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Nr. 296

viensteig, 30. veremder 1919

IskrgsngSS

Bundes fürsten und Reichstag.

In der sozialistischen WochenschriftDer Firn" ver önentiicht Karl Engen Wolfsdorf aus Anfzeichnun gen des ehemaligen Staatsministers Grafen Vitztur v. Eckstädt Mitteilungen über eine im Jahre 1918 einge leitete Aktion inehrerer deutscher Bundesfürsten beim Kai fer.

Am 14. Januar 1918 machte der Großherzog vor Oldenburg dem König Friedrich August von Sachsei einen Besuch. Zwischen den kleineren deutschen Fürstet inid Wilhelm II. bestand eine gewisse Spannung. DH Fürsten waren ungehalten, daß ihr Einfluß während del Kriegs immer mehr ausgeschaltet worden war, und voi allein, daß sie in dem Bundesratsausschuß für auswärtig! Angelegenheiten keine unmittelbare Vertretung hatten. Dm Grosherzog von Oldenburg sagte, die Fürsten gewännet mehr und mehr den Eindruck, daß der Schwerpunk der Entscheidung nicht etwa bei dem Kaiser liege, sondert beim Reichstag, dessen Mehrheit einen unheilvoller Einfluß auf den Gang der Politik und die Haltung der deutschen Vertreter bei den Friedensverhandlungen ans- übe". Im Heere bestehe allgemein die Ansicht, daß mar Belgien behalten müsse. Es lägensichere Nachrich len vor, wonach rund gerechnet 80 vom Hundert, der ''rer.ingehörigeü sieh rOcht mehr zu neuen OsienOnen wn- nßei! .lassen wollten, weil sie sich sagten, daß 'wir dock, die Absicht hätten, alles wieder preizugeben. was erobere würde".

Bon dieser Auffassung ausgehend, planten die Förster ein gemeinsames Vorgehen, über den Art Herr v. Eckstädt schreibt:Ter Großherzog von Oldenburg, du Senate von Lübeck und Bremen, voraussichtlich auch Ham bürg und die beiden Großherzoge von. Mecklenburg, de .Herzog von Altenburg und die beiden Fürsten von-Lippe Bückeburg und Lippe-Detmold hätten daher eine Eingabl an den Kaiser entworfen, worin die Notwendigkeit be­tont werde, einen Frieden zu schließen, der Tauer ver­spreche und der Opfer würdig sei, die gebracht worden seien. Hierzu sei insbesondere erforderlich, Belgien in deutscher Hand zu behalten. Es sei gedacht, für diesk Eingabe vor allem die Könige voll "Bayern und Sach­sen zu gewinnen, und es werde gehofft, daß der König Ludwig diese Eingabe den: Kaiser überreiche...."

Der sächsische Minister machte (nach seinen Aufzeich­nungen) darauf aufmerksam, daß'die Reichstagsre- solution vom 19. Juli 1917 zwar von allen Ein­sichtigen beklagt werde und uns rechtlich nicht binden könne, daß der Reichstag aber die Bewilligung neuer Kre- .dite zweifellos wieder davon abhängig machen werde, das sich der Kanzler auch den Westmächten gegenüber ans den Boden des Verzichts auf alle Annexionen stellen werde. Für die deutschen Fürsten handle es sich darum, ob sie den Konflikt mit dem deutschen Reichstag anf- nehmen wollten öder nicht.

Der Großherzog erwiderte, der Konflikt sei unver­meidlich und die Revolution, die einem entschä­digungslosen Frieden folgen würde, werde verhängnis­voller sein, als alle Putsche während des Kriegs.

Ans den weiteren Auszeichnungen Vitzthums geht hervor, daß sich der sächsische König bereit erklärte, sich dem Vorgehen der Bundesfürsten anznschließen, wenn sich de, König von Bayern an die Spitze stelle. Dagegen hatte der Minister mancherlei Bedenken; er meinte, man müsse als Ziel der Eingabe die Bereitschaft der deutschen Fürsten betonen, sich bei einem Konflikt mit dem Reichstag hinter den Deutschen Kaiser zu stellen und seine Ratgeber zu unterstützen.

Damit waren der Großherzog und -auch der König von Sachsen einverstanden; es wurde verabredet, daß der Großherzog zuerst nach München reisen und dort das weitere mit dem König'von Bayern vereinbaren sollte. Ob man sich in München auf eine Eingabe geeinigt hat, geht aus den Aufzeichnungen des sächsischen Ministers nicht hervor. . , M ..

, Bie Ausfuhr deutscher Kohle-

Wie derBerlin-Expreß" auf Grund amtlicher Mit­teilung erfährt, verteilt sich die monatliche Kohlenaussuhr Deutschlands augenblicklich wie folgt: Nach Polen 75 000 Tonnen gegen Lieferung von Kartoffeln, nach der Tschecho-Slowakei 75 000 Tonnen gegen 260 006 Tonnen Braunkohle, jedoch wird sich das Verhältnis in

dem jetzt verlängerten Vertrage zuungunsten Deutschlands verschlechtern, insofern es statt 8 F» : 1 auf 2 Hz : 1 für Deutschland eingeschränkt ist. An die Schweiz werden nach deni bis Ende Dezember laufenden.Vertrage bis zu 80 000 Tonnen monatlich geliefert, nach Oesterreich täglich bis zu 7000 Tonnen gegen Gestellung der Wa­gen. Die Kohlenlieferungen nach Holland und- nimark sind noch aus alten Verträgen, die jetzt nachge­liefert werden, im Rückstand, lieber neue Kohlenliepe- rungsverträge ab 1. Januar 1920 schweben Verhandlun­gen, die noch nicht abgeschlossen sind. An Frankreich sind nach einer amtlichen Mitteilung in der französischen Kammer bis 1. "Dezember 1919 rund 1 HF Millionen Tonnen geliefert worden.

Nach dem Friedensvertrag hat Deutschland bekanntlich 10 Jahre lang an Frankreich 7 Millionen, an Belgien H Millionen und an Belgien 8 Hs- Millionen, zusammen 21 1/2 Millionen Tonnen Kohlen zu liefern. Bis zur Wie­derherstellung der im nordfranzösischen Kriegsgebiet lie­genden Kohlengruben, also aus'mindestens 5 Jahre, sind ferner an Frankreich jährlich 20 Millionen Tonnen z? liefern, deren Preis ans die noch festzusetzende Kriegsent­schädigung angerechnet werden soll.

Die deutsche Kohlenförderung betrug 1913/14 190 Mil­lionen Tonnen Kohlen, wovon auf das nun von. den FraMosen belekte Saargebiet ru^ld IO Millionen, ans Oberschlesien rund 50 Miilionen^onnen entfallen. 'Lveiin Oberschlksien durch die Abstimmung verloren geht, ver­bleibt davon noch die Förderung des Ruhrgebiets mit etwa 130 Millionen Tonnen, wenn die Förderung die­jenige des Jahres 1913 wieder erreichen sollte. Sie hat aber bis jetzt nach Airgabe des Reichswirtschaftsamts nur 60 Prozent der Friedensleistung erreicht und gegen 80 Millionen Tonnen des ersten Halbjahrs 1918 sind in der gleichen Zeit im Jahr 1919 50 Millionen Tonnen gegen 80 Millionen im . Jahr 191314 gefördert worden. Die Ruhrkohlenausbente dürfte daher vor­läufig nicht über 100 Millionen Tonnen zu veran- . schlagen sein, wovon die vertragsmäßigen Ablieferungen an die Entente und d ie Verkäufe an die neutralen Staa­ten zu bestreiten sind. , ,... ^

- Die Ergebnisse der KriegssLeuer,

Ans den im Jahr 1919 erlassenen Kriegsstenern wurde an laufenden Einnahmen ein Mehrertrag für das Reich von 2 042,25 Millionen Mark erwartet. Das Ergebnis ist aber, wie eine Berliner Nachrichtenstelle berichtet, weil unter der Schätzung geblieben, die Mehreinnahmen be­laufen sich tatsächlich nur aus 959,4 Millionen, und auch davon sind 5,8 Millionen Mehrumsatz bei der Bier­steuer infolge des Eintritts Württembergs in die Bier- steucrgemeinschaft und 50 Millionen Ueberweisungen an­der Umsatzsteuer in Abzug zu bringen, sodaß sich das wirkliche Mehr' an Reineinnahmen für das Reich aus 903,6 Millionen stellt. Dieses Ergebnis wird verursacht durch die gegenüber der ursprünglichen Schätzung zu er­wartenden Mindereinnahmen bei den Zölle n mil 709 Millionen, bei der Branntweinsteuer mit 724 Millio- s nen, bei der Biersteuer mit 313 -Millionen, beim Wechsel­stempel mit 10 Millionen, bei den Börsensteuern mit 116 Millionen, beim Frachturkundenstempel mit 39 Millio­nen. Dagegen'sind Mehreinnahmen -zu erwarten bei der Zigarettensteuer und dem Kriegsausschlag mit zusammen rund 295 Millionen, bei der Zuckersteuer rund 17 Millionen, bei der Salzsteuer 14 Millionen, bei der Reichsstempelabgabe von Wetteins ätzen bei Pfer­derennen 10 Millionen, bei der Abgabe von Grnnd- .stücksübertragungen rund 14 Millionen, bei den Verkehrsabgaben 78 Millionen, bei der Erbschaftssteuer 25 Millionen und bei der Kohlensteuer 295 Millionen. .Reichsfinanzminister Erzberger hat in seiner letz­ten - Finanzrede bereits auf die Möglichkeit eines Ein- nahmcaussalls ans verschiedenen Stenern hingewiescn.

Hautzmann über den Einheitsstaat.

Abg. Konrad Han-ßmann äußerte sich über die F.'age >es deutschen Einheitsstaats: Vom Standpunkt Süd- »entschlands ist das Problem scheinbar viel einfacher. Ler Ueberlieserung, dem Bedürfnis und dem berechtigten Ininut über manaelnde Bewegmigsfreiheit während der Kriegswirtschaft und Entmobilmachung entspricht der Wunsch nach Beibehaltung des Restes von Bewegung^ reihest, den die KrieLsLentrglisation, die.Reichsverfassung

mir Weimar und deren Abänderung durch das Neichssi- lanzverwaltüngsgesetz denLändern" gelassen haben. Es st auch gar kein Zweifel, daß die Peripheriegebiete un-, er Berlins Zwangswirtschaft besonders schwer gelitten, jaben und zum Teil unnötig. '

Vom Standpunkt Norddeutschlands ist die Fra- , ,e nach der Richtung der Entwicklung viel verwickelter. Mt alten Reich war die Frage durch die Hegemonie Preu­ßensgelöst". Preußen führte das Reich politisch, staats­rechtlich, verkehrspolitisch und darum auch wirtschafts­lolitisch. Nun ist die Hegemonie aus der Verfassung »eseitigt. Das Reich soll und darf führen. Aber daS Schwergewicht der tatsächlichen Verhältnisse und der ver- oaltungsmäßig organisierten Macht Preußens, das noch leine neue Verfassung, aber auch keine alte Verfassung' jat, kommt umso sicherer zur Geltung, weil die neue steichsverwaltung nych nicht etabliert ist und weil das lteich überhaupt noch nichtverwalten" gelernt hat. In >en Schwierigkeiten, Reibungen, Verstimmungen, die die- es staatsrechtliche Uebergewicht und wirtschaftlich unaus- jeglichene Nebeneinander im Gefolge haben muß, tauchr lun mit einer gewissen Naturnotwendigkeit, trotz einer killen Abneigung in Preußen selbst der Plan auf, die Staatsverwaltung Preußens selbst aufzulösen und auf ms Reich zu übertragen. Das ist theoretisch eine san­iere Lösung, freilich auch nur, wenn die anderen Staa-- en sich ebenfalls auflösen. Praktisch erhebt sich eine Sum- «e G.mz Dc.'llschl.md muß sie ernst

cnd sachlich prüfen, untersuchen und abwägen, bevor eine este Entschließung möglich ist.

Die .Süddeutschen müssen die Schwierigkeiten Nord­mutschlands verständnisvoll ins Augesassen, schon deshalb, veil sie verlangen müssen, daß auch die Schwierigkeiten Snddeutschlands verständnisvoll von Norddeutschländ in Rechnung gestellt werden. Ist 'Süddeutschland der Ein- vohnerzahl nach kleiner, so ist seine Kultur nicht kleiner cnd darf im Interesse des Gesamtvaterlands nicht Not eiden. . ' i

Reues vom Tage.

Die Antwort des Obersten Rats. , Berlin, 27. Dez. Auf die deutsche Note vom 14. De- jember ist am 25. Dezember der deutschen Vertretung >ie Antwort des Obersten Rats übergeben worden. Dar-- in wird u. a. gesagt, der Oberste Rat nehme davon Kennt­nis, daß die deutsche Regierung keine Aendernng des Hriedensverträgs aus der Tatsache erwartet, daß die Ver- .«irrigten Staaten an der ersten Hinterlegung der Rati- ikationsurkunde sich nicht beteiligen. Die Erwartung^ nürde nutzlos gewesen sein und niit der Absicht des '-ertrags in Widerspruch stehen. Die deutsche Negierung hinreichend unterrichtet, daß nach Inkrafttreten des i ctrags zwar die Maßnahmen der Verbündeten, wie . der Krieg mit sich bringt, ihr Ende finden, daß aber "M die im Vertrag vorgesehenen Maßnahinen, sowie )ie vom Völkerrecht anerkannten Verfahrensarlen new nrgewendet werden, wofern Deutschland seinen Verpflich- wngen nicht nachkäme. Auf der Unterzeichnung. )es Protokolls müssen die Verbündeten bestehen. §alls stichhältige Gründe eine, Ermäßigung der Entschädi- mngssordernng von 400000 Tonnen Schwimmdocks,! Lagger usw. rechtfertigen, so werden die Verbündeten dazu iereit sein. Sie haben aber Kenntnis Havon erhalten, daß von 'der deutschen Regierung kürzlich gewisse Schwimm- wcks, Bagger und Kähne verkauft worden seien und sie werden keinen Verkauf nach dem 3. November aner- iennen. Ter in der deutschen Note vom 14. Tczem- ier nicht enthaltene, von der deutschen Kommission münd- ich vorgeorachte Vorschlag) an Stelle der vorhandenen uns kleinen Kreuzer fünf iin Ban befindliche auszulie» ern, wird abgelehnt. Tie Bestimmungen des Protokolls nüssen angenommen werden, wie sie sind. Die internier­en deutschen Offiziere und Mannschaften von Scapa Flow verdcn dann freigegeben, mit Ausnahme derjenigen, die :ines Kriegsverbrechens beschuldigt werden. !

Berlin, 27. Okt. Amtlich wird entschieden in Abrede Mellt, daß die deutsche Negierung nach dem 3. No- wmber d. I., dem Tag der Ucbcrreichung der Entschädi- rungsfordernng der Entente, Docks an das Ausland ver-, .auft habe. --

Berlin, 27. Dez. Sämtliche Parteien der National­versammlung haben eine Einschließung eingebracht, in der den Neutralen für ihr Eintreten zur-Freigabe deutscher Gefangenen Leister Dank anSaelvroLen wirb. -.