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Nr.285

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Amtsblatt fSr wtldbad Anzeiger und Tagblatt für das obere Enztal.

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»-»« «id Verlag de« Wtldbader VerlagSdrnüerei

«christl.: rh. »a«, »eide i« «Stldda».

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Montag, 15. verember 1919

^skrgsng 53

An die Bezieher der ^ ^ württemdergischen Zeitungen!

Die Papiernot ist nun tatsä.hlich zur Katastrophe ausge-- artet. Durch das Fehle» der Kohlen wurde von den deutschen ZRunsir.-ckpav'er h rstellenden Fabriken mehr als die Hälfte z.-iiwci e zum Stillstand gebracht. Bei anderen konnte der Betrieb nur mit größter Not, teilweise durch Verwendung de« zur Papier»,znizi-ng bestimmten Holzes als Feucrungsmittel, aufrecht erhalten werden. Dazu sind in den letzten zwei Mo­naten Preisstei erring-!, des Holz-s, bekanntlich des hauptsäch­lichsten Rohmater'als der Papierfabrikation, eingetreten, die je­der Beschreibung spotten. Von gleichen und anderen Bedräng­nissen sind die Z.-Hstsff- und Holzstoff-Fabriken betroffen, ohm deren Erzeugnisse best, Pap er g'inacht ewrdcn kann. .

Die Zeitungen befinden sich infolge dieser Zustärde in einer geradezu verzweif lien Lage. Im Abstand von wenigen Wo­chen treten neben al e., übrigen driiche.rdsn Mehrbelastungen im­mer wieder neue Steigerungen der Papieroreise ein, und zwar so bedeutend, daß ein einziger Aufschlag für eine Zeitung mehr ausmacht, als früher der gesamte Papierverbrauch für di« Dauer eines ganzen I.-r.fts. Solche Preissteigerungen hatter die Zeitungen mehrmals in di-'em Jahr, zuletzt ab 1. Oktober, zu bestreiten. Und nun steht wiederum eine Erhöhung der Pa­pierpreise bevor, die alle bisherigen weit in den Schatten z»> stelle« droht.

Die Zeitungen, die sich bis zum äußersten gegen diese enor­men Anforderungen zur Wehr gesetzt haben, sind gegen die be­stehenden Verhälinisse machtlos. Sie haben bisher unter gro­ßen eigenen Opfern alles getan, um ihre Leser soweit als möglich von weiteren Erhöhungen der Bszugsgebrihren zu ver­schrieen. Es gibt aber für di? Zrjtungen keinen anderen Wsx zur Herbeiführung eines Ausgleichs als Verbesserungen der Be­zugs- oder der Anzeigensätze. De letzteren wurden dazu vor den württembergische,, Zeitungen am I. Oktober herangezogen Für die mittlere oder kleinere Presse, die nur einen schwacher Anzeigenbestand aufweisen kann, bieten jedoch erhöhte Anzeigen­preise einen allzu geringfügigen Ersatz gegenüber den gewaltiger Mehrbelastungen. D'"-se Plätte? sind deshalb fast allein aui eine Erleichterung durch gesteigerte Bezugspreise angewiesen: si« müßten in erster Linie zum Erli-gen kommen, wenn sieich! iLese Gebühren erh blich h raufsetz'n würde».

Alke Zeitungen bedauern aufs tiefste, nach den langen, beson­ders für die Presse überaus schweren Kriegsjahren mit den ganze» übrigen Wirtschaftsleben feridaucrnden Brunruhigunger jeglicher Art ausgesstzt zu sein. S-e stehen unter unerbittlichen Zwang und müssen sich selbst helfen, so gut es eben gehi und wie es dem einzelnen Blatt angemessen erscheint. Alb Zeitungslessr aber, denen wir durch diese Darlegungen voll« Aufklärung über dir Lage geben, bitten wir, sich den vorkom­menden Preiserhöhungen einsichtsvoll gegemibsrzr.stellen und der von ihnen gewählten Zeitungen in dieser schwersten Zeit naü wie vor ihre dankenswerte Treue zu bewahren.

Verein Württembergischer Zeitungsverleger

Der Vorstand: Dr. Wolf- Oberndösi, Esser- Stuttgart, A b - lei te r-Nntsrtürkheim, Dr. Elben-Stuttgart. Hutzler- R u l ? g n. K a u p e r t - Freud nftadt, K i r ch n e r --pingen

Dr. Sedlmayr-Ulm, U l m e r - Ludwigsburg, Pogt- Biberach, Wulle - Heilbronn.

SonnLagsgedanken.

Kindliche Freude.

Durch Winternacht und dünkte Tags erglänzt ein wundersamer Schein; in Kinderaugen sank sein Leuchten . .

daß wir nun Kinder möchten sein! -M.

Wochenrundscha«.

Mit zwei neuen Noten hat uns Herr Cleiiience'üu beglückt. Ganz glast sind die Verhandlungen im Obersten Rat über die Antwort, die Deutschland gegeben werden sollte, gewiß nicht verlaufen, was schon daraus hervor- aeht, daß die Uebergabe der Noten an den deutschen Vertreter in Paris wiederholt verschoben wurde, es sind also wohl mehrmals Aenderungen vorgenommen worden. Clemencean (und Foch) waren natürlich für ein Ulti­matum und die Anwendung dermilitärischen Maß­nahmen" . Das Ultimatum war schon einstimmig be­schlossen, da kam ein entgegengesetzter Befehl des Staats­sekretärs Lansing. Dieser leitet setzt nach der Erkran knna Wilsons Wilson soll unheilbar aeisteskrank sein

die Regierung der Vereinigten Staaten, und es ist be­kannt, daß er von dem Verrrag von Versailles nichts wissen will. Lansing gab weiter den Befehl, daß die drei amerikanische Mitglieder der Friedenskonferenz un­verzüglich nach Hause abreisen sollen, ob die Geschäfte der Konferenz erledigt seien oder nicht. Die Abreise erfolgte denn auch bereits am Abend des 9. Dezember. ° Die Durchkreuzung ihrer Absicht hat die Franzosen ge­waltig verschnupft, denn ohne Amerika hat die Friedens­konferenz wenig Bedeutung mehr und auf Italien und Japan ist kein Verlaß mehr. Diese haben die unauf­hörlichen Quengeleien mit Deutschland herzlich satt und wären heilsfroh, wenn sie mit dem feigen Rachewerk der Franzosen und der englischen Blutsaugerei nichts mehr zu tun hätten. Die heuchlerische Folterarbeit wird nachgerade auch den Amerikanern zu bunt.

Sie wollen sie unter keinen Umständen »sehr mitmachen, nachdem Wilson unzurechnungsfähig geworden ist. Das scheint Lansing den Assoziierten in sehr deutlichen Worten zu verstehen gegeben zu haben, denn auf einmal war auch England gegen das Ultimatum und die englischen Ver­treter sollen sogar in den statt des Ultimatums abgesandten Noten einige Milderungen bei Clemencean durchgesetzl haben. Bedeutend können, sie nicht gewesen sein, wie aus dem Wortlaut der Noten hervorgeht, die am Montag endlich übergeben wurden. Wenn man von einem Ent­gegenkommen reden kann, 'so wäre es allenfalls darin zu finden, daß die deutschen Kriegsgefangenen nach In­krafttreten des Friedensvertrags, will sagen nach Annahme des Zusatzprotokolls sreigelassen werden sollen, wenn sich nicht sonst ein Häkchen ergibt. Im übrigen hält der Oberste Rat in barschen, herrischen Worten seine Forderungen und Anschuldigungen durchaus aufrecht und verlangt dieunverzügliche Unterzeichnung" des Proto­kolls, Auslieferung der .SchuUnHen" nsw, Was den speziell eng lisch eil Teil der Antwort, die Behand­lung der Angelegenheit der versenkten Schiffe von Scapa Flow betrifft, so ist er echt englisch. Die deutsche Regierung ist verantwortlich, denn sie hat dem Admi­ral v. Reuter den Befehl zur Versenkung gegeben. Daher muß DeutschlandSchadenersatz" leisten. Aber auch der Admiral ist verantwortlich, darum muß er be­straft werden. Tie vertragswidrige Internierung der deutl­ichen Flotte in England statt in einem neutralen Hafen entspricht nach der Note in jeder Hinsicht demGeist" des Wnisenstillstandsoertrags. Ganz gewiß. Wenn die Ver­bündeten im Wasfenstillstandsvertrag von einem nentra- , len Hasen sprachen, so meinten sie einen eng- l l s ch e n. Lolcher Begrisfsverwaiidlungen gibt es sa noch vie.e in den mündlichen und schriftlichen Abmachungen mit der Entente. Aber Großmut zeichnete von jeher England aus. So will es auch mit den 400000 Tonnen Docks, Baggerschiffen nsw. mit sich reden lassen, aber erst, nachdem sie bis zum letzten Rest aus- geliefert sind. Der Plan ist verteufelt schlau. An derartigen Hafeneinrichtungen besitzt Deutschland rund 580 060 Tonnen. Der Verlust von 400 000 Tonnen ist an sich vernichtend für die deutsche Schisfahrt. Aber es steckt noch etwas besonderes dahinter. Die deutschen Häfen können für große Seeschiffe nur mittels der großen Bagger freigehalten werden; setzt die Bag­gerung eine kurze Zeit ans, so versanden unsere Häsen rasch und können von großen Schiffen nicht mehr ange- lanfen werden. Dann werden die deutschen Häfen für den Weltverkehr nicht mehr in Betracht kornmen. Das ist es, worauf England abzielt. Geradeso können wir keine großen Schiffe mehr bauen, wenn uns die großen Docks genommen werden. England wird sich also schon diejenigen Bagger, Docks, Kranen nsw. aussuchen, durch deren Wegnahme es seinen Zweck erreicht und uns dann inversöhnlichem" Geist das znrückgeben, was uns nicht mehr viel nützt. England will die großen deutschen Häfen verstopfen und sie nur für den Küstenverkehr tauglich machen, dafür gedenkt es für sich selbst in Antwer­pen einen M v n o p o l h a f e n für den deutschen Ueber- seehandel zu schassen und von Antwerpen einen Kanal zum deutschen Rhein bis Nnhrort zu bauen. Nach dem Friedensvertrag steht Belgien das Recht zu, den Ka­nal zu bauen; aber eine englische Gesellschaft will chm dieses und wohl ngch manches andere Recht die Zeit wirds lehren durch einevorteilhafte" Anleihe von l'/s Milliarden abkaufen.

So sieht nun die Großmut Englands aus, die einfach aus die Vernichtung von Hamburg

uird B r e in e n hinausläuft Es ist aber eine andere Fr«? ge, wie Amerika sich dazu stellt, denn die amerikani- -bim Interessen laufen den englischen straks zuwider. A'"S- rna wird sich nicht an den unter englischer Aufsicht ste­henden Hafen Antwerpen Linden tasten und den Ens» ländern die Kanalgebühren zahlen wollen. Es will sein» Schisse, auch die großen direkt in die deutschen Häsen senden. Wir, wollen sehen, wie Lansing diesen englisches Schachzug beantwortet. ^ ^ .-Äs

Bleibt noch der bekannte Schlußsatz des Zusatzpro« tokolls, der den Verbündeten das zeitlich unbegrenzt Recht gibt, mit allen ihnen geeignet scheinenden Mit­teln (Angriff, Besetzung, Blockade) ohne weiteres gegen Deutschland vorzugehen, sobald sie der Ansicht sind, vai von Deutschland irgendeine Bedingung nicht oder MM genügend erfüllt sei. Diesen Paragraphen hatte die deus jche Regierung zu unterzeichnen sich'geweigert. Wie Ver­halten sich nun die beiden Verbündeten dazu? Viel« deutsche Blätter hatten behauptet, der Schlußparagrapl werde durch die Note aufgehoben. Fällt ihm gar nichsl ein. Die Note spricht gar nicht von ihm; sondern erklärt, daß nach Inkraftsetzung des Frieden» Vertrags durch die Protokollunterzeichnung die allgemeö nen Bestimmungen des Friedensvertrags und des Vötz kerrechts wer weiß, was damit wiedergemeint" für die Durchführung der Bedingungen in Kraft treten. Die Sachlage ist also genau die gleiche geblis- ben, nur sind, um. die Amerikaner zufrieden zu stellen, ein paar nichtssagende Redensarten verschwendet worden

Wenn nun aber auch die beiden Mliierten ihren Wille« doch durchgesetzt haben, auch ohne Ultimatum, so hcü es durch das Einschreiten Lansings doch einen Riß ge« geben. Zu einer wichtigen Besprechung ist deshalb Herl Clemencean nach London gereist und hat eine« Militär, seinen Geheimsekretär und den Staatssekrv tär des Innern für politische Angelegenheiten rniÄ genommen. Den Minister für den Wiederaufbau bei Industrie, Loucheur, hat Clemencean noch nachträm lieh telegraphisch nach London berufen. Das deutet st ungefähr an, aus welchem Gebiet sich die Besprechungen b« wegen werden. Auch Lloyd George mißt der Zusammen­kunft, an der noch mehrere englische Minister teilnehmen, außerordentliche Bedeutung bei. Darum hat er sich über di» Zeit der Anwesenheit Clemeneeaus in London im Unten- Haus entschuldigen lassen.

Die neugewählte französische Kammer ist äst Montag eröffnet worden. Es ging hoch her. Die M geordneten von Elsaß-Lothringen wurden ist Triumph in den Saal geleitet und der Jubel wolltt kein Ende nehmen, als der Elsässer Francois namens bei Befreiten" eine Erklärung verlas, daß die Elsaß-LothriNr ger es alstiefste Befriedigung" empfinden, zur frans zösischeu Familie zurückznkehren. Herr Clemencean be­grüßte dieBrüder von Elsaß-Lothringen" namens der Regierung. Er sprach aber merkwürdig kühl und nüch» lern und meinte, Frankreich dürfe nicht bloß zuschauen-, sondern es müsse an dem Wiederaufbau arbeiten. G, fürchtet wohl, daß die gegenseitige Begeisterung init der Zeit sich wieder abkühlen könnte und damit mag er wohl nicht so ganz unrecht haben. Vis znm Jahre 1870 hat du Mutter Frankreich" dieWattes" ziemlich geringschätzig behandelt, obgleich Elsaß-Lothringen derMutter" di« besten Soldaten, Ingenieure, Beamten und Staatsmän- ner gestellt hat . Die Elsaß-Lothringer aber werden wie­der an die Fleischtöpfe des früheren Deutschen Reich- znrückdenken, die ihnen in dem halben Jahrhundert deut­scher Zugehörigkeit so oft nicht gut genug sein wollten. Den wirtschaftlichen Aufschwung verdankt Elsaß-Lothrin­gen ja in erster Linie der deutschen Verwaltung und de, deutschen Wirtschaftspolitik. Auch die soziale Gesetz­gebung findet jetzt Anerkennung, so sehr sie oft bekämpft wurde. Ter französische Oberkommissar konnte nicht um- l!!N, die Beibehaltung der sozialen' Gesetze für Elsaß- Lorhringen bei tzpr Pariser Regierung dringend zu emp­fehlen. Ob die elsaß-lothringische Frage nun endgültig erledigt ist, steht in einem Buch, das noch mit sieben Siegeln verschlossen ist. .- /

Unter Zwang.

Fast alle Waren, soweit sie nicht der Zwangswirtschaft unterliegen, haben, in den letzten zwei Jahren namentlich eine nie geahnte Preissteigerung erfahren. Das Zehn-, Zwölf- und Zwanzigfache der Preise vor dem Krieß ist eine aan; aewölmlickie Erick-eimma und das Publikum

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