schon aus einer Veröffentlichung des Reichsanzeigers genügend gekennzeichnet ist, des Kaisers allerhöchstes Mißfallen erregt. Der Kaiser hat Befehl erteilt, daß die Krcuzzeit- ung in den königlichen Schlössern nicht mehr aufliegen oder gehalten werden soll.
— Die Anberaumung der Wahlen auf den 20. Februar setzt voraus, daß der jetzige Reichstag, dessen Mandat erst am 21. Februar abläuft, spätestens am 19. Februar (vielleicht aber viel früher), ob er seine Arbeiten vollenvet hat oder nicht, aufgelöst wird, lieber den Termin der Auflösung dürfte man sich je nach dem Gange der Verhandlungen entscheiden, die dem jetzigen Reichstag noch obliegen.
Bad Homburg, jio. Jan. Der Botschafter Sir. E. Malet hat für die Königin Viktoria von England eine größere Villa für die Dauer des ganzen Sommers gemietet. Vorläufig ist jedoch der Aufenthalt der K nur auf sechs Wochen berechnet. Die K. will hier Bäder nehmen und möchte zugleich eine Zeit in der Nähe ihrer Tochter, der Kaiserin Friedrich, weilen.
— Aus Braunschweig, 11. Januar, Meldet die Fr. Ztg.: Ein großer Brand
in der Fabrik der Jutespinnerei Vechelde vernichtete den ältesten Teil der Anlage, 26 Spinn-, Spul-, Zwirnmaschinen, sowie eine beträchtliche Anzahl Haspeln. Der Schaden beträgt 150—200,000 DaS Etablissement wird nach einigen Tagen teilweise wieder den Betrieb aufnchmen.
Wien, 10. Januar. Im Palais der deutsche» Botschaft haben heute der amerikanische Gesandte Grant, zahlreiche Mitglieder der Aristokratie und das Offiziercorps des Husarcnregiments Kaiser Wilhelm II kondoliert.
Sansibar, 9. Jan. Die deutschen und die englischen Kriegsschiffe feuerten heute von 8 Uhr morgens bis Mittag in gemessenen Pausen Salven zu Ehren der Kaiserin Augusta ab.
— Aus Amsterdam, 11. Jan., wird de» M. N- N. gemeldet: Hunderttausend Menschen sind hier an der Influenza erkrankt. Mehrere Zeitungen mußten ihr Erscheine» einstellen, da die gesamte Redaktion erkrankte.
— Am Morgen des 9. Januar wurde, wie aus New-Aork gemeldet wird, in Brooklyn eine Mauer der neuen Presbyteriancr-
kirche durch den starken Sturm u ingeweht. Sie stürzte ans ein anderes Haus, dessen Insassen, 9 an der Zahl, im Schlafe lagen. Zwei wurden getötet, 4 tödlich verletzt.
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„Geistesabwesend" und „Gedankenleere" sind die Wahrzeichen der folgenden Schilderung, die sich einer unserer gelehrtesten Schriftsteller leistet: „Die im Winde flackernden Straßenlaternen jagten ihr Licht geistesabwesend an den Mauern entlang, so daß hier und da ein Schild aus seinen Träumen auffuhr und mit in großen Lettern gedruckter Gedankenleere vor sich hinstarrte."
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— Praktischer Beweis. Nur immer praktisch, dachte ein Hutmacher aus der Königs- straße zu Chemnitz, und um den Vorübergehenden zu beweise», daß seine Hüte in der That öl- und wasserdicht seien, stellte er zwei Hüte in sein Schaufenster, deren einer mit Wasser gefüllt ist, in dem zwei Gold- fischchen schwimmen, während ein anderer voll Oel gegossen ist und auf diesem ein Nächtlich brennt.
Wekehrt.
Novelle von F. Stöckert.
Nachdruck verboten.
11 .
„Die Blumen hatten einen andern Zweck, eincn ganz andern, als Sie vermuten, ich pflückte sic selbst."
„Ach, vielleicht zur Errinnerung an eine unvergeßlich schöne Stunde?"
„Sie wollen mich beleidigen, und vielleicht sind Sie auch berechtigt dazu, denn ich — ich war — ich habe —"
In Borns Augen flammte es auf, als sie in solcher Verwirrung vor ihm stand. Bereute sie ihre einst so beleidigende Worte ihm gegenüber? ES schien eine schüchterne Entschuldigung auf ihren Lippen zu schweben, aber jetzt preßte sie dieselben fest zusammen, nein, so zu demütigen vermochte sie sich doch nicht vor ihm, und ihm eingestehen, wie sehr ihre beleidigenden Worte jenes Abends ffie gereuten. Nur ein schüchterner, fast hilfloser Blick der kindlichen braunen Augen verriet ihm teilweise ihren Herzenszustand; und als sie sich jetzt umwandte und weiter ging, da schaute er ihr sinnend nach, dann hob er verstohlen den Haideblumcnstrauß auf.
Welche Bestimmung mochten die Blumen gehabt haben? War cs die, daß sie in seiner Hand ruhen sollten? Nun hafte- tcten seine Blicke wie verloren darauf, als gelte eS ein süßes Rätsel zu lösen.
Dora mar nach der Garderobe gegangen, um ihre in Unordnung geratene Toilette wieder in Ordnung zu bringen, und Born hatte die Augen unverwandt nach der Saalthür gerichtet, um ihr Eintreten zu erwarten, denn er wollte trotz des fatalen Zwischenfalles sich einen Tanz von ihr erbitten, und dann vielleicht das Rätsel lösen. Aber die junge Dame erschien nicht wieder. Sie hatte sich in die dunkelste Ecke der nur sehr mangelhaft beleuchteten Garderobe gesetzt, und hing dort träumerisch ihren Gedanken nach. Die Lust zum Tanzen war ihr vollständig vergangen, unter all den Tänzern, die auf ihrer
Tanzkarte standen, war nicht einer der Gnade vor ihren Augen gefunden hätte, sie waren ihr alle gleichgiltig.
„Wenn er mich engagiert hätte," seufzte sie, „dann würde ich noch hier bleiben, aber nun habe ich keinen Tanz mehr frei, wenn er auch wirklich mir die Ehre noch anthu» wollte. Es ist vielleicht das Beste ich gehe zu Hause, totmüde bin ich ohnedies von meinem weilen Spaziergang heute, und den ganzen abend mit anzusehcn, wenn er mit Anderen tanzt, das mag ich auch nicht!"
Dora erhob sich und ließ sich von der Garderobiere in ihren Mantel hüllen, dann bat sie dieselbe, der Frau Apotheker zu sage», daß sie gegangen, da ihr nicht ganz wohl sei. —
Die Tanzmusik schallte noch verlockend in Doras Ohren, als sie schon auf der nacht- stillen Straße stand und je weiter sie ging, je melancholischer schienen ihr die heinrn Weisen zu klingen. Dann war Alles still um sie, denn kein Ton vom Ballsaal er- errnchte ihr Ohr; trübe flackerten die Gaslaternen, und die alten Giebelhäuser schienen riesenhaft inS unendliche empor zu ragen. Dora war von Natur durchaus nicht furchtsam, aber heute auf diesem nächtlichen Weg erfaßte es sie einigemal mit kaltem Grausen , wie die Ahnung von irgend etwas Schrecklichem, was die nächsten Stunden bringen mußten. Auch als sie ihr Ziel erreicht, und die eichenen Thüren des alte» Kaufmannshausis sich hinter ihr schlossen, verließ sie das beklemmende Gefühl nicht. Langsam stieg sie, mit dem Licht in der Hand, die hölzerne Wendeltreppe herauf; das kunstvolle Schnitzwerk an derselben warf gcsp n- sterhafte Schatten auf die weißen Wände des Flurs. Etwas erleichtert atmete sie auf, als sie in ihr Zimmer trat, das beim matten Schein der Lampe einen so traulichen Eindruck machte. Einige Spätrosen, die zierlich geordnet, in einer altertümlichen Fase auf dem Tisch standen, verbreiteten süßen Duft und erinnerten fast an schwüle Sommernächte mit Nachtigallgesang und Mondesglanz. Dora hatte sich auf einen nied
rigen Lehnsessel gesetzt und ließ die bunten bewegten Bilder des Abends noch einmal an ihrem Geist vorüberziehen, sie wiederholte sich die beleidigenden Worte, die Born zu ihr gesprochen, und gestand sich kummervoll, daß sie nichts Besseres verdient. Nach und nach gestaltete sich Alles in ihrem Kopfe zu wirren Traumbilder», die müden Augen fielen ihr zu, der lange Spaziergang am Nachmittag, dann der Ball, das Tanzen u. die Aufregung hatten die Kräfte Doras erschöpft, und ein wohlthuender Schlaf bannte dieselbe bald in süße Ruhe. Dora hörte deshalb nicht das leise eigenihümliche Knistern, das von unten herauf kam, bemerkte nicht, wie durch die Dielen und von dem Saal draußen Rauchwolken sich langsam im Zimmer verbreiteten. Auch die Sturmglocke die jetzt plötzlich ertönte, und der Lärm und das Feucrgeschrei, drang nicht an das Ohr der Schlafenden. Da züngelte plötzlich eine Helle Flamme von der Außenwand des Saales in das Zimmer Dora's und erfaßte die Portieren an der Stubenthür, augenblicklich standen dieselben in Hellen Flammen, der Feuerschein fiel grell in Doras Antlitz, sie erwachte, und die schlaftrunkenen Augen blickten verwundert empor.
Einen Moment war Dora wie gelähmt vor Schrecken und Entsetzen, dann stürzte sie an das Fenster und öffnete dasselbe, da Rauch und Qualm schon das ganze Zimmer erfüllte. Kopf an Kopf gedrängt stand dort unter ihr eine Menschenmeng, Möbel und Belten waren schon aus den unteren Räumen des Hauses heraus auf die Straße gebracht, und einige Spritzen sandten ihre Wasserstrahlen in das brennende Haus, in welchem Niemand mehr zu sein schien. Voll Todesangst eilte Dora jetzt nach dem Saal, um vielleicht die Treppe noch zu erreichen, dieselbe stand jedoch in Flammen, so daß Dora entsetzt wieder in das Zimmer flüchtete.
(Fortsetzung folgt.)
Scherzfrage.
Was ist man nach einer Massage?
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rnhard Hof mann in Wildbad. '
Verantwortlicher Redakteur: Bernhard Hosmann.) Druck und Verlag von B e