Der verstorbene Komiker Scholz copierte einst in einer Wiener Burleske einen viel raisonierenden, aber wenig thatkräftigen Politiker und gab in der betreffenden Rolle auf die Frage:Nun, und was haben denn Sie in der Zeit allgemeiner Aufregung für Ihr geliebtes Deutschland gethan?" die stolze Antwort:Ich?! Ich habe für mein Vater­land gezittert!"

Au! Gutsbesitzerin:Dieser Lehrer scheint es zu wittern, wo ein Schwein ge­schlachtet wird. Immer muß er dabei sein." Gutsbesitzer:Ja, er ist der reinste Schlachtenbummler."

Vorurteil.Schwärmen sie für die Werke des Sophokles und Aeschilos?" Nee, wissen Sie, die ganze moderne Pos­sendichterei ist mir verhaßt."

Volkszählung bei Nacht. In der Nacht vom 26. auf 27. Juni fand in ganz Petersburg die allgemeine Volkszählung statt. Die russische Regierung verfügt eine nächt­liche Volkszählung, weil es für die Haus­besitzer und Hausbesorger in der Nacht leich­ter sei, zu ermitteln, wie viele Menschen in ihren Häusern wohnen, als am Tage.

In der höheren Töchterschule. Lehre­

rin:Küren" heißt so viel wie wählen. Wir haben den Ausdruck heute noch in Zu­sammensetzungen ; wo zum Beispiel, Frida ?" In Willkür."Nenn mir noch ein anderes Beispiel, Elli I"Kürassier !"

Der Jnwclendicb in Flitterwochen. Einer der in London verhafteten Münchener Jnwelendicbe genoß dort gerade mit seinem jungen Weibchen die Flitterwochen. Sieben Tage erst war er verheiratet, als die Nemesis ihn ereilte. Die Verhaftung der Diebe er­folgte in London abends 5 Uhr in einem feinen Restaurant. In den Häusern der­selben fand man an Gold und Juwelen nahezu 300,000 ^ Einer der Diebe hatte nicht weniger als 109 Diamanten in die Hosen eingenäht. Sie sollen noch 12 größere Diebstähle in Deutschland beabsichtigt haben.

Auch eine Adresse. Eine Frau aus der Provinz adressirte ein Gnadengesuch an die Kaiserin Viktoria:An Sr. Majestätin Kaiser und Königin, Herrn aller Herrn, jetzt verstorbenen Kaiser Wittfrau." Die Post hat den Brief prompt befördert.

Zahlenspiel. Ein wunderbarer Zufall ist es, daß Wilhelm I bei seinem Hinscheiden

genau so alt war wie sein Sohn, sein ältester Enkel und ältester Urenkel zusammen. Der greise Heldenkaiser zählte 91 Jahre, Kaiser- Friedrich 56, Kaiser Wilhelm II 29 und der nunmehrige Kronprinz 6, zusammen 91 Jahre.

Rechtzeitig anfgewacht. Frau: Wie hast du geschlafen, Männchen? Mann: O ich war sehr glücklich; denke dir, mir hat geträumt, wir wären mit deinem Bruder in Marienbad gewesen, und gerade wie er mich anpnmpen wollt«-, bin ich aufgewacht.

Ein grausames Menschenopfer wurde unweit Nagpur in Indien vor Kurzem voll­zogen. Ein 16jähriger Knabe wurde den Göttern geopfert im Einklänge mit dem Aber­glauben, daß Menschenopfer eine ergielige Ernte erwirken. Der Kopf des Knaben wurde vom Rumpf getrennt und einer Göt­tin dargebracht, während der Rumpf einem Gotte geweiht wurde. Die Polizei hat eine Untersuchung eingeleitet, und cs wird be­fürchtet, daß diese grausame Sitte in den ganzen Mittelprovinzen Indiens jetzt noch herrscht.

Gebeugt, über nicht gebrochen.

Erzählung von C. Cornelius.

Nachdruck verboten.

4 .

Als die Lisbeth letztes Mal zur Stadt gehen wollte, sagte ich ihr, sie solle auf mein Zimmer gehen, das dort auf dem Tische liegende Buch ins Futteral stecken und es mitnehmen. Ich dachte nicht daran, daß mein Tagebuch auch gerade ans dem Tisch lag. Da eS in das Futteral paßte, hielt cs die Lisbeth für das richtige und ich bemerkte den Irrtum erst am folgenden Tage. Hätte die Lisbet nur einmal den Umschlag ordent­lich angesehen, so wäre ihr der, auf dem­selben eingepreßte Name wohl ausgefallen und mir die Angst erspart geblieben. Doch sie hat keine Schuld daran, ich hätte vorsichtiger sein sollen, ich sage Ihnen nochmals meinen herzlichen Dank."

Als ich den Namen Adele v. Hcimdahl laS, kam mir derselbe gleich bekannt vor. Schließlich besann ich mich, daß ich ihn von meinem Vater schon gehört hatte. Derselbe bemüht sich nämlich schon seit einem halben Jahre, eine Dame Ihres Namens aufzu- stnde», der er einen Bnef zustellen hat."

Einen Brief?" Ich wüßte wirklich nicht, wer mir einen Brief aus eine so geheimnis­volle Weise zuschicken sollte. Die Dame, für welche er bestimmt ist, muß eine Namens­schwester von mir sein, das wäre aber jeden­falls sehr merkwürdig. Von wem kommt denn der Brief?"

Arnold zögerte eine weile, ehe er ant­wortete. Endlich sagte er ohne Adelen an­zusehen :

Hauplmann Waldemar, welcher vor Paris den Heldentod für's Vaterland ge­storben ist, sandte von seinem Sterbebette meinem Vater einen Brief, in welchem er ihn bat, das einliegende Schreiben einem Fräulein Adele v. Heimdahl zuzustellen und einstweilen für seine kleine Tochter, welche, da ihre Mutter tod ist, mit ihrer Wärterin

allein in Waldemars früherer Wohnung zu­rückgeblieben ist, zu sorgen."

Die letzten Worte hörte Adele nur mehr- halb. Sie wahr sehr bleich geworden und suchte vergebens ihre Fassung zu behaupten.

Arnold sah sie mit einem Blick aufrich­tigen Mitleids an.Verzeihen Sie einem Fremden," sagte er,wenn er von Dingen zu Ihnen reden muß, deren Andenken un- entweiht und vor aller Welt verborgen in Ihrem Herzen schlummern sollte. Ist es Ihnen unangenehm, Fräulein Adele, den un­schuldigen Mitwisser einer Angelegenheit, welche Sie so tieferschüttert, wieder zu sehen, so werde ich Ihnen nie wieder unter die Augen treten und, sollte ich dennoch einmal dazu genötigt sein, diesen Punkt nie wieder berühren."

Die aufrichtige zartfühlende Teilnahme, welche in Arnolds Worten lag, that Adelen wohl, wie Peinlich ihre augenblickliche Lage auch sein mochte. Als er sich zum Aufbruch rüsten wollte, bat sie ihn, er möge ein wenig warten, sic wollte mit ihm, wie verabredet, ihrem Vater entgegen gehen.

Auf ihrem Zimmer ließ Adele ihren zn- rückgedrängten Thränen freien Lauf. Weh­mütige Erinnerungen, welche sich mit Macht hervordrängtcn, drohten sie zu überwältigen. Was konnte es sein, daß ihr Hauptmann Waldemar in dem Briefe noch zu sagen hatte? Sollte sie Herrn Roden fragen? Vielleicht wußte er darum. Doch, nein, sie wollte dem jungen Manne gegenüber nicht noch einmal ihre Aufregung zeigen, sondern lieber alles ruhig abwarten.

Nachdem sie die Spuren ihrer Thränen verwisch, trat sie gefaßt wieder zu ihm hin­aus.

Bevor wir gehen," redete Arnold sie freundlich an,möchte ich sie bitten, mich einmal durch Ihren Garten zu führen. Ich habe, was Gartenaulagcn anbetrifft, einen ganz besonderen Geschmack. Die meisten sind mir zu steif und zu regelmäßig. Ihr Garten gefällt mir, ich finde besonders die Baumgruppen sehr schön zusammengestellt, sowohl inbczug auf die verschiedene Färbung

des Laubes, als auf die Form der einzelnen Bäume. Auch die Blumen sind für meinen Geschmack sehr vorteilhaft gruppiert. Wie prächtig jene mattgelben Rosen neben der Ein­fassung von blauen Vergißmeinnicht I Ich bin um so mehr erstaunt, da eS doch gewiß mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, hier einen Gärtner zu bekommen."

Die Anlage des Gartens haben meine selige Mutter und ich zusammen ausgedacht," erwiderte Adele.

Unterwegs sprachen die Beiden von den verschiedensten Dingen. Arnold bot seine ganze Unterhaltungsgabe auf, um Adelen in eine friedliche Stimmung zu versetzen und sie schien auch wirklich Gefallen an dem Ge­spräche mit ihm zu finden. An dem ver­abredeten Punkte trafen sic den Rittmeister und Otto und nachdem der erstere die Freunde aufgefordert, wieder zu kommen und mit ihm auf die Jagd zu gehen, verabschiedeten sich dieselben.

Der weiße Joseph, ein Mann, welchen man wegen seinen schneeweißen Locken trotz seiner 28 Jahr von weiten für einen Greis halten konnte, trat aus sejncm einsamen Waldhäuschen in der Nähe des Dorfes Cat- tenhausen heraus. Er pflückte von einigen, hinter dem Hause liegende» Beeten eine handvoll duftender, weißer Nelken und ein paar üppige Farrcnwedl, die in Menge um­her wuchsen, band zwei Sträuße daraus, einen großen und einen kleinen und schritt damit hinauf zum einsamen Friedhofe auf stiller Bergeshöhe. Vom Thalc her tönten die Kirchenglocken, und in den alten Lärchen­bäumen , welche ihren Schatten über die Gräber hin breiteten, als wollten sie daS grelle Sonnenlicht von den ruhenden fern halten, sang der Wind ein leises Schlum­merlied. Joseph ging auf ein Grab im hohen Grase zu, legte den großen Strauß darauf uud setzte sich neben demselben nieder. Das einfache hölzerne Kreuz trug den Na­men seiner Mutter deren Todestag Joseph nie vergaß.

(Fortsetzung folgt.)

Redaktion, Druck und Verlag von Bernhard Hofmann in Wildbad.