Feiertagen der Gedanke in ihr, sich an der Familie R. zu rächen. Am dritten Feiertage kam sie, mit einem Beile bewaffnet, zu R.'s, traf dort nur die 16jährige Schwester ihres Geliebten, warf diese zu Boden und brachle ihr einen Veilhieb nach dem andern aus den Kopf bei, indem sie dabei immer wiederholte: „Ihr habt mich in's Unglück gestürzt, mich verjagt, wie einen Hund, mich eine Diebin genannt, dafür mußt Du büßen." Die unglückliche Tochter R.'s erlag ihren Verletzungen; die Köchin, welche den Ueberfall mit angesehen hatte, besaß nicht den Mut, für ihre junge Herein cin- zulretcn, sondern hielt sich während der blutigen Katastrophe unter einem Sopha versteck!.
— I» New-Iork waren bis zum 15. ds. im ganzen 150,000 bis 200,000 Personen an der Influenza erkrankt. Die Epidemie läßt aber jetzt an Heftigkeit nach. Am 14. ds. starben 103 Personen an Lungen- und Luftrvhrencnizündung, die sich aus der Grippe entwickelt hatten.
(Wie man seine Gläubiger los werden kann.) Eiu Frankfurter Sportverein hatte erfahren, daß einer seiner Gläubiger
im Wege der Klage gegen ihn Vorgehen wolle. Da gerade große Ebbe in der Vereinskasse war, beschloß der Vorstand eine Generalversammlung einzuberufcn und ihr den betreffenden Gläubiger als Ehrenmitglied des Vorstandes vorzuschlagen. Die Generalversammlung fand statt, der Vorschlag wurde beifällig aufgenommen, und der betreffende Gläubiger nicht allein zum Ehrenmitglied des Vorstandes, sondern sogar zum Ehrenpräsidenten ernannt. Mit dem Sitzungsprotokoll in den Händen, begab sich noch am selben ,Abend die ganze Gesellschaft zu dem Gläubiger, um ihm den Beschluß mitzuteilen. Der Mann war darob so gerührt, daß er nicht blos auf seine Forderung verzichtete, sondern auch noch 100 zum Besten gab.
(Ein armer Reisender.) In Gera sprach im Sommer v. Js. ein Handwerksbursche um ein Geschenk au. Er erhielt dies, nachdem er seine Papiere, die er in einer verschlossenen Brieftasche bei sich trug, vorgez> igt hatte. Als sich der arme Reisende entfernt halte, gewahrte man, daß er seine Brieftasche zurückgelassen hatte. Dies wurde wenig beachtet und in irgend einen Winkel
geworfen, wo sie bis jetzt geruht hat und bei einer Aufräumung wieder aufgefunden worden ist. Nun .wurde sie einer Durchsicht unterworfen und siche da, der Inhalt der Tasche repräsentierte einen Wert von etwa 60 000 welche Summe auf Grund der Papiere am 1. September d. I. in London zu erheben ist. Ob der arme Reisende rechtmäßiger Besitzer dieser Wertpapiere war, oder ob jemand anders Anspruch darauf erheben wird, muß vorläufig dahingestellt bleiben.
(Vom Kasernenhos). Sergeant: „Millioneiisternkreuzdonnerwelter! Sie sind doch ein schrecklich dummer Kerl, haben Sie noch mehr Geschwister?" — Rekrut: „Zu Befehl, Herr Sergeant, ich habe noch einen Bruder." — „Ist der auch so dumm wie Sie?" — „Der ist noch viel dümmer." — „Was ist denn das Rindvieh?" — „Der ist Sergeant."
(Praktisch.) Wie, Karlchen, Du hast Dein Taschentuch in drei Stücke gerissen?" — „Ja, Mama! Ich Hab' den Schnupfen und ein Taschentuch während der Schulzeit langt nicht."
W e k e H r t.
Novelle von F. Stöckert.
Nachdruck verboten.
13.
Auf der Brandstätte wurde es jetzt allgemach ruhiger. Gegen Morgen war mau endlich des Feuers Herr geworden. Tie Helle Sonne, die Alles mit glänzendem Lichte »mmob ließ die schaurigen Bilder der Nacht fast wie wüste Traume erscheinen. Einzelne Mauerreste standen noch, auch ein Stück des hohen Giebels, mit dem Fenster an welchem Dora in der Nacht in ihrer Todesangst gestanden und thieii Schmuck herunter geworfen hatte, nach welchem wohl jetzt die Menschen , die da mit gierigen Blicken in Schutt und Asche wühlen, suchten.
Ein altes, zerlumpt ausjehendcS Weib stand in einiger Entfernung und sah diesem Suchen hohnlächclnd zu; sie hatte den Sch. schon in der Nacht, als Aller Blicke auf die Schrecknissen,en gerichtet waren i» Sicherheit gebracht und freute sich jetzt ihrer Schlauheit.
Einzelne Gruppen müßiger Menschen standen zusammen und ergingen sich in Vermutungen über die Entstehung des Feuers. Es sollte durch die Nachlässigkeit eines Ae- beitsmannes des Herrn Schmidt, in den untere» Räumen des Hauses, wo die Warenlager waren, entstanden sein. Man. beklagt übrigens die davon Betroffenen nicht sonderlich. Dm eisernen Geldschrank hatte man ja glücklich aus dem Hause herauSbringcn sehen, und überdies war ja Alles sehr hoch versichert gewesen.
Auch dem kleinen Fräulein Dora sollte ja der Schreck und die Todesangst ganz gut bekommen sein. Am meisten zu beklagen sei aber jedenfalls der arme junge Herr Assessor, der sie gerettet und wohl schwerlich mit dem Lebe» davon kommen werde, man habe ihn ja ganz und gar zerschmettert davon getragen.
Schließlich berichtete jeder Einzelne mit vieler Weitschweifigkeit: Wie das Feuer ihn aus süß-n Träumen geweckt, wie man sich
beinah zu Tode erschrocken, da cs ja in der nächsten Nähe gewesen u. s. w.
Jetzt erschien auch der alte Herr Schmidt wieder auf der Brandstätte, und ordnete den Transport der geretteten Möbeln an, die er nach einem, ihm gehörenden Landhaus vor der Stadt bringen ließ, in welchem man sich vorläufig wohnlich einrichten wollte. Am Nachmittag mar Alles soweit dort fertig, daß er seine Frau und Dora, die sich unterdetz bei einer befreundeten Familie anfgehalten, in das neue Heim führen konnte.
„Ich denke wir werden eS eine Weile hier aushalten, bis sich eine passende Wohnung für uns in der Stadt gefunden," sagte Herr Schmidt, als er mit den beiden Damen durch den Vorgarten dcS Landhauses ging. Dabei streifte sein Blick forschend das blasse Antlitz Doras, die auf dem ganzen Weg noch kein Wort gesprochen hatte. Jetzt sah sie auf zu ihm.
„Wie geht es ihm, meinem hochherzigen Retter, Onkel?" fragte sie mit bebender Stimme. „Was hast du für Nachrichten cingezogen?"
„O, es ist furchtbar, furchtbar I"
Heiße Thränen stürzten aus Doras Augen, die sie in Gegenwart fremder Menschen gewaltsam zurückgchalten.
„Er wird am Leben erhalten bleiben, versicherte mir der Doctor Braun," er- wiederte Herr Schmidt tröstend, aber doch mit sehr trauriger Miene.
„Aber welch' einem elenden Leben," wehklagte Dora und rang die Hände, „ein Krüppel wird er bleiben, die schöne kräftige Gestalt elend verstümmelt und das Alles um mich. Warum ließ er mich nicht sterben, nun wäre Alles vorüber und ich wäre mit meiner.guten Mama vereint!"
„Versündige Dich nicht, Dora!" sagte jetzt die Tante vorwurfsvoll. „Es ist Gottes Wille gewesen, daß Du wie durch ein Wunder gerettet wurdest I"
Dora nickte und sagte demütig: „Ja, ich lag auf meinen Knien und bat u. fl hte um Errettung, es dünkte wir furchtbar, so jung zu sterben, hinweggenommcn zu wer
den aus dem vollen reichen Leben, es ist unerträglich, da ein Anderer um mich leidet, und gerade er! er! Wäre cs ein armer Mann gewesen, da könnte man ja mit Geld Vieles gut machen. Aber dem Herrn Assessor Born, diesem edeln, hochgebildeten Mann, vermag ich armseliges Ding nichts für seine Hcldeuthat zu bieten."
„Nun, nur nicht so verzweifelt geurteilt, vielleicht kannst Du doch einmal Deine Schuld ihm gegenüber abtragen", sagte der Onkel zögernd, und strich liebkosend über den dunklen Scheitel deS jungen Mädchens.
Dora erwiderte nichts, sie verstand wohl, worauf der Onkel hinzielte. Ach, er wußte ja nicht, daß sie sich dieses Rechts auf ewig verlustig gemacht. Born würde nie die bittende Frage, die sie einst in solcher beleidigenden Weise zurückgewiesen, wiederholen. Jetzt gewiß nicht, wo es wie ein Recht aussah, was er beanspruchen konnte. Und sic? Und Dora würde schwerlich je den Mut haben, das erlösende Wort für sie beide zu sprechen. Ach vielleicht verlangte er auch nicht, eS zu hören, vielleicht hatte er sie nur gerettet, um sie in ihren haltlosen Anschauungen über Mannesmut und Manneswürde auf'S Tiefste zu demütigen. — —
Trostlose Tage kamen jetzt für Dora. Wie eine Verfehmte, wie eine geächtete erschien sie sich, wenn die spähenden Blicke der Menschen auf ihr ruhten, und man ohne alles Zartgefühl in ihrer Gegenwart von dem Assessor Born sprach, seine kühne Rettungsthat pries und dann sein Schicksal auf's Tiefste beklagte. Sein Leben hieß cs, wäre immer noch gefährdet, Aerzte und ein berühmter Operateur waren aus der Residenz berufen, wo man, da seine heroische That in allen Zeitungen gestanden, sogar in den höchsten Kreisen Interesse u. Teilnahme für ihn gezeigt — Das Alles wurde Dora namrlich mit der größten Weitschweifigkeit mitgelcilt.
„Er erntet Ruhm und Bewunderung" sagte sie sich trübe, „und ich Schmach und Hohn."
(Fortsetzung folgt.)
Vcraulwenl'cher Nedattcur: Vernharo Hofmann.) Druck und Verlag von Bernhard Hosmann ln Wildbad.