— (Aus Geiz verhungert.) Zn daö Krankenhaus zu Einbeck wurde dieser Tuge eine hochbejahrte Witwe gebracht, welche, dem Hungerlode nahe, von Nachbarn in ihrer Wohnung aufgefunden worden war. Die 40jährige Tochter der Frau war tags zuvor laut ärztlichem Gutachten infolge unzulänglicher Ernährung gestorben. Die Leute galten als ebenso reich wie geizig. In der That wurde in dem von Schmutz starrenden Hause eine Menge baren Geldes gefunden. Im Ofen, in Schubladen und in den Letten versteckt lagen 2100 c/A; außerdem fand man Staatspapiere im Betrage von 14,000
und Sparkassenbücher über 21,000 -//L 'EsZvurde festgestellt, daß seit einer Woche keine Lebensmittel mehr ins Haus gekommen waren.
— (Aus den Bergen.) „O Gott, i wollt i wär' schon im Himmel!" — „Und i im Wirtshaus." — „Du Kreuzsakra, Du möchst aber immer 's Beste hab'n!"
— (Kapitulation.) Junge Witwe (so
eben wieder verheiratet, scherzend auf ihren Geldschrank deutend) : „Nun hast Du mich erobert und mit mir auch die Festung ! Bist Du mit DeinemSiege zufrieden?" — Junger Gatte (Reserveoffizier): „Nee I" — „Nun, was für Capitulalivnsbedinguugen hast Du denn noch?" — „Schlüssel übergeben!"
— (Uebertreibring.) „DerCanzlist Hampel ist wohl sehr reich? Wie er mir sagte, fährt er täglich mit einer eigenen Equipage nebst Familie spazieren." — „Daö ist wieder 'mal so eine Uebertreibung von ihm. Das Ganze läuft darauf hinaus, daß sein Jüngster sich ein Velociped zum Geburtstage gewünscht hat."
— Eine seltsame Aufeinauderhänfnng von Tiernamen brachte jüngst eine gerichtliche Verhandlung in Wien. Der Kutscher Mathias Esel aus Hnndsheim, bei Jakob Esel aus Hnndsheim, bei Jakob Bär be- dienstct, wurde vom Wachmann Wolf beanstandet, weil er sein Pferd ohne Aufsicht stehen ließ.
— (Mit der Kanüle.) In Wachenroth (Oberfranken) starb vor einigen Tagen der in weiten Kreise» bekannte K. Förster Rnppel. Er litt an derselben Krankheit wie weiland Kaiser Friedrich. Die Operation des Luft- rvhrenschuittcs wurde au ihm im März 1887 in Erlangen vollzogen; seit dieser Zeit trug er eine silberne Kanüle.
— Ein unsicherer Posten.) „Sie sind ja auch verlobt mein Fräulein", fragte eine neugierige Dame in einer Gesellschaft ein junges Mädchen. „Ja", versetzte die Angeredete mit einer flüchtigen Nöle. „Nun, wann wollen Sie dann heiraten?" fragte die erstere wieder. „Ach I" antwoetcte die verschämte Braut, wir können sobald nicht daran denken, mein Bräutigam ist einstweilen nur vorübergehend mit provisorsicher Verwaltung einer Hilfslehreramtskandidatenstelle betraut.
Bestellungen auf den Wild- bader Anzeiger können täglich bei allen Postämtern gemacht werden.
Gebeugt aber nicht gebrochen.
Erzählung von C. Cornelius.
Nachdruck verboten.
7.
Zu wenig, weil sie nicht demütig, sanftmütig und geduldig wären, sondern oft Bosheit und Tücke an den Tag legten.
Pfarrers Heinrich war desgleichen nichts neues, er beachtete deswegen weder diese, noch die folgenden Worte des Lehrers, sondern träumte fort, beide Ellenbogen auf die Schulbank gestützt, die Daumen im Munde. Als er jedoch etwas von weißen Mäusen vernahm zog er den rechten Daumen heraus und blickte den Schulmeister ängstlich an. Dieser sah ihn streng an, fragte, ob er wüßte, wer dem Joseph die Mäuse hingesetzt?
Jetzt zog Heinrich auch den zweiten Daumen aus dem Munde, ein untrügliches Zeichen, daß seine Gemütsruhe dahin war und sagt mit Jammermiene:
„Es ist nicht wahr, wir haben cs gewiß nicht gethan."
„Welche" „wir?" fragte Kupfrian-
„Kantors August und ich."
Jetzt war Kupfrian seiner Sache gewiß. Feierlichen Schrittes holte er den rächenden Strafflock — es war derjenige, welchen die schwarze Lisbeth vor kurzer Zeit aus der Stadl geholt halte — aus der Ecke und sagte in grimmen Tone: „Junge, wenn du lügst, erfährt es auch dein Vater."
Um von zwei unvermeidlichen Uebeln das kleinere zu wählen, gab Heinrich dieses Mal der Wahrheit die Ehre. Die Gerechtigkeit feierte nun mit Hise des Rohrstockes einen glänzenden Triumph bei dem nun erfolgten, doppelten Strafgerichte.
Zwei Tage darauf brachte der Postbote einm Brief an Fräulein Adele von Heimdahl mit dem Poststempel M. Adele wußte, daß M. die Vaterstadt Arnold Rodens war und schloß richtig, daß es der Brief sei, welchen Arnolds Vater ihr zuznstelleil hatte. Mit bebender Hand öffnete sie das Couvert.
Ihr wurde feierlich und zugleich beklommen zu Mute, die Hand eines Sterbenden hatte diese Zeilen geschrieben, seine lieben
Augen hatten darauf geruht. Es war Ade- len, als müsse sie in dieselben hineinsehen, wenn sic das Papier aus einander faltete. Sie zögerte eine Weile, ehe sie den ersten der einliegenden Bogen öffnete. Das war nicht seine Hand. Adele las die folgenden Zeilen:
Hochgeehrtes Fräulein!
Sie werden gütigst gestalten, daß ich, nachdem mein Sohn Ihren Wohnort durch einen glücklichen Zufall entdeckt, Ihnen das einliegende Schreiben meines verstorbenen Freundes einhändige. Sollten Sie, dem Wunsche des Vaters gemäß, geneigt sein, sich seiner kleinen Tochter anznmhmen, so wollen wir das Nähere mit einander abmachen. Auf jeden Fall bitte ich, mich, baldigst von Ihrem Entschlüsse zu benachrichtigen , da ich als der Vormund des Kindes endlich einen passenden Aufenthalt für dasselbe finden möchte. Die näheren Umstände werden Ihnen vermutlich aus dem Briefe Waldemars klar werden.
Hochachtungsvoll
Or. C. Roden, Oberstaatsanwalt.
„Sollten Sie, dem Wunsche des Vaters gemäß, geneigt sein, sich seiner kleinen Tochter anzunehmen," las Adele noch einmal. Sie sollte sich eines Kindes, seines Kindes annehmen I Unbegreiflich ! Sie griff zu dem anderen Papiere. Waldemars Brief lautete:
Liebe Adele I
Nur noch kurze Zeit, und ich werde nicht mehr sein. Verzeihen Sie, wenn ich mich in dieser Stunde auf ein, vielleicht unüberlegtes Versprechen berufe, welches wir uns vor drei Jahren gegeben. Wir gelobten uns gegenseitig, daß, wenn Eins von uns beiden je in eine schlimme Lage geraten sollte, aus der ihm niemand anders heranshelsen könnte, es sich an das andere wenden wolle, auf dessen unverbrüchliche Freundschaft es sich stets verlassen dürfe.
Liebe Adele, es war eine aufgeregte Stunde, in der wir einander das Versprechen gaben. Ich weiß nicht, ob es Ihnen lieb, ob es Ihnen nicht vielleicht unangenehm ist, wenn ich Ihnen in kurzen Worten schilderte, wie ich die Jahre seit unserer Trennung verlebt. Ich wende mich an meine Adele von ehemals, ver
suchen Sie einen Augenblick, es zu sein, widmen Sie mir nur wenige Minuten Ihres geliebten Lebens, welche Sie einst ganz in meine Hände legen wollten.
In Ihrem letzten Briefe kurz nach unserer Trennung beschworen Sie mich bei meiner Liebe zu Ihnen, eine andere zu heiraten und Sie zu heiraten und Sie zu vergessen. Sie sagten, Sie glaubten nicht an eine Liebe, die ihren Besitzer lebenslang unglücklich machen könne und hielten es für Pflicht, dergleichen Gedanken und Gefühle mit Gewalt zu verbannen. Sie wissen, liebe Adele, daß ich Ihren Willen blindlings befolgt habe und — ich weiß, die volle Wahrheit wird Sie nicht verletzen —ich habe auch mit meiner verstorbenen, guten, sanften Frau manche schöne Stunde verlebt. Was ich aber gesündigt, indem ich häufig an Sie Adele in Liebe gedacht, daö möge mir Gott verzeihen! In solchen Stunden suchte ich mein schuldbeladenes Dasein in angestrengter Arbeit zu vergesse«. Das Bewußtsein, daß ich mein Lebe» dem Vaterlande geopfert habe, mildert das Gefühl eines verfehlten Lebens. Eins ist noch, was mir meinen Tod schwer macht, der Gedanke an meine arme, kleine Hertha, welche ganz allein steht auf der weiten Welt.
Zürnen Sie mir nicht, wenn ich mich unter diesen Umständen an Sic wende. Ich weiß nicht, in welcher Lage Sic sich befinden, aber, können Sie es mit Ihrer Pflicht vereinen, liebe Adele', so schlagen Sie mir diese meine letzte Bitte nicht ab, nehmen Sie sich der Kleinen an, bei Ihnen ist sie am treuesten aufgehoben. Sind Sie die glückliche Gattin eines andern und soll es nicht sein, daß Sie mein Kind zu sich nehmen , so empfehle ich es dennoch Ihrem Schutze, sorgen Sie für seine Erziehung, Sie werden es nicht bereuen. Mir ist als sähe ich mein Kind schon in Ihren Armen. Möchte meine glückliche Ahnung wahr werden! Machen Sie meine Hertha zu einer Dame wie Sie cs find! Leben Sie glücklich!
Ihr
Enst Waldemar.
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag von Bernhard Hofmann in Wildbad,