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Amtsblatt für wildbad Anzeiger und Tagblatt für das obere Gnztal.

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Nr. 222

Mittvgocki, äen l. Oktober l919

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Die Erimrerungeu des

Großadmirals v. Tirpitz.

Bor einigen Monaten sind wie sich herausslellte, durch einen Vertrauensbruch in ainerjkanischen Zei­tungen schon Auszüge aus dem BuchErinnerungen" des Großadmirals v. Tirpitz erschienen, die dann auch' in der deutschen Presse wicdergegeben wurden. Sie er­regten wegen des Freimuts, den Tirpitz allenthalben an den Tag legt, das größte Interesse, geben sie doch über so manche Vorgänge Aufschluß, von denen man in der Oefsentlichkeit so gut wie nichts wußte und deren Folgeerscheinungen daher meist i>r einem schiefen Licht betrachtet wurden. Nun ist das 526 .Seiten umfassende Buch im Verlag von K. F. Köhler-Leipzig erschie­nen und es ist nun möglich, einzelne Entstellungen jener amerikanischen Berichte richligzustellen, in der Haupt­sache aber wird der Eindruck der ersten Darstellungen bestätigt und verstärkt. Von keinem Staatsmann sind die Berliner Verhältnisse, insbesondere soweit der Welt­krieg in Frage kommt, bei aller Voreingenommenheit nochdl'o offen und klar geschildert worden. Vor allem ist es die Person des Kaisers, seine Politik und die von ihm gewählte oder ihm anfgedrängte und sich auf­drängende Umgebung, d°e in kurzen aber markanten Stri­chen gezeichnet wird. So entwirft Tirpitz in wenigen Worteil ein scharf gezeichnetes Charakterbild des Kaisers: Wilhelm II. war bei seiner schnellen Aufsassnngs- weise (notabene: Tirpitz vermeidet das Wort Auffas­sungsgabe, womit vielleicht gesagt werden will, daß die Auffassung wohl rasch, aber nicht immer gründlich und richtig mar), seiner durch Einzeleindrncke leicht ab­lenkbaren Phantasie und seinem Selbstbewußtsein in ste­ter Gefahr, unveraittvortlichen Einflüssen zu folgen und Anregungen zu geben, die auszuführen unmöglich war oder die den Gesamtplan hätten stören müssen. Nament­lich war bei Wilhelm II. der Einfluß der Kabinettschefs (so vor allem des unseligen Valentins, welche den Vor­teil hatten, den Kaiser allein unter vier Augen zu spre­chen und zu bestimmen, so bedeutend wie bei seinem Urgroßvater König Friedrich Wilhelm III. vor 1806. Freiheit der Meinung und des Charakters bei den be rufenen Ratgebern des Kaisers verschwand mehr und mehr unter dem Einfluß der Privatkavinette; Wil­helm II. verlangte von seinen Kanzlern und Ministern reinen Gehorsam. So konnte er englische. Minister Hal- dane bei seinem verhängnisvollen Besuch in Berlin 1912 richtig sagen: es falle ihm ans, welcher Mangel an Charakteren in Berlin gegen früher herrsche. Tie Kaiserin beteiligte sich grundsätzlich nicht an der Po­litik, wenn sie aber einmal eingreisen zu müssen glaubte, so tat sic es mit Charakter und m'^ Erfolg. So stellte sie, als Hindcnbnrg im Frühjahr 1915 beim Kai­ser wieder in Ungnade gefallen war, i» Posen das gute Verhältnis zwischen beiden wieder her. Tie Kaiserin hat selbst das bekannte Bttd. das den Kaiser und Hindenburg vereinigt darsteiU, ausgenommen,

Tirpitz führt nun sm weiteren ans, daß der Ausbau der deutschen Flotte nicht die Ursache der englischen 'Feindschaft war. Tiefe war älter, und um Deutschland dagegen zu schützen, mußte die Flotte gebaut werden. Ter Ban unserer Schisse war ein ausgezeichneter und durch die Stärke der Stah'wäude und die Schotten (Ab- teilnngswändc) waren sie gegen Torpedierung weit bes­ser gesichert als die englischen. Tie englischen Schiffe führten wohl Geschütze mit größerer Tragweite, aber die Durchschlagskraft der demschen Getthütze war durch­aus gleichwertig. Tie Schlacht am Skagerrak gegen die englische Uebermacht hat die Ueberlcgenheit der deut­schen Schisse bewiesen.

lieber die Versenkung der englischen TampferLn- sitania" (4. Mai 1915) undÄrabic" schreibt Tir- vitz, daß z. B. die Lnsjlaniä stark mit amerikanischer Munition beladen war, wie ans der Erplosion ans dein Schiss 'nach der Torpedierung hervorging. Ter Erplo­sion der Munition war daS rasche Sinken des Schiffs zuznschreiben. Daß dabei amerikanische Reisende ums Leben kamen, war ihre Schuld; sie hatten in frevel­haftem Leichtsinn trotz der Warnungen des deutschen Bot­schafters in Washington die Reise auf dem Mnnitions- dampfer gewagt. Ans die Protestnote Amerikas hätte nach Tirpitz sofort eine entschieden gehaltene Note abge- sandl werden sollen, und der Kaiser hatte sich anfänglich auch aus dielen Standpunkt der Marineleituna aestellt.

Aber der Reichskanzler Bethmann Hollweg und j. Regierung weide erstich Kabinettschef für die Marine, Admiral v. Müller, üch abzurnfeii und alle wollten den Tauchbootkrieg nur verantworten, wenn, keinepolitischen Konflikte" entstehen. Tirpitz und die Admirale erklärten einen solchen Tanchbootlrjeg für un­möglich. Tem Kabinett gelang es dann, den Kaiser umznstimmen, und am 5. Juni gab der Kaiser den Befehl, Passagierdampser, auch solche des Feindes, nicht mehr zu versenken. Bethmann Hollweg hatte, wie Tir­pitz sagt, nicht die Entschlußkraft, den Tauchbootkrieg ganz aufzngeben, er wollte ihn scheinbar führen,um der deutschen öffentlichen Meinung gegenüber das Gesicht zu wahren." In Wirkiichieit war nach Tirpitz der Tauch- bvotkrieg jetzt fast wirkungslos gemacht, da den Tauch- bovtkvmmandanten die Unterscheidung zwischen Reim- und Frachtdampfern, die beide bekanntlich bewaffnet waren, in den allermeisten Fällen unmöglich war. Der lange"

Notenwechsel zwischen Berlin und Washington erst nach 14 Tagen wurde nach Washington gean.wortet habe nach übereinstimmendem Urteil aller Kenner der Verhältnisse in Amerika dort gerade die entgegengesetzte Wirkung gehabt, als beabsichtigt war. Auch Ballin habe gesagt: ein sofortiges entschiedenes Auftreten hätte den Amerikanern imponiert und aus die Deutsch-Ameri­kaner ermutigend gewirtt. Durch die Unentschlossenheit und das ständige Nachgeoen der Reichsleitung sei die neutrale Wett von den: Zurück»)eichen Deutschlands er-

nlll worden, während die Stellung Wilsons überall, stEx lamentlich in Amerika, in die Höhe schnellte. Am 27. llugust 1915, nach der Versenkung derArabic", setzte öethmann Hollweg gegen den Rat der Marineleitung >ie Einstellung des Tauchbootkriegs und die Mitteilung mvon an Amerika durch, obgleich der Kaiser am Tage >uvor noch in entgegensetztem Sinne entschieden habe.

Ter amerikanische Botschafter in Berlin, Gerard, Ha­ie dann am gleichen Tag erklärt:Sie (die deutschen Diplomaten) fressen uns ans der Hand." Tirpitz reichie nn 27. August auf Grund desUeberrumpelnngsver- phrens" des Reichskanzlers sein Entlassungsg.such ein,

)as der Kaiser zunächst nicht annahm. Später wurde ;r aufgesordert, sein Entlassungsgcsuch zu geben.

Nach Tirpitz war die deutsche Flotte so gerüstet .md von solchem Geist beseelt, daß sie den Frieden halte 'rkämpfen können, wenn der Chef des Admiralstabs den bringenden Mahnungen Tirpitz gefolgt wäre und eine große' Seeschlacht unter günstigen Umständen herbeiae- führt hätte, wozu sich Gelegenheit bot. Durch-das un­tätige Stilliegen sei die Flotte innerlich zermürbt wor­den. Ferner ist Tirpitz der Meinung, daß der Tauch­bootkrieg, wenn er angewendet wurde, mit voller Ener­gie hätte geführt werden müssen. Es sei das Verhäng­nis Deutschlands geworden, daß die Diplomatie denTauch- boolkrieg ein volles Jahr unterdrückt habe, während Eng­land in der Zeit seine Abwehrmaßregeln ausbauen und seine Vorräte aus der ganzen Welt ergänzen konnte.

Man darf nicht vergessen, daß das Buch des Groß­admirals seiner Rechtfertigung dient, daß es also Par­tei ergreift und somit auch einseitig ist. Aber trotz­dem bietet cs eine Fülle des Interessanten und Wis­senswerten.

TicDeutsche Allg. Ztg." bemerkt zu dem Tirpitz- Buch halbamtlich: Ein neuer geistiger Kamps entbrennt.

Möge er' einen Schritt auf dem Wege zur Wahrheit bedeuten.

ltt Raupen nun unverzüg- Teu -wen, die nach der Demo- lttlmachuiig in russische Heeresdienste in den baltischen Vrorinzen eintracen, znrnckzuziehen und den Eintritt in > jtt'lcbe Dienste au;s strengste z:i verbieten. Solange daS Verlangen der Verbündeten nn-n vollauf erfüllt sei, wer- t en diese lern e.Ä n ! r ä g e b e z ü glich der Versor - g r u g Deuts ch l a u ds mit Lebensmitteln und V r- l, ft offen in Betracht ziehen und .alle fi­tz e. u r i e l r ? n E r l e i ch t e r» u g e n ablehne n. Sollte die dcnls se Regierung ihren Verpflichtungen nicht nach- i-si'.üm'U. so werden die Verbündeten al.e Maßnahmen e g :! eu. NM die Erfüllung der Wassenstillstandsbedin- gnr.geu üttermstttlen. (Clciiien-eau beabsichtigte anfäng­lich bekanntlich ein Ultimatum an Deutschland zu richten, Wilson ist aber mit dem Vorschlag der Androhung der amerikanische» Hungerlur dnrchgcdrnngen.)

DieDeutsche Allg. Ztg." bemerkt zu der Note: Daß die Neichsregiernng nicht versucht, dem Abkommen, das sie Angegangen ist, zuwider zuhandeln, ist durch eine Reihe von Maßregeln erwiesen. Nur die Würdigung deS besonderen Zustandes ,der Truppen, denen die Negie­rringen der baltischen Äaaten zum Teil Landeserwerb und Ansiedelungsmögiichkeit versprochen hatten und die jetzt a'.s enttäuschte Landsknechrte sich fnhl-en, führt zu der lenntnis, daß in diesem Fall zwischen dem Willen der Regierung, ihrer Verpflichtung nachzukommen, und der Ausführung rin weiter Weg ist. Es bleib: zweifelhaft, die Regierung praktisch imstande sein wird, die der deuttchen Nationalität Entwachsenden wie Deutsche zu beim dein. Es ist zu hoffen, daß der Verband die an- aedrohten Maßregeln, die Deutschlands Ruin bedeuten würden, dann nicht in die Tat Umsetzer, wirst), wenn er die Uelerzerignng 'gewinnt, daß die Reichsregiernng alle Mittel des Willens und der Tut einsetzen wird,, um im Vertrag zu bleiben. . ^

Kein L! Limatttm, aber eine Drohung.

Berlin, 60. Sept. Ter Oberste Rat in Paris hat den Marschall Fach beauftragt (um der Forderung den nötigen militärischen Druck zu verleihen), dirHRäu­mung des B allen! a n d s durch die dort noch stehen­den deutschen Truppen inner General von der Goltz wion durch,prsetzen. Ter sranzösische (Keneral Naidant in, Aultrag des Marschails der deutsche» Wassern

bat

stiUstandskvmnnssion in Düsseldorf eine Note übergebe?:, die daraus Hinweis!, daß Re Verbündeten wiederholt die deutsche Negierung anch/.orden haben, gemäß den Be diirgungen des zum früheren Teulschen Reich gehörten, von Truppen zu räumen. Tie deutsche Regierung versuche sich der ilw znsallei'.den Veranrworlung dadurch zu entziehen, daß sie vor gibt, sie habe nicht die Macht, die im iBaltenland stehenden Truppen zum Gehorsam zu zwingen. Tie Verbündeten lelrnen diese Eiltschnldiauna ab. Tie deutsche

vom Tage.

General v. v. Goltz abberufen.

Berlin, 60. Sept. Genera: v. d. Goltz ist, nach­dem seine Bemühungen, die Truppen zum Abmarsch zu bewegen, erfolglos geblieben sind, endgültig abbe- rufen worden.

Bon den Reichsfirranzämtern.

Berlin, 60. Sech. Für die Präsidenten der neuen Neichssinnnzämter für das Steuer- und Branntwein- monopolwesen ist in dem mit Zustimmung des Reichs- rats der Nationalversammlung jetzt vorgelegten Nach- Oag zum Besoldungsgesetz ein C'inhekt-Zgehalt non 20000 Matt vorgesehen, für die Direktoren sind die Gehaltssätze iür Borlragende Räte eingestellt, mit der Begründung, daß es erwnnttch sei, einen Au.ttansch mit den Vor­tragenden Ritten Bo,nehmen zu können. ,

Streikbewegung.

Berlin, 60. Sept. Tie Heizer der großen Loko- molivsabril Borsig in Tegel, haben die Arbeit nie- deigelcgt. Tn die Fortführung des Betriebs dadurch un­möglich ist, so wurde die Fabrik geschlossen. Ober­bürgermeister Wermnth har eine Vermittlung zwischen den Arbeitgebern und den streikenden Metallarbeitern ver­sucht. Tie Verhanülungen sind noch nicht abgeschlossen.

Berlin, 60. Sept. Ter Ausschuß des Bunds der technischen Angestellten und Beamten for­dert zürn Betriebsrätegesetz, daß in die Betriebsräte außer den Angestellten und Arbeitern auch die Beamten einbe­zogen werden sollen. Tie im Gesetz vorgesehenen Be­fugnisse werden für ungenügend bezeichnet, insbeson­dere müsse der Einfluß des Bwriebsrats auf die Be- lriebsTihrung und die Mitbestimmung bei Einstellungen vor Avschlnß des Tienstvertcags sichergestellt werden. Der Einspruch bei Kündigungen und Entlassungen müsse rechtlich auischiebende Wicknng haben.

Ter Scc nur n ft cik.

chnp b trg, 60. Sept. Tcr Streik des Seemanns- bundes gilt jetz: allgemein als verloren. Irr den kwineru die Fjschcreidampfer in gewohnter

s Ha-eupläken fahren

Waffenstillstands alle Gebiete, die nicht i Weise ans.

Tettevungsbeihilfew in Bayern. München, 30. Sept. Die Regierung wird dem heute tagenden Finanzausschuß folgende einmalme Be- schafsnngsbeihilsen Vorschlägen: Für aktive Beamte

?Staatsbeamte, Lehrer, Geistliches verheiratete 1000 Mk., ledige 600 Mk.. Beamte, die Kindemulaaen berieben.