Rundschau.
Stuttgart, tO. Jan. Seine Königliche Hoheit Prinz Wilhelm von Württemberg hat Sich heute nach Berlin begeben, um als Vertreter Seiner Majestät de» Königs den Bcisetznngsfeierlichkeiten für Ihre Majestät die verewigte Kaiserin Augusta beizuwvhnen.
— Mit der Vertretung Ihrer Mas. der Königin bei der Trauerfeier ist der dienstihuende Kammcrhcrr I M- Graf von Beroldingen-Natzenried beauftragt.
— Die Wiedcrgencsung sowohl S. M. des Königs als I. M. der Königin macht befriedigende Fortlchrilte.
— Kaiserin Augusta P. Wie der St>- Anz. vernimmt, haben S. K. Majestät allergnädigst angeordnet, daß am nächsten Sonntag in den sämtlichen evangelischen Kirchen des Landes des Hingangs Ihrer Maststät der verewigten Kaiserin Augusta in einem besonderen Kirchengebct gedacht werde.
— S. H. Prinz Weimar ist gestern mittag 3 Uhr 15 Minuten in Begleitung des Kammerherrn Baron v. Simolin-Bat- hory zu de» BeisetzungSfeierlichkeiten nach Berlin abgcreist.
— DaS etwa 18 Jahre alte Dienstmädchen des Bäckers Käppler, Weißenburg- straße, welches sich, wie wir in letzter Nr. unseres Blattes berichteten, beim Füllen einer Erdöllampe auf dem geheizten Herde schwere Brandwunden an der Brust zuzog, ist gestern nachmittag im Katharinenhospital ihren Leiden erlegen.
Crailsheim, 8. Jan. Gestern wurde ein Stromer dem K. Obkramt vorgesührt und von dem Assistenten in Verhör genommen; dieser wurde aber von dem Stromer überfallen und durch Messerstiche verwundet, die jedoch nicht lebensgefährlich sind. Der Verbrecher giebt als Beweggrund der Unthat die Absicht an, Versorgung auf einem Strafplatze zu finden.
— I» Elberfeld ist der Kaufmann und Monteur Wilh. Brückmann, Kassierer der Sparkasse eines dortigen Vereins, mit Hinterlassung eines Kassenabmangels von mehr reren Tausend Marl flüchtig geworden.
Pforzheim, 9. Ja». Anläßlich des Ablebens Ihrer Majestät der Kaiserin Witwe Augusta hielt der Stadtrat Pforzheim gestern abend eine außerordentliche Sitzung ab, in welcher beschlossen wurde, ein Beileidstelegramm an Se. K. H. den Großherzog und einen Kranz mit entsprechender Widmung nach Berlin abzuscnden.
München, 8. Jan. Im Aufträge des Prinzrcgenten begab sich heute der General- adjutant Generallieutcnant Freiherr Freyschlag von Freycnstein zum deutschen Gesandten Grafen zu Rantzau, um demselben das Beileid zu dem Hinscheiden der Kaiserin Augusta auSzusprcchen. Die hiesige Stadt- Vertretung wird eine Beileidsadrcsse an den Kaiser und einen Kranz für den Sarg der hochselige» Kaiserin übersende».
Straßburg, 9. Jan. Der Statthalter Fürst Hohenlohe und seine Gemahlin reisen heute nacht nach Berlin zur Teilnahme an der Beisetzung der Kaiserin Augusta ab.
— Aus Berlin: Im Palais der Kaiserin Augusta trafen die prachtvollsten Blu- meuspenden ein. Die Leiche wurde photographiert und einbalsamiert.
Berlin , 9. Jan. Die Kockerillsche» Stahlwerke waren wegen Kohlenmangels 5 Tage laug zur Betriebseinstellung gezwungen.
Der der Gesellschaft erwachsene baare Verlust wird von maßgebender Seite auf 350000 Frcs. geschätzt.
Berlin, 9. Jan. Die feierliche Einsegnung der Leiche der Kaiserin Augusta ist heute nachmittag erfolgt. Die mit einem weißen Gewandte bekleidete Leiche liegt auf einer dicken seidenen Matratze.
Berlin, 10. Januar. Gestern abend 10 Uhr nach dem Trauergoiteödienst in der Hanskapclle de« Palais und der Einsegnung der Leiche der verstorbenen Kaiserin Augusta fand die Ucberführung der Leiche noch der Schloßkapelle unter Begleitung einer Schwadron vom Regiment Garde du CoipS statt. Kaiser Wilhelm und der Großherzog und die Groß- hcrzogin von Baden folgten zu Fuß dem von zwölf Unteroffizieren des Augusta-Re- giments getragenen Sarge unter Begleitung der Fackelträger »nd unter Glockengeläut?. Die Kaiserin und die Crbprinzessin von Meiningen fuhren nach dem Schloß.
— Der Kuiser sandte laut der Köln. Volksztg. an den Papst ein längeres Telegramm, welches den Tod der Kaiserin-Witwe Augusta milteilte. Der Papst antwortete in herzlicher Weise mit dem Ausdruck höchster Verehrung für die Verstorbene.
— AuS Gens, 8. Jan, wird geschrieben : Infolge der Influenza, die hier und im Kanton, sowie in den angrenzenden französischen Departements immer stärker nm sich greift, mußten hier die Schulen auf 8 Tagen geschlossen werden. Von de» 72,000 Einwohnern, welche die Stadt zählt, sind bis jetzt 25,000 in ärztlicher Behandlung gestanden.
Bern, 9. Jan. Der Bundkspräsident Ruchonnct sprach im Aufträge und namens deS BundcSraiS dem Kaiser Wilhelm telegraphisch sein Beileid aus.
Nom, 8. Jan. Kaiserin Friedrich ist mit den Prinzcsstnnen-Töchtern mittags nm halb 2 Uhr nach Berlin abgereist. Der König und Königin, der Kronprinz, Crispi, der Bürgermeister, der deutsche und der englische Botschafter und andere hohe Persönlichkeiten waren am Bahnhofe zur Verabschiedung anwesend.
Kiel, 9. Jan. Anläßlich des Todes der Kaiserin Augusta haben die im Hafen kiesenden Schisse der kaiserlichen Marine auf Halbmast gehißt, Traurrparade gehalten, Raaen gekreuzt und den Trauersalut von 66 Schuß gegeben.
Dresden, 9. Jan. Der Hof legt für die Kaiserin Augusta eine sechSwöchentlichc Trauer an.
Bukarest, 9. Jan. Der König ordnete eine sechswöchentliche Hoftrauer für die Kaiserin Augusta an.
— Aus Paris, 6. ds., wird geschrieben : Die Marschallin der Heilsarme», Frau Booth- Chibborn, die an einem Kreböleiden erkrankt ist, hat einen Preis von 100 000 Francs für den Arzt, der ihre Gesundheit wieder Herstellen wird, ausgesetzt.
— Ein Tagesbefehl des Oberpolizei- Iiicisters in Warschau verfügt die Ausweisung von 70Ausländern, darunter 17 Preußen und 31 Oesterreichcr. Dieselben müssen unverzüglich das russische Gebiet verlassen.
— Das Konsulat in Hongkong teilt mit, daß der Flensburger jDampfer Duburg mit 28 Matrosen und 400 Chinesen als
verloren zu betrachten sei. Wahrscheinlich ist derselbe im November bei einem Taifun gesunken.
— ES heißt, die Deutschen schlugen und zerstreuten bei Pangani die Insurgenten nach einem blutigen Gefecht.
— Im Königreiche Holland haben wegen Mangels an belgischer Kohle mehrere BetriebSeinstellungen statigefunden. Eine Töpferei in Maastricht, die 2000 Arbeiter beschäftigt, mußte einen erheblichen Teil derselben feiern lassen.
— In der kroatischen LandeSirrenanstalt in Sienjewec bat eine Irre, Magda Knezic, zwei andere, die Katharina Kunz, die Witwe eines ebenfalls im Wahnsinn verunglückten Försters, und die Bäuerin Maria Micada erschlagen. Mit zertrümmerter Schädeldccke wurden beide in ihrem Blute liegend aufge- fnnden.
— Der Lübecker Dampfer Lnbeca bohrte in der Nacht zum 7. ds. unweit Marstrand den russischen Schoner Eugenie in den Grund. Letzterer ist sofort gesunken, die Mannschaft jedoch durch Lubeca gerettet. Der Schoner fuhr ohne Lichter.
— Das Kabel zwischen Frankreich, Dänemark und Rußland ist in der Nordsee gebrochen.
— In Bamberg ist die Brauerei zur Rose abgebrannt.
— In Pest hat der Magistrat beschlossen, wegen der Influenza sämtliche städtischen Schulen bis zum 19. Januar zu schließen.
— In New-Iork betrug die Zahl der Todesfälle von Dienstag 235 gegen 146 am Montag. Hievon sind 130 aus Influenza und daraus hcrvorgehende Krankheiten zu- zuführcn.
— Im Hotel Brunswick in New-Iork ist der Sekretär des Stadtrates von Havana, Louiö Otciza Coriez, wegen Unterschlagung öffentlicher Gelder im Betrage von 800,000 r/kl verhaftet worden. Cortez stand im Begriff, nach Frankreich abznsegeln.
Verschiedenes.
(Im Examen.) Examinator zum Apothekerlehrling: „Wie wird das Eieröl bereitet?" — „Wenn Eieröl ausgcgangen ist, so hole ich von dek Madame eine Mantel Eier, und di; kochen wir recht hart."
— Examinators „Ganz recht, nur weiter I"
— „Die Eier schälen wir, dann ißt unser Gehilfe, Herr Dösenhagen, das Gelbe, und daS Weiße esse ich und wenn Eieröl verlangt wird, geben wir Senföl."
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— Die geküßte» Töne. In einer Gesellschaft saug ein sehr hübsches Mädchen eine Arie und öffnete dabei das kleine Roseu- münbchen nur sehr wenig, so daß die Töne nicht voll genug aus ihrem Purpurpsörtlcin hervortreten konnten. Jemand, von der Schönheit des Mädchens enthusiasmiert, sagte zu seinem Nebenmann: „Sehen Sie doch nur den Engel an, er küßt die Töne, die er uns zum Besten giebt." — Dieser antwortete: „Nnn, so mag sich der Engel in acht nehmen, daß er sich den schönen Mund nicht schmutzig macht, denn die Töne sind unrein."
He *
Vor dem Modemagazin. „Welchen Hut würdest Du mir raten, lieber Fritz?" „O weh — da ist guter Rat teuer!".