Wie», 4. März. Nach englischen Meldungen wird Kaiser Franz Joseph demnächst nach Spanien und England reisen, nnd zwar im strengsten Inkognito. — Heute empfing der Kaiser in Pest den Hosstaat des Kronprinzen. Er war tieferschüttert und richtete an den Adjutanten zahlreiche dm Verewigten betreffende Fragen.
Ans Nordamerika. Am 4. März hat in Washingten die Amtseinführung nnd Vereidigung des neue» Präsidenten der Republik, des Generals H a r r i so», stattgefunden Der K. Ztg. wird darüber berichtet: Der Rege» floß in Strömen und die Pracht der Feier scheiterte an dem bleiernen Himmel und der ungeheure» Negenschirmaufspannnng; aber die Begeisterung spottete des Grolls u. der Elemente. Schon acht Tage lang dauerte der Fremdenznzug nach der Stadt des KapitolS; Philadelphia allein sandte 100,000; die Bahnen halt,» Eilzüge von Stunde zu Stunde eingerichtet; wie die Ankömmlinge alle Unterkunft fanden, bleibt ein Rätsel. Gasthöfc und Logierhäuser» waren überfüllt; an den öffentlichen G bänden wimmelte es Tag und Nacht von Soldaten; Billards, Badewannen, Hängematten, Feldbetten, alles
Künstteröcchnen.
Novelle von Stöcke rt.
Nachdruck verboten.
16 .
Walter und Eveline würden dann allein hier sitzen, und in einigen Jahren würden sic Mann und Frau sei», es war ja wohl so bestimmt von seinem Onkel, das wußte er ja längst. Warum nur vermochte er heule nicht ruhig darüber zu denken ? Warum konnte er seine Blicke nicht losr-ißm von der schlanken Mädchengcstalt in dem schwär zen Kachemirkleide und den blaßroten Schleifen an der Brust? War es der Gedanke, daß vielleicht lange Jahre vergehen würden, ehe er sie wiedersah? Und wenn er weder Glück noch Stern da draußen gehabt, dann kehrte er wohl einst hur zurück , abg hetzt, müde, ein heimailostr Wanderer, und die schöne blonde Frau, die ihn ja wohl dann freundlich willkommen heißen würde, das war aber dann nicht mehr die alte Eveline, deren süßes Antlitz ihm vorgeschwehl auf allen seinen ruhelosen Wegen, wie das Endziel all seines Ringens — si>' war dann eine Andere, Walters Frau ! Magnus seufzte plötzlich tief auf, und Walter nnd Eveline sahen ihn verwundert an.
„Aber Magnus, Du sitzt wirklich da wie der steinerne Gast," rief Eveline lachend, „lieber solche Kiadhcilscrinneruiigen, worin wir uns hier ergehen, bist Du natürlich längst hinaus."
„O nein, nein Eveline!" Aus Magnus Augen brach ein heißer Strahl, und über Evcliuens rosiges Antlitz flog eine leichte Blässe.
Magnus war anfgestanden und lief im Zimmer auf und ab; dann blieb er wieder vor den beiden stehen. „Ich weiß es nicht, ist dieser Frieden, diese Genügsamkeit das Höchste, was man erreichen kann, oder fordert das Leben doch etwas Anderes von uns," sagte er leise.
„Das Leben verlangt vielleicht weniger von uns, als wir vom Leben erwarten," erwiderte Eo line jetzt ernsthaft.
fand Abnehmer, nnd doch hatten Tausende während der Nacht sich mit Spaziergängen in de» Straßen zu begnügen. Die Anzahl der Gäste mag eine halbe Million betragen haben. Die Stadt war festlich mit Fahnen und Medaillonbilder» des neuen Präsidenten geschmückt, und ihr Anblick war vom Kapitol aus trotz des Regens einem große» kaleidoskopischen Panorama zu vergleichen. Um l0 Uhr snhrGeneral Harrison mit seinem Gefolge nach dem Weißen Haufe, um von dort mit dem Präsidenten Cleveland in vierspännigem Wagen sich nach dem Kapitol zu begeben. Musikbanden begleiteten sie u. eine freiwillige Leibwache von 150 Veteranen des 70. Indiana-Regiments welches Harrison während des Krieges befehlt?, bildete auf der Pennsylvania Road Spalier. Gegen Mittag trat General Harrison in de» Senatssaal, wo der Vizepräsident Marion vereidigt wurde. Harrison selbst aber bestand darauf, dem Regen zu trotzen und der bisherigen Sitte treu vor dem Kapitol den Eid zu leisten und die Antrittrede zu verl-sen. Langa»- danernde Frenderufe begrüßte» ihn bei seinem HeranStritt. Der Oberrichter ließ ihn auf die Bibel schwören, die Harrison sich verbind Du meinst auch ich gehöre zu denen, die zu viel voni Leben erwarten?" fragte Magnus gereizt.
„Vielleicht bist Du vor allen berechtigt dazu," erwidert Eveline', schüchtern zu ihm aufsehend. „Ich meine aber, je weniger wir vom Leben erhoffen, je weniger Täuschungen haben wir zu befürchten."
„Herr Gott, Eveline, so viel Weisheit hätte ich nie bei Dir gesucht," mischte sich fitzt Walter lachend i» die Unterhaltung, „da ist ja Salomo nichts dagegen. Nu» brffiutlich stehen uns deute Abend bei der Bescheerung keine Enttäuschungen bevor, mir ist als hörte ich schon das melodische alte Kuhhorn ertönen, das einzige Instrument, welches Papa im Hause duldet, und welches uns in unser» ersten Kinderjahrcu der Inbegriff aller Mnsikgenüffe war, bis uns Magnus durch sein Geigcnspiel eines andern belehrte."
»Ja, ja!" rief Eveline, das sind die wohlbekannten Klänge. Kommt!"
Sie eilte nach der Thür, die »ach dem Salon führte, und öffnete dieselbe. Und nun blieben sie doch wieder, wie in ihren Kinderjahren, geblendet auf der Schw Ue stehen, nnd der weihnachtliche Duft der Wachskerzen, das Tann-ngrün, umfing sie wieder mit dem alten Zauber.
Puppen, Zinnsoldaten, Schaukelpferde und dergleichen, wie in jenen Kinderjahren waren nun allerdings nicht mehr auf dem Weihnachtstisch zu schauen. Dafür strahlte Evelinen ein Granatschmuck entgegen, und für Walt r halten die Eltern ein elegantes Album mit Kupferstichen d r Dresdener Galerie anfgebant. Auch Magnus fand eine wertvolle Bescheerung vor, aber die dicken medicinischen Bücher und kostspielige» Instrumente jagten ihm mehr Entsetzen als Freude ein. Ein paar Notenhefte hätten ihn jedenfalls mehr beglückt. Verlegen blätterte er in den Büchern, als sein Onkel zu ihm herantrat. „Ick hoffe sie machen Dir einige Freude," sagte er freundlich, „es sind Werke berühmter Mkdiciner, sie
beugend küßte; dann verlaß er seine Antrittsrede, während die Menge selbst aufstehend nnd mit unbedecktem Haupte zuhörte. Znm Schluß ertönte ein Kanonenschuß als Z ichen, daß der neue Präsioent sich znm Aufbruche nach d>m Weißen Hanse anschicke.
— In der Gegend von Radeberg wurde dieser Tage eine von einer Wöchnerin kommende Hebamme auf freiem Felde ermordet. Die Frau ist anscheinend hinterrücks ange- fallen, mit einem Strick erdrosselt und dann ihre Leiche abseits geschleppt und in eine Grube geworfen worden. Dort wurde dieselbe unter einer Schneedecke gefunden Brau vermutet, daß die Hebamme einem Racheakt zum Opfer siel.
— (Auch ein Jubiläum.) Letzten Samstag waren es 50 Jahre, daß in Pleides- heim, OA. Marbach, Friedrich Groß in das Amt des Totengräbers ei,,gefitzt wurde. Der im Jahre 1810 geborene Blau» hat in der langen Reihe von Jahre» 2065 Personen der Mutter Erde wiedcrgeg-ben. Die bürgerlichen Kolleg,,» ehrten feine treue Pflichterfüllung durch Ueberreichnng ei».SGeschenks von 30 ^
werden Tir bei Deinem Studium sehr von Nutzen sein "
. Magnus stammelte etwas beklommen feinen Dank mik scheuen Blicken zu dem Onkel aufschauend. Es schien ihm, als wären dessen Züge heute weniger streng und hart als sonst. Wenn er sich ein Herz faßte, ihm heute fitzt sagte, was nun doch einmal gesagt weiden mußte. Es war vfil- lricht der geeigneste Moment; sie standen Beide allein an dem einen Ende der Tafel, während die Andern sich am at.dern Ende im Anschaum der Kupferstiche vertieft halten.
„Verzeih mir Onkel," begann er, „aber es ist mir unmöglich Mdicin weiter zu studieren, Alles in mir sträubt sich dagegen."
„Und welchem Studium würdest Du dann den Vorzug geben, vor dem, was ich bestimmte?" fragte Herr von Senden noch ziemlich ruhig-
„Gar keinem Onkel," erwiderte MagnnS; „mein ganzes Sein treibt mich eben zur Musik- Es ist umsonst gewesen, daß Du mich lange Jahre firn davon gehalten, cs hat mich nur um so heftiger gepackt — ich werde nie wieder davon loskommen. Man hat mir überall versichert, daß ich Talent habe, daß ich es zu etwas bringen könnte, wenn ich mich ebefi ganz der Knust hingebe."
Herr von Senden war todtenbleich geworden bei diesem offenen Geständnis» „Komm hier herein, sagte er dann, mit von Zorn erstickter Stimme, nnd öffnete die Thür n»ch dem Wohnzimmer, die er sorgfältig hinter sich schloß. „Du scheinst Dir ja eine ganz besondere WrihnachtSÄbriafch- nng für mich Vorbehalten zu haben," sagte er dann finster. „Das atio ist der Dank für die sorgfältige Erziehung, die ich Dir gegeben, D» untankbarer Bube! War den» Alles, Alles nicht im Stande, d.,S nnsclige Musikantenblnt, das Erbteil Deines säubern Vaters, des Geigenspielers, in Deinen Adern zu tilgen "
(Fortsetzung folgt.)
Nesuluon, Trutk uns Bertgg von Bernhard H vtmsnn >» AYIHvon