Hselrogene HZetvügev.

Novellctte von M. Heim.

Nachdruck verboten.

Erstes Kapitel.

Ein rauschender Galopp war beendigt; die Musik verklang. Mit einem Seufzer der Erleichterung ließen die Musiker ihre Instrumente sinken und die Herren führten die Damen zu ihren Plätzen, um cbemalls mit einem Seufzer der Erleichterung in das anstoßende Zimmer zu eilen.

Einer derselben, dessen hohe Gestalt mehr zur Fülle als zu übergroßer Zierlichkeit neigte, sank, hier angclnngt, sogleich auf einen Stuhl und trocknete sich unter lautem Stöhnen den Schweiß von der Stirn.

Das nennt die Welt Vergnügen!" klagte er dabei.

Zwanzig Grad Wärme zum mindesten und dabei diese Er­regung ! Laßt sehen." Er begann an den Fingern aufzuzähle». Zwei Walzer, ein Galopp, ein Polka mit Damenwahl"

Wobei Du jedoch nicht viel iukommodirt wurdest," schaltete sein Freund Otto ein.

Uebrigens kannWDu Gott danken, Ferdinand, wenn er Dir etwas Bewegung verschafft, bevor Du Schweuinger in die Hände fällst, bemerkte ein Anderer, Namens Albin.

Ein Rheinländer," zählte Ferdinand fort, ohne sich stören zu lassen,dann noch die Polonaise, die ich freilich noch für den vernünftigsten aller Tänze erkläre."

Weil sie Dein Blut nicht so in Wallung bringt?" fragte Albin.

Nein doch," antwortete ihm Otto,sahst Du denn nicht, daß er bei der Polonaise die schönste Dame der ganzen Gesell­schaft führte?"' - ' ' . '

Ferdinand sagte darauf nur:' 'Du ahnungsvoller Engel, - Du," und lächelte still vor sich hin. ,

-Ist' kS-möglich, Tom Fernäitdo!" rief'Felix, sein JntiuruS, sich dicht vor ihn hinstellcnd,Euer Herz in neuen Fesseln, wo' kaum'die 'alten ganz ohne Euer Znthun gelöst sind?"

'Ferdinand schwidg darauf, bis die Meisten Anwesenden sich durch die neu beginnenden Klängd der Musik hatten verlocken las­sen, in den Tanzsaal' znrückzukehrcn. Dann erhob er die Augen mit schlauem Blinzeln zu der zierlichen seinen Gestalt seines'Freun­des Felix, der schon manches HerzenSgrstSridnis von ihm gehört. Man pflegte die beiden scherzweise Ätann und Frau zu nennen und sah sieh fast nie Einen ohne den Andern. Auch jetzt hatte- das Schicksal sie Beide dazu verurteilt, ihr-e llniversttätSfcrien an-' statt'zu Hause; in einer kleinen Prövinzialstadt bei'Freundest zu­zubringen.

Felix hatte-wegen einiger beim Vater cingeläufeuen nicht ganz -, unbedeutenden Rechnungen füb gut befunden,. die Liebenswürdigkeit seiner Angehörigen diesmal nicht zu ' erprvbeU. 'Ferdinand, aber schwur, das-Heus' seines'Onkels, düs er'bisher'als seine Heimat betrachtet, überhaupt nie mehr zu betreten, sintemal,,ihn Cousine Etsg, in welche' er sterblich verliebt war selbst d'armli'ersucht uyd ihm die schmeichelhafte Versicherung' gegeben, er sei ihr vollkommen enchehrlich und könne ihr nur dadurch eine Annehmlichkeit erweisen, daß er ihr nie nieder vor die Augen trete.

Nun. heraus damit, Nante, alter Junge," mahnte Felix energisch. Sie ist schöner als Alle, die Du bisher geliebt wie?"

Felix, mein Sohn, Deist zarter Instinkt hat es crrathcn. Ich bin weg, rein weg, sag sch Dir." Ist, sie Dir nicht auch ausgefallen?" '

Als ich kam, war die Polonaise bereits vorüber. Aber mag sie sein wie sie will, sie kommt nicht der gleich, was ich diesen Abend entdeckt habe."

Hetze!" machte ihm Felix, sieb ereifernd, nacki.Kannst Du urteilen, bevor Du gesehen Haft? Bildest Du Dir ein, Du habest allein Augen im Kopfe? Da, erhebe Dich einmal und komm an die Thür, so will ich Dir meine Schöne zeigen, und Du sollst kläglich verstummen."

Ferdinand leerte bedächtig sein Glas und folgte dann dem lebhaften Freunde an die offene Thür des Tanzsaakes.Siehst Du die Dame in Rosa?" fragte Felix, nach ihm zNrückgewandt.

Die mit den braunen Locken, die eben" Eine Bewegung Ferdinands ließ ihn verstummen."

Das ist ja meine Angebetete," nickte dieser gemächlich.

Nun beweise mir, daß die Deine ihr glcichkommt!"

Wa was?" DaS ist Deine Angebetete?!" fragte Felix verwirrt. Sic tauschten einen langen Blick und verstan­den sich.

Große Entdeckung von Dir!" höhnte Ferdinand.

Laß Dir rathen, Don Fernando," spottete Felix,komme mir nickt in mein Gehege. Ich habe bereits mit der holden Dame die ersten Artigkeiten ausgclauscht, und ich kann Dir ver­sichern, mir ist die Sache völlig ernst."

Mir auch, und darum sei so gut, mir das Feld zu räumen; ich habe sic zuerst gesehen," entgcgnetc Ferdinand mit hartnäckigem Pflegma.

,Ich habe schon Beweise ihrer Liebenswürdigkeit erhalten, ich werde noch,mehr verlangen, und noch in dieser Nacht werde ich ihr mein Herz zu Füßen legen!" rief Felix erregt.

Weißt Du schon wer sie eigentlich ist?" fragte Ferdinand spöttisch.

Statt der Antwort wandte sich Felix an einen der im Zim­mer zurückgebliebenen Herren und fragte nach dem Namen der be­treffenden Dame.

Es ist ein Fräulein Werber, die Nichte eines in der Nähe von B. wohnenden Gutsbesitzers," erklärte dieser.Sie hält sich augenblicklich besuchsweise bei Bekannten in unseren! D . . . selb auf und hat mit diesen das Fest besucht.

Also keine Einheimische," sagte Felix.

Daher erklärt sich auck, daß sie, gewiß die reizendste Er­scheinung von Allen verhältnismäßig wenig tanzt."

Vielleicht nicht allein daraus," versetzte der Andere.Fräu­lein Merker gilt als verlobt oder doch für versprochen. Ich bin ein naher Bekannter ihrer Familie und daher in die Verhältnisse eingeweiht."

Felix fand für »ölig, eilends sich dem freundlichen AuskuMt- geber bekannt zu mache»,' und Ferdinand -ließ sich nicht von ihm beschämen.

Der' dritte stellte sich alsHellmuth Oeconvm" vor, und ließ sich dann bereit finden, auf Felix Aufforderung noch weitere Nachrich­ten mitzuteilen. -

-Sie scheint-nicht eben untröstlich über die Abwesenheit ihres - Verlobten," wagte Felix -hinzuwcrfcn.

'Er ist der Stiefsohn ihres Onkels, in dessen Hause sie lebt," sagte Hellmuth.Die beiden waren Spielgefährten und man hatte sie schon als'Kinder für einander bestimmt."

Ohne ihr Henz-zu befragen?" rief nachdenklich der sangui­nische Felix. -

'-. Hcllmuth'.zuckte lächelnd die Achseln.

Felix fand diesen Umstand empörend, und Ferdinand mur­melte etwas wieSchurke von Cousin" oder dergleichen.

Hellmuth zuckte wieder die Achsel, ließ den Blick lauge sin­nend auf Fräulein Werber ruhen und sprach daun:Die Dame ist freilich sehr schön, indcß ältere Ansprüche muß man respektie­ren!" . '

Felix war sogleich bemübt, diese philisterhafte Ansicht zu wie- dcrlegcn, aber mitten im besten Wortschwall entdeckte er plötzlich, daß der sonst so Iän'gsa!ne"Ferdiiiänd' sich zu Fräulein Werber begeben' und sogar schön ein Gespräch mit ihr angeknüpst hatte. Herr Hellmuth kam dadurch um viel schöne Belehrungen, und Ferdinand hatte alsbald den Verdruß, sich von der größeren Ge­wandtheit seines FrcundcS Felix auö dem Felde geschlagen zu sehen.

Triumphiere nicht zu früh!" murmelte er,' als Felix das schöne Matchen glückstrahlend zum Tanze führte.Ich gebe nicht so schnell aut, waS ich einmal auf's Kor» genommen, und mir scheint, es dämmert in meinem Kopfe schon ein Plan, der mich trotz Deiner, zarte Felica, zum Ziele führen soll."

- (Fortsetzung folgt.)

In Frankfurt fand eine seltene Verlobungsfeier statt. Einer Familie wurde vor einiger Zeit ein Sohn geboren und einer ihr befreundeten Familie eine Tochter. Die Väter der Kin­der hatten erklärt, haß die beiden Kinder sich dermaleinst heiraten müßten, und damit dies keine leere Redensart bleibe, beschloß man, die beiden Kleinen sofort zu verloben. Die Heiraisbedingungen wurden von den Vätern sofort festgesetzt, so daß nur durch un- wiederstehliche Abneigung die Heirat' dermaleinst illusorisch ge­macht werden könnte. Beide Väter deponirten bei einer Bank je 25,000 Ml., welche mit Zinses-Zins am Tag nach der Hoch­zeit erhoben werden sollen. Die Kleinen wurden zu ihrem Ver- lobungsfest reichlich beschenkt.

Redaktion, Druck und Verlag von Bernhard Hof mann in Wildbad.