Rundschau.

Friedrichshafen, 29. Juni. Seine K. Majestät haben heute den von Berlin zurück- gekehrten Präsidenten des K. Staatsministe- rimns Staatsministers Dr. Freiherr» von Mittnacht in Andienz empfangen und sodann znr Tafel gezogen.

I. M- die Königin hat sich heute vormittag 8 Uhr mit den beiden Töchtcrchen I. Kais. H. der Frau Herzogin Wcra mittels Extrazugs vom Bahnhof Cannstatt ans nach Friedrichshafen begeben, wo der Zng 12 Uhr 35 Min. eintrifft.

Nnith, 27. Juni. Heute nachmittag wurde eine hiesige Frau im Staatswald Lederbcrg" von einem Insekte in den Fuß gestochen, welcher ihr unter den größten Schmerzen rasch so stark anschwoll, daß sie auf einem Fuhrwerke nach Haus gebracht werden mußte.

Cannstatt, 28. Jnni. Die ledige, 34- jährige Taglöhnerin Marie Häcker von Ger­lingen bei Leonberg ist vergangene Nacht Wegen Kindsmords verhaftet worden.

Pleidelsheim, 29. Juni. Bei einer Feld­dienstübung des Lndwigsburger Ulancnregi- ments ereignete sich gestern nachmittag ein Unglücksfall. Ein Soldat, der auf einem Baume seinen Posten hatte, siel beim Her­abspringen von demselben so unglücklich in einen Bohnensteckcn, daß ihm dieser tief in den Unterleib eindrang. Sehr schwer ver­letzt wurde er in einer Chaise ins Lazaret nach Lndwigsburg verbracht.

Oberstenfeld, OA. Marbach, 27. Juni. Gestern nachmittag wurde der 40 Jahre alte ledige Karl Sammet, Bauer in Neuwirts- hauS, in der Nähe des sogenannten Pfaffen­stegs tot in der Bottwar anfgesunden. Die Kleider des Ertrunkenen wurden am Ufer des Baches anfgesunden und dadurch dessen Leichnam entdeckt. Es scheint ein Unglücks­fall vorzuliegen.

Ulm, 27. Juni. Ein wegen Diebstahls bei der Staatsanwaltschaft Negensburg, so­wie bei der Staatsanwaltschaft in Konstanz in UntersuchungstchenderSchuhmacherJohann Fischer von»Gröding war verdächtig, den in der Nacht vom 2. auf den 3. März d. I. in Biberach ausgeführtcn Gelddiebstahl von über 600 verübt zu haben, und sollte deshalb in das Landgerichtsgefängnis zu Ravensburg abgeliefert werden. Derselbe war auf dem Transport von Regensburg »ach Ravensburg im hiesigen Oberamtsge­fängnis über Nacht verwahrt und sollte gestern früh weiter geliefert werden. Bei seiner Vorführung entwich er aber dem Ge­fangenenwärter. Die Festnahme des Aus­reißers ist bis jetzt noch nicht wieder ge­lungen. Ein wegen Diebstahls eines Kindcr-Velocipeds, sowie einer Tabakspfeife festgcnommencr Knabe aus UsterSheim sagte auf der Polizei in Neu-Ulm aus, sein bei ihm gewesener Vater halte ihn zum Stehle» an, auch nehme ihn solcher zu.diesem Zwecke häufig auf die Märkte der Umgegend und die Augsburger Messe mit. Die Aussage des Knaben gewinnt an Wahrscheinlichkeit, da der Vater seit der Festnahme desselben verschwunden ist Zu der Oberschwäbischcn Lchrerversammlung traf eine große Anzahl von Teilnehmern hier ein. Die Verhand­lungen begannen um 11 Uhr in der Aula des Gymnasiums.

Reutlingen, 29. Juni. Wie die Schw. Kztg. meldet, werden hier in kürzester Zeit

Veranstaltungen und Sammlungen getroffen, so daß Reutlingen in seinen Mauern ein dem verstorbenen Kaiser Wilhelm würdiges Denkmal erhält.

Friedrichshlffen. 27. Juni. Heute mittag ist ein Kind von ca. 4 Jahren bei dem See- rnndcl nächst dem Hotel Krone in den See gefallen und von den Wellen seewärts ge­tragen worden. Ein auf der Terrasse des Krcnengartcns sich befindenter 15 Jahre alter Kellnerlehrling Paul Riehle, Sohn des Schlcppschiffführers, sprang mit de» Klei­dern in den See und rettete das Kind durch Schwimmen. Der Wasscrstand ist Wieder um einige Centimeter gestiegen.

Friedrichshofen, 29. Juni. Mittwoch nacht verbrannte laut S--B. ein mit dem letzten Zuge ankommendcr Waggon, mit Baumwolltücheru beladen. Die Tücher sind größtenteils schwer beschädigt, der Waggon im übelsten Zustande. Der Brandgeruch soll schon von dem Personal gleich nach Meckenbeuren wahrgenommen und von einem der Maschine entflohenen Funken verursacht worden sein. Bis der Zng hier ankam, hatte das Feuer im Innern des Waggons eine arge Zerstörung angerichtet.

Berlin, 28. Juni. Die Abgeordneten nahmen debattelos und einstimmig den Adres­senentwurf in Erwiderung auf die Thron­rede an und beauftragten das Präsidium mit der Vermittlung von Beileidsbezeigungen an die regierende Kaiserin, die Kaiserinwitwe Viktoria und die Kaiscrinwitwe Augusta. Der Präsident schließt die Sitzung mit einem dreimalige» Hoch auf Kaiser Wilhelm II. Derselbe Akt vollzog sich im Herren­hause.

Frankfurt a. M., 29. Juni. Die Fr. Ztg. meldet aus Budapest: Kaiser Friedrich hinterließ dem Nuntius Galimberti ein wert­volles Geschenk als Anerkennung für seine Bemühungen um den Kirchenfrieden.

Pest, 29. Juni. Die ungarische Dele­gation hielt gestern nachmittag ihre Schluß­sitzung ab. Nach Promulierung der end­gültig angenommenen und vom Kaiser sank­tionierten Beschlüsse gab der Präsident der Hoffnung auf Konsolidierung der europäi­schen Verhältnisse unter Wahrung der In­teressen der Monarchie Ausdruck und brachte ein begeistert aufgenommenes Hoch auf den Kaiser aus.

Wien, 28. Juni. Das Fremdenblatt bezeichnet die preußische Thronrede als eben­so bedeutsam wie glückverheißend, dieselbe biete durchaus den Beweis für die hochherzige und erleuchtete Auffassung der erhabenen Mission des deutschen Kaisers. Der Aus­spruch Friedrich dcS Großen, wiederholt von dem Kaiser, sei das freudigste Wort, welches die Nation vernehmen konnte. Die N. Presse sieht in der eventuellen Begegnung Kaiser Wilhelms mit Kaiser Alexander die hochbe- deutsame praktische Bethäligung der ernsten Friedenspolitik Deutschlands.

Paris, 28. Juni. Freycinct machte im Ministcrrat Mitteilungen über die An­fertigung der Lebel-Gewehrc. Seit sechs Monaten ist täglich die Herstellung gestiegen bis um 40 Prozent der anfänglichen Menge. Sie wird auch während des nächsten Monats noch weiter gesteigert werden.

In dem Dorfe Bocsard nächst Käschau kam cs anläßlich einer Bauernhochzeit, wie Pester Lloyd erfährt, zu schrecklichen Scenen. Die Bevölkerung weigerte sich, die Braus

ans dem Dorfe zu entlassen, und als dies dennoch geschah, steckten einige Bursche das Dorf in Brand. Nun kam cs zu einer Metzelei, wobei mehrere Bauern gelötet und viele verwundet wurden. Die von der Kaschauer Gendamerie entsendete Mannschaft stellte endlich die Ruhe her und verhaftete die Rädelsführer.

Ein erschütternder Unglücksfall hat sich in der Stadt Wolgast in Pommern zu- gctragen: An einem der letzten heißen Tage hatten 4 junge Leute eine Kahnfahrt unter­nommen und beschlossen, auf der gegenüber­liegenden Insel Usedom zu landen und dort zu baden. Da ihnen der Strand hier un­bekannt war, gerieten plötzlich der 18jährige Tischlergcselle Ernst Römer und sein Bru­der, der 17 jährige Gärtnergehilfe Carl Römer in das hier 20 Fuß tiefe Fahrwasser. Ihr Freund, ein junger Schlosser, versuchte ihnen zu Hilfe zu kommen, doch vergebens. Niemand von Ihnen war des Schwimmens kundig nnd bald rangen alle Drei mit den Wellen. Da nahte der vierte der unglück- lichenjKahninsassen, ein ziemlich guter Schwim­mer, und bemühte sich vergebens, von den drei hoffnungsvollen Leben wenigstens eines zu retten. Aber die drei mit dem Tode Kämpfenden umklammerten ihn so fest, daß er nur mit größter Anstrengung sein eigenes Leben retten konnte. Die ertrunkenen wa­ren die Söhne von armen Witwen, die mit Ihnen ihre einzige Stütze verloren.

Von den beiden, in dem Badehause ertrunkenen Frauenspersonen von Mainz wurde am Mittwoch abend die Leiche der einen gelandet. Dieselbe war mit einem braven jungen Mann verlobt und sollte in 14 Tagen zum Altar geben. Als ihr Bräutigam erfuhr, daß die Leiche gelandet sei, begab er sich nach Hause und hing sich auf. Noch lebend wurde er abgeschnitten, doch ist nach der Aussage des Arztes gar keine Hoffnung vorhanden, ihn am Leben zu erhalten.

Dem Hamb. Korr, zufolge sind von der schwedischen, am Bottnischen Meerbusen gelegenen Stadt Sundsvoll die Quartiere Norrmalm und Stcnhammer vom Feuer verschont geblieben. Die Assekuranz ist mit 7 Millionen beteiligt. Die Komunalgebäude und ein einziges Schulhaus sind stehen ge­blieben. Waldbrände rasen zwischen SundS- vall und Svartvik. In Lillestadt sind 60 Häuser niedergebrannt. Von der Stadt Umea sind u. a. das Amtshaus, das Rat­haus und der Holmcsunder Stapelplatz ein­geäschert. Um Mitternacht von Dienstag auf Mittwoch brach ein starker Weststurm aus. Tausende sind dem Hunger preisge­geben und obdachlos.

Nach Londoner Nachrichten wird stark bezweifelt, ob das'bei Kap Agulhas unter- gegangene Fahrzeug ein Auswandercrschiff war. wird vielmehr geglaubt, daß cs ein auf der Heimreise begriffener Kauffahrer war, in welchem Falle nur wenige Passa­giere an Bord desselben gewesen sein dürf­ten. London und fast ganz England wur­den am Dienstag von schweren Gewittern heimgesucht, durch welche stellenweise großer Schaden an gerichtet wurde. Mehrere Per­sonen wurden durch Blitz getötet.

Ermutigend.Haben Sie mich der gnädigen gemeldet?Jawol."Werde ich willkommen sein?"Ich denke! sie. sagte; Der hat mir grade noch gefehlt!"