Rundschau.
Cannstatt, 8 Mä,z. Am 7. d. M- glitt eilie Dame von Stuttgart aus der sogenannten Kiesbrücke hier ans und fiel in den Neckar, konnte sich aber ohne fremde Hilfe ans Ufer retten, v.rlor aber dabei Hut und Muff. — Gestern abend 8 Uhr sollte ein Stromer i» der Bahnhofstraße s stgencmmen werden. Derselbe widersttzte sich dem -Schutzmann, trau solche» mit Füßen und legte sich schließlich auf den Boden, wodurch ei» Austauf entstand.
Münsingen, 7. März. In der Nackt vom 4 aus 5. März kamen in Sontheim zwei Einbrnchsdiebstähe vor: im Rathaus wurde der Arinstteppich und die Taschenuhr des Lehrers gestohlen; in einem Pri- vathauö wurde vom Dieb cingcbrochen und eingestiegcn, letzterer aber vom Hauseigentümer verjagt. Weitere nächtliche Diebstähle sind in Dapfen und Eglingen vorgekommen.
Niedlingeu, 7. März. Gestern mittag verunglückte ein Knäbchen des Briefträgers Lerner hier. Der Kleine wollte laut Riedl. Ztg. über einen angehängtc» beladenen Holzschlitten steigen, während der Fuhrmann eben den Krätzer losmachte. Unglücklicherweise zogen die Pferde in dem Augenblicke an, in welchem der vierjährige Knabe zwischen beiden Schlitten stand; das Kind mußte so zu Fall kommen und brachte den Arm unter den Schlittenlauf. Die Verletzung am Arme waren deiart, daß derselbe sofort abgenomme» werde» mußte.
Münsinge», 7. März. Dem Schw. B. wird geschrieben: Nachstehender Vorfall dürfte geeignet sein, manchem Gastwirt aus die Verantwortung aufmerksam zu machen, dif er beim Gin stellen fremden Viehes i» seinen Stallungen übernimmt. Bei einem hiesigen Gasthosvesitzcr stellte vor kurzem ein Käschändler aus Tigerjeld ein Pferd ein, dem von einem ander» ein Fuß abgeschlagen wurde, so daß man es töten mußte. Der Besitzer des Pferdes beanspruchte Schadenersatz und wandte sich an das Gericht; doch gelang es dem Wirt, sich auf gütigem Wege mit dem Beschädigten zu verständigen. Er zahlte ihm für das Pferd, das zuiällig kein besonders wertvolles war, 3 Napoleons.
Weingarten, 9. März. Heute, als am Todestage des verewigten Kaisers Wilh'lm 1, ist die Kaserne schwarz beflaggt. Der gegenwärtig nach Beilin kommandierte Pre- mierlieulcnanl Bockmay^r wird namens des hiesigen Infanterieregiments „Kaiser Wilhelm" einen Kranz am Sarge des Kaisers nieder b ge».
Berlin, 5. März. Die Auswanderung Deutscher nach den Vereinigten Staaten Nordamerikas betrug von 1871 bis 1888 2 Millionen.
Berlin, 4. März. Ueber die Einführung des neuen Regierungspräsidenten von Hannover, Grasen Wilhelm Bismarck, in sein Amt .berichtet der Han». Caur.: Der Herr Oberpräsident hatte die Einführung übernommen und sprach seine Freude darüber aus, daß an die Spitze der hiesigen Negierung der Sohn des um das Vaterland so hochverdienten Fürsten Reichskanzlers träte. Der Herr Regierungspräsident antwortete, daß es ihm besonders angenehm sei, sein neues Amt unter den Auspizien des Oberpräsidenten v. Bennigsen antreten zu können, der sich seit einer langen Reihe von Jahren große Verdienste um Reich und Staat,
wie auch um die Provinz Hannover erworben habe. Er bitte, ihm in seiner Stellung mit Vertrauen enlgegenzukommcn, wie er cS auch entgegenbringe, denn nur bei diesem gegenseitigen Vertrauen könne die Regierung ihre Aufgaben voll erfüllen.
Berlin, 8. März. Eine Versammlung von Gerbern beschloß gestern, die Arbeit niederzulegen, falls die Lederfabrikauten nicht bis morgen nachmittag folgende Forderungen bewillige»: Wochenlohn 24. M. bei lOstündiger Arbeitszeit; für jede Ueber- stunde 60 Pt.; für Lederzurichter ein Zuschlag von 25 pCt.
-- Das G-meindekollcgium in München hat gestern gemäß dem Magistralöbeschluß die Errichtung einrs erste» Vvlksbrausebades Ecke der Frauenhofer- und Frühlingsstraße beschlossen. Die Kosten betragen 2l,000 Das Gemeindckollegium wird, sobald hinreichende Erfahrungen vorlicgen, die Errichtung Von solchen Bäder» in anderen Stadtteilen ins Auge fassen.
(Bruch des Ehcversprechcns.) Das Landgericht in Frankfurt verurteilte vor einigen Tagen einen vermögenden jungen Kaufmann zur Zahlung von nicht weniger als 150,000 Mark Konventionalstrafe, weil er diese Summe vor Zeugen seiner Braut zu zahle» versprochen halte, falls er sie nicht bis zu einem gewisse» Termine eheliche. Der Termin war verstrichen, ohne daß der Bräutigam sein Versprechen erfüllte, und die „Braut" hatte Klage gestellt, worauf die Verurteilung des Angeschuldigte» erfolgte.
— Das Dienstmädchen eines Brauers in Offenback hatte dieser Tage das Unglück, eine Stecknadel zu verschlucken. Die letztere hat sich in der Speiseröhre festgesetzt, und da das Mädchen durch hinzugc- lrctenc Halsanschwellungen Erstickungsan- fälle hatte, so mußte zur Ö ffnung der Speiseröhre unbedingt geschritten werden. Die Operation hatte indessen nickt den erwarteten Erfolg, den» die Nadel sitzt unver- muleterweise tiefer im Halse, so zwar, daß eine weitere Operation wohl als ausgeschlossen zu betrachten sein dürfe. Die Unglückliche, welche die üble Gewohnheit hatte. Nadeln im Munde zu halten, befindet sich infolgedessen in höchster Lebensgefahr.
— (Kosten d s Kölner Doms.) Für den Kölner Dom ist bisher aus Staatsmitteln im ganze» eine Summe v. 6,345,252 Mark anfgcweudet worden. Die Summe der von 18i2 bis l880 insgesamt verwendeten Beträge beläuft sich auf 18,427,552 Mark einschließlich des Eeträges der Dom- baulotterie.
Wien, 7. März. König Milan ermahnt bei der Abdankung feinen Sohn Alexander, ein guter, treuer und gerechter König zu fein, sich von Schmeichlern und Heuchlern nicht bethören zu lassen, Volk und Land durch eine gerechte Negierung zu beglücken. Als er bei der Eidesleistung vor dem jungen König niederkniete, weinten die Minister und Generale.
Wie», 7. März. Nach dem „Neuen Wiener Tageblatt" verwehrt die Abmachung Milan's mit Ristitsch der geschiedenen Königin die Rückkehr nach Serbien. Begegnungen mit ihrem Sohne sind nur im Ausland im Beisein eines Regenten gestaltet. Das „Wiener Tgbl." erwähnt einen Brief Milan's an einen befreundeten ungarischen Aristokraten, in dem er sagt, er leide seit
Wochen a» Schlaflosigkeit, Schwindelansallen und Erschöpfung. Der Brief schließt: Ich sehne mich fort, wie ein Schuiknabc auf eie Ferien.
Belgrad, 7. März. Gestern abend gab König Milan ein AbschiedSdiner den Gesandten, Ministern und Parteichcfs. König Milan erschien im Frack. Neben ihm nähme» Platz der deutsche Gesandte Graf Bray und der Regent Beelimarkovic, Gerade gegenüber an der Spitze der Tafel faß zwischen den Regenten Riftic n. Protic der in Osfiziersnnisorm erschienene junge König Alexander. Der Ex-König war in bester Laune, während Alexander eine» »re- lanchonischen Eindruck machte; er schien vorher geweint zu haben. Toaste wurden nicht ausgebracht. Mila» unterhielt sich auf daö lebhafteste mit den Vertretern der Mächte und zog sich um 10 Uhr mit den Gesandte» in den Nauchfalou zurück, wo er dieselben ersuchte, in dem anfliegenden Album Widmungen einzutragcii. Um Mitternacht wandte sich Mila» an Alexander und forderte ihn auf, mit ihm zu Belt zu gehen. Letzterer verabschiedete sich alsdann von de» Anwesenden und Verließ, gefolgt von seinem Vater, den Empfangssaat. Während des Abends wurde vornehmlich der russische Gesandte Persiani öfters durch den König Alexander und d-n Ex-König ausgezeichnet.
Wie», 8. März. Exkönig Milan reist über Wie» und Paris nach Jerusalem. Die Besuche bei Kaiser Franz Joseph in Pest, sowie am Berliner Hose dürsten infolge von Andeutungen, die Milan erhielt, unterbleiben. Gerüchtweise wird Milan eine Ehe mit der Gräfin Wickenburg eiugehcn, zu welcher er seil 2 Jahre» Beziehungen unterhält. Die Nachrichten von der Rückkehr der Königin Natalie nach Belgrad treten mit ziemlicher Bestimmtheit aus.
— Das Ohr in der Klemme. Das alte Sprichwort: „Der Horcher a» der Wand hört seine Schand", dürste wohl am ehesten zutreffend sein für den Unfall, der am Donnerstag auf einer Sanirätswachc des Norbvienels in Berti n behandelt wurde. Dort erschien blutüberströmt mir fast ganz vom Kopf getrennten linken Ohr der 19- jährige Kommis M., um sich daselbst die erste Hilfe leisten zu lassen. Derselbe war bei einem in der Chausseestraße wohnenden Kaufmann als Buchhalter angestellt Mid hatte, als sein Prinzipal am Donuerslag geg-n Besuch von einem Geschäftsfreunde, mil welchem derselbe sich au das daruau- stoßende Privatkoutor zurückzoa, lauschend sein linkes Ohr an die angelehnle Thür gehalten, um kein Wort der Unterhaltung zu verlieren. Auf seinem Lauscherposten bemerkte er es nicht, daß der Prinzipal zur Thür schritt, dieselbe heftig zuwarf und so seinen jungen Gehilfen in des Wortes wahrster Bedeutung am Ohr feslnagelte. Erst sein Hilsegeschrei befreite M. aus der marlervollen Lage und aus der Saniiätswache hielt der Arzt es für angezcigt, den für seine Neugier Bestraften sofort in'S Lazaruskrankcn- haus zu schicken.
— (Kindermund.) Der Vater fragt den 3jährige» Karl: „Wen hast du lieber, den Papa oder die Mama?" — „Den Papa," antwortet der Kleine entschlossen. - „Warum das?" entgegnet ein wenig gekränkt die Mutter. — Darauf der Kl"'"': „Ja, wir Männer müsse» zusammen!.,»!