« St. Goar?)

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^^wischen Rhein fels, Katz »nd Maus Da sieht es am romantischsten aus,

Besonders wenn man im Nachen fährt,

Mit Speis' und Trank und Liedern bewehrt,

Und hat von Bingen herab gesungen,

Den Schiffern die Fahnen und Tücher geschwungen Und ist von Ucbcrmnt so voll,

Von lauter Lebensfreude toll,

Vom rechten Nheinesransch besessen:

Nur singen, lieben und vergessen!

Und ich, der laug von ihm getrennt,

Dem Sehnsucht oft das Herz verbrennt,

Ich lehnte mich über des Bootes Rand Und streichelst ihn stille mit sanfter Hand, Und ward so voll Trauer geschwind.

Wie Deutsche, wenn sie am fröhlichsten sind.

*) Aus dem Prachtwerke:Mein Rhein!" Dichtungen von Carmen Sylva. Verlag von A. Titze.

WeLwgene Wetrüger.

Novellette von M. Heim.

Nachdruck verboten.

3. Fortsetzung.

Der Herr Gerber will Vorspannpferde," rief sie endlich, Ei, >nn großer Herr, der Herr Gerber! Laß er sein Fell anders­wo zu Markte tragen, wir haben für ihn keine Vorspannpseide."

Glücklicherweise Irak in diesem Augenblick der Besitzer des Hofes ein und Ferdinand wiederholte mit unerschütterlichem Pflcgma seine Bitte.

Sagen Sie dem Färber, dem nichtsnutzigen Kerl, er soll mir lieber die 50 Thaler bezahlen, die ich ihm vorgeschossen habe, nicht noch Gefälligkeiten von mir verlangen," lautete die heftige Antwort, die noch eine lange Fortsetzung erhalten sollte, indeß Ferdinand machte die Thür zu und begab sich in erheiterter Stim­mung an die Unglücksstälte zurück. Eine Ahnung sagte ihm, daß auch Felix nicht länger seinen angenehmen Platz, Fanny gegen­über und die zukünftigen Zöglinge jeden auf einem Kniee, behaup­ten würde.

In der That.

Kaum hatte er Herrn Merber gemeldet, jener Herr lasse erst nm Bezahlung der vorgeschossemn 50 Thaler bitten, als seine Gattin sich mit dem Anstand einer beleidigten Königin erhob und ausrief:Heimliche Schulden! Bernhard, ich sagte es stets, Du bist ein unmoralischer Mensch. O ich unglückliche verrathene Frau." Und sie begann, mit Heroismus, vom Wagen herabzu­klettern.

Aber liebe Tante, so bleibe doch wenigstens hier," bat Fanny. Was mich betrifft, mich brächte keine Macht der Welt in diesen Schmutz

So bleibe!" unterbrach Frau Merber sie kurz.Kommt Kinder! Herr Egbcri, eine Schutzlose bittet um Ihren ritterlichen Beistand!"

Ich stehe ganz zu Jhrem^Befebl," sprach Felix seufzend und stieg ans. Dabei fiel ein «Ltückchen weißes Papier aus den Falten seines Uebcrzichers. Frau Merber fing es auf und steckte cS zu sich.

Der arme Felix nahm die ihm gereichten sechs Umschlage- tücher, zwei Hutschachteln und drei Regenschirme in Empfang (den vierten wollte seine Prinzipalin als Wandrrstab benützen), die Kna­ben faßten an seine Rocktaschen, und so wanderte die kleine Kara­wane in den zweiundzwanzigstcn Regenschauer dieses Tages hinaus.

Sei cs nun, daß die heimtückiscken Pferde sich mit ihrem Herrn verschworen halten, Frau Merber durch Aerger ins Grab zu bringen, sei es, daß sie die Erleichterung ihrer Last fühlten kurz sie zeigten sich plötzlich geneigt, den Mahnungen ihres Kut­schers nachzugebcn, und sich eine kurze Strecke forlführcn zu las­se».

So gelangte man endlich vor daS einzeln stehende Gehöft, und der Besitzer desselben, der vor die Thür stand, um seinen Schuldner stecken zu sehen, iah seinen besten Freund angstvoll und trübselig fahren. Eine rührende ErkennungS- und Aufklärungs- Scene folgte, die Voripannpferdc wurden schleunigst geliefert, und man holte mittelst derselben noch Frau Merber ein, welche be­reits von ihren Märtyrerideen etwas zurückgekommen war und den > vereinigten Bitten ihrer Nichte und des in seiner angeborenen Un- f schuld wiederhergcstellien Galten nickt wird rstehen konnte. !

Ferdinand sah mit Vergnügen, daß, sobald man heimgekehrt war, Felix sich sogleich sein Zimmer anweisen ließ und gänzlich darauf verzichtete, diesen Abend noch den Liebenswürdigen gegen Fräulein Fanny zu spielen.

Viertes Kapitel.

Was haben Madame hier so Knittriges in der Tasch?" fragte Käthe, der am nächsten Tage die schwierige Aufgabe zu­gefallen war, die Kleider ihrer Herrin von den Folgen ihres gestri­gen edlen Stolzes zu reinigen.

Es wird daS Briefchen sein, das Herrn Egbert gestern ent­fiel! Gieb her seine eigene Handschrift, die ich ans seinen Meldnngssckreiben an uns kenne."

Aus dem heutigen Zusammentreffen kann leider nichts werden, lieber Nantc, da ich mit fürchterlichen Zahnschmerzen behaftet in Nn Tiefen meines Lehnstuhls wimmere. Grüße Elsa und beklage tief

Deine unglückliche

Felicia."

Was ist das? Felicia? und es ist doch seine Handschrift, das will ich beschwören! Felicia? Deine Felicia?"

Als ob er ein Mädchen wäre," sagte Käthe.

Als ob er wäre! Auch die Handschrift ist recht weiblich. Käthe es passieren zuweilen seltsame Dinge!"

Ja, in den Geschichsbüchern steht mancherlei," pflichtete Käthe bei.

Warum sollten abenteuerliche Ereignisse nur in Romanen existieren? Wenn ich mir seine kleinen Hände vergegenwärtige, seine sanfte Stimme."

Und eine Taille na, ich glaube noch dünner, als die meinige. Ich dachte gleich gestern, die könnte ich mit den Händen umspannen."

Mich wundert nur, daß mein Mann nichts gemerkt hat. Freilich, er hat keinen sonderlichen Scharfblick der Acrmste. Jeden­falls ist dieser Brief ein wichtiges Dokument, und ich will doch vorläufig wenigstens Fanny ins Geheimnis ziehen. Laß Dir gegen Niemanden sonst etwas merken, Käthe!"-

Natürlich sie ließen sich Beide nichts merken, sie wußten die tiefste heiligste Verschwiegenheit zu beobachten. Das heißt, wenn Felix nicht ganz allein mit den Gedanken au Fanny beschäftigt ge­wesen 'wäre, so ist es möglich, daß ihm das heimliche Flüstern, das Köpfezusammenstrecken, die häufigen Anspielungen auf seinen Wuchs, fein feines Gesicht u. s. w. nicht völlig entgangen wären, aber es hätte doch Niemand sag n können, daß Frau Merber und Käthe sein Geheimnis entdeckt hatten? So indessen wandelte er ahnungslos neben dem Abgründe hin, der neben ihm gähnte. Es gab ohnehin schon Sorg-m genug, die sein Herz beschwerten. Nicht allein, daß er die neuliche unangenehme Heimfahrt ganz und gar aus Rechnung des schadenfrohen Ferdinand schob und sich täglich eines ähnlichen Streiches von ihm gewärtig mußte: Auch die Leis­tungen der jungen Herren Merber übertrafen Alles, was er sich von ungezogenen Kindern vorgestellt, und wenn eine andere Ge­legenheit ansgefochtcn gewesen wäre, sich in diesem fremden Dorf in die Familie einzuführen, er hätte sich einen Thoren gescholten, daß er sich in diese heikle Lage begeben.

! (Fortsetzung folgt.)

Redaktion, Druck und Vertag von Bernhard H ' I n, a n n in Witobao.