as bleibt?

was bleibt? Ein kleiner Hügel, Drüber nnt dem leichte» Flügel Froh ein Sommersalter fliegt,

Und das Gras im Wind sich wiegt I Eine Weile Angedenken Mag man wohl dem Schläfer schenken Bald weiß Niemand, wer da liegt I

Fern noch ragen mächt'ge Gipfel Als der Menschheit stolze Wipfel Leuchtend aus dem Nebelmecr: Alexander und Homer!

Aber jene Zeit wird kommen,

Da auch sie im Duft verschwommen, Und es nennt sie Keiner mehr.

Manche, die der Ruhm erhoben, >

Hört man ein Jahrhundert loben D

Oder ein Jahrtausend lang, >

Bis auch sie die Zeit verschlang. >

Die zum Höchsten einst erkoren D

Ihr Gedächtnis gieng verloren,

Wie ein Lied im Wind verklang. H

Unterdeß in ew'gen Kreisen Und in altgewohnten Gleisen Ihre Bahn die Erde geht,

Achtlos, was auf ihr besteht.

Achtlos auf der Menschheit Träume Wandelt sie durch Weltenräume,

Bis auch sie in Staub verweht.

Heinrich Seidel.

Die Verschwörung oder Der Maskenball.

Historische Novelle von Ar. v. Wückker.

Nachdruck verboten.

5. Fortsetzung.

Der Herzog von Südermannland, der Bruder König Gustav'S, war schon Tags vorher mit der übrigen Besatzung Stockholms denselben cntgegcngezogen, und nun konnte der glänzende Zug je­den Augenblick einlreffen.

Vor dem Rathause stand eine Schaar junger Mädchen, in de» schwedischen Landesfarben gekleidet und Guirlanden in den Händen, an ihrer Spitze Christine von Liljehorn. DaS schöne blaue Auge leuchleie strahlend, aus den Wangen lag eine zarte Röte, nied die kleine Hand, die einen köstlichen Blumenstrauß hielt, zitterte vor heiliger Bewegung. Vor drei Tagen war der Vater in ihr Kämmerlein getreten mil der Eröffnung, daß sic beim Ein­zug des Königs die begrüßenden Jungfrauen ansührcn und eine kurze Ansprache halten sollte. Einen Augenblick blieb ihr Herzschlag aus und die Glut freudigster Uebcrraschung färbte ihr Antlitz, doch es war, als flüstern ihr eine innere Stimme Vorsicht zu und mit lebender Stimme, aber ablehnend hatte sie erwicdcrl:Nein, mein Vater, ich kenne Deine Abneigung gegen de» König zu gut und werte als Deine gehorsame Tochter die Aufforderung ausfchlagen."

Ader unwillig war der alte Herr aufgcfahren und hatte gerufen:Es ist mein Wille, und Du wirst mir gehorche». Auch das Bankett und den darausfolgenden Tanz, den Stadt und Adel veranstaltet, wirst Du nulmache». Du warft bisher stets gehor­sam, laß mich auch diesmal dasselbe sagen können."

Mit welchem Entzücken sie es diesmal war! Sie sollte Den Wiedersehen, der seit so langen Jahren ihr reines Herz erfüllte, tollte ihm den Willkommen biete» nach langer Abwesenheit. Abends war sie in ihrem stille» Kämmerlein ans die Knie gefallen, um den Höchsten für die Gunst zu danken und mit feuchtem Blicke sich von Neuem zu geloben, Alles aufznbicte», um dessen Leben zu behüten.

Auch Tante Karin wollte heute trotz ihres Witwengewaudes dem Bankett beiwohnen, und Anckarftröm, der noch immer der Gast des Oberstlientenants war, hatte das junge Mädchen um eine Mazurka gebeten. Sein brennender Blick suchte den ihren, seine Stimme vibrirte eigentümlich, und Christine fühlte ein kaltes Grauen ihr Herz beschleichen, wenn er eintral. Taute Karin sprach auch i jetzt stets so seltsam vom Heiraten und Aussteuevhcrrichlcn und hatte ans tem große» Familicnschranke schon köstliches Leinen entnommen, um daraus Wäsche zu nähen.Wir Frauen werden nicht gefragt, bei der Wahl des Gatten," meinte sie kalt, als die Nichte schüch­tern entgeguele. sic liebe ja noch Niemand.Die Liebe kommt später, und die Wahl der Eltern ist sicher stets die beste."

Christine schwieg Verzagt, sie fürchtete, eines Tages den Na­men zu vernehmen, der ihr so schrecklich war und der allein doch der gefürchtete Freier sein konnte.

Jetzt klangen die Glocken und von der Vorstadt her erschallte

brausender Jnbelruf; die kleine Hand fuhr unwillkürlich zum Her­zen, und Christine athmete beklommen, die Genossinnen flüsterten erregt:Jetzt kommen sie," und nur sie, die doch innerlich von tausend Gefühlen durchfluthet wurde, stand äußerlich unbewegt.

Frau Karin, den kleinen Adolf an der Hand, schaute beifällig nach der schöne» Nichte; auf sie waren ihre geheimsten Hoffnungen gerichtet. Die Tromler und Musiker eröffnen» den Zug; hell blitzten die blanken Instrumente im Sonnenschein und die Töne klangen jubelnd in die Lust hinaus. In dunkler Amtstvacht folg­ten dann der Bürgermeister und die Väter der Stadt mit den breiten goldenen Ehrenkelten, neben ihnen der Bischof sowie die übrige Geistlichkeit in großem Pomp. Und nun kamen in langen Reihe» die Soldaten, voran Gustav Adolfs Dragoner mit dem gelben Lederkoller und den blau-gelben Schärpen von Lützen. Mit­ten unter ihnen ritt, nach allen Seiten huldvoll grüßend, Gustav III. ine wallenden Federhui und breiten Ordensband. Es war eine männlich schöne Erscheinung von echt nordischem kraftvollem Typus, ein blonder Vollbart umrahmte das regelmäßige Antlitz, aus dessen großen duntlen Augen heute nur Gnade und Huld ans sein Volk hcrniederleuchteten. Neben ihm rechts ritt sein zehnjäh­riger Cohn, ein hübscher munterer Knabe, den die ganze Sache nach Kiuderart höflich amüsierte; links vom König sah man dessen Bruder, den finsteren Herzog von Südermannland, dessen Blick nicht selten, beinahe haßerfüllt, seitwärts auf Gustav siel Er war unbeliebt beim Volk, uvb seitdem er den Adel und dessen Pläne zurückgewiesen, halte auch dieser ihn fallen lasse».

Jetzt nahten die Herrschaften, die Truppen stellten sich auf und mit bebenden Gliedern trat Christine an der Spitze ihrer Ge­fährtinnen vor, um den Monarchen zu begrüßen. Lächelnd schaute Gustav auf taS schone, errötende Mädchen, welches nun mit einem beinahe zaghaften Aufblicke ihre Ansprache begann, es war eine melodische, füße Stimme, und aus dem nächsten Gefolge des Kö­nigs schaute Graf Horns bleiches Antlitz mit seltsamer Bewegung hinüber zu derJnngfrau. Der Oberstlieutenant, welcher in eincrGruppe adeliger Herren unweit davon stand, sah in tiefemErnst das schöneGesicht seines so zärtlich geliebten Kindes und zum letzten Mal ries eine warnende Stimme in seinem Herzen:Kehre um für Sie, Deine Christine!"

Da trat Bjelkc neben ihn und flüsterte befriedigt:Recht so, Liljehorn, Ihr lenkt den Verdacht mehr als genügend ab, wenn Eure schöne Tochter als loyale Unterthanin dem König Willkommen bietet."

Christine hatte geendet mit tiefer Verneigung und schüchternem Blicke überreichte sie den duftenden Strauß. Der König schaute noch immer lächelnd in das liebliche Antlitz und fragte dann ga­lant:Wie ist Euer Name schönes Fräulein, damit ich weiß, wem ich diesen reizenden Gruß meines getreuen Stockholms ver­danke?"

»Ich heiße Christine von Liljehorn," flüsterte sie mit mäd­chenhafter Befangenheit, denn sie fühlte die Blicke der Menge auf sich ruhen.

(Fortsetzung folgt.)

Redaktion, Druck und Verlag von Bernhard H >> ,.»i a n » »> tSilddao.