Amtsblatt für wtldbad Anzeiger und Tagblatt für das obere Enztal.
Erscheint täglich, ausgenommen Sonn- und Feiertags. ^ Anzeigenpreis: di« einspaMg« Petitzeil« oder deren Bezugspreis Mk. 3.30 oierteljährl., Mk. r.lümonatt.; k Liaum !b Psg., auswärts 20 Psg. Rektamezeilen durch dir Post im Orts- und Oberamisverkehr Mk. 3.30. ! öv Pfg.. bet größeren Aufträgen Rabatt nach Tarif, im sonst, inländischen Verkehr Mk. 3.40 u. 3V Pf. Postbesrellg. ! Schluß der Anzeigenannahme , täglich 6 Uhr oonnittags.
Anzeigenannahme in Wtldbad tu der Expedition Wilheimstraße SS; in Laimbach Hauptstraße 109. Fernsprecher Nr. tt.
t» -.. .. SM
i.- ' . ' >-
Drn« »nd Bering der Wildbader Verlagsdruckerei
Schrift!.: Th. Ga», beide t« Wtldbad.
Nr. 2Z0
kreitkig, äen 10. Oktober 1919
labrgsng SS
Amerikanische Rohheiten gegen unsere Gefangenen.
' Ter Schweizerischen Gesandtschaft ist, wie vere-.s kurz mitgeteilt, vom Auswärtigen 8lmt in einer Verlal- note von einer Reihe von Vorfällen Kenntnis gegeben worden, die sich in amerikanischen Gefangen m- tompagnien in Frankreich abgespielt haben . nd einen Beweis für die zunehmende schlechte Behandlung der deutschen Kriegsgefangenen und insbesondere für die Rücksichtslosigkeit bilden, mit der die Gefangenen im Wiedercmsbaugebiet zu den härtesten und gefährlichsten Arbeiten herangezogen wurden.
So war im Juli d. I. eine Gruppe von Mannschaften der 98. Gefnngenenarbeitskompagnie im Lager von St. Lonbes mit dem Verbrennen von Pulver und SchieL- baumwolle beschäftigt. Tie Vorkehrungen zuin Schutze der Mannschaften gegen Explosionsgefahren waren nicht ausreichend, denn als tatsächlich eine größere Quantität der Explosivstoffe in Brand geriet, wurden die bei der gefährlichen Arbeit beschäftigten Gefangenen durch Stichflammen furchtbar verbrannt. 36 von den Unglücklichen sind gestorben und kaum drei bis vier dürften mitdemLeben davongekommen sein. Als die 98. Kompagnie später von der 101. Gefangenen- kvmpagnie adgelöst wurde, weigerten sich die Leute erklärlicherweise, diese gefährliche Arbeit zu verrichten. Sie wurden dafür zunächst bei Wasser und Brot eingesperrt, nnd als sie sich dennoch weigerten zur Arbeit zu gehen, erhielten sie nichts zu essen. DreiTage hindurch wurde ihnen tatsächlich die Nahrung entzogen. Dann erhielten die Gefangenen wieder 450 Gramm Brot für den Tag, aber es wurde ihnen gedroht, daß sie wegen Meuterei bestraft werden würden, falls sie weiterhin die Arbeit verweigerten. Schließlich gaben die Gefangenen durch Hunger gezwungen ihren Widerstand auf, nnd nun wurden die entkräfteten Leute gezwungen, beim Verladen von Munition die schwersten Anstrengungen ans sich zu nehmen. Jeder von ihnen hatte mindestens 100 Zentner täglich zu verladen.
Bei der 100. Gesangenenkompagnie zogen sich die Leute beim Verladen von Gasflaschen schwere Gasvergiftungen zu, denen vier oder fünf Mann erlagen. Als daraufhin Angehörige benachbarter Kompagnien sich weigerten, die gefährliche Arbeit zu verrichten, wurden sie gleichfalls durch Hunger zur Wiederaufnahme der Arbei: gezwungen.
Tie allgemeinen Lebensverhältnisse der deutschen Gefangenen sind kläglich. ^ Für eine schwere Tagesarbeit von nenn Stunden bei 30 bis 40 Grad Hitze bekommen sie nur 30 cheiitimes für den Tag, während französische Arbeiter, die sehr viel leichtere dttbeit zu verrichten haben, täglich Ä> bis 30 Franken verdienen. Noch erne Reihe weiterer Tatsachen sprechen dafür, daß die Behandlung der deutschen Gefangenen in verschiedenen amerikanischen Lagern eine wesentliche Verschlechterung erfahre» hat.
Zu den vielen günstigen Nachrichten, die vor Eintritt des Wafienstillstands aus amerikanischen Lagern hierher gelangt sind, stehen diese Tatsachen in bedauerlichem Gegensatz. Besonders zahlreiche Klagen gehen aus dem Lager von Js sur Tille ein. Dort sind die Baracken dicht gedrängt belegt, es gibt weder Bänke noch Tische. Ais einzige Sitzgelegenheit haben die Leute ihr Bett, aber es ist verboten, die Betten am Tage zu benutzen, so daß die Leute während der Mittagsstunden nnd abends von 5 Uhr bis zum Schlafengehen keine Sitzgelegenheit haben. Tie einzelnen Gesangenenkompagnien in einem Laaer sind durch Stacheldrah't voneinander getrennt, so daß sie miteinander nicht verkehren können, wie denn überhaupt die Bewegungsfreiheit stark eingeengt wird. Bei einem Uebungsmarsch, bei deni in Ich? Stunden 13 Kilometer znr/ickgelegt werden mußten, brachen einzelne ältere Leute vor Entkräftung zusammen. Sie wurden mit K o l b e n sch i ä g e n, B a j o n e t t st ö ß e n und Fußtritten mißhandelt-
In dem amerikanischen Gefangenenlager vonTourS ist seit dem 17. Juli ein Befehl zu lesen, irr dem es heißt, daß „die Unterbringung der. Gefangenen gut ist" und daß deshalb Beschwerden unterbleiben müßten. Bei weiterer Beschwerde würde der Sportplatz und der Rund- gang durchs Lager verboten werden. Dieser Befehl wird von den Leute»! a-s blutiger Hohn anfge^aßt, da
auch in den Gefangenenlagern von Tours die Behandlung einfach menschenunwürdig ist. Auch dort fehlt es an Tischen, Sitzgelegenheiten und an einer Einrichtung zur Reinigung der Wäsche. Mannschaften, die beim Hissen unh Niederziehen der amerikanischen Flagge die vorgeschriebenen Ehrenbezeugungen unterlassen, werden mit Arrest bestraft.
In der Verbalnote wird die Vermittlung der Schweizerischen Regierung dafür erbeten, daß diese Tatsachen zur Kenntnis der amerikanischen Regierung gebracht und schärfster Einspruch dagegen erhoben wird, und die Schweizerische Regierung gebeten, sich zugleich der deutschen Kriegsgefangenen in amerikanischer Hand anzunehmen, damit ihnen eine Erleichterung ihres Loses zuteil wird.
Neues vom Tage.
Fehlbetrag der Reichseinnahmen.
Berlin, 9. Okt. Im letzten Vierteljahr sind nach der Meldung eines Berliner Blatts die Reichseinnahmen um ein Viertel hinter dem Voranschlag zurückgeblieben.
Die Frau in Ver Wohlfahrtspflege.
Berlin, 9. Okt. Das preußische Wohlfahrtsministerium hat als Referentin in die in der Bildung begriffene Abteilung für allgemeine Fürsorge Frau Meta Araun-Fessel aus Frankfurt a. M. berufen. , ^
Berkehrsnot.
Berlin, 9. Okt. In der preuß. LandeSversamm- lurig machte der Minister der öffentlichen Arbeiten die Eröffnung, daß der Mangel an Kohlen und an rollendem Material, die Möglichkeit naherücke, daß der Schnell- zugsverkehr nicht nur im Osten Preußens, sondern im ganzen Lande eingestellt werde; vielleicht werde man sogar dazu schreiten müsse, den Personenzugsverkehr wenn nicht ganz eirrzustellen, so doch auch auf ein geringes Maß einznschränlen. Das verfügbare Material müsse in erster Linie für die Beförderung der Milch und der Lebensmittel Verwendung finden.
Tie schwierige Verkehrslage droht sich zu einer Kartosfelkatastrophe auszuwachsen. Es fehlt an Verkehrsmitteln, um die Kartoffel rechtzeitig, noch bevor die Fröste einsetzen, nach den Städten zu bringen.
Im G e l se n ki r ch en e r Kohlengebiet trafen Arbei- terverlreter aus Süddeutschland ein, um festzustellen, ob es Tatsache ist, daß dort große Brennstoffmengev lagern, die wegen Transportschwierigk.iten nicht aübeför- dert werden können, während in Süddentschland eine große siahl von Betrieben aus Mangel an Kohlen still liegt. Lohnbewegung.
Berlin, 9. Okt. In Siemensstadt wurde von der Streikleitung und den Elektrizitätsarbeitern in Spandau der gesamte elektrische Strom abgeschnitten. Ter ganze ladtteil liegt im Dunkeln. Auch die Straßenbahnen sind stittgelegt.
Bremen, 9. Okt. Tie Hafenarbeiter haben gestern vollzählig die Arbeit wieder ausgenommen.
Der Anschlag ans Haase.
Berlin, 9. Okt. Die Verletzung des Abg. Haasc hat sich als ungefährlicher heransaestellt, als es anfangs erschien. Tie Wunde im Oberschenkel, ist eine Fleisch- wunde, der Knochen ist unverletzt. Ter Täter Boß gal an, er habe ans Haase geschossen, weil er von ihm in einer Klagesache geschädigt worden sei. Pol t sche Gründi liegen nicht vor. Voß wurde zur Untersuchung seine- Geisteszustands ins Hedwigkran.enhaus verbracht.
Ter Urheber des Anschlags, der an Querulanten- unk Verivlmiiigswahnsiiiii leidet, erklärte bei seiner Vernehmung dein Staatsanwalt, er gehöre keiner Partei an, stehe aber der Unabhängigen Sozialdemokratie am nächsten. Tie. Verlegungen Haa'tts sind derar!, daß in etwa 8 Tagen die Wiederherstellung erwartet werden darf. Wiche Präsident Eber! und Reichskanzler Bauer haben, lelegrayhisch Frau Haare ibr besonderes Bedauern aus-
gettrvcheu.
Stvengrre .Vitfi s-r ttommmrifter». >
Manche«', 9. Okt. Tie nachlässige Beaufsicht'gung> der wegen der Ausstandsvergehen in den v'rschiedenen bamwischei! FestungSgesärignissen inbatt e t'n Kounnen - ftcn hat allgemeinen Unwillen hecvorgerr.sen. Justizmtt liister Tr. Müller hat nun strenge. Maßregeln ange- ordnet. In einem Schreiben an den Lavdtagspräsidenten recht>erttgt er diese damit, daß er anssührt, die Kommu-
^ -
merleben geführt, sondern aus den Gefängnissen geradezu Hochschulen für die kommunistische Revolution gemacht. Es haben sich bei der Untersuchung der Gefängniszustände Bilder von unglaublichem sittlichem Tiefstand entrollt, sodaß sich die anständigeren unter den Gefangenen selbst darüber beschwert haben.
Ans dem besetzten Gebiet.
Saarbrücken, 9. Okt. Ter französische General Andlauer hat wegen des Streiks sm Saargebiet den Tciagerurgszusta.tt) verfügt.
Nach der „Saarbrücker Zlg." ist der Streik ans die Perhaslnng zweier Vertrauensleute der Hanptwerkstätte §aarbrücken-Burbach znrückznsühren
General Faholle soll zum Vorsitzenden der Kommission für die Ueberwachung der Entwaffnung Deutsch»! lands ernannt werden.
General Mangin ist von dem Kommando in Maint abbernfen worden.
In Elsaß-Lothringen finden neuerdings wieder Masieuauswe'sungen statt.
Der Aufruf des Majors Bischofs.
Königsberg, 8. Okt. Nach einer telegraphischen Meldung aus Milan vom 6. IO. 19 ist dort von Major Bischofs an die Soldaten der Ei'ernen Tivision ein Ausrui ergangen, in dem es heißt : „Wir wollen das von uns und nur von unS ccoberle Land unter russische Flagge stellet!. Wir ivoueii der. Russen Helsen, ihre Heimat von der Geisel der Menschheit zu befreien. Ihr wißt, daß ich deutsch bin und deutsch bleibe bis zum letzten Blutstropfen. Sv werdet Ihr mir glauben, daß Ihr mir auch ans diesen! Wege uuhedenklich folgen könnt, daß ich auch hier für Deutschland arbeiten will, indem ich unseren Freunden helfe. An der Seile des Korps Graf Keller wollen wir unser Recht verteidigen, und wenn es. sein muß, noch einmal erkämpfen. Wird die Entente unM auch noch daran hindern, so zeigt das nur zu deutli ihre wahre Gesinnung. Ihre Trohnng gegen uns nur ein Vorwand, uni das deutsche Volk zu treffen. Darum bleibt fest, Soldaten der Eisernen Tivision! Wenn der Engländer Letten und Esthen auf uns hetzt, dann wollen wir zeigen, daß wir unseren Namen mit Recht tragen."
Die Truppen in Kurland.
Königsberg, 9. Okt. Aus Tilsit wird gemeldet: Eine 120 Mann starke Abteilung der Jägerregimenter Nr. 9 und 10, die in der Absicht, zu den in Kurland befindlichen Frejwiiligenkorps zu stoßen, die Grenze überschritt, wurde vori einer Tragoners-atrouille zurückgehalten. Da die Jäger sich der Entwaffnung widersetzten, einigt« man sich dahin, die Bewaffneten nach Tilsit zu bringen. Die Jäger wurden im Orte uutergebracht. Am nächste« Morgen befreiten sich aber die Jäger wieder und überschritten die Grenze. Einige von ihnen konnten ses genommen werden. , at
. ...
Das Attsliefcrungsbegehren.
Berlin, 9. Ott. Tie „Vojst Ztg" meldet ans Genf; Nach einer Meldung der Ageuce Radio haben es die Vereinigten Staaten abgetehnt, sich an dem Vorgchen für die Auslieferung deutscher Offiziere zu beteiligen. England, Frankreich »iid Belgien haben infolgedessen allem, eine Liste der „verbrecherischen deutschen Offiziere und« Beamten" aufgestellt und der Friedenskonferenz über» mittelt. In dem Schreiben der Vereinigten Staate» heißt es, daß sie dem Grundsatz der Bestrafung der Schuldigen durchaus nicht mißbillgien, aber geglaubt haben, sich unmittelbar vor der Bestätigung des Friedensvertrags und der Wiederaufnahmt.' der internationalen Beziehungen an dem Vorgehen der verbündeten Mächte nicht beteiligen zn sollen. Ferner wird bestätigt, daß auf der der Friedenskonferenz von England, Frankreich und Belgien eingereichten Liste der Namen des Kaisers nich! enthalten ist, doch glaubt man, daß der Kaiser Gegenstand einer besonderen Handlung d.r verbündeten Mächle sein wird.
Die Ltaslrstswntzlen in Köln.
Köln, 9. Okr. Bei den am Sonntag vorgcnom- menen Stadtratswahlen erhielten die. Mehrheitssoziali- sten 73 487, Unabhängige Sozialdemokratie 13 694 Stimmen, während das Zentrum, das bisher die unbestrittene Mehrheit hatte, 83 779 Stimmen auf sich vereinigte.
Wilson Bölk rbundsvorsitzcndcr.
Genf, 9. Okt. Ter „Heratd" meldet aus Neuyork, daß den. Prä- deuten W-l'o» E iMeu d- v-rbnn-
H