Amtsblatt für wildbad Anzeiger und Tagblatt für das obere Gnztal.

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kreiwg, öen 3. September 1919

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Völkerbund und FriedensverLraa

Tie Schivierigkeiten, die die Notifikation des Frre densvertrags dem amerikanischen Senat bereiten, Hänger abgesehen von der Schantnngfrage vor allem mit den Völkerbund zusammen. Eine starke Stimmung will der Friedcnsvertrag wegen der Verquickung mit dem Völker­bund nblchnen, in der Ueberzeugung, daß. die Vereinigter Staaten durch diesen Völkerbund in Verbindung mii dem sranzösisch-englisch-amerikanischen Verteidigungs­bündnis viel zu sehr in die europäischen Händel hinein­gezogen würden. Man hat in dem europäischen Kriee ein .Haar gesunden und möchte nicht ein zweites Mal au einer solchen Verwicklung beteiligt werden.

Präsident Wilson bezeichnet aber diese Angriffe gegen den Friedensvertrag als verhängnisvoll für den ganzer Vertrag. Gewiß würde in erster Linie das Anseher des Präsidenten ganz außerordentlich leiden, wenn der unter seiner Mitwirkung, wenn auch nach Ableugnung der meisten seiner Grundsätze, zustandegekommene Friedens- Vertrag gerade in den Vereinigten Staaten abgelehnt würde. Deshalb kommt für Wilson die persönliche Seite der Frage ganz besonders in Betracht. Aber in der Cache würde die Ablehnung des Friedensvertrags dunst den amerikanischen Senat das Scheitern des Völkerbunds bedeuten. In formeller Beziehung zwar genügt zum Zustandekommen des Fricdensvertrags die Ra­tifikation durch drei Mächte der Entente, also England, Frankreich und Italien. Diese wird erst erfolgen.. Also formell kann der amerikanische Senat das Zustandekommen dieses Friedensvertrags nicht verhindern, aber materiell würde das Scheitern des Völkerbunds die Unausführbar­keit des Vertrags sofort in das hellste Licht setzen. Der Völkerbund bildet nicht nur die Einleitung des Vertrags, sondern auch die Voraussetzung für eine ganze Anzahl von Bestimmungen des Vertrags selbst. Die Regierung der Saarbeckens soll einem den Völkerbund ver­tretenden Ausschuß übertragen, Danzig unter den Schutz deS Völkerbunds gestellt und die Verwaltung der deut­schen Kolonien Mandataren des Völkerbunds nber- astesen werden nsw. Die Verteilung der Mandate an die einzelnen Mächte der Entente birgt jetzt noch manche Schwierigkeit in sich. Fiele aber der Völkerbund, so würde wahrscheinlich einfach diejenige feindliche Macht, die sich in den unter den Schutz des Völkerbunds gestellten Ge­bieten festgesetzt hat, dort verbleiben, wenn das auch rn neuen Differenzen innerhalb der Entente führen müßte. Und diese Befürchtung kann vielleicht dahin wirken, daß sich im amerikanischen Senat, wenn auch unter Protest -ine Mehrheit für die Ratifikation findet. Man fürchtet eben, daß die jetzigen Schwierigkeiten sich im Falle der nicht erfolgenden Ratifikation noch erheblich vermehren könnten. Jedenfalls haben aber diese ganzen Vorgänge in Washington deutlich bewiesen, wie mangelhaft das ganze stolze Friedeusgebäude ist und wie leicht es beim Heransbrechen eines einzigen Steines znsammenstürzen kann.:-

Seit dem 16. August hat der Gctreidehandcl wieder neigegeben. In: Juni und Juli waren schon andere Stofs. Von den vier Hanptgetreidcärten ist der Hafer Zodent'roduktc aus der Zwangswirtschaft in den Privat- oerkehr übergegangcn: Lupinen, Serradella, Heu und Stroh. Nachdem vorher für alle diese Artikel bestimmte Höchstpreise ans dem Papier gestanden hatten, der Ve­lars aber allein durch den Schleichhandel zu horrenden Preisen zu befriedigen gewesen war, hat der private Handel osort bewiesen, daß es in allen diesen Erzeugnissen an Vorräten keineswegs mangelte. Zn Preisen einsetzcnd, nelche die Mitte zwischen den amtlichen Höchstpreisen und um Schleichhandelspreisen hielten, tvnrden bald so große Mengen herausgeholt, daß die Preise sprungweise um n. 50 Prozent von ihrem Anfangsstande zurück gingen ' Angesichts dieser Erfahrung sah man mit Spannung n-r Freigabe, des Handels für Hafer entgegen. Diese Petreideart mit ihrer Ernte von schätzungsweise 7 bis 8 Nillionen Tonnen hat natürlich eine ganz andere Bedeu- nug als die vorerwähnten vier Artikel. Tic Verbraucher euren bisher in den Großstütdcn nur mit ein bis zwe chnud pro Tag für jedes Tier aus der alten Ernte be- icser! worden, obwohl die 1918er Ernte in Hafer zwei- ellos sehr bedeutend gewesen war und trokdem die rie­

sigen Heeresansprüchc bereits seit Schluß des vorigen Jahres zum größeren Teile aufgehört hatten. Die Reichs- Getreidestelle hatte für Hafer an die Erzeuger, abgesehen von den Prämien, im vorigen Jahr 15 Mark pro Zentner gezahlt, während der Schleichhandel von den Verbran ehern zwischen 120 und 130 Mark für den Zenlinn nahm. Für die neue Ernte war der Erzeugerpreis amt- "ch auf 20 Mark festgesetzt. Wieder erösfnete nunmehr ocr freie Handel mit Preisen, die sich zwischen jenen amt­lichen und dien Notierungen des wilden Handels hielten, und zwar zu 50 Mark für den Zentner. Nach dem Vor­gang bei den oben erwähnten Produkten schien aber dies­mal voir vornherein ein gewisses Mißtrauen gegen diese Anfangspreise zu bestehen. Tie Wirkung davon hat sich m den 14 Tagen des bisherigen freien Börsenverkehrs mit Hafer auch bereits -zum Ausdruck gebracht. Und so ind denn die Preise bereits aus 47 bis 48 Mark, für September- und Oktober-Lieferung ans 42 bis 43 Mark .nrnckgegangen. Je mehr die Preise nachließen, je stär- r Nmrden die Hafer-Angebote. Es ist noch undurchsich- , wie weit die Preisrückgänge sich nusdehnen, aber .. .-»falls zeigt sich auch diesmal wieder, daß sofort, sobald >er freie Verkehr einsetzt, von keinem Mangel an Ware nehr die Rede ist.

Umsomehr ist zu bedauern, daß durch gewisse Maß- lahmer: der Behörden dem Handel lvieder die Tätigkeit aschwert wird. Bekanntlich war für die Reichsgetreidc- Usellschaft die Belieferung der Nährmittelsabriken und Proviantämter Vorbehalten, die ersteren mit ca. 400000. die letzteren mit 200 009 Tonnen.

Nach der Anbaufläche des Hafers berechne!, ergat dies für den Morgen etwa einen Zentner, was auf den ersten Blick ziemlich geringfügig schien. In der Praxis haben sich nun aber die Verhältnisse ivieder ganz anders gestaltet. Es lvnrdc nicht im ganzen Reich eine Lieferung pro Morgen von je einem Zentner vorgeschrieben, was sich offenbar auch Nicht durchführen ließ, zumal viele Klein­bauern überhaupt nicht mehr- Hafer erzeugen, als sie selbst gebrauchen, zum Teil sogar noch zukansen müssen. Man hielt sich daher in der Hauptsache an die Ueber- schnßbezirkc, und da diese das Gesamkquantum auszubrin- gcn hatten, so entfiel in manchen Gegenden eine Liese- rungspflicht von fünf bis sechs und mehr Zentnern auf den Morgen.

Von landlvirtschafllicher Seite sind bereits energische Proteste an die Regierung abgegangen wegen der Höhe der Umlagen in größeren Bezirken. Denn es entsteht dadurch für viele Erzeuger die Ungerechtigkeit, daß sie ihre Ueberschüsse mit 20 Mark an die Behörde abliesern müssen, während die anderen Erzeuger ihren Hafer zum Marktpreise von 40 bis 50 Mark veräußern dürfen.

Neues vom Tage

Der Beamteneid

Berlin, 4. Sept. Der Beamtcnausschuß der deutsch­nationalen Voikspartei im Reich und in Preußen hat rine Kundgebung beschlossen, in der es heißt: Durch die neue Verfassung wiro den Beamten ihre politische Gesinnung ausdrücklich gewährleistet. Es würde eine flagrante Ver ctzuug die'cs uns zugesicherten Grundsatzes bedeuten, wenn man uns durch die Eidesformel über die gewissenhafte Beobachtung der Verfassung h'naus weitcr- gehendc Verpflichtungen auserlcgen und die Freiheit der Politischen Gesinnung beschränken wo'lte. Die deutsch­nationalen Beamten erkiären demgegenüber, daß sie den von ihnen verlangten Eid leisten werden, aber nur in dem Sinne, daß sie sich zur gewissenhaften Beobachtung der in der Verfassnngsurkunde n edergcicgten Bestimmungen ver­pflichten. Im Besonderen behalten sie sich durchaus das Recht vor, im Rahmen der durch die Verfassung gegebe­nen Möglichkeiten andere staat'iche Zustände zu erstreben.

Die Erhöhung der Eisenbahnfahrpreise.

Berlin, 4. Sept. Wie bereits gemeldet, soll am

1. Oktober der Personentaris, Gepäck- und Expreßgut­frachten um 50 Prozent erhöht werden. Wie eine Ber­liner Nachrichtenstelle erfährt, w rd sich die Erhöhung auf alle" Personeufahrkarten mit Ausnahme der Militärsahr­karten erstrecken. Die neuen Schnei zugszuschlagskarten werden für die erste Zone in der 1. und 2. Klasse 3 Mark, in der 3. Klasse 1.50 Mark betragen, für die

2. Zone in der 1. und 2. Klasse 6 Mark, für die 3. Klasse 1 Mark. Tic dritte Zohne sieht in der 1. und 2. Klasse

eine Erhöhung von 0 Mark und' in der 3. Klasse von

4.50 Mark vor. Gleichzeitig werden auch die neuen Min­destfahrpreise für Schnellzüge für die 1. Klasse auf 22.50 Mark, die 2. Klasse aus 15 Mark und die 8. Klasse aus

7.50 Mark festgesetzt. Die im Verkehr befindlichen Fahr­karten werden weiter ausgcgeben mit einem Wjprdruck der neuen Fahrpreise in 'schwarzer Farbe. ZH' . ' -

Erzberger gegen Helfferich. 4

Berlin, 3. Sept. Nach demLokalanzeiger" sind in der Klage des Reichsfinanzminister Erzberger gegen Staatsminister a. D. Helfferich noch keine Schritte unter­nommen worden.

Mandatsniederlegung.

Berlin, 3. Sept. Der deutsch-nationale Abgeordnete Karl Veidt, Pfarrer an der Paulskirche in Frankfurt a. M., hat sein Mandat als Mitglied der Nationalver­sammlung aus Berufsgrnndcn niedergelegt. In das Mandat tritt der Oberlaudesgerichtsrat Dr. Lattmann, der nächste in der Liste der Deutsch-nationalen Volks- Partei.

Nnr Obstruktion

Brannschweig, 4. Sept. DieBraunschweigische Landeszeitung" berichtigt ihre gestrige Meldung dahin, daß die Unabhängigen nicht aus der Landesvecsammlung ausgetreten sind. Diese sind ausgezogen und leisten Obstruktion. j

Rückkehr der Berfchleppten.

Breslau, 4. Sept. DieSchlesische Zeitung" mel­det ans Kattowitz: Gegen 300 von den Polen verschleppte deutsche Einwohner trafen gestern wieder in Kattowitz ein. Während ihrer 14tägigen Gefangenschaft haben sie eine schivere körperliche und seelische Leidenszcit durch­gemacht. Ihre Befreiung ist den: energischen Eintreten der amerikanischen Kommission znzuschreiben, die seit Frei­tag in Krakau weilte. Die Zurückgekehrten befinden sich in jämmerlicher Verfassung. Sie sind halb ver­hungert und ihrer Kleidung und Wertsachen größtenteils beraubt. Sie wurden schwer mißhandelt. Es sind noch nicht alle Verschleppten znrückgekehrt.

Sabotage.

Hirschberg, 4. Sept. Die Fabrikationsräume der Hirschbergcr Papierfabrik G.m.b.H. sind durch Feuer zer­stört worden. Der Betrieb ruht vollständig.

Aus dem besetzten Gebiet.

Mannheim, 4. Sept. Tie Angst der französischen B. nrgsbehörde spiegelt sich in dem Erlaß an die sämt­lich lahnbeamten und Bahnbediensteten in der Pfalz wide., r ihnen gestern zugegangen ist. Darin weiten sie auf v.e Tatsache, daß sie im Dienst der alliierten und assoziierten Mächte stehen, verwiesen und es wird ihnen strengste Bestrafung durch die französischen Kriegsgerichte und eventuelle Ausweisung für den Fall eines Ans- ßandes angcdroht.

General Fayolle in Kaiserslautern hat d'c von dem bayerischen Ministerpräsidenten Hoffmann nachgesuch-' te Unterredung abgelehnt mit der Begründung, er habe lediglich für die Aufrechterhaltnng der Ordnung zu sor­gen, und diese werde durch die örtliche Behörde unter Kontrolle der französischen Militärbehörde wahrgenom­men.

In Ludwigs Hafen sind gestern weitere 2000 französische Soldaten eingetrosfen. Auch in Speyer und Kaiserslautern sind neue französische Truppen eingezogen.

In Straßburg sind Aufrufe verbreitet worden, U«' das elsässische Volk zur Erhebung gegen die Fran­zosen auffordern.

Echo de Paris" meldet, daß die französischen Trnp- penansammlnngen in der Pfalz nicht militärischen Maß­nahmen im besetzten Gebiete dienen, sondern daß sie zum Vormarsch bestimmt sind für den Fall, daß die deutsche Regierung die Forderung nach Streichung des Artikels 61 der Reichsverfnssung ablehnen sollte. (!)

Berlin, 4. Sept. Wie demVorwärts" ans Lör­rach gemeldet wird, haben die Gemerkschaftskartellc Mül­hausen, Straßburg, Kolmar und Metz erklärt, daß sie den Generalstreik »nsrufen würden, falls die von den Franzosen angekündigte Ausweisung von 15 000 deutschen Arbeiter» auS Elsaß-Lothringen Tatsache werde. Farbstoffe für Amerika.

Washington, 4. Sept. Das Kriegshandelsami hat cme Verfügung erlassen, wonach die Einfuhr einer sol­chen Menne F ob. o fe au? Deutschland cr a b >vi d o:ß