubenstück.) Die Reisenden des Zuges Nr. 206 ab Hall 7 Uhr 40 Min. sind am Donnerstag abend einem großen Unglück entgangen. Die Fahrt ging kurze Zeit flott von statten, bis auf einmal ein furchtbarer Ruck erfolgte, wor­aus alsbald das Notsignal der Lokomotive ertönte. Wir befanden uns gerade bei der Einfahrt zur Kochcrbrücke. Der Sturm heulte Blitze zuckten am Firmament; die meisten Lichter in de» Wagen waren infolge des Sturmes erloschen. Der größte Teil der Mitreisenden eilte aus den Wagen, um nach dem Vorkommnis zu sehen und nun stellte es sich heraus, daß, wie es scheint, von ruchloser Hand eine Diele, mit Steinen be­schwert, quer über die Schienen gelegt war. Es ist ein Wunder zu nennen, daß die Lo­komotive diese Diele einfach zertrennte und bei Seite schleuderte; andernfalls wäre eine Entgleisung der schrecklichsten Art vorgekom­men und der Zug etwa 80 Schuh tief in den Kocher hinabgeschlendert worden.

Gruibingen, OA. Göppingen, 20. Jan. Das Göpp. Wocheubl. verzeichne: folgendes Kuriosum: Bei der Bürgerausschnßergänz- ungSwahl zeigte sich allgemeine Teilnahms­losigkeit, insofern niemand abstimmte.

Tübingen, 21. Jan. Rechtsanwalt Fr. Payer hat einer Deputation der. Städte Tübingen, Reutlingen, Rottcnburg gegenüber die Annahme des ihm angeborenen Reichs­tagsmai,datrs zugesagt.

Böblingen, 23. Jan. Heute mittag siel beim Umlabeu eines Dampfkessels auf dem Bahnhof, Kupferschmied M. Schöfsler so unglücklich vom Pritschenwagen herab, daß er sofort tot war.

Tnttlingen, 23. Jan. Am letzten Sonn­tag wurde laut Heub. B. auf dem hiesigen Bahnhof die Maschine deö um 6 Uhr 44 Min. nach Jmmendingeu fälligen Zuges schadhaft und der Zug erlitt, da eine Hilfs- maschinc requiriert werden mußte, eine halb­stündige Verspätung.

Ulm, 23. Jan. Die Ehefrau des hie­sigen Mechanikers M welche ihren schon seit längerer Zeit erkrankten Mann in sorg­samster Weise verpflegte, erkrankte kürzlich an der Influenza und lag zu Bette. Gestern hatte dieselbe bedeutende Fieberanfälle und stürzte sich in vergangener Nacht, nachdem die sie verpflegende Diakonissin das Zimmer verlassen, vom zweiten Stock ihres Hauses auf das Slraßenpflaster. Hiebei erlitt sie derartige Verletzungen, daß sie noch heute abend bewußtlos darniederlag.

Wie man einen Holzdieb los wird, daS soll ein Bürger in Gerstetten aus dem Fundament verstehen. Im fehlte dann und wann am Reifach- und Holzhaufen ein ge­wisses Quantum und da er einen kannte, der nie Holz kaufte, so hatte er diesen im Verdacht, er nehme seinen Bedarf von ihm. Er legte sich auf die Lauer, d. h. er schlief einige Nächte augekleidet auf dem Sofa, an dem eine Schelle angebracht war, deren Schnur mit dem Holzvorrat in Verbindung gebracht

war. Als dann das Zeichen ertönte, der Holzdieb sei an der Arbeit, begab sich der Wächter mit einem derben Stock hinter den Beschäftigten und prügelte ihn weidlich durch.

Berlin, 22. Jan. Das Armceverord- nungsblatt veröffentlicht einen kaiscrlicken- Erlaß, wonach die Kavallerie nach Maßgabe der verfügbaren Mittel mit Stahlrohrlanzen auszurüsten ist, und die leichte Kavallerie fortan Lanzenflaggen nach den für die Küras­sier- und Ulanen-Regimeuter festgesetzten Proben zu führen hat.

- In Berlin wurden wegen Billet- schwindels der Kassier des Reickshallen- Theaters, Hallmann, einer der Kontrolleure, sowie 3 Billethändler Namens Wolfs, Drei­kant und Dünkel verhaftet. Die letztere» hatten Billett, die ihnen die beiden elfteren überlassen, an Sonntagen bei dem üblichen Andrang mit erheblichem Ansschlag, an an­deren Tagen aber auch oft unter dem eigent­lichen Preis verkauft. Die Direktion des Theaters schätzt den durch die Unterschlag­ung der Billets ihr zugefügten Schaden auf 100,000 da die Sache allem Anschein nach schon seit etwa 3 Jahren betrieben worden sein dürfte.

Im Landkrankcnhause in Hanau ist das letzte Opfer der Explosion in der Pul­verfabrik, Elisabeth Hahn aus Rückingen, am Samstag nach langen schmerzlichen Lei­den gestorben.

Der Personenzug der Staatsbahn PragDresden fuhr am Montag abend auf herabgestürzte Felsstücke bei Kraleyö. Die Lokomotive und 7 Wagen entgleisten. Niemand wurde beschädigt. Der Verkehr ist am Dienstag wieder ausgenommen worden.

Aus Paris, 22. Ja», wird gemel­det: In der Mine Drocourt verunglückten infolge des Versagens der Bremsen an dem Aufzuge ausfahreude Bergarbeiter; vier fan­den sofort den Tod, 20 sind verwundet, da­von 15 schwer, nur 3 blieben unverletzt.

Aus New-Iork, 22. Jan., meldet man dem Berl. Tgbl.: Ein Separalzug mit Mitgliedern der Howard-Atheuäum-Gesell- schaft wurde bei Reno von einer ungeheuren Schneelawine verschüttet. Die Ausgrabung des Zuges ist trotz angestrengter, bei Tag und Nacht fortgesetzter Arbeit bisher noch nicht gelungen, so daß die größten Besorg­nisse für das Schicksal der Passagiere ge­hegt werden.

Verschiedenes.

Ein Spruch Moltkes. Graf Moltke sandte der Kreiszeitung zufolge dem Hessi­schen Vereine für Geschickte und Landeskunde in Hanau für dessen Autographeu-Samm­lung folgendes Gedenkblatt:Freiheit ohne Vaterland wäre ei» Spott der Fremden. Berlin, 18. Ja». 1890. Graf Moltke, Feld­marschall." Die Handschrift sei groß, sehr deutlich und fest.

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Ein origineller Selbstmörder. Die­ser Tage erschoß sich in seiner Wohnung ein den besten Gesellschaftskreisen Leipzigs angehöriger Junggeselle, der bei allen, die ihn kannten, als jovialer, fröhlicher Gesell­schafter beliebt war. Da er ein Vermögen von circa Millionen Mark hinterläßt, so sind eS jedenfalls keine Nahrungssorgen gewesen, die ihn in den Tod trieben. Wohl aber wußten seine Freunde, daß er ein Herz­leiden hatte, und es ist sehr wahrscheinlich,

daß er in einem Anfall der bei dieser Krank­heit sich Plötzlich entstellenden Angst seinem Dasein 7in Ende machte. ' An der Saal- lhüre hing ein Plakat mit der Aufschrift: Kopf doch! Wcht erschrecken! Fritz nicht heretnlaffcu!" Mit den letzten Worten war sein Neffe gemeint, dem er den unerwarteten Anblick einer Leiche ersparen wollte. An der Stubenthürc klebte ein Papierbogen, auf diin die Worte standen:Vorsicht 1^Der An­blick einer Leiche ist schauerlich!" und an der Thüre des Zimmers, in welchem er sich erschoß, las man eine dritte Weisung, welche kurzweg lautete:Nur die Wirtschafterin darf hereiulreten!"

Ein Hnnd als Amme von vier Ferkeln. ImDyrevennen" wird geschrie­ben, daß auf einem Hofe in OdSharde eine Sau im vorigen Jahre 17 Ferkel geworfen hatte, eine so große Zahl, die diese nicht säugen konnte, weshalb die Leute Rat such­ten. Nun hatte ihr großer HofhundFreia" eine Woche vorher Junge bekommen und mit zweien, die er hatte behalten dürfen, lag er auf der Tenne. Zu diesem brachte man vier von den neugeborenen Ferkeln, und obschon er bereits begonnen hatte, av und zu seine Jungen zu verlassen, die schon über 8 Tage alt waren, rührte er sich in den folgenden acht Tagen nicht von der Stelle, sondern ließ sich sein Futter bringen, während die Ferkel saugten, und blieb ihnen eine treue Pflegmutter. Als sie etwas her­anwuchsen, versuchte er sie zu verlassen, um den Leuten aufs Feld zu folgen, aber sämt­liche vier Ferkel galoppierten stets hinterher. Er mußte daher unterwegs Anhalten und ihnen Milch geben, bevor er freikommen konnte. Aber in der Regel fuhren die Fer­kel fort, hinterher zu laufen, bis er sich be- quemte, mit ihnen nach Hause zu gehen. Die Ferkel nehmen sehr gut zu undFreia" befindet sich im besten Wohlsein.

Ueber ein seltsames Naturwunder wird aus Buenos Aires berichtet: Unter den zahlreichen gefangenen Indianern, welche der Hauptmaun Albornog von seiner letzten Expedition nach dem Gron Chaco in den ersten Dezembcrtagen v. I. nach der argen­tinischen Hauptstadt brachte, befindet sich ein Indianer, der sich durch mehrere körperliche Eigenschaften ganz merklich von seinen Stam- meögcnossen auözeichnet. An Körperlänge mißt er 2,10 Meter, ist demnach einen hal­ben Meter länger als die größten seines Stammes, außerdem trägt er einen starken roten Vollbart, der sonst bei den Indianern nie zu finden ist, und endlich hat er an bei­den Seiten der Stirn zwei hörnerartige Aus­wüchse in der Länge von 5 Centimetern. Eine Kommission von Militärärzten hat die­sen Indianer einer genaneren Untersuchung unterzogen und festgestellt, daß die Bildung dieser Auswüchse genau der Bildung der Hirschgeweihe entspräche. Auf verschiedene Angebote hin, welche eine Schaustellung des riesenhaften Indianers bezweckte», hat der Kriegsminister geantwortet, er werde einen Kriegsgefangenen zu solchen Versuchen nie­mals auSlicfcrn; doch wird derselbe in den Offiziers- und Beamtenkasinos vielfach ge­zeigt.

(Brvdneid.) Köchin:Sag' mal, Fritze, weeßt'e nicht '» Schatz for unser Stubenmädel?"Soldat:Nu hör' mal, dct bischen, wat bei Enck übrig bleibt, krieg' ich janz jut alleene uff."